Dienstag, September 11, 2007

Den richtigen Weg finden

B"H

In der Kabbalah heisst es, dass jeder Mensch eine andere Seelenwurzel (soul root) hat.

Ich war noch so ziemlich neu in Jerusalem und hatte recht wenig Ahnung vom Judentum als ich diesen Satz zum ersten Mal hoerte. Es war bei einem Vortrag bei der chassidischen Gruppe Chabad in der Altstadt und ich konnte mir damals kaum vorstellen, was dieser Satz fuer eine immense Bedeutung mit sich traegt. Schon kurz darauf sollte sich das anedern.
Ich war auf Yeshiva - Suche und bewarb mich persoenlich bei mindestens sechs oder sieben Yeshivot (relig. Schulen). In jeder Yeshiva wurde auf andere Lernmethoden und unterschiedliche Lernstoffe Wert gelegt. So gab es in der einen fast nur Thora - und Halachaunterricht, in der naechsten nur Thora verbunden mit Zionismus oder gar nur Talmud. Jeder Aufnahme geht natuerlich ein persoenliches Gespraech voraus und es ist wichtig, die Yeshiva mit den Lernstoffen und Umfeld zu finden, die einem zusagen.

Und hier sind wir wieder bei dem kabbalistischen Ausgangssatz, dass jeder Mensch eine andere Seelenwurzel hat. Der eine kommt dem Judentum naeher, wenn er sich auf das Thorastudium konzentriert, ein anderer fuehlt sich durch die Chassidut (Chassidismus) zum Judentum hingezogen, wieder ein anderer durch den Talmud und und und. Nicht jeder ist Chassid, Haredi (ultra - orth.) oder sonstiges.

Rabbi Mordechai Machlis liebt es, eine Aussage des Arizals (Rabbi Yitzchak Luria) zu zitieren. Der grosse Kabbalist, Rabbi Luria, stellte die Frage, warum es zwoelf israelitische Staemme gibt und nicht nur einen. Warum koennen nicht alle Juden nur einen einzigen Stamm bilden ?

Als Moshe und die Israeliten durch das Rote Meer schritten (Kriat Yam Suf), spaltete sich das Meer nicht nur zu einem Pfad, sondern zu zwoelf Pfaden (siehe auch Midrash Rabbah). Jeder Stamm hatte seinen eigenen Pfad, aber die Waende waren durchsichtig. Kein Stamm verlor den anderen aus den Augen und gleichzeitig waren alle getrennt aber dennoch miteinander verbunden. Anhanddessen wird aufgezeigt, dass die Mitglieder eines jeden Stammes ihre eigene Identitaet und Persoenlichkeit besitzen und dennoch in der Lage sind, ein Ganzes zu bilden.

Ephraim ist nicht wie Ascher und Levi nicht wie Ruven, und genauso besitzen wir unsere eigene Identitaet und sind nicht wie alle anderen. Den einen interessiert Thora, den anderen nur juedische Philosophie, und so soll jeder seine Faehigkeiten und Interessen entwickeln und ausleben.

Nach einigem Suchen fand ich eine Yeshiva, auf der ich einige Jahre lernte. Talmud und die damit verbundene jued. Geschichte, was mir heute sehr zugute kommt.
Vor einer Woche traf ich einen alten Freund wieder, der kuerzlich mit seiner Frau Aliyah nach Israel machte und derzeit unter anderem bei der Jerusalemer Orthodox Union unterrichtet. Gestern Abend nahm ich zusammen mit ca. 25 anderen an seinem Vortrag teil und fuer mich war es gleichzeitig der erste Vortrag ueberhaupt bei der Orthodox Union. Freunde von mir sind mehrmals pro Woche dort und wollten mich jedesmal mitzerren. Ich dagegen weigerte mich, da mir die Themen nicht besonders zusagten. Gestern war das anders und ausserdem kannte ich David Solomon, den Redner. Er gab einen brillianten Vortrag ueber talmudische Geschichte der Jahre 200 - 1000 nach Beginn der Zeitrechnung.
Fortsetzung folgt naechste Woche.

Diesesmal aber liessen mich meine Freunde im Stich und gingen nicht mit, denn das Thema interessierte sie nicht.
Nicht nur bei der Yeshiva - Suche machen sich die individuellen Wurzeln bemerkbar, sondern auch bei Vortraegen. Wie oft erlebte ich, dass Zuhoerer Vortraege mittendrin oder schon gleich am Anfang verliessen. Kein Interesse, zu langweilig oder was auch immer. Ich selbst schon genauso Vortraege verlassen und war gestern froh, endlich einmal etwas Passendes gefunden und einen hervorragenden Shiur gehoert zu haben.

Die Jerusalemer Vortrags bzw. Yeshiva - Masse verspricht nicht immer Klasse und man sollte schon gut auswaehlen, zu welchem Shiur man geht.

Besonderns jetzt zum Neuen Jahr wuensche ich jedem seine Lerninteressen und Wurzeln zu finden und umzusetzen.

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