Samstag, Dezember 29, 2007

Kretchnif - Der fast unbekannte chassidische Tisch

B"H

Toldot Aharon, Karlin - Stolin, Toldot Avraham Yitzchak, Belz oder Gur; dies sind die Namen der relativ grossen chassidischen Tisch in Jerusalem. Vielleicht gehören die Slonim noch dazu, aber wer kennt schon die kleine chassidische Gruppe "Kretchnif" ?

Seit Juni gehe ich regelmäßig fast jeden Freitag Abend (Erev Shabbat) zu verschiedenen chassidischen Tischen und nach der Zeit entwickelt ein jeder Tischbesucher so seine Vorlieben. Unsere Favorit sind ganz klar Toldot Aharon sowie deren Abspaltung Avraham Yitzchak. Alles andere erledigten wir sozusagen nebenbei. Vor allem die Slonim und Kretchnif.

Nun ist es einmal wieder der Fall, dass die Rebbes von Toldot Aharon und Avraham Yitzchak auf Auslandsbesuch weilen und so mussten wir auch gestern Abend einmal wieder mehr umdisponieren. Als Rabbi Mordechai Machlis sein Shabbat - Dinner beendete, war es schon recht spät und wir hatten glatt vergessen, auf die Uhr zu schauen und eventuell eher zu gehen. Viel blieb dann nicht mehr übrig und wir gingen erst einmal zur Chassidut Dushinsky. Dort jedoch war es ziemlich ruhig und bevor wir groß herumsuchen und dann doch keinen Tisch vorfinden, machten wir uns durch die Yoel - Street auf nach Mea Shearim.

Eine Abzweigung von der Yoel ist die Avinoam Street, gleich gegenüber von Karlin und der Beit Midrash der Satmarer Chassidim. Spontan schauten wir bei der kleinen Chassidut Kretchnif vorbei. Zum letzten Mal waren wir dort an Sukkot (Laubhüttenfest) im Oktober und soweit sahen wir Kretchnif immer nur als Auswegsloesung, weil nichts anderes los war. Seit gestern nun sehen wir das anders.

Die Synagoge der Kretchifer Chassidim ist ein recht grosses Gebäude und der Fraueneingang befindet sich auf der Rückseite. Nach dem ganzen Machlis - Essen die drei Stockwerke hinaufzutraben, war allerdings katastrophal. Oben angekommen wird man jedoch belohnt, denn die Aussicht über Jerusalem ist überwältigend.

Auf der kleinen Frauenempore waren nur ganz wenige Kretchifer Frauen und da die Chassidut sehr klein ist, ist man auch nicht unbedingt Aussenstehende weibliche Gäste gewohnt. Bei den Männer unten ist dies anders, denn dort ist die Hälfte der Tischgaeste des Rebben nicht von Kretchnif. Auch gestern waren alle möglichen männlichen Chassidim versammelt: Toldot Aharon, Shomrei Emunim, Satmar, Slonim, Belz, Gur und drei junge litvishe Haredim.

Betritt man dagegen als Aussenstehender die Frauenempore, wird man beäugt und man muss schon aufdringlich nachfragen, um eine Antwort zu bekommen. Gestern aber sahen wir zum ersten Mal die Kretchnifer Rebbitzen, die über einen extra Stuhl, eine Art Thron, verfügt. Sie machte einen sehr freundlichen offenen Eindruck, im Gegensatz zu ihrem Frauenclan um sie herum. Die Frauen waren mir recht egal und ich konzentrierte mich lieber auf die Chassidim.

