Samstag, September 15, 2007

Sechs chassidische Tische

B"H

Die Feiertage habe ich, wider Erwarten, recht familiaer verbracht. Dennoch war ich natuerlich mit Freunden einige Male bei Rabbi Mordechai Machlis zum Essen, wo dermassen viel aufgetischt wurde, dass viele bei der naechsten Mahlzeit aussetzen mussten.

Synagoge, Essen, Synagoge, Essen, so vergingen die Feiertage.
Am ersten Tag von Rosh HaShana ging ich die ganze Sache etwas kraftlos an und in der Synagoge fand ich Null Konzentration. Ich befuerchtete schon, dass das Neujahr einfach so an mir vorbeifliesst und sprach sogar gestern frueh mit einer Freundin darueber. Sie meinte, dass ich nicht die einzige sei, denn sie haette die Meinung auch schon anderweitig vernommen.

Allerdigs kam gestern frueh gleichzeitig der grosse Umbruch und Rosh HaShana wurde doch noch sehr spirituell. Vielleicht brauchte ich ganz einfach nur einen Anlauf.
Was wir alle nicht oder weniger bedacht hatten war, nach dem ersten Feiertag voellig ausgebrannt zu sein. Schnell stellte sich die Muedigkeit ein.
Wundersamer Weise wendete sich das Blatt und die Energien kamen zurueck. Energien, die wir alle gut gebrauchen konnten, denn am gestrigen Freitag Abend war vor allem in Mea Shearim (ultra - orthod. Stadtteil) regelrechtes High Life. Fast alle chassidischen Rebbes sind noch bis Ende des anstehenden Laubhuettenfestes Sukkot anwesend und dieses Angebot muss man natuerlich nutzen, keine Frage.

Schon als wir zu den Machlises kamen, rannte ein Slonimer - Chassid auf mich zu: "Heute gibt es ueberall Tische".
Diese Ankuendigung machte eine junge haredische Frau auf mich aufmerksam. Sie kam auf mich zu und erzaehlte mir von saemtlichen Tischen. Selbst in ihrem Stadtteil Sanhedria (nahe Bar Ilan Street) solle es ein Konzert mit einem bekannten Saenger der Vishnitzer Chassidim geben.

Die Auswahl fiel schwer und wir entschlossen uns, die Chassidut Dushinsky auszulassen und stattdessen zu Karlin zu gehen. Es war eine warme Sommernacht und kurz nach Mitternacht. Hunderte von Menschen waren in den engen Strassen und Gassen Mea Shearims unterwegs.




Als wir schliesslich bei der chassidischen Gruppe Karlin ankamen, mussten wir zu unserem Bedauern feststellen, dass der Tisch schon vorueber war. Leider, leider...

Lange mussten wir jedoch nicht ueberlegen, denn wir konnten aus dem Vollen schoepfen.
Die Chassidut Toldot Avraham Yitzchak stand als naechstes auf dem Plan.

Seit Wochen wird an dem Gebaeude von Avraham Yitzchak gebaut; die gesamte Frauenempore im ersten Stock wird komplett erneuert und wer gedacht haette, dass bis Rosh HaShana alles fertig gestellt sei, wurde eines Besseren belehrt.
Das Gebaeude befindet sich im Markt von Mea Shearim und die Schwierigkeiten begannen gleich nach unserer Ankunft. Der Fraueneingang befindet sich nun auf der anderen Seite des Gebaeudes.
Eingang ? Was heisst Eingang ? Wir kletterten ein paar nagelneue Stufen hinauf. Schlecht befestigt, Wasser tropfte von oben und alles roch nach frischem Beton. In anderen Worten, das ganze Gebaeude gleicht einer Baustelle.

Oben angekommen draengten sich ueber Hundert Frauen an die Fensterscheiben und verfolgten das Geschehen im Erdgeschoss. Bei den Maennern samt Rebbe ging es hoch her, denn Rebbe Yaakov Shmuel Kahn war in perfekter Stimmung. Es wurden maechtig Lieder angestimmt und die Stimmung war phaenomenal.

