Dienstag, April 15, 2008

Faszination Pessach

B"H

Näher auf das am Mozzaei Schabbat (Samstag abend nach Schabbatausklang) beginnende Pessach will ich in diesem Blog nicht. Wer dazu ausführliche Infos sucht, der muß sich an Chabad oder Aish HaTorah wenden.

Allgemein gehört Pessach nicht gerade zu meinen bevorzugten Feiertagen; nicht nur des fehlenden Essens wegen. Insgesamt haben aschkenazische Juden eine weitaus eingeschränktere Speisekarte als die Sepharadim. Aus mittelalterlichen Tradition heraus ist uns Aschkenazim der Verzehr von Reis untersagt, denn gemäß unserem Brauch gilt dies als "Chametz - an Pessach verbotene Getreideprodukte". Aber Moment, Reis ist doch nicht gleichzusetzen mit Weizen, Hafer, Roggen oder Gerste.

Die Tradition der Aschkenazim, an Pessach keinen Reis zu essen, beruht auf einem mittelalterlichen Brauch (erstmals im 10. Jahrhundert erwähnt), nachdem selbst der geringste Verdacht verhindert werden soll, Reis versehentlich mit Chametz (Getreideprodukten) zu vermischen. Wenn ich den sephardischen Juden aus Kurdistan, dem Irak oder dem Iran von diesem Brauch erzähle, meinen sie, wir Aschkenazim haben sie nicht alle. Den gleichen Fall erfahren wir mit den "Kidniot - diversen Hülsenfrüchten". Bohnen, Erbsen, etc. sind uns Aschkenazim ebenso verboten. Wobei ich noch erwähnen sollte, dass die marokkanischen Juden übrigens auch keinen Reis an Pessach verzehren.

Was bleibt uns also zum Essen übrig ?
Mazza, Mazza, Mazza.



Aber wieviel kann man davon essen, wenn viele behaupten, dass die Mazza eine wahre Kalorienbombe sei ?

Nur Mazza zu sagen wäre auch wieder übertrieben, denn schließlich haben wir ja auch noch Fisch, Fleisch, Eier, Kartoffeln, Brokkoli, Salate und Suppen. Bei den Suppen kann ich die Omelettsuppe wärmstens empfehlen. Hühnersuppe mit in kleine dünn geschnittene Streifen Eieromelett darin.

Sephardische Freunde laden mich alle Jahre wieder zu ihrer Pessach - Seder ein. Dort gibt es Essen zu Hauf, denn den Sepharden geht nichts über das Essen. Reis, Kube (Fleischbällchen in Teig), Gebratenes. Da läuft einem das Wasser im Munde zusammen. Bei unserer Seder hingegen leben wir von Gefillte Fisch, Eieromelettsuppe, Kartoffeln und diversem Gemüse. Satt werden wir dennoch, obwohl ich auf meine sephardischen Freunde neidisch bin.

Kuchen und Kekse gibt es aber dennoch; überwiegend gebacken aus Kartoffelmehl. Aber auch hier gilt wieder, dass nichts über die frischen sephardischen Nußkekse geht, die es jetzt schon auf dem Machane Yehudah Markt zu kaufen gibt. Heute Abend werde ich mit ein paar davon gönnen. Nur an Pessach selbst ist wieder alles anders, denn dann sind uns Aschkenazim auch die Nußkekse verboten. Grund: Kidniot.

Einen ganz chaotischen Brauch pflegen bis heute die Vishnitzer Chassidim. Sie leiten aus dem Mittelalter ab, dass der Fischverzehr eigentlich verboten sei. Im frühen Mittelalter wurde Fisch zusammen mit Chametz verpackt.
Ein total übertriebenes Brauch ?
Ein Vishnitzer Chassid berichtete mir, dass dieser Brauch in der letzten Zeit innerhalb der chassidischen Gruppe immer weniger beachtet wird und die Vishnitzer begonnen haben, an Pessach Fisch zu essen.

Manche Leute lieben es, die Seder in die Länge zu ziehen und die Pessach - Haggadah eingehend zu lesen. Ich bin in diese Situation gezwungen, denn alljährlich verbringe ich Pessach chassidisch. Und bei den Chassidim ist es absolut keine Seltenheit, wenn die Seder erst um 2.30 Uhr morgens endet (Beginn ca. 20.00 Uhr). Persönlich wäre mir eine schnelle Seder viel lieber. Manche Leute sind schon nach zwei Stunden fertig. Mit Kindern kann man eh nicht alles so in die Länge ziehen.

Wenigstens haben wir vor der Seder einen Schabbat, an dem man sich vorher gut ausschlafen kann. Vielleicht bleibe ich ja dann endlich einmal bis zum Sederende wach, ohne schlafend auf dem Tisch zu liegen.

Anmerkungen:

In der Diaspora finden zwei Pessach - Sedern statt; am ersten sowie am zweiten Abend.

Muss ich nun als im Ausland lebender Israeli die zwei Sedern feiern oder gelte ich auch in der Diaspora als Ausnahmen ?
Wer Israeli ist und seinen Hauptwohnsitz länger als drei Jahre in der Diaspora hat, muss die zweite Seder feiern !!!
In dem Falle gilt er als diasporazugehörig.

Was aber, wenn ich momentan vor meiner Aliyah nach Israel stehe ? Halte ich dann die zweite Seder ab ?
Derjenige, der seine Aliyahpapiere bereits in den Händen hält, darf sich als Israeli zählen und muss nur eine Seder abhalten.
Nur Aliyah planen bzw. davon reden gilt allerdings hierbei nicht !!!

Und was ist mit den Diaspora - Juden, die sich gerade in Israel aufhalten?
Genau, sie müssen selbst in Israel zwei Sedern abhalten.
Wer übrigens einen Platz für die zweite Seder benötigt und noch ohne Einladung dasteht, kann sich an mich wenden: miriamwoelke@gmail.com

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