Mittwoch, April 21, 2010

"Nefesh HaChaim" von Rabbi Chaim von Volozhin

B"H

Man möge es glauben oder nicht, angefangen habe ich einmal bei Chabad (Lubawitsch) sowie den litvischen Haredim (Ultra - Orthodoxe). Beides zusammen, obwohl dies schier unglaublich klingt. Auf einem litvischen Girl's Seminar lernte ich und abends ging ich zu Chabad zwecks chassidischer Studien. Nichts Ungewöhnliches und ich kenne bis heute viele Leute, die das betreiben. Mit oder ohne Wissen ihrer  Rabbiner, denn die Litvischen sind nicht gerade von Chabad begeistert. 

Und bis heute habe ich gute Kontakte zu litvisch + Chabad. Warum auch nicht ?
Litvisches Judentum bedeutet haredi (ultra - orthodox), doch halachagebunden und weniger schwebend (wie manche sagen, obwohl das nicht immer so stimmt). Dass alle Chassidim ausschliesslich auf Kabbalah und Mystik aus sind und durch die Spähren schweben, ist ein allzu häufiges litvisches Vorurteil. Liegt wohl an der Geschichte und ihrem Begründer, dem großen litvischen Rabbi, dem Gaon aus Vilna.

"Litvisch" bedeutet "(aus) Litauen". Vor dem Holocaust war Litauen voll mit Yeshivot. Litvisch (a la Vilna Gaon) sowie chassidisch (man schaue auf Chabad oder die chassidische Gruppe Karlin - Stolin). Einst waren sich beide Gruppierungen spinnefeind; bis in die 70iger, 80iger Jahre hinein, wenn man den Streit zwischen dem letzten Lubawitscher Rebben Menachem Mendel Schneerson sowie dem litvischen Rabbi Schach denkt.
Heute erlebe ich die Auseinandersetzungen weniger schlimm, was nicht heißt, dass es sie nicht gibt. Litvaks, die Litvischen, haben eine andere Mentalität. Manchmal sogar einen eigenen Klang der Sprache. Schwarzer Hut, weisses Hemd und kurzes Jackett, so erkennt man sie von weitem. Wer an ihren Shiurim (relig. Vorträgen) teilnimmt, der muss umdenken. Von chassidisch auf litvisch; eine kleine Ideologieänderung.

Wer als Jude plant, in die haredische Gesellschaft einzusteigen, der sollte meiner Meinung nach "litvisch" beginnen. Die Litvaks haben ein hervorragendes Yeshiva / Seminarsystem, an dem ich selbst einmal eineinhalb Jahre teilnahm. Bereut habe ich es gewiss nicht und bis heute gehe ich ab und zu in eine litvische Synagoge. Halachot und Gemara (talmudisch - rabbinische Diskussionen) lernte ich bei den Litvaks. Eine gute relig. Basis bieten die Litvischen auf alle Fälle, obwohl nicht alles Halacha ist und ein Jude genauso spiritueller Nahrung bedarf wie des Chassidismus.

Wenn wir in die Geschichte schauen, dann stellen wir fest, dass viele einstige große chassidische Rabbiner einst bei den Litvaks lernten und später zum Chassidismus kamen. Heute finden wir als große Führer / Rabbinerpersönlichkeiten Rabbi Eliyashiv, Rabbi Wosner, Rabbi Steinmann oder den Schwiegersohn von Rabbi Eliyashiv - Rabbi Kanievsky; früher auch Rabbi Moshe Feinstein. Ebenso litvisch sind die Soloveichiks, große Teile der antizionistischen Edah HaCharedit oder sogar der Neturei Karta. Rabbi Kotler von der berühmten "Lakewood Yeshiva" in New Jersey / USA oder die Jerusalemer MIR Yeshiva.



Die berühmte Volozhin Yeshiva in Litauen. Gegründet im Jahre 1803 von Rabbi Chaim von Volozhin.


Obwohl es die Litvischen, wenn auch nicht in der heutigen Form schon vor dem Vilna Gaon (1720 - 1797) gab, so breiteten sich gerade die Ideologien sowohl als auch die Strukturen erst mit dem bekannten Schüler des Rabbi Eliyahu von Vilna, mit Rabbi Chaim von Volozhin (21. Januar 1749 - 14. Juni 1821) und seiner Volozhin (in Litauen) Yeshiva aus. Der eigentliche Nachname des Rabbi Chaim war Ickovitz. Er war der Großvater des ersten großen Rabbis des Soloveichik Clans.

Rabbi Chaim berühmtestes Buch dürfte "Nefesh HaChaim - Seele des Lebens" sein. Bis heute studiert und Bestandteil meiner favorisierten Lektüre. Einstmals hörte ich, dass Rabbi Chaim von Volozhin dieses Buch als eine Art litvische Antwort auf chassidische Kabbalahauslegungen gedacht ist.

Gleich zu Beginn erklärt Rabbi Chaim in "Nefesh HaChaim" was es bedeutet, wenn G - tt sagt, er habe den Menschen in Seinem Ebenbild erschaffen.

Hierauf gab schon der Rambam (Maimonides, 1135 - 1204) die Antwort in seinem Buch "Moreh Nevuchim - Der Führer der Unschlüssigen). Auch fasste der Rambam die 13 Glaubensgrundsätze des Judentum zusammen und einer davon lautet, dass G - tt weder Körper noch Form besitzt. Was G - tt vielmehr aussagen wollte war, dass der Mensch mit einem Intellekt / Verstand ausgestattet ist und eben das gilt als Ebenbild G - ttes.

Auch Rabbi Chaim von Volozhin spielt hierzu auf den menschlichen Intellekt an. Ferner besitze der Mensch eine höhere Art der Seele; von G - tt in den höheren spirituellen Welten erschaffen. Das einzige, wodurch sich G - tt uns bemerkbar macht bzw. zeigt, sind Seine Taten auf Erden.


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2 Kommentare:

  1. Shalom,

    sehr schön "Nefesh HaChaim" studiere ich gerade (wieder). Ist komplexer als manche meinen.

    Danach dann (wieder) Tanya und zwischendurch immer Mesillat Yesharim.

    Joshua

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  2. B"H

    Da bist Du so wie ich: Mal hier und mal dort.:-)

    Momentan habe ich total viel zu lesen: Soloveichik, Brisk, Vilna Gaon, Volozhin sowie Rabbi Yosef Chaim Sonnenfeld. Nicht zu vergessen den grossen Rabbi Aryeh Levin !

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