B"H
Die Thoralesung für diesen Schabbat
Parashat Schmini beginnt mit den Worten "Vayihi Bayom Haschmini - Und es war am achten Tag …". Wie wir bereits mehrere Male lernten, steht das Wort "Vayihi - ויהי" zu Beginn einer Thoralesung stets für eine Katastrophe, die noch folgen wird. Sprich, "Vayihi" leitet immer etwas Negatives ein. Unter anderem finden wir das Wort auch zu Beginn der "Megillath Esther - Buch Esther", welche wir vor wenigen Wochen an Purim lasen. Der Thorakommentator Ohr HaChaim erklärt, dass die "Anschei Knesset HaGedolah" des Zweiten Tempels die negative Bedeutung des "Vayihi" im Talmud Traktat Megillah 10 festlegten.
In der vorherigen Parashat Zav beauftragte G - tt Moshe, Aharon und Aharons Söhne mit den exakten Details der Tieropferungen. Raschi kommentiert zum "achten Tag", dass es sich hierbei um den Monatsbeginn des Nissan (ca. März / April) handelte. Rabbi Samson Raphael Hirsch sieht die Bedeutung des achten Tages als einen Neubeginn. Bei den sieben vorherigen Tagen in Parashat Zav handelte es sich um eine geschlossene Zeitperiode, in welcher es Moshe und Aharon noch nicht erlaubt war, das Allerheiligste (Ohel HaMoed) zu betreten. Jetzt aber, am achten Tage, gab G - tt weitere Gesetze und das Ohel HaMoed war mit inbegriffen. Demnach meint Rabbi Hirsch, dass die Israeliten von nun an eine neue, höhere Stufe (Level) beginnen.
Das Allerheiligste (Ohel HaMoed) im Mischkan (Tabernakel) sollte G - ttes "Wohnsitz" auf Erden darstellen. Innerhalb Seines "Auserwählten Volkes" wollte Er eine verstärkte Präsenz (Schechinah - Anwesenheit) zeigen. Und es war ebenso im Ohel HaMoed, wo G - tt mit Moshe von Angesicht zu Angesicht sprach.
In der Mitte von Parashat Schmini wird uns der Tod der Söhne von Aharon, Nadav und Avihu, übermittelt. Unzählige Kommentare gibt es hierzu; warum mussten Nadav und Avihu sterben, wenn sie G - tt doch nur ein Opfer bringen wollten ?
Waren sie betrunken und zu überschwenglich vor Freude ? Mussten sie sterben, weil sie ihr Leben zu arrogant gestalteten, indem sie nicht heiraten wollten, da sie keine Frau auf ihrem hohen Level sahen ? Oder war es ganz einfach nur das "fremde" Feuer, welches sie ins Ohel HaMoed brachten und G - tt dies ablehnte bzw. die Söhne bestrafte ? Fakt ist, dass G - tt genau festlegte, was wann geopfert werden soll und Nadav und Avihus Taten geschahen außerhalb dieser Vorschriften. Selbst wenn sie mit ihrer "freiwilligen" Opferung nichts Negatives im Schilde führten, so hätten sie sich dennoch an G - ttes Vorschriften halten müssen. Und das ist es, was das Wort "Vayihi" zu Beginn einleitete. Das Unglück der zwei Söhne Aharons. Weder Moshe noch Aharon wurden von Nadav und Avihu um Erlaubnis bzw. um Rat gefragt, sondern die Beiden handelten auf eigene Faust. Zu arrogant, wie manche Kommentatoren berichten.
Ist dies ein Hinweis darauf, was uns als "normalen" Juden geschehen kann, wenn wir uns nicht an G - ttes Gesetze halten bzw. führende Rabbiner nach einer exakten Gesetzesdefinition befragen ? Stehen wir über allem und können einfach so loslegen oder bestehen Grenzen ? Grenzen selbst dann, wenn wir eigentlich G - tt mit vollem aufrichtigem Enthusiasmus dienen wollen ?
Wie wir aus verschiedenen Talmudtraktaten, z.B., Menachot, Keritot (mit der Ketoret - Gewürzopferung), Yoma, Bechorot, Zevachim, usw., lernen sind die detaillierten Angaben dazu, wie genau die Opferungen zu erfolgen haben. Interpretationen und weitere Beschreibungen basierend auf den Thoragesetzen. Kann diese also jemand umgehen, nur weil er zu enthusiastisch ist und nichts anderes mehr sieht ?