Danach ging es weiter zu Abspaltung, der Chassidut Toldot Aharon. Das erste, was wir dort sahen, waren hinausstuermende Frauen. Israelinnen, die der Gruppe einen Besuch abstatten wollten. Ich fragte, was denn los sei und jemand meinte, dass wir das schon sehen werden.

"Sehen" war das Stichwort. Wir sahen NICHTS. Toldot Aharon hat eine neue Mechitza eingebaut und man kann durch diese vergitterte Trennwand die Maenner und den Rebben im Erdgeschoss kaum sehen. Das kann ja heiter werden am Laubhuettenfest Sukkot, denn wir planen, das Fest bei den Chassidim zu verbringen. Toldot Aharon wird nachgesagt, die besten Sukkotfeiern zu haben, die weltweit existieren.
Enttaeuscht blieben wir nur kurz. Auf der Strasse sprach ich mit einigen Mitgliedern von Toldot Aharon und sie meinten, dass die neue Mechitza nur befristet angeschraubt worden sei. Dadurch, dass an den G - ttesdiensten alle Lichter brennen, koennen die Maenner durch die regulaere Glasmechitza zu den Frauen hinaufschauen. Daher die neue Trennwand.

Des Weiteren habe ich schon einige Male zuvor erwaehnt, dass die Gruppen Avraham Yitzchak und Toldot Aharon seit ihrer Spaltung im Jahre 1996 nicht besonders gute Freundschaften pflegen. Vielerlei Leute aus Mea Shearim hatten mir das sozusagen "gesteckt".
Gestern nun fragte ich bei den draussen stehenden Mitglieder nach, da sich ein sehr gutes Gespraech entwickelt hatte. Nein, bestaetigte man mir, dass sei nicht unbedingt der Fall und man sei durchaus befreundet. Es gebe sogar Ehen, wo der Mann Mitglied bei Avraham Yitzchak und seine Ehefrau Mitglied bei Toldot Aharon sei.
Ich hatte mit mehreren weiblichen Mitgliedern ein sehr gutes Gespraech, was wir fortsetzen wollen.

Nach Toldot Aharon ging es zur Chassidut Slonim. Wir stiegen die Treppe hinauf, sahen die Menschenmasse an der Mechitza kleben und fluechteten. Es war ein Ding der Unmoeglichkeit etwas zu sehen.

Weiter zur Chassidut Shomrei Emunim. Wieder stiegen wir die wackelige Treppe im Hinterhof hinauf. Doch auch dort teilte man uns mit, dass der Tisch schon vorueber sei.

Kein Problem, denn fuer alle Faelle gibt es immer Kretchnif. Auf zu Kretchnif nahe der Karliner Gruppe.
Bei Kretchnif ist man voll und ganz in Feiertagsstimmung und war in einen anderen Raum umgezogen. Der Tisch des Rebben ging dem Ende zu, aber irgendwie konnte sich der Rebbe nicht so ganz von seinen Chassidim trennen und wurde nicht muede, immer neue Lieder anzustimmen.

http://video.google.com/videoplay?docid=-4967758554062247749

Danach gingen wir nochmals zurueck zur Gruppe Avraham Yitzchak. Ich kann nur sagen, dass es bei denen gestern unbeschreiblich zuging. Wow, was fuer eine Atmosphaere.

Heute traf ich unverhofft auf jene Toldot Aharon Mitglieder von gestern Abend. Ob ich auch an Sukkot ja vorbeischaue.
Ich fragte nach Yom Kippur und fuer alle, die es interessiert: Der Yom Kippur - G - ttesdienst bei Toldot Aharon wird nicht oeffentlich sein !!!
Man musste Sitzplatzkarten im voraus bestellen und es ist alles restlos ausgebucht.

An Sukkot darf jeder wieder kommen, aber es wird hoffnungslos ueberfuellt sein. Ganz zu schweigen von der undurchdringbaren Mechitza.

Jedenfalls hatten wir eine tolle Tisch - Nacht !!!

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