B"H
Meine Inhalte an dieser Stelle sind ausdrücklich persönlicher Natur und ich gebe nur das wieder, was ich in einer deutschen jüdischen Gemeinde erlebte. Eine Verallgemeinerung meinerseits findet nicht statt, auch wenn etwaige Handlungen in anderen Orten so oder ähnlich stattgefunden haben. Auf die Nennung von Namen und Originalschauplätzen verzichte ich, aber ein jeder darf sich ermuntert fühlen, die realen Personen zu identifizieren. Vor fast neun Jahren kam ich nach einem mehrjährigen Israelaufenthalt das erste Mal wieder nach Deutschland und eine Freundin bot mir an, bei ihr zu wohnen, da die Dauer meines Aufenthaltes unklar war. So gelangte ich in die kleine jüdische Gemeinde, die sich bis heute als orthodox betrachtet, doch es zumindest zu meiner Zeit nicht war. Einerseits mag das auf die mehrheitliche Anzahl der russischen Gemeindemitglieder zurückzuführen sein, welche die Gemeinde als sozialen Treffpunkt ausmachten und mehr nicht. Doch nicht immer war es die Schuld der russischen Neuankömmlinge, daß das jüdische Leben an ihnen vorbeilief.
Ein russisches Gemeindemitglied fragte mich einmal, was es denn mit dem "Shema Israel - Gebet" auf sich habe. Wann man das sagt und weshalb. Ich erklärte es ihr, doch merkte gleichzeitig an, warum sie denn nicht den Rabbiner frage. "Habe ich ja, aber der meinte nur, daß wir das nicht zu wissen brauchen".
Jeder Kommentar zu diesen unglaublichen Worten des Rabbis erübrigt sich hier.
In Deutschland suchte ich damals Abwechslung, hatte ich doch zuvor in Jerusalem auf unterschiedlichen Yeshivot (relig. Schulen) gelernt und ein recht religiöses Leben geführt. Theoretisch könnte man meinen deutsch - jüdischen Gemeindekulturschock also auf mein Vorleben in Jerusalem zurückführen, aber dem war nicht ganz so. Ich wußte, daß in Deutschland fast nichts haredisch (ultra - orthod.) ist und somit meine neue Umgebung eine wesentlich andere als jene in Jerusalem sein wird.
Als ich zum ersten Shabbatg – ttedienst in die Synagoge kam, war ich angenehm überrascht, einen litvish – haredischen Gemeinderabbiner anzutreffen. Erstens sprach er Hebräisch und zweitens war er religiös. Zumindest erweckte sein schwarzen Anzug samt Hut den Eindruck. Der Rabbiner lud mich und jemanden weiteren zu einem Mittagessen ein. Beim Essen verkündete er stolz, daß in seinem Hause alles koscher sei und er sogar lange Wege in Kauf nehme, um koscheres Essen in bestimmten Läden einzukaufen.
Kurz darauf folgte die für Deutschland so übliche "Woche der Brüderlichkeit". Kann sein, daß sich deutsche Nichtjuden aufgrund der deutschen Geschichte ungemein beeindruckt fühlen, sobald ein Haredi (Ultra – Orthod.), der noch dazu Rabbiner ist, auftaucht. Was der Mann sagt, muß einfach seine Richtigkeit haben. In Frage gestellt wird nichts, obwohl mir jemand einmal zuflüsterte, daß es mit dem Gemeinderabbiner intellektuell wohl nicht allzu viel auf sich habe.
Bei den Festivitäten zur "Brüderlichkeit" erlebte ich dann die erste Verwandlung des "Herrn Rabbiner". Aus einem angeblich relig. Mann traten plötzlich ungeahnte Eitelkeiten hervor. Da wurde bei offiziellen Treffen um die Gunst der Lokalpolitiker (später sollten auch Landtagsabgeordnete folgen) gebuhlt. Der Rabbiner wollte überall dabei sein. Die Politiker wiederum liessen sich gerne mit ihm ablichten. Anscheinend war das gut für ihr Ego und ebenso eine persönliche Erleichterung, denn schließlich will man ja zeigen, daß man kein Antisemit ist.
