Samstag, August 25, 2007

Toldot Aharon are Back

B"H

Man hatte uns zwar berichtet, dass der Rebbe der Chassidut Toldot Aharon an diesem Freitag Abend nach ca. sechs Wochen Urlaub wieder einen chassidischen Tisch geben wird, doch traute ich den Berichten nicht unbedingt. Toldot Aharon ist eine sehr geschlossene chassidische Gruppe und was wissen andere Leute schon von ihnen ?
Gluecklicherweise hatte ich mich geirrt und in Mea Shearim weiss doch jeder, was der Nachbar macht.

Nach dem Shabbat - Essen bei Rabbi Mordechai Machlis schauten meine Freundin ich ich bei Toldot Avraham vorbei. Erwarten tat uns ausserhalb des Synagogen - Komplexes eine gaehnende Leere und so dachten wir, dass nichts stattfindet. Wir wollten gerade wieder umkehren als eine Frau mit ihren Kindern vorbeilief. Ich fragte sie, ob es einen Tisch gebe und sie bejahte. Sie sei auch auf dem Weg und so traten wir gemeinsam in das Gebaeude.

Einige Dinge muss ich zur Erinnerung vorab erwaehnen:
Genau am 1. Juni dieses Jahres begannen wir mit unserer Teilnahme an chassidischen Tischen. Meine urspruengliche Idee war es, fuer meine zwei relig. Blogs ausfuehrliche Artikel ueber chassidische Gruppen zu verfassen. Und das Wissen wollte ich nicht nur irgendwelchen Buechern entnehmen, sondern LIVE erleben und mit Gruppenmitgliedern sprechen. So machte ich mich schliesslich auf den Weg und nahm eine gute Freundin mit, die seitdem immer dabei ist.

Nie war es unsere Absicht, die eine Gruppe positiver oder negativer als die andere darzustellen oder irgendwie in die Gruppen involviert zu werden. Okay, wir sind beide religioes, doch keine Mitglieder bei einer chassidischen Gruppe.
Schnell aber merkten wir, dass wir, ohne es zu wollen, uns an die Gruppen gewoehnten und genossen die Tische mit den Rebben der jeweiligen Gruppe. Zweimal waren wir bei Toldot Aharon Tischen gewesen und hatten uns danach auf deren Splittergruppe Toldot Avraham Yitzchak konzentriert.
Meiner Freundin fiel alles immer schwerer, denn sie spricht nur sehr wenig Hebraeisch und wenn etwas anstand, musste immer ich fragen. Ich bin diejenige, die mit den Leuten spricht und hinterher uebersetze ich es meiner Freundin ins Englische.

Seit sechs Wochen befand man sich bei Toldot Aharon im Urlaub und gestern war es wieder Zeit zum Tisch. Nach langer Abstinenz.
Wir kamen recht frueh und fanden gleich sehr gute Sitzplaetze in der Frauenempore. Ohne zu zoegern, setzten wir uns fasst hinter die Rebbitzen, der Frau von Rebbe David Kahn, und schon befanden wir uns inmitten saemtlicher Toldot Aharon Frauen.
Man koennte sagen, dass es jedesmal wieder ein interessantes Erlebnis bei ihnen ist. Da sitzen die Frauen der extremsten chassidischen Gruppe ueberhaupt da. Gekleidet sind sie ueberwiegend in schwarz oder anderen dunklen Farben. Einem ungarischen Brauch zufolge rasieren die Frauen ca. 1 - 2 Tage nach ihrer Hochzeit ihr Haar total ab und tragen tagsueber eine schwarze und am Shabbat einen weisse Kopfbedeckung: Die sogenannte Yasameh. Peruecken werden von Toldot Aharon strikt abgelehnt !!!

Und wir sassen inmitten dieser fuer den aeusseren Betrachter vielleicht merkwuerdigen Gesellschaft. Und ausgerechnet gestern war ich so muede, dass ich keine richtige Lust auf grosse Konversation verspuerte.
Die Frauen um uns herum sagten fast alle "Gut Shabbes - Shabbat Shalom" zu uns, was nicht so ganz selbstverstaendlich ist. Kurz darauf betrat Rebbe David Kahn den Raum im Erdgeschoss. Auf der Frauenempore sitzen wir genau vor riesigen Fensterscheiben und sehen alles, was unten im Maennerbereich geschieht. Von unten allerdings sehen uns die Maenner nicht, denn die Fenster sind von aussen verspiegelt. Der absolute Anstand. Wir fuehlen uns jedesmal wie im Theater und geniessen die tolle chassidische Atmosphaere.

Rebbe Kahn machte Kiddush (Segnung des Weines) und spaeter wurde etwas Essen an die Chassidim verteilt. Ueberwaeltigend ist die persoenliche Zuwendung des Rebben und auch seiner Frau gegenueber den Chassidim.
Und dann geschah etwas, womit wir keinesfalls gerechnet hatten. Legten wir doch bisher immer sehr grossen Wert auf unsere Anonymitaet, so beginnt diese ploetzlich zu broeckeln. Obwohl wir nur zweimal bei Toldot Aharon waren, kam eine junge Frau auf mich zu und fragte gerade heraus, ob ich mich an sie erinnere. Ja, sagte ich, obwohl mir im ersten Moment nicht klar war, woher ich sie kannte. Spaeter fiel mir ein, dass ich sie vor Wochen beim Tisch sah und ehrlich gesagt wirkte sie ziemlich deprimiert.
Gestern das gleiche Bild: Sie setzte sich neben mich und war deprimiert. Ich spuerte, dass sie mit mir ein Gespraech beginnen wollte und ich ueberlegte, was ich zu ihr sagen koennte. Anscheinend tat sie das gleiche und vor lauter komplizierten Ueberlegungen kam es zu nichts. Kommenden Freitag werden wir wieder dort sein und dann wird sich sicher ein Gespraech ergeben.
Auch andere Frauen erinnerten sich an uns und einige verteilten kaltes Mineralwasser, was bei der momentanen Hitzewelle eine wahre Erloesung ist. Wir hatten nicht damit gerechnet, auch etwas zu bekommen, aber ploetzlich wurden wir gefragt. Ausserdem eroeffnete uns eine weitere junge Frau, dass wenn wir den Segen vor dem Trinken sagen, eine Kranke mit in den Segen einbeziehen und fuer deren Genesung beten sollen. Spaeter kamen noch mehr Frauen an uns vorbei, die uns sofort begruessten. Fuer uns ein kleiner Schock, wegen der langsam verlorengehenden Anonymitaet.

Rebbe Kahn beginnt seinen Tisch mit Hunderten von Chassidim puenktlich um 23.30 und beendet ihn ebenso puenktlich um 2.30 Uhr. Ich kann seinen Tisch nur weiterempfehlen: tolle Gesaenge, super Stimmung und fuer all jene, die am Chassidismus interessiert sind, ist der Tisch ein Leckerbissen.

Draussen angekommen fragten wir uns aber schon, wie weit wir gehen koennen, heisst, wie weit unsere persoenlichen Beziehungen zu der Gruppe reichen sollen. Wenn die Atmosphaere so bleibt, dann werden wir innerhalb weniger Wochen sehr viel ueber Toldot Aharon wissen, Leute kennen lernen, aber die Frage bleibt, inwieweit wir an ihnen haften sollen und wo genau der Abstand ist.


Hier ein Photo mit den beiden Bruedern Rebbe David Kahn und Rebbe Yaakov Shmuel Kahn. Ganz rechts ist der Rebbe der Toldot Avraham Yitzchak, Rabbi Yaakov Shmuel Kahn zu sehen und in der Mitte befindet sich Rebbe David Kahn, der Rebbe der Toldot Aharon.

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