B"H
Die Thoralesung für diesen Schabbat
Wortdefinitionen zu den zwei Thoralesungen an diesem Schabbat:
NITZAVIM = STEHEN
VAYELECH = GING (Moshe ging)
Dieser Schabbat ist der Schabbat vor Rosh HaShana und in beiden Parshot, welche wir in den Synagogen lesen, ruft uns G - tt erneut zur Einhaltung Seiner Thora auf.
"Ihr steht heute alle vor HaShem Elo – hei - chem (vor Eurem G – tt …)"
mit diesem Satz beginnt die Parashat Nitzavim. Auch finden wir hier die Erwähnung zweier Namen G - ttes, welche zum einen den gütigen vergebenden G - tt, aber zum zweiten auch den richtenden G - tt darstellen.
Am letzten Tag seines Lebens versammelte Moshe nochmals alle Stämme vor sich, um alle an den Bund mit G - tt zu erinnern. Nitzavim wird stets am Schabbat vor Rosh HaShana gelesen, denn nicht nur damals zu Moshes Zeiten standen die Juden vor G - tt, sondern wir tun dies heute genauso (Beer Moshe). Das "Heute" in der Thora bedeutet nicht nur das "Heute" in der Vergangenheit. Die Thora ist bis in alle Ewigkeiten gültig und somit hat alles auch einen Bezug auf das heutige Judentum.
Wie damals die Israeliten, so werden auch wir an Rosh HaShana vor G - tt stehen und über unsere Taten des letzten Jahre Rechenschaft ablegen müssen.
Nicht nur jene Juden, die damals persönlich vor G - tt standen, gingen den Bund mit Ihm ein und verpflichteten sich zur Einhaltung der Thora. In Nitzavim heißt es ebenso, dass jene nachfolgenden Generationen, die nicht persönlich anwesend waren, sich gleichzeitig zur Einhaltung des Bundes verpflichten.
Der Thorakommentator Sforno legt die Bedeutung des Satzes so aus, dass die Älteren verpflichtet sind, ihre Kinder zu unterrichten. Die Zukunft des Judentums hängt immer von der jüdischen Bildung ab. Schon im frühen Alter soll einem Kind Thoraunterricht erteilt werden. Wenn Juden eine neue Gemeinde gründen, dann wird noch vor der Synagoge eine Schule für die Kinder gebaut. Es ist extrem wichtig, dass ein Kind von kleinauf das Judentum erlernt und sich so der Rolle seiner jüdischen Identität bewusst wird.
Die Gemara im Talmud Traktat Niddah 30b lehrt, dass wir alle vor unserer Geburt als Embryo die Thora im Mutterleib gelehrt bekommen. Sobald aber ein Baby das Licht der Welt erblickt, kommt ein Engel und gibt, bildlich gesprochen, dem Baby einen Klapps auf den Mund, was zur Folge hat, dass das Baby nach der Geburt die gesamte Thora wieder vergißt. Die Lebensaufgabe besteht dann darin, sie wieder neu zu erlernen.
Die Gemara im Talmud Traktat Shabbat 146a wirft eine interessante Frage auf:
Was ist eigentlich mit den Konvertiten zum Judentum, die nicht am Berg Sinai gestanden und die Thora erhalten haben ?
Die gleich anschliessende Antwort lautet, dass diese zwar nicht persönlich anwesend waren, dennoch aber ihr "Mazal" dort war. Ein "Mazal" ist an dieser Stelle ein persönlicher Engel eines Jeden, der die Person beim Himmlischen Gericht vertritt. Die Person war selber nicht dort, doch ein Engel hat sie sozusagen vertreten.
Und wieder warnt uns die Thora vor dem Götzendienst. Nach der Überquerung des Jordan und der Einnahme des Landes soll man sich keinesfalls anderen G - ttern zuwenden. Immer und immer wieder wiederholt G - tt dieses Verbot in Seiner Thora. Kein Gesetzesbruch wird von Ihm so streng geahndet wie der Götzendienst. Die Thora verpflichtet uns, nur an Ihn zu glauben und uns nicht von unserer Umwelt von anderen fremden Ideen oder falschen Thorainterpretationen verleiten zu lassen.
"Wenn Ihr die Mitzwot (Gesetze) einhaltet, dann bleibt ihr in dem Land, welches Ich euch gegeben habe und wenn nicht, dann wird Mein Zorn auf euch lasten und ihr werdet das Land verlieren, in die Diaspora gehen, wo fremde Völker über euch herrschen. Wenn ihr jedoch Buße tut (Teschuva, Umkehr) und die Mitzwot einhaltet, dann werde Ich Gnade zeigen und euch wieder in euer Land zurückführen".
