B"H
Spenden (Zedakah) aller Art haben eine immense Bedeutung im Judentum. Schon unser Vorvater Avraham stand für die Güte (Chesed) und lud seine Mitmenschen zu sich ins Zelt zu einem Mahl ein. Hierbei legte er keinen Wert darauf, welcher Religion der Gast angehörte; was er jedoch tat war, dem Gast nach dem Essen ein Gebet an den alleinigen Erschaffer unserer Welt, sprich G - tt, abzuringen.
Bis heute besitzen vor allem Juden den inneren Drang der Chesed. Niemand spendet soviel wie wir. Seien die Bedürftigen auch noch so widersprüchlich in ihren Forderungen oder gehen uns auf die Nerven, nicht selten willigen wir letztendlich doch ein und spenden eine Kleinigkeit. Erinnert sei noch an den ehemaligen israelischen Radiomoderator Yossi Sayass, der mit seiner nächtlichen Sendung alle Herzen brach. Jeder konnte bei ihm anrufen und seine Probleme kundtun. Ob finanzieller oder mentaler Art, Hunderte Helfer boten hinterher direkte sofortige Hilfe an.
Natürlich werden die Spenden vielseits ausgenutzt und in Jerusalem befindet sich fast an jeder Ecke der Innenstadt ein Bettler. Irgendwo kommt immer jemand auf einen zu und bittet um Hilfe. Manchmal geht einem das auf den Geist und man fragt sich, ob die Leute wirklich so bedürftig sind und warum sie sich nicht an staatl. Institutionen wenden.
Ich lernte einmal von Rabbi Mordechai Machlis, dass wir alle nach unserem Tode von G - tt gefragt werden, warum wir diese oder jene Spende nicht gegeben haben. Sollten wir im realen Leben jedoch Zweifel an der Aufrichtigkeit des Bedürftigen haben, so können wir seine Bitte ablehnen und dies auch vor G - tt so darlegen.
Zedakah, das Geben von Spenden, findet sogar seine eigenen Gesetze im Schulchan Aruch (Code of Jewish Law) im Traktat Yoreh Deah 247 ff. Aber auch die Kabbalah beschäftigt sich mit dem Geben von Zedakah und die offizielle Meinung ist, dass Zedakah mit absoluter Kavanah (Konzentration) gegeben werden muß. Im Talmud Bava Batra 9b heißt es, dass demjenigen der Zedakah gibt, Gutes wiederfährt. Dennoch sollte niemand seine Belohnung im Sinn haben, sondern aus Freude heraus geben. Ferner muss eine Spende mit der rechten Hand überreicht werden. In der Kabbalah repräsentiert die rechte Seite Güte (Chesed) und die linke Seite steht für Gericht (Din, Gevurah). Und wir geben aus der Güte heraus und nicht, weil wir den Bettler richten.
In der Einleitung zum Thema "Zedakah" heißt es im Schulchan Aruch Yoreh Deah 247:3, dass jeder, der Erbarmen mit einem Bedürftigen hat, seinerseits das Erbarmen G – ttes erfährt. Weiter heißt es, dass wir anhand von Spenden etwaige negative G – ttesurteile über uns selbst in positive Urteile ändern können. Die letztere Meinung wird ebenfalls im Talmud diskutiert.
Jeder einzelne von uns hofft, dass G – tt seine Gebete erhört und ihm bei eventuellen Schwierigkeiten im Leben hilfreich zur Seite steht. Der Schulchan Aruch (YD 247:3) deutet an, dass sich dies genauso im Verhältnis des Spenders zum Bettler wiederspiegelt;
auch der Bettler hofft, dass seine Stimme erhört und ihm geholfen wird. Wenn wir dies tun, dann erweist sich G – tt uns ebenso als gnädig.
Im Talmud Traktat Bava Batra 10a kommt die Frage auf, warum denn G – tt den Bedürftigen nicht selbst hilft, wenn Er sie doch so liebt. Darauf antwortet Rabbi Me'ir: "G – tt läßt die Armen nicht leiden, weil sie schlechte Menschen sind. Stattdessen erschuf er auch die Armen, damit WIR eine Chance bekommen, Gutes zu tun, indem wir den Bedürftigen helfen. Anhand unserer Hilfe können wir negative G – ttesurteile eventuelle in positive umwandeln und zusätzlich bekommen wir einen Platz in der Kommenden Welt (Olam HaBah)".
Nicht nur der Talmud ist dieser Meinung, sondern auch der Schulchan Aruch (YD 247:4).
