Dienstag, September 11, 2007

Parashat Haazinu

B"H

Die Thoralesung fuer diesen Shabbat

Der Shabbat zwischen dem Neujahrsfest Rosh HaShana und Yom Kippur traegt den Namen "Shabbat Teshuva".

Das Wort Teshuva kommt aus dem Hebraeischen und hat seine Wurzeln im Verb "lashuv - zurueckkehren". Man kehrt zu G - tt und Seiner Thora zurueck. Die zweite Uebersetzung des Wortes "Teshuva" lautet uebersetzt "Antwort". Man findet jegliche Antworten auf sein Leben in der juedischen Religion. Von daher werden im israelischen Alltag all jene, die religioes werden "Baalei Teshuva oder Chosrei Be'Teshuva" genannt, da sie zum eigentlichen Ursprung, sprich der Thora, zurueckkehren.

An Rosh HaShana stehen wir vor G - tt und legen ueber alle unsere Taten des ausklingenden Jahres Rechenschaft ab. Es soll Bilanz gezogen werden und wir denken an unsere positiven sowie auch unsere negativen Taten und Eigenschaften. G - tt entscheidet ueber unser Leben im Neuen Jahr und Juden werden zwar an Rosh HaShana gerichtet, eine endgueltige Entscheidung aber faellt erst am Yom Kippur. Die zehn Tage zwischen Rosh HaShana und Yom Kippur werden die 10 Tage der Umkehr (10 Days of Repentance, Aseret Yamei Teshuva) genannt. Falls G - ttes Entscheidung ueber unsere Zukunft noch in der Schwebe liegt, sollten wir G - tt in dieser Zeit mit guten Taten davon ueberzeugen, uns bis Yom Kippur in das "Buch des Lebens" einzutragen. Das gleiche gilt fuer den Shabbat Teshuva. Auch an ihm sollen wir in uns kehren und darueber nachdenken, was wir in unserem Leben positiv veraendern koennen.

Auch die Thoralesung HAAZINU handelt von Vergehen des juedischen Volkes. G - tt sagt, dass wenn wir dieses und jenes nicht einhalten, wir unser Land verlieren und ins Exil (Galut) verbannt werden. Sobald wir jedoch Busse tun und die Thora einhalten, fuehrt Er uns zurueck nach Israel.

Parashat Haazinu ist in Versform als Lied verfasst und Moshe sprach diese Wort am letzten Tag seines Lebens. Er sprach von der Erschaffung der Welt bis hin zur Ankunft des Meschiach (Rabbeinu Bachya).

Israel ist das einzige Land auf der Erde, welches G - tt allein gehoert und Er darueber bestimmt. Alle anderen Voelker haben ihr eigenes Land und keinerlei Thora verpflichtete sie zu einem bestimmten Verhalten, damit sie ihr Land behalten. Bei Juden ist dies anders, denn wir sind verpflichtet die Thora einzuhalten, wenn wir unser Land behalten wollen. Tun wir es nicht, wartet die Diaspora (Galut) auf uns.

Andere Religionen meinen aus der Thora herauszulesen, dass sobald Israel suendigt und G - tt sie in die Diaspora verweist, Er folglich auch Sein Volk verlaesst. All jenen sei gesagt, dass sie die Thora voellig missinterpretieren, denn wir lesen unzaehlige Male, dass G - tt sagt, Er werde Sein Volk, die Juden, niemals verlassen. Auch in Haazinu ist das der Fall, wo es ausdruecklich heisst, dass Er Sein Volk genauso wieder zurueckfuehren wird. Selbst Diaspora - Juden tragen immer die Shechinah (G - ttes Anwesenheit) mit sich. Nicht so intensiv wie zu Tempelzeiten, doch ist sie immer praesent.

Nicht nur die Parasha handelt davon, sondern auch die anschliessende Haftarah (Lesung aus den Propheten). Die Haftarah wird in dieser Woche aus drei Propheten gelesen: Hoshea 14:2 - 10, Yoel 2:11 - 27 und Micha 7:18 - 20.

Auch dort verspricht G - tt dem juedischen Volk, dass sobald sie zu Ihm zurueckkehren, Er Sich ihnen wieder zuwenden wird. "Ich bin immer mit Israel (den Juden) und Mein Volk soll niemals beschaemt werden".

Als ich begann, Haazinu zu lernen, machte mich gleich der erste Satz stutzig. Irgendwie kam mir der Inhalt bekannt vor und ich las einige Kommentatoren. Und siehe da, der Beginn von Haazinu sowie der Beginn der Buches Jesaja (Yeshayahu) sind fast identisch aber dennoch gegensaetzlich.

In der Thora Haazinu heisst es:

"Haazinu HaShamaim vaAdaberah veTishma HaAretz imrei - fi".

"Hoeret, ihr Himmel, und Ich werde sprechen, und du Erde hoere, die Worte aus Meinem Mund".


Dagegen heisst es in Yeshayahu (Buch Jesaja) 1:2:

"Shimu Shamaim veHaazinu Eretz ….."