Aus diesen Sätzen lernen wir, dass G - tt selbst in der Diaspora immer bei uns sein wird und uns niemals verlässt. Rabbi Shimon bar Yochai sagte: "Kommt und seht wie sehr G - tt die Israeliten liebt ! Wo immer sie sich auch in der Diaspora befinden, G - ttes Anwesenheit (Schechinah) ist immer mit ihnen. Und G - tt wird sie aus der Diaspora zurück nach Israel führen" (siehe Talmud Megillah 29a).
Zu Zeiten der zwei Tempel, war G - ttes Anwesenheit (Schechinah) für jedermann deutlich spürbar. Vor allem zu Zeiten des Ersten Tempels waren allerlei Wunder für jedermann sichtbar. Nach den Zerstörungen ist das nicht mehr der Fall und G - tt hat sich etwas weiter von der Welt “zurückgezogen”. Ganz verlassen aber tut Er uns nie. Durch den sogenannten TIKUN OLAM, eine Korrektur der eigenen Seele sowie der Welt durch die Erfüllung der Mitzwot, sind Juden jederzeit in der Lage, den jetzigen Zustand zum Positiven zu verändern. Viele sehen die Gründung des Staates Israel schon als Einleitung zum hoffentlich baldigen perfekten Tikun Olam und der Ankunft des Meschiach.
Jederzeit können wir zu G - tt umkehren (Teschuva machen) und nicht nur an Rosh HaShana. Allerdings ist G - tt im Monat Elul und in der Zeit bis Yom Kippur besser für uns erreichbar als zu anderen Zeiten. An Rosh HaShana beten wir im Morgengebet Schacharit das Gebet "HaMelech", in dem wir G - tt zu unserem König krönen.
In "HaMelech" heißt es metaphorisch, dass G - tt auf Seinem Thron sitzt und uns richtet. Wörtlich zu nehmen ist dies nicht und "sitzen" bedeutet, dass G - tt sich zu uns "niederbeugt" bzw. "herabläßt" und so unseren Gebeten näher entgegenkommt und sie erhört.
Wann immer die Juden sich mit ihren Gebeten an G - tt wenden, ist Er nahe bei ihnen erhört sie. Unsere Gebet haben die Macht, jegliches negatives G- ttesurteil in etwas Positives umzuwandeln. So auch an Rosh HaShana (siehe Talmud Rosh HaShana 18a).
In Parashat VaYelech findet das Hakhel Erwähnung, welches alle sieben Jahren und ein Jahr nach dem Schemittah - Jahr am ersten Tag des Chol HaMoed Sukkot (der erste Zwischenfeiertag des Laubhüttenfestes) gelesen wird. Hierbei wird das gesamte Buch Deutoronomy (Sefer Devarim) gelesen. Früher las es der König dem jüd. Volk im Tempel vor und heute findet die Hakhel - Zeremonie vor der Klagemauer statt.
Im Jahre 2001 war ich anwesend und es war ein überwältigendes Ereignis. Nachgebaute Trompeten aus dem Tempel wurden geblasen und leiteten die Zeremonie ein. Danach lasen abwechselnd sephardische und ashkenazische Rabbiner die Thoraabschnitte vor. Der Platz vor der Kotel (Klagemauer) war komplett überfüllt und jeder wollte dabei sein.
Noch ein kleiner Hinweis Rosh HaShana betreffend:
Es reicht nicht aus, dass wir auf intellektueller Basis wissen, dass es einen G - tt gibt. Die Mitzwot und Gebete sollen nicht nur intellektuell ausgeführt werden, sondern auch emotional. Nur, wenn alles vom Herzen kommt, kann es zu einer wirklichen Teschuva (Teschuva) kommen !
An den Feiertagen, vor allem am Yom Kippur, werden wir mit Synagogengängen und Gebeten nur so überflutet. In dem Moment, in dem wir inmitten des Gebets nachdenken und es intellektuell analysieren wollen, verlieren wir total den Faden. Wir denken nach und nichts kommt mehr vom Herzen. Aber es ist äußerst wichtig, dass das Gebet vom Herzen kommt und daher sollte der Gebetsinhalt vielleicht später daheim intellektuell analysiert werden.
Die Haftarah (Lesung aus den Propheten nach der Thoralesung) wird aus Yeshayahu (Jesaja) 61:10 - 63:9 gelesen. Auch in ihr geht es um Teschuva und darum, dass G - tt Sein Volk wieder zurückführen wird.
Außerdem beginnen wir Ashkenazim in der Nacht von Samstag auf Sonntag mit den Selichot - Gebeten vor Rosh HaShana. Die Selichot sollten zwischen Mitternacht und dem Morgengebet Shacharit gebetet werden. Ratsam ist es, eine Stunde nach Mitternacht zu beginnen.
Schabbat Schalom
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