Im Talmud Shabbat 151b kommt die Frage auf, ob nicht jegliche Armut nach dem Eintreffen des Meschiach automatisch Null und Nichtig wird. Eine klare Antwort hat die Gemara (rabbinische Diskussionen) nicht. Vielmehr gibt es, wie immer, gegensätzliche Meinungen. Einige sagen, dass mit dem Meschiach alle Armut abgeschafft wird und andere wiederum sind der Ansicht, dass arme Menschen auch weiterhin existieren werden, denn die Naturgesetzte werden sich auch mit dem Eintreffen des Meschiach nicht ändern.
Des Weiteren führt der Schulchan Aruch (YD 248:1) einen interessanten Punkt auf:
Demnach ist JEDER verpflichtet, Zedakah zu geben. Selbst der Bettler, denn dieser muß genauso einen kleinen Betrag seines "Einkommens" an einen weiteren Bedürftigen abführen.
Natürlich sollen nur diejenigen Zedakah geben, die auch etwas zu geben haben. Und sei der Betrag auch noch so winzig. Es ist keine Mitzwah (Gebot) mehr in dem Moment, indem ich meinen letzten Cent hergebe und ich selber nichts mehr habe. Die größte Mitzwah überhaupt ist dem Bedürftigen Essen oder einen Job zu geben. Nicht immer erledigt das Geld allein alle Probleme.
Oft ist es mir schon passiert, dass ich Essen anbot, weil ich gerade vom Einkaufen kam und im dem Moment rastete der Bettler aus und scheuchte mich davon. So groß kann also der Hunger nicht gewesen sein, wenn nur Cash zählt.
In vielen Städten auf unserer Welt, so auch in Jerusalem, gibt es dermassen viele Bettler, dass kaum jemand in der Lage ist, jedem einzelnen etwas zu geben. Von daher empfiehlt es sich, kleine Geldbeträge in der Tasche zu haben. Hier ein paar Cent oder dort, so kommen mehr Mitzwot zusammen. Alles einem einzigen Bettler zu geben, ist etwas ungeschickt. Wie oben erwähnt, sollten die Spenden immer mit der rechten Hand gegeben werden; gleichfalls jedoch mit Freude und einem offenen Herzen.
Eine ganz berühmte talmudische Story zu dem Thema finden wir im Talmud Traktat Taanit 21a. Dort ist von dem bekannten Rabbiner Nachum Isch Gamzu (der Lehrer Rabbi Akivas) die Rede.
"Gamzu" heisst übersetzt: "Auch das", und Rabbi Nachum Isch Gamzu wurde "Gamzu" genannt, weil er bei jedem Vorfall in seinem Leben sagte: "Auch das ist nur zum Besten".
Es spielte keine Rolle, ob ihm etwas Negatives oder Positives wiederfuhr, Rabbi Nachum sah alles so, als sei es nur zum Besten. Selbst die allerschlimmsten Ereignisse, denn wie wir wissen, wird alles Negative dieser Welt letztendlich in Positives umgewandelt und Rabbi Nachum Isch Gamzu hatte volles G – ttvertrauen.
Einmal geschah es, dass der Rabbi seinen Esel entlud als ein Bettler vorbeikam. Der Bettler war so hungrig und sagte, dass er mehrere Tage nichts mehr gegessen habe. Rabbi Nachum Isch Gamzu wollte allerdings erst den Esel entladen und dann dem Hungrigen etwas zu Essen geben. Eine Minute später starb der Mann fast auf der Stelle vor Hunger. Hieraus lernen wir, dass wir niemals einen Hungrigen warten lassen dürfen. Rabbi Nachum bereute seinen Fehler ein Leben lang.
Selbstverständlich ist es immer relativ; jeder möge oftmals für sich entscheiden, wieviel er geben kann und niemand ist verpflichtet, sich zu übernehmen. Häufig passiert es mir, dass ich ein schlechtes Gefühl habe, wenn mich einige Leute um Zedakah bitten und ich denke mir, dass es sich bestimmt um irgendeine Lüge handelt und derjenige nur auf das Geld aus ist. Wie ich bereits erwähnte, kann in dem Fall die Spende verweigert werden. Rabbi Mordechai Machlis andererseits meinte, dass er lieber einem Lügner die Spende gebe als jemals einen wirklichen Bedürftigen auszulassen. Schliesslich können wir nie mit Gewissheit sagen, was in den Menschen vorgeht und ob jemand wirklich eine Spende benötigt oder nicht.
Die Halacha (Gesetz) in solchen Fällen lautet, dass der "falsche" Bettler dann die Verantwortung vor G – tt trägt und sich für sein falsches Handeln bei Diesem rechtfertigen muß und nicht wir.
Montag, Dezember 17, 2007
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