Der Unterschied zwischen götzendienerischen Opferdienst und jüdischen Opferungen besteht darin, dass der Götzenanbeter seinen "Gott" gefügig machen will, damit dieser seine Wünsche erfüllt. Ein Jude aber stellt sich anhand der Opferungen in den Dienst G - ttes; oder anders herum: Der Jude will G - ttes Wünsche erfüllen und stellt nicht seine eigenen in den Vordergrund (siehe Kommentar von Rabbi Samson Raphael Hirsch). Weiter kommentiert Rabbi Hirsch, dass Nadav und Avihu deswegen mit dem Tode bestraft wurden, weil sie sich auf einem außergewöhnlich hohem spirituellen Level befanden. Immerhin waren sie die Söhne Aharons mit ihrer speziellen Cohen (Priester)aufgabe. Bedeutet, dass andere Juden nicht unbedingt mit dem Tode bestraft worden wären.
Wenn die Thora beschreibt, dass Nadav und Avihu durch Feuer getötet worden sind, dann wird allgemein davon ausgegangen, dass die Körper der Beiden intakt waren, doch das Feuer durch die Nase die Seelen entzog. Im Judentum (Kabbalah, Chassidismus - siehe u.a. den Sefat Emet von der Chassidut Gur) steht die Nase für den Zugang zur Seele.
Gegen Ende der Parasha legt G - tt die Kaschrutregeln fest: Ein koscheres Tier muss gespaltene Hufe haben sowie ein Wiederkäuer sein. Wiederkäuertiere besitzten vier Mägen (Rabbi Samson Raphael Hirsch).
Koschere Fische müssen über Schuppen und Flossen verfügen. G - tt lässt uns wissen, dass unkoschere Tier "unrein" und daher verboten sind (zum Verzehr). Insbesondere die Kabbalah geht davon aus, dass unkoscheres Essen die Seele (Neschama) eines Juden negativ beeinflusst. Die Thora gab uns diese Gesetze nicht unbedingt zum Wohle unseres Körpers, sondern ganz besonders zum Wohle unserer eigenen Seele. Die Moral steht hier an vorderster Stelle. Wir sollen unsere materiellen Bedürfnisse Wert legen und nicht alles essen, wonach der Körper verlangt (sprich: wie ein Tier). Falscher Materialismus soll hier ausgeschaltet werden und die Selbstkontrolle hervorgehoben werden.
Wo bleibt da unser G - tt gegebener "Freier Wille" werden einige fragen ? Wieso kann ich nicht selbst entscheiden, was ich verspeise ? Kann ich ja, nur gab G - tt eine gewissen Rahmengesetzgebung und innerhalb dieser ist es mir erlaubt, mich zu bewegen. Natürlich kann ich mir genauso ein unkoscheres Kaninchen servieren lassen und es verzehren. Dann nutze ich meinen Freien Willen halt zum Negativen. Einmal unkoscher essen, wird meine Seele schon nicht total kaputtmachen. Andere essen ja schliesslich auch unkoscher, so what ! Klar, kann ich mir das einreden und tun, was ich will, doch woher will ich wissen, welchen genauen Schaden ich dadurch erleide. Niemand von uns ist in der Lage, das abzuschätzen. Und ist es nicht gerade die Selbstkontrolle und Beherrschung, die uns vom Tier unterscheidet ?
Der Mensch ist dazu ausersehen, eine bestimmte Moral in dieser Welt zu repräsentieren und nicht wild seinen Gelüsten hinterherzulaufen. Der Sefat Emet (einer der früheren Rebben der Chassidut Gur) kommentierte zur Parasha, dass die Aufgabe des Volkes Israel (der Juden) darin besteht,, G - ttes Licht in diese materialle Welt zu bringen. Wir haben die Aufgabe, unsere Pnimiut (unser Inneres) zu stärken und dem Positiven entgegenzurichten. Durch die Einhaltung der Thoragesetze (so, wie G - tt es vorgab und nicht so wie wir meinen es sei schon richtig) bringen wir G - ttes Anwesenheit (die Schechinah) in diese Welt. Als Menschen haben wir unsere von G - tt gegebene Weisheit zu nutzen, welche uns gewisse moralische Grundsätze erkennen lässt.
Und was lernen wir letztendlich vom tragischen Tod Nadavs und Avihus ? Nicht immer können wir unseren Gefühlen nach reagieren, sondern müssen ebenso G - ttes Gesetze einhalten. Das Gefühl setzt NICHT alles andere außer Kraft, denn es bestehen Regeln !
Regeln, Regeln, alles nur Regeln … stimmt, aber genau deswegen ist es für einen Juden wichtig, sich mit dem Sinn der Regeln (Halachot) auseinanderzusetzen. Anhand von tiefgehenderen Schiurim (Vorträgen) weiser anerkannter Rabbiner, zum Beispiel. Chabad gibt online Auskunft und wer nach einer speziellen Erklärung sucht, der bekommt sie auch. Haben wir erst einmal den Sinn einer Halacha verstanden, fällt es uns wesentlich einfacher, das Gesetz auszuführen.
Schabbat Schalom
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