Da wir erst gegen 23.30 Uhr Uhr eintrudelten, hatte der Rebbe schon sein Mahl beendet und begann mit den Chassidim zu singen. Der Kretchifer Rebbe war bester Laune und wedelte mit seinen Armen, um die umherstehenden Chassidim zum Singen zu bewegen. Dann wurden die Tisch beiseite gerückt und alle anwesenden Chassidim tanzten in einem grossen Kreis um den Rebben herum. Der stimmte dann auch noch mit ein und legte erst richtig los. Ehrlich gesagt bewegte er sich schneller und euphorischer als alle anderen, was den Tanzkreis zum Kollaps führte. Der Rebbe war zu schnell.
Hinterher tanzte er allein auf und ab, was ich bisher nur von Videos kannte. Es war toll anzusehen, das muss ich zugeben. Zwischendurch wurden immer wieder weitere kleinere Leckereien aufgetischt und dann kamen zwei riesige noch dampfende Kuchen hereingerollt. Der Duft stieg uns bis oben in die Nase. Ein Karottenkuchen und ein Topfkuchen. Die Chassidim stellten sich vor dem Rebben auf und dieser verteilte ausser Kuchen auch noch Früchte.

Ueberraschenderweise bekamen die Frauen auch Kuchen ab, worauf meine Freundin und ich aber verzichteten. Anstatt uns mit an den Damentisch zu setzen, hoerte ich der Rede des Rebben zu. Viel war nicht zu verstehen, denn er spricht nicht gerade laut und deutlich. Selbst die Chassidim mussten ganz nahe an ihn heranrücken, um ihn zu verstehen. Er sprach in Yiddish und das, was ich verstand war, dass er ueber den Auszug der Israeliten aus Aegypten sprach. Sie haetten von G - tt den Shabbat als Mitzwah bekommen und jeder einzelne richtig gefeierte Shabbat gibt uns neue innere Kraft.

Ich war mitten beim Zuhoeren als die Frauen beim Kuchenklatsch (Kaffee gab es keinen) in Plauderlaune gerieten und ich von der Rede des Rebben nichts mehr mitbekam. Wieso müssen Frauen immer nur über den Haushalt und die Kinder reden ? Koennen sie nicht einmal die Klappe halten ?

Nach der Rede wurde wieder getanzt bis sich der Kretchnifer Rebbe schliesslich um 1.15 Uhr frueh zurückzog.
Uns hat der gestrige Tisch sehr gut gefallen und wir wollen oefters einmal bei dem etwas verkannten Kretschnif - Tisch vorbeischauen.

Hier ein Link zu einem Video mit dem Jerusalemer Kretchnifer Rebben beim Tanz mit seiner jüngsten Tochter. Die Tochter hat ein Tuch vor ihrem Gesicht, da sie sich auf der Männerseite befindet und ihr Gesicht ausgerechnet dort zu zeigen als unanständig gilt.

http://video.google.com/videoplay?docid=8053135343788864700


Und hier ein kurzes Video vom Tisch:

http://video.google.com/videoplay?docid=7495712384584720227&q=kretshnif+tish&total=4&start=0&num=10&so=0&type=search&plindex=0

2 Kommentare:

  1. Anonym9:29 PM

    kretshnef ist wirklich einen besuch wert. ich hatte schon ein paar mal den zchut sowohl bei dem kretshnef-sigetter rebben aus jerushalayim als auch bei seinen beiden bruedern aus rehovot, kiriat gat und aus williamsburg bei ihren besuchen in wien einen tisch beizuwohnen.
    was alle 4 vereint ist, dass sie sehr herzig und warm zu besuchern sind, sehr gute stimmung verbreiten und alle moeglichen nigunim anstimmen.
    es lohnt sich auf jedenfall deren tishe zu besuchen.
    gite woch
    f

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  2. B"H

    Oft bin ich richtig neidisch, kein Mann zu sein, denn als Zugehoeriger des maennlichen Geschlechtes hat man beim Tisch mehr Chancen.

    Natuerlich kommt man auch mit den Frauen ins Gespraech, aber bei Kretchnif haetten wir auch gerne ein kuehles Bier abbekommen. :-) Und das gab es nur fuer die Maenner.

    Ansonsten ist der Jerusalemer Kretchnifer Rebbe ueberaus gastfreundschaftlich zu ALLEn die kommen.

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