War der Gemeinderabbi erst einmal im Mittelpunkt der "Prominenz", wurden Gemeinde und G – tt nebensächlich. Da galt es Ehre und Anerkennung einzustreichen. Selbstdarstellung und grenzenlose Erhabenheit stellten sich als seine Charaktereigenschaften heraus.
Ehre und Anerkennung ? Genau diese beiden Dinge hatte der Rabbi in Israel nie bekommen. Mit Ach und Krach wurde die Rabbinerschule bestanden und danach folgte ein kläglich bezahlter Job. Erst in der deutschen Gemeinde kam für ihn der wirtschaftliche Aufschwung. Daß es da mit den relig. Kenntnisse nicht soweit her ist und hier und dort eine Halacha falsch oder gar nicht ausgelegt wird, wer merkt das schon ? Nach einem gesellschaftlich kargen Leben in Israel gab es im gelobten Deutschland immerhin zwei erhoffte Dinge: Ein hohes Gehalt und Anerkennung.
Am Anfang sagte ich mir, daß mir das Geschleime bei den Politiker furchtbar egal sein kann, denn ich werde ja nicht mein ganzes Leben in dem Provinznest verbringen. Stören tat es mich aber doch. Besonders deswegen, weil ich aus Jerusalem ein völlig anderes Verhalten der Haredim (Ultra – Orthod.) gewohnt war.
Der Rabbiner schien mich in den ersten Wochen abzuklopfen. Inwieweit kenne ich mich in der Religion aus und kann ich ihm gefährlich werden, indem ich mich ggf. bei höheren Stellen beschwere. Anscheinend kam er zu der Überzeugung, daß dem nicht so sei, denn er legte unverhehlen los. Der erste Knall folgte sogleich. Als Nichtgemeindemitglied hatte ich kein Anrecht auf eine Einladung zu den zwei Pessach – Sedern, denn das war nur den Mitglieder vorbehalten. Auch auf die Gemeindemazzot mußte ich aus dem gleichen Grund verzichten. Obwohl jedem der Wichtigkeitsgrad der Mazzot an Pessach bekannt sein dürfte, setzte sich der Rabbiner keineswegs für die Mitzwaerfüllung ein.
Je mehr Mitglieder eine jüdische Gemeinde hat, desto mehr Geld bekommt sie vom jeweiligen Landesverband, was sich im Nachhinein auch an der Bezahlung des Rabbiners zeigt. Zum Beispiel zahlt der Landesverband dem Rabbiner auch zusätzliche Feiertagszulagen. Aus diesem Grunde war der Rabbiner darauf erpicht, seine Gemeindemitglieder bei der offiziellen Stange zu halten bzw. mehr Mitglieder hinzuzugewinnen.
Allerdings kam es jedoch vor, daß insbesondere russische Mitglieder die Gemeinde verliessen, weil es im Nachbarort einen höheren Sozialhilfesatz gab. Unnötig zu erklären, daß dieser Schritt von finanziellem Vorteil für die abwandernden Mitglieder war, aber nicht für den Rabbiner selbst. Und so ließ er sich etwas ganz Besonderes einfallen. Da es sich bei der Gemeinde im Nachbarort um eine Reformgemeinde handelte und er es unter seiner Würde sah, daß seine Schäfchen ausgerechnet dorthin abwanderten, sandte er 'Fluch – Briefe" aus. Ein jeder solcher Abgewanderten fand in seinem Briefkasten einen persönlichen Brief wieder, in dem ihn der Rabbiner höchstpersönlich verfluchte. Auf meine Frage hin, was das denn für ein relig. Verhalten sei hieß es: "Das geht niemanden etwas an".
Nie ging jemanden etwas auch nur an und es herrschte der willkürliche Rabbinerkönig.
Mittlerweile hatte er zwei potentielle Konvertitinnen um sich gescharrt. Eine davon setzte sich besonders für ihn ein und las ihm jeden Wunsch von den Augen ab. Auch finanziell. Als sich wenige Monate danach noch eine Familie anschloß, die ebenfalls konvertieren wollte, war sein Glück geradezu perfekt. Der Rabbi verfügte über kein Auto und so lieh er sich gerne die Wagen der Konversionskandidaten aus. Inwieweit dies halachisch zulässig ist, interessierte ihn nicht. Die Frage, ob er sich denn da nicht in eine Abhängigkeit der Gegenleistungen einläßt, ließ ihn kalt.
Die Begeisterung der Konversionskandidaten über die plötzliche Gunst des Rabbis jedoch legte sich abrupt als dieser den Wagen der Familie zu Schrott fuhr.
Wie war das noch gleich mit den gegenseitigen Abhängigkeiten ?
Die Liste der absichtlichen Versäumnisse des Rabbiners ist lang. Nach seiner Tätigkeit von mehreren Jahren hinterließ er russische Gemeindemitglieder, die über das Judentum genauso wenig wußten wie bei seiner Einstellung. Selbst der Tallit (Gebetsmantel) wurde noch immer wie ein Handtuch lässig über die Schulter geschmissen.
Die Gemeinde und deren Mitglieder waren egal. Der Rabbiner, erst einmal die Luft der Anerkennung geschnappt, wollte höher hinaus und bewarb sich in ganz Deutschland. Aber bitte kein Provinznest mehr, indem man so dahindümpelt. Frankfurt oder etwas Gleichwertiges sollten es schon sein. Mit Frankfurt wurde es übrigens nichts, denn da kamen nur Absagen und die Gemeinde ist mit ihrem Rabbiner Klein im wahrsten Sinne des Wortes besser beraten. Glückwunsch nach Frankfurt für die weise Voraussicht.
Es war mir zwar schnell aufgefallen, doch nahm ich es nie besonders Ernst. Der Anstand (Zniut), der in der haredischen Gesellschaft so hoher Bedeutung beigelegt wird, wurde vom glatt Rabbiner übersehen. Genannte Konversionskandidatin war allgegenwärtig und beeinflußte auch diverse Entscheidungen des Rabbis. Als ich eines abends mit Besuch aus den USA zum Rabbiner kam, trafen wir zuerst auf jene Frau. Auf meine Frage, ob der Rabbi zu sprechen sei, denn ich hätte hier einen amerik. Juden, der zu seiner Militärzeit die Gemeinde öfters besuchte und einfach nur einmal kurz HALLO sagen wolle, gab es lediglich eine unwirsche Antwort. Nein, der Rabbiner habe für uns keine Zeit. Der Rabbi selbst dackelte der Frau hinterher und gemeinsam fuhren beide in ihrem Auto auf und davon. Allerdings flüsterte der Rabbi vorher schnell, daß wir später wiederkommen sollen. Ohne, daß es die Frau bemerkte. Das nenne ich Mut!
Jeder, der Frau Sowieso keine Achtung zeugte, wurde automatisch von ihr zum persönlichen Feind ernannt. So wurden ein Chabad – Ehepaar und ich zu Personen non – grata. Eine Reaktion des Rabbiners gab es nicht, denn, wie er mir einmal persönlich sagte, wolle er Frau Sowieso nicht verärgern. Andere Gemeindemitglieder gingen soweit zu behaupten, daß er wohl auf das Geld und Auto von Frau Sowieso nicht verzichten wolle. Tja, Geld gab es von uns keines, das ist richtig.
Frau Sowieso transformierte zur uneingeschränkten Schaltzentrale im selbsternannten "Rabbinat". Sie organisierte alles und wer etwas gegen sie oder den Rabbi aussprach, der wurde zum Rabbinatsfeind Nummer Eins degradiert. Bleibt zu erwähnen, daß Sowieso zu dem Zeitpunkt keine Jüdin war.
Sowieso war es dann auch, die mir klarmachte, daß ich ihr gefälligst den Roten Teppich auszurollen habe, denn schließlich war sie es, welche die Gebetbücher (Sidurim und Machzorim) für die Synagoge kaufte. "Du hast mir gefälligst "Gut Yom Tov" zu sagen, denn schließlich hälst du ein von mir finanziertes Buch in der Hand". Tja, und das am zweiten Tag von Rosh HaShana. Reaktion des Rabbis: Keine.
Das Chabad – Ehepaar bekam ein Baby. Mazal Tov – ein Sohn. Gut für das Ehepaar und eine Katastrophe zugleich. Wer soll den Kleinen am achten Tag beschneiden. Der Rabbi wollte, wie konnte es auch anders sein. Das Ehepaar fiel fast in Ohnmacht, denn der Rabbi war kein Mohel (Beschneider). Naja, meinte Rabbilein, er hätte ja auch schon mal Hühner geschächtet und seine Söhne selbst beschnitten. Da mache doch das Chabad – Kind keinen Unterschied. Zu guter Letzt bot er an, seinen Schwager (auch kein professioneller Mohel) aus London einfliegen zu lassen, um das Kind beschneiden zu lassen. Wir amüsierten uns köstlich über soviel Frechheit. Wenn alles nicht so traurig wäre, hätte man geradezu lachen können. Am Ende organisierte die Münchener Gemeinde einen Mohel aus der Schweiz und die Feier fand in München statt.
Was uns damals nicht sofort auffiel, im Nachhinein aber Sinn macht, war, daß der Rabbi alles Erdenkliche daran setzte, fremde orthodoxe Rabbiner aus der Gemeinde fernzuhalten. Später erfuhren wir den Grund dafür, der da lautete, dass sein negativer Ruf schon durchgedrungen war.
Da wurde seinerseits die professionelle Kontrolle der Mikweh (Ritualbad) verweigert. In seiner Gemeinde hätte ein rabbinischer Kontrolleur nichts verloren. "L'tat c'est moi – Ich bin der King hier". Alleinherrscher war er jedoch nicht, denn es gab ja noch die goische Frau Sowieso.
Halachische Fehlschläge gab es ohne Ende. Um nur ein Beispiel zu nennen: An der Seder zu Rosh HaShana wurden die Minim doch glatt als unwichtig erklärt. Wider des Schulchan Aruch. Später erzählte ich einigen Halacha – Experten von diversen Entscheidungen und die fragten mich, ob ich denn da etwa in einer Reformgemeinde gewesen sei.
Mein Abgang war leise, denn monatelang hatte ich nichts mehr mit dem Geschehen zu tun gehabt. Einen Tag vor meiner Abreise stand der Rabbi vor unserer Tür und wünschte GUTE REISE. Frau Sowieso und er feierten sicher am Abend ausgiebig, denn endlich konnte nach Belieben geschaltet und gewaltet werden.
Nach zwei Jahren und fünf Monaten verließ ich im Sommer 2000 die Gemeinde.
Meine Freude, nach Israel zurückzukehren, war groß und ich genoß das allgegenwärtige relig. Judentum. Klagemauer, Bücher kaufen zu können (der Rabbi verweigerte mir auf meine Anfrage hin Bücher), koscheres Essen, was für ein Leben. Unbeschreiblich.
Die Verfahrensweise des Rabbis konnte ich vorerst nicht vergessen und so erzählte ich vielen Leute davon. Kopfschütteln und die Bemerkung "Jetzt bist du ja wieder hier" folgten. Durch eine Bekannte hörte jemand Offizielles von Yad Le'Achim von meinen Erzählungen über den Rabbi. Die Folge war, daß man noch abends gegen 23.00 Uhr den Oberrabbiner der israel. Siedlung, in welcher der Rabbi eigentlich wohnte, anrief. Der Oberrabbiner gab sich keinesfalls erstaunