Sonntag, Dezember 16, 2007

Die Sprache der Thora

B"H

Die Gemara (rabbinische Diskussionen) im Talmud Yevamot 71a und Bava Metziah 31b lehrt, dass die Thora von G - tt in der Sprache der Menschen verfasst wurde.

Seit Jahrhunderten, wenn nicht Jahrtausenden, ist es geradezu alltäglich, dass Zusammenhänge und Aussagen der Thora wörtlich genommen werden und auf diesem Wege falsche Interpretationen sowie Mißverständnisse aufkommen. Im Judentum gibt es unzählige Thora - Kommentatoren sowie die Kabbalah (Geheimnisse der Thora) oder den Chassidismus. Alle verfolgen das eine Ziel, nämlich die Thora besser zu verstehen, um somit die Mitzwot (Gesetze) besser ausführen zu können. Überhaupt stellt sich die Frage, was uns G - tt hier genau mitteilen wollte und warum Er die Thora so verfasste, wie sie uns vorliegt. Warum nicht anders ? Und warum erwähnte Er diese Ereignisse und nicht jene ? Wie wir wissen, beinhaltet die Thora kein einziges überflüssiges Wort und alles Geschriebene will uns etwas mitteilen. Unsere Aufgabe besteht darin, den wahren Sinn und die Botschaft herauszufinden.

Seitdem die Thora in allerlei Sprachen übersetzt wurde, besteht ein Chaos der Mißinterpretationen. Jeder bildet sich seine eigene Meinung und der Originalinhalt geht absolut verloren. Aber nicht nur aufgrund der falschen Übersetzungen kommt es zu gravierenden Fehlinterpretationen. Viele Menschen lesen, was sie lesen wollen und so türmen sich auch noch individuelle Fehlinterpretationen auf. Des Weiteren bestehen Kirchendogmen, die vorgeben, was uns die Thora sagen will. Wer die Originalinhalte mit derlei Dogmen vergleicht, der wird schnell bemerken, dass die Dogmen sich nicht um die Thorainhalte kümmern, sondern vielmehr darum, den christlichen Glauben mit aller Macht aufrecht zu erhalten. Für diese Macht und aufgrund gelenkter Thorafehlinterpretationen musste das Judentum in der Vergangenheit einen hohen Preis zahlen.

Aber nicht nur die Kirchen mißinterpretieren die Thora. Seit mehr als Tausend Jahren tun dies auch die Moslems, indem sie Juden beschuldigen, den Namen "Muhammad" absichtlich aus der Thora entfernt zu haben. Aufgrunddessen kam es im Spanien zur Zeit des Rambams (12. Jahrhundert) zu Repressalien seitens der Almohad (Al – Muwahhidun). Die Almohad waren fundamentalistische Moslems (zu vergleichen mit der heutigen Al Khaida), die von Nordafrika aus Spanien eroberten. Bisher hatte das spanische Judentum keine Repressalien seitens der moslemischen Herrscher zu befürchten, was sich jedoch aufgrund der neuen Machthaber, den Almohad, schlagartig änderte. Der Rambam selbst geht auf dieses Thema sehr ausführlich in seiner "Epistle of Martyrdom" ein.

Seit mehr als zehn Jahren glauben immer mehr Menschen, den wahren Thora – Code knacken zu können. Einer der Hintergründe dieses Codes ist die hebräische Gematria, wonach jeder Buchstabe des hebr. Alphabetes einer Zahl zuzuordnen ist. So steht Aleph für die Eins, Beth für die Zwei, Gimmel für die Drei und so weiter.
Wenn ich also die Zahlengematria verschiedener Wörter herausfinde, kann ich die Wörter mit anderen, welche den gleichen Zahlenwert haben, verbinden. Zum Beispiel haben die Wörter AHAVA (Liebe) und ECHAD (Eins) die gleiche Gematria der Zahl 13. Somit wird zwischen dem Wort Liebe und Eins ein Zusammenhang gesehen. Liebe bedeutet die Liebe zu G – tt und Eins bedeutet EIN allumfassender G – tt. Es gibt niemand anderen neben Ihm. Insbesondere der jüdische Thorakommentator Baal HaTurim ist sehr bekannt für seine Kommentare zur Gematria in der Thora.

Die zweite Art des Thoracodes wird anhand des jeweiligen Thoratextes ermittelt. Hierbei wird eine bestimmte Buchstabenreihenfolge ermittelt, anhand derer der Text neu gelesen werden kann. Bei diesen Methoden ist äußerste Vorsicht geboten, denn nicht wenige Scharlatane treiben sich auf dem Gebiet herum, um ihren zweifelhaften Theorien an den Mann oder die Frau zu bringen. Die Thora besteht aus etwas mehr als 300.000 hebr. Buchstaben und theoretisch kann sich hier jeder bedienen und alles drehen, wie es ihm beliebt.

