Mittwoch, April 16, 2008

Verräter ?

B"H

Bin ich nun ein Verräter oder nicht ?

Neulich berichtete ich über den Boykott der Haredim (Ultra - Orthodoxen). Seit geraumer Zeit boykottieren sie den ansonsten bei ihnen so beliebten und billigen "Schefa - Markt (Schuk)". Wie berichtet, ist der Eigentümer von Schefa ebenso Herr über weitere Ladenketten und eine davon ist "AM:PM". Obwohl vor knapp einer Woche in Mea Shearim sowie Ge'ulah Plakate aushingen, dass es eine angebliche Einigung zwischen Rabbi Yosef Schalom Eliyaschiv sowie der Dor Alon Gruppe (Eigentümer von Schefa) gegeben hätte, herrscht weiterhin einiges an Unklarheit. Offiziell soll der Boykott erst einmal bis auf weiteres verschoben worden sein.

Zuerst wurde der haredischen Bevölkerung auf den Postern mitgeteilt, dass Schefa nicht mehr boykottiert wird; letzten Sonntag hingegen kam es in der Schefa - Filiale in Bnei Brak bei Tel Aviv zu wilden Demos.

Anstatt weiterhin auf die boykottierende haredische Kundschaft zu warten und Verluste einzufahren, kam Schefa nun auf eine neue Idee. Man ließ nämlich die säkulere Kundschaft zu Hauf einfallen. Das wiederum brachte die Haredim auf die Palme, die vor der Filiale mit einer Demo begannen.

Der Schefa - Markt gehört ansonsten zu jenen haredischen Läden, in denen sich die Kundschaft vor dem Eintreten gefälligst anständig anzuziehen hat. Wer als Frau in Hose auftaucht, muß entweder vor der Tür umkehren oder erklärt sich bereit einen langen Rock, welchen Schefa am Eingang zur Verfügung stellt, überzustreifen. Keine Frau in Hose kommt in den Schefa - Markt, zu Vishnitz oder in den Aleph hinein. Einkauf mit Anstand und ohne erotische Reize. Wer sich weigert, der bleibt halt draußen. Den Männern ergeht es genauso, wenn sie keine Kopfbedeckung tragen oder in Shorts erscheinen.

Die erfolgreiche Tel Aviver Ladenkette AM:PM hat 24 Stunden am Tag geöffnet. Auch am Schabbat und da ist ja bekanntlich der Ausgangspunkt für den haredischen Boykott (siehe hier). Vor ein paar Tagen begab ich mich einmal in eine der AM:PM - Filialen in Tel Aviv und plante sogar, etwas zu kaufen. Alle anderen Läden hatten nämlich schon geschlossen. Soweit zu meiner Verteidigung.
Nach zwei Minuten war ich jedoch wieder draußen, denn bei den Preisen fiel es mir schwer, nicht ohnmächtig zu werden. Ich frage mich wirklich, wer da bei AM:PM zu den gepfefferten Preisen einkauft. Und man mag es kaum glauben, bei ihnen läuft das Geschäft super und die Läden sind fast immer voll.

Heute nun bekam ich auf der Arbeit die in Israel so berühmten Einkaufsgutscheine. Viele Arbeitgeber geben die Gutscheine an ihre Angestellten weiter und auch mich traf es heute.
Und wo darf ich einkaufen gehen ?
Im boykottierten Schefa - Markt.
Was jetzt ? Soll ich loyal sein und mitboykottieren oder auf materiell machen und meinen Einkäufe tätigen ?
Ich habe mich für das Letztere entschieden und begebe mich heute Abend in eine der Schefa - Filialen. Man muß ja auch an die Zukunft der Belegschaft denken, die da aufgrund des Boykottes um ihre Arbeitsplätze fürchtet. Aber Arbeitsplätze sind auch nicht mein Grund, denn ich denke materiell und will halt nur meine Gutscheine verprassen. Und Mazzot brauche ich auch noch.

Den aktuellen Boykott - Stand der Dinge kenne ich nicht genau; werde ich heute Abend von den Haredim beschimpft, wenn ich den den Schefa gehe ? Ja oder Nein ? Wir werden sehen.

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