B"H
Eigentlich wollte ich noch einige private Erläuterungen zu dem unten folgenden Text verfassen, doch ich lasse alles einfach einmal so stehen. Es kann sein, dass Mißverständnisse auftreten, doch ist es bei Unklarheiten immer besser zu fragen als selber Schlußfolgerungen zu ziehen.
Der Text ist kabbalistisch ebenso wie philosophisch und hoffentlich regt er zum Nachdenken an oder vermittelt zumindest einen Eindruck, wie kompliziert das Judentum sein kann.
Einige mystische Gedanken:
Der als so rational bekannte Rambam (Rabbi Moshe ben Maimon, Maimonides, 1135 - 1204) warf in seinem "Moreh Nevuchim - Führer der Unschlüssigen" die Frage auf, wie es denn da möglich sein kann zu sagen, dass G - tt ein "lebender G - tt" sei ? Würde Ihn diese Aussage nicht auf einen normalen Sterblichen beschränken ?
Demnach, so Maimonides weiter, handelt es sich bei dem "lebenden G - tt" um einen G - tt, der lebt, was wiederum bedeutet, dass G - tt das Gegenteil allen Negativens ist.
Kabbalisten teilen nicht unbedingt die philosophische Betrachtung des Rambam, sondern meinen, dass kein Lebewesen eine Vorstellung eines verborgenen G - ttes hat. Niemals handelt G - tt gegenüber seiner Schöpfung selbst, sondern tut dies nur anhand Seiner Sefirot (Charaktereigenschaften), welche ein Teil von Ihm sind.
Der "lebende G - tt" besitzt eine Anzahl von unterschiedlichen Namen, welche, laut der Kabbalisten, zu Seiner jeweiligen Natur gehören. Heißt, wie G - tt handelt. Die Namen wurden Ihm nicht gerade eben einmal so aus einer menschlicher Erfindung heraus gegeben. Ein G - tt, der in Sich selbst verborgen ist, kann nur anhand einer metaphorischen Sprache benannt werden. Die spanischen Kabbalisten erfanden hiermit die Namen "Wurzel aller Wurzeln" oder den bekannten Ausdruck "Ejn Sof - Ohne Ende / Grenze / Limit".
Kabbalisten erkennen natürlich wie alle anderen Menschen auch den G - tt der Thora, den gnädigen, guten, weisen G - tt. Darüber hinaus aber bleiben sie bei dem Standpunkt, dass es genauso einen verborgenen G - tt gibt. Die Seite G - ttes, welche uns ewiglich unbekannt bleibt, denn sie bewegt sich in der Tiefe ihres eigenen selbst (in G - tt). Die Kabbalisten entwickelten hierfür den Begriff: "Jene verborgene Seite G - ttes bewege sich in der Tiefe des Nichts". Der verborgene G - tt bewegt sich ohne jegliche Charaktereigenschaften (Attribute), der "lebende" uns bekannte G - tt, jener, der uns die Thora gab, muß demnach Charaktereigenschaften besitzen, denn er ist für uns, metaphorisch betrachtet, sichtbar. Heißt, Er tritt mit uns in Kontakt.
Obwohl G - tt GUT ist, sehen Kabbalisten jedoch ebenso eine Wurzel des Bösen in G - tt. Nicht unbedingt "Böse" als solches, aber eine gesamte Spähre des g - ttlichen Lichtes. Kann G - ttes Charaktereigenschaft des Din (Gericht) als "Böse" bezeichnet werden ?
Für den Kabbalisten bildet G - tt eine Einheit sowie die Wurzel aller Widersprüche. Somit wird G - tt zu einer Einheit des Unbekannten sowie des uns offenbarten G - ttes in der Thora.
Und diese Thora wird somit ebenso zu einem lebenden Organismus. Sie besteht nicht nur aus Kapiteln und Worten, sondern es handelt sich bei ihr um eine lebende Reinkarnation der g - ttlichen Weisheit. Sie beinhaltet nicht nur die Geschichte des Auserwählten Volkes, sondern umfasst gleichzeitig das kosmische Gesetz des Universums. Jeder Buchstabe, ob er nun in der menschlichen Sprache Sinn macht oder nicht, symbolisiert einen Aspekt der Macht G - ttes, welche das Universum aktiviert. Und so wie G - ttes Gedanken für uns absolut unergründlich und unfassbar sind, so kann auch die Thora nicht von einem einzigen Kommentar definiert werden.
Neben den historischen Bedeutungen in der Thora, sieht der Kabbalist daneben einen mystischen Aspekt. Somit war der Auszug aus Ägypten nicht nur eine lokale Begebenheit, sondern wir müssen hier ebenso nach dem mystischen Aspekt suchen, der da lautet, dass auch wir aus unserer eigenen Skalverei ausziehen müssen. Auch wir befinden uns in Abhängigkeiten wie Geld, Sucht, Anerkennung, Ehrgeiz, etc. Und unsere Aufgabe ist es, uns davon zu befreien. Solange dies nicht geschieht, sind wir in unserem privaten Ägypten gefangen.
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Quelle:
"Major Trends in Judaism" von Gershom Sholem
Dienstag, Dezember 09, 2008
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