Der Baal Shem Tov sagte, dass jede Seele des Menschen ihren Ursprung in den Buchstaben der Thora hat und so kam er durch bestimmte Buchstabendrehungen auf den Namen seiner Tochter Udel.

Wer mehr zu den Codes wissen möchte, der kann sich an die Jerusalemer Yeshiva AISH HATORAH wenden, die nach wie vor das prägnanteste Wissen zu diesem Thema besitzt. Besonders empfehlenswert ist das fast wöchentlich stattfindende "Discovery – Programm" in der Yeshiva, in dem Einzelheiten zum Thema vermittelt werden.

Hier eine brilliante Analyse dazu in engl. Sprache:
http://aish.com/seminars/discovery/Codes/Primer/primer1.htm

Außer den geläufigen jüdischen Thorakommentatoren war der Rambam (Maimonides) darauf bedacht, dem eigenen Jüdischem Volk die Metaphern der Thora näherzubringen. In seinem berühmten Buch "Moreh Nevuchim – Führer der Unschlüssigen" gelingt ihm dies auf eindrucksvolle Weise.
Auf den ersten Blick erscheint der "Führer der Unschlüssigen" ein recht konfuses Werk ohne jegliche Ordnung bzw. Reihenfolge. Das Buch enthält immer zweierlei Botschaften: eine öffentliche und eine verborgene.

Um seine geheimen Botschaften besser zu verbergen, bedient sich der Rambam dreier unterschiedlicher Wege:
1. Gewöhnlich sind die Leute ungeduldig und lesen die Inhalte nur oberflächlich durch. 2. Er widerspricht sich selbst und verwirrt so den Leser. 3. Seine Lehren sind über das ganze Buch verteilt und in keiner bestimmten angelegten Reihenfolge.

Der Rambam widmete das gesamte erste Kapitel des "Moreh Nevuchim" der Entschlüsselung unterschiedlicher Thoraausdrücke. In den weiteren zwei Kapiteln des "Führer der Unschlüssigen" versucht er die Entschlüsselungen zu verbinden und erklärt anhanddessen den EINEN G – tt und Seine Erschaffung.

Allgemein gilt, ohne die großen Thorakommentatoren wie Rashi oder an dieser Stelle den Rambam mit seine Dechiffrierung, wüßten wir nicht viel. Leider ist nach der Zerstörung des Zweiten Tempels nur allzu viel Wissen verloren gegangen. Nicht nur Wissen, sondern viele der damaligen Feiertage sind uns heute vollkommen unbekannt.

Ebenso ist die Thora von weiteren Geheimnisse bzw. Verborgenem umschattet. Einer Tatsache, die in Übersetzungen total verloren geht und daher viele Außenstehende gar nichts von der Existenz wissen. Eine Existenz, deren Bedeutung uns bis heute nicht immer klar erscheint. Die Rede ist von den Zeichen, welche die Thorabuchstaben umgeben. Eine Art von Zeichen, die Ta'anim, kann NUR auf einer original Thorarolle eingesehen werden, denn es handelt sich um Zeichen, die eine bestimmte Melodie angeben. Des Weiteren gibt es die Nekudot, kleine Punkte in und um die Buchstaben herum. Die Tagin sind die berühmten kleinen kronenähnliche Striche auf den Buchstaben und zu guter Letzt die Buchstaben selbst.

Wie ich schon in einem früheren Artikel schrieb, lehrt uns der kabbalistische Zohar, dass die Thora nicht nur aus den schwarzen gedruckten Buchstaben besteht, sondern genauso aus den weissen Buchstaben.

Weisse Buchstaben ?

Jene weissen Stellen, welche die Buchstaben umgeben. Auch diese haben eine Bedeutung, die nur von Kabbalisten zu deuten ist. Wenn überhaupt.

Die kleinen Kronen auf den Thorabuchstaben (Tagin) haben keinerlei rationale, aber dennoch eine verborgene Bedeutung. Die Ta'amim (Melodie – Zeichen) dagegen zeigen den allerhöchsten Level überhaupt an. Es heisst, dass die wahre "Süße" der Thora, die Ta'amim, erst vom Meschiach erklärt werden können.

Jedesmal wenn ich einen Abschnitt aus der Thora lerne, und sei dies "nur" die wöchentliche Thoralesung, ergeht es mir so, dass ich etwas Neues entdecke und lerne. Zu jedem Thoraabschnitt lese ich ca. zwanzig Kommentare und es kann Stunden dauern, bis ich mich von einem Satz zum nächsten bewege. Plötzlich tun sich Widersprüche in den hebr. Originalworten auf. Hier weist ein Wort auf eine ganz besondere Tat oder Emotion, die an anderer Stelle ähnlich abläuft. Seitdem ich begonnen habe, die Thora professioneller und intensiver zu lernen, bemerke ich erst, wie schwierig es ist, Inhalte zu verstehen und sie nicht mißzudeuten. Kein Wunder, dass die Thora Stoff für ein ganzes Leben liefert.

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