Montag, Mai 09, 2011

"Tag der Knochen" - Die israelische Unabhängigkeit

B"H

Heute abend abend und morgen (Dienstag) feiert Israel seinen 63. Unabhängigkeitstag. Fast jeder Israeli geht dann hinaus ins Freie, grillt oder unternimmt Ausflüge in die Natur.
Fast jeder Israeli, aber nicht alle !

Alljährlich kommen die üblichen Diskussionen auf, ob und warum zahlreiche Haredim in Jerusalems berühmten ultra - orthod. Stadtteil Mea Shearim, anderen haredischen Stadtteilen oder in Bnei Brak bei Tel Aviv den Unabhängigkeitstag ignorieren. Für viele haredische Richtungen ist es ganz einfach ein normaler Arbeitstag ohne Grund zum feiern. Vor allem Chabad, die Satmarer Chassidim sowie die Neturei Karta bezeichnen den Tag als "Tag der Knochen" und der Trauer. Die Bezeichnung "Tag der Knochen" ist ein hebräisches Wortspiel. Der Unabhängigkeitstag heißt übersetzt "Yom Ha'Azma'ut" und man hat ihn symbolisch in "Yom HaAzamot" umbenannt.

In Mea Shearim gibt es zwei große Gruppen, die den Staat Israel ablehnen: Die Neturei Karta sowie die Edah HaCharedit, eine Organisation bestehend vor allem aus Satmar, Toldot Aharon, Toldot Avraham Yitzchak, Spinka, Teilen Breslovs, Anhängern des Vilna Gaon sowie den Mischkenot HaRoim und Dushinsky. Die Neturei Karta in Mea Shearim besteht nur aus einigen wenigen Familien, welche meistens im und um Beit Hungarin (ein Hinterhof nahe Mea Shearim Street) leben. Ihre Blühtezeit erlebte sie in den fünfziger und sechziger Jahren zu Zeiten der Rabbis Amram Blau (Bloi) und Aharon Katzenellenbogen. Heute wie damals besitzt die Neturei Karta einiges an Einfluß auf die Edah. Nicht, dass sie dort selbst vertreten sind, sondern viel mehr durch die Satmarer Chassidim.

Israel könne nur wieder als eigenes Land gelten, wenn der Meschiach kommt, so die zwei Gruppen. Alles andere wie der heutige Staat Israel sei G - tteslästerung. Israel wird nicht mit weltlichen Gesetzen regiert, sondern folgend der Thora und der Halacha (dem jüd. Religionsgesetz). Außerdem werde nur im Israel des Meschiach die hebräische Sprache benutzt. Dies ist der Grund, warum heute viele chassidische Gruppen im Alltag fast nur auf Jiddisch kommunizieren.

Die Neturei Karta, Satmar, Toldot Aharon u.a. sind dafür bekannt, dass sie KEINE israel. Busse (Egged) benutzen. Sie verfügen über eigene Krankenkassen und VERWEIGERN die israel. Sozialhilfe. Finanziert werden sie vor allem von anderen Chassidim aus den USA.

Wer am Unabhängigkeitstag durch die Straßen Mea Shearims geht, der sieht keinerlei israel. Flaggen ausgehängt. Nichts deutet auf einen Feiertag hin. 200 Meter weiter, in der Jaffa Road, sind die Feiern in vollem Gange, doch am Kikar Schabbat, in Malchei Israel und Mea Shearim Street ist von all dem nichts zu spüren. Zahlreiche Geschäfte sind geöffnet und man sieht Schulkinder aus der Schule kommen.

Viele Jahre lang feierte ich den Unabhängigkeitstag fast genauso wie alle anderen Israelis auch. Mittlerweile aber hat sich das gelegt, was auf zwei Gründen basiert: Erstens lernte ich zwischenzeitlich eine Menge über die Gründe des Antizionismus und zweitens stellt man sich nicht selten die Frage, was eigentlich in unserem Land vorgeht und ob wir auf alles so stolz sein können. Statt vor dem Feiertag abends in die Große Jerusalemer Synagoge zu gehen, Hallel zu sagen (Psalmen 113 - 118), die Rede des aschkenazischen Oberrabbiners zu hören und dem Chor zu lauschen, beschränke ich mich auf einige wenige Kulturveranstaltungen. Dabei, unter anderem, den kostenlosen Besuch des Israel Museums sowie einige Theatervorstellungen unter freiem Himmel.

Nach ihrer Vertreibung aus Gush Katif weigerten sich sogar viele Nationalreligiöse die Unabhängigkeit zu feiern. Dann kam Olermt und alles wurde noch fraglicher. Korruption und Linke. Ist Israel ein Land, in dem sich ein relig. Jude wohlfühlt ? Nun haben wir Bibi Netanyahu und ich gebe zu, dass er das kleinere Übel gegenüber Zipi Livni ist.

In diesem Sinne bin ich wohl kein überragender israelischer Patriot, dennoch bin ich froh, dass Juden ihr eigenes Land besitzen. Schon allein des ewig steigenden Antisemtismus im Ausland, wo Israel den idealen Zuflcuhtsort bildet.
 

Bei einem gang durch den ultra - orthodoxen Stadtteil Ge'ulah in Jerusalem und las einen aktuellen Fakshivili (Mitteilungsposter der Haredim). Was dort zu lesen war, sprach mir direkt aus der Seele:



Wieder begehen die Zionisten ihren Unabhängigkeitstag.
Worauf sind die stolz ?
Darauf, dass Männer und Frauen zusammen wie wild in der
Innenstadt tanzen ? (Am Zion Square findet eine riesige Party statt)
Auf eine korrupte Regierung, die außerdem christlichen Missionaren immer mehr Grundstücke zuspricht ?
Auf Juden, die ins Ausland reisen und dort nichtjüdische Partner treffen und heiraten ? Und danach schlimmstenfalls mit nach Israel importieren.
Was für ein jüdisches Land soll das sein ?


Der Inhalt des Fakshivili hat Recht. Insbesondere die Netanyahu - Regierung nimmt immer mehr Spendengelder in Millionenhöhe von verschiedenen christlichen Gruppierungen (z.B. die fanatischen Evangelisten aus den Staaten - "Southern Baptist Convention") an. Ziel der Evangelisten ist es, sämtliche Juden nach Israel zu holen, sie dort zum Christentum zu bekehren und somit ein zweites Kommen des falschen Meschiach J. einzuleiten.

In Israel laufen unzählige nichtjüdische Kinder aus derlei gemischten Eheverhältnissen herum. Vater Jude, Mutter nicht. Ergo, das Kind ist kein Jude und der Vater als Jude steht plötzlich mit Nichtjuden da. In welchem Land leben wir eigentlich ? Ist es das, was G - tt von uns will ? Obwohl berühmte Rabbiner wie der Ramban (Nachmanides) es als eine Mitzwah betrachten, in Eretz Israel zu leben, gehören derlei Beziehungen alles andere als zu einer Mitzwah.


Poster der antizionistischen Edah HaCharedit in Mea Shearim


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