B"H
Halachisch betrachtet ist das Thema "Organspende - ja oder nein" immer mit Komplikationen verbunden. Die klare Antwort darauf lautet, dass es bisher keine klare Antwort gibt. Ist die Spende nun erlaubt oder nicht ? Darüber scheiden sich die Geister. Es gibt unzählige Meinungen und Kommentare und ich warne davor, sich durch das Internet zu wühlen und wahllos nach Antworten zu suchen.
Vor Purim machte erneut ein Fall von Organspende auf sich aufmerksam. Ein kleines nationalrelig. Mädchen namens Haleli Walfisch kam durch einen Unfall beim Spielen ums Leben. Bei ihrer Einlieferung im Krankenhaus wurde Hirntod diagnostiziert und die Eltern samt Großeltern (ihr Großvater ist Rabbiner) zogen sofort eine Organspende in Erwägung.
Damit kam das Thema wieder einmal mehr an die breite Öffentlichkeit und die Knesset verabschiedete gestern (Montag) das sogenannte "Hirntod - Gesetz". Demnach sollen Organspenden bei Hirntod erlaubt sein. Hiermit jedoch legt sich die Knesset mit dem Oberrabbinat (Rabbanut) sowie anderen orthod. Rabbiner verschiedener Richtungen an.
Der derzeitige aschkenazische Oberrabbiner Jonah Metzger will dem Gesetz zustimmen, bei seinem sephardischen Gegenpart, Rabbi Shlomo Amar, jedoch bestehen noch Zweifel. Um es deutlich zu sagen, beide Oberrabbiner stehen nicht für eine entgültige halachische Entscheidung und dies aus vielerlei Gründen. Um Rabbi Metzgers lückenhaftes halachisches Wissen einmal kurz außer Acht zu lassen, sind er und Rabbi Amar bei vielen alles andere als anerkannt. Insbesondere nicht bei den Chassidim, wo es eigene Entscheidungen gibt, welche in der Regel gegen eine Organspende ausfallen.
Um sich über dieses Thema auszulassen, sollte man schon ein Possek (halachischer Gelehrter sein); dennoch möchte ich zwei ganz wichtige Punkte zum Thema ansprechen.
Beim ersten Punkt handelt es sich um die Wiederauferstehung der Toten nach dem Eintreffen des Meschiach. Der Talmud Traktat Sanhedrin 97 ff. geht detailliert darauf ein und die wichtige Frage "wie kann jemand, dem, z.B., ein Bein amputiert worden war, wieder aufstehen ? Die Antwort darauf lautet kurzgefasst so, dass amputierte Gliedmassen anhand des ewigen Licht G - ttes umgehend wieder nachwachsen. Bei guten Menschen sorgt dieses Licht für Heilung, bei schlechten Menschen hingegen für Bestrafung, indem das Licht sie verbrennt.
Ich stelle mir die Frage, ob aufgrunddessen eine Organspende nicht in Frage kommt, da demgemäss die entnommenen Organe wieder nachwachsen täten ? Es versteht sich von selbst, dass es viele weiter Argumente sowie Gegenargumente gibt und ich will an dieser Stelle nur einen kleinen Denkanstoß geben.
Bei der Sterbehilfe hingegen bin ich skeptischer.
Die Mischna (G – ttes mündliche Gesetzesüberlieferung an Moshe am Berg Sinai) im Talmud Traktat Schabbat 151b verbietet uns Juden am Schabbat das Schließen der Augen eines Verstorbenen. Darüber hinaus ist uns das Schließen der Augen eines Sterbenden im Augenblick seines Todes verboten. Wörtlich heißt es in der Mischna:
"Derjenige, der die Augen eines Sterbenden im Moment dessen Todes schließt, ist ein Mörder."
In der anschliessenden Gemara (rabbinische Diskussionen zur Mischna) heißt es weiter:
"Dieser Akt (dem Schließen der Augen eines Sterbenden im Augenblick seines Todes) kann mit einer flackernden Kerze verglichen werden, deren Licht kurz davor steht, zu erlöschen. Wenn jemand einen Finger auf die Flamme drückt, erlischt sie. Genauso verhält es sich bei einem Sterbenden; das Anfassen könnte seinen Tod beschleunigen."
Der Rambam (Maimonides) schreibt in seiner Mischna Thora – Hilchot Avelim 4:5, dass man eine längere Zeit warten sollte, um erst dann die Augen des Verstorbenen schließt. Es bestehe nämlich durchaus die Möglichkeit, dass der Sterbende sich zuerst nur in einem Stadium der Bewußtlosigkeit befindet und noch gar nicht tot ist.
Zu beachten ist hierbei, dass es unterschiedliche Ansichten darüber gibt, ob derjenige, der die Augen eines Sterbenden vorzeitig schließt, tatsächlich ein Mörder ist oder ob die Mischna nicht unbedingt allzu wörtlich zu nehmen sei.
Auch in Israel werden Sterbehilfe sowie die Organspende immer mehr zu vieldiskutierten Themen. Eine entgültige rabbinische und weitgehend anerkannte halachische Entscheidung wird aber noch länger auf sich warten lassen. Jedenfalls eine allgemeine Entscheidung. Bei Individualfällen ist sicher ein positiverer Entscheidungsspielraum gegeben und Betroffene können sich dabei besser mit den Rabbiner beraten.
Dienstag, April 01, 2008
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