"Hoeret ihr Himmel und hoere Erde…"


Jetzt wird ein jeder sagen, dass da doch kein Unterschied sei. Richtig, in Uebersetzungen gibt es keinerlei Unterschied, im hebraeischen Original dagegen schon.

Die Worte "LeHa'azin" und "Lishmoa" bedeuten beide HOEREN. Jemand hoert etwas, doch kommt es darauf an wie.
LeHa'azin sagt man, wenn jemand genau hinhoert und nicht nur oberflaechlich oder nebenbei etwas hoert.
Lishmoa bedeutet auch "Hoeren", aber setzt nicht unbedingt ein genaues Hinhoeren voraus.

In Haazinu werden die Himmel aufgefordert, genau zuzuhoeren und in Yeshayahu ist es umgekehrt. Dort wird das Land aufgefordert, sorgfaeltig hinzuhoeren.

Bevor ich auf die Erklaerung eingehe, vorab die Frage, warum fordert G - tt durch Moshe die Himmel und die Erde ueberhaupt zum Zuhoeren auf ? Warum werden an dieser Stelle Himmel und Erde zu Zeugen ?

Siphre und Rashi geben die Antwort, indem sie sagen, dass Himmel und Erde auf ewig existieren und daher als Zeugen genannt werden.

Aber warum Zeugen ?

Damit spaetere juedische Generationen nicht auf die Idee kommen zu behaupten, niemals einen Bund mit G - tt eingegangen zu sein. Wer also kann dann das Gegenteil bezeugen ? Nur jene, deren Existenz zeitlos ist; naemlich Himmel und Erde (Rashi, Radak, Ibn Ezra).

Nun zurueck zu der Frage, warum die zwei Saetze in der Thoralesung Haazinu und in Yeshayahu (Buch Jesaja) vollkommen gegensaetzlich sind. Die Thorakommentatoren Rokeach, Rabbi Moshe Alshich und Rabbeinu Bachya sagen, dass als Moshe die Thoraworte sprach, er dem Himmel naeher war als der Erde. Es war sein letzter Tag im Leben und von daher war er dem Himmel naeher.

Der Prophet Jesaja dagegen war der Erde naeher als dem Himmel und folglich forderte er die Erde auf, genau hinzuhoeren.

Der Gaon aus Vilna schrieb einen brillianten Kommentar dazu. Ein Mensch besteht immer aus zwei Seiten: der Koerper ist auf der Erde und die Seele im Himmel. Und diesen zwei Seiten stehen die zwei Seiten der Thora gegenueber: die himmlische Thora und unsere weltliche mit ihren Mitzwot (Gesetzen). Ein religioeser Mensch, der nach der Thora lebt, ist in der Lage, diese beiden Haelften der Thora miteinander zu verbinden. Die Thora und die Mitzwot verbinden Himmel und Erde.

Himmel und Erde wurden also zu Zeugen. Aber was genau koennen diese beiden Zeugen ueberhaupt unternehmen, wenn die Juden sich von der Thora abwenden und den Bund nicht einhalten ?

Hierauf geben die Kommentatoren Radak, Rashi und Ibn Eza Antwort. Suender werden vom Himmel und der Erde bestraft.

Wie ?

Die Antwort darauf ist ganz einfach. Die Erde kann, z.B., keine Ernte mehr hervorbringen und der Himmel kann den Regen verweigern. Nur G - tt allein entscheidet ob und wann es regnet.

Wie oft haben wir genau diese Situation schon erlebt, dass es in Israel waehrend der Winterzeit nicht ausreichend regnete ? Obwohl wir ab Shemini Atzeret (am Ende vom Laubhuettenfestes Sukkot) im Amidah - Gebet (Shemona Esrei) fuer den Regen beten, kann es der Fall sein, dass unsere Bitte unerfuellt bleibt. Innerhalb der letzten Jahre riefen Rabbiner immer wieder zu Massengebeten an der Kotel (Klagemauer) auf, um fuer mehr Regen zu beten. Woanders mag man ueber den Regen schimpfen, in Israel aber ist er ein Segen.

Im Talmud Traktat Taanit 2a heisst es, dass wenn G - tt das Land richtet, Er ebenso festlegt, wieviel Regen fallen wird. In der Mishna (muendlichen Gesetzesueberlieferung G - ttes an Moshe) heisst es, dass wir das Gebet fuer Regen in das Amidah - Gebet einfuegen, weil wir so die alleinige Macht G - ttes ueber den Regen anerkennen.

Nichts im Leben sollten wir jemals als selbstverstaendlich hinnehmen und schon gar nicht den Regen in Israel. In unserer heutigen Zeit moegen wir fast vergessen haben, wie sehr wir alle von unserem Erschaffer abhaengen und realisieren das immer nur zu jener Zeit, in der es uns schlecht geht. Aber auch in Zeiten, in denen es uns gutgeht sollten wir keinesfalls alles als so selbstverstaendlich nehmen, denn schnell kann sich das Blatt wenden.

Shabbat Shalom und Shana Tova, ein gutes, friedvolles und gesundes Jahr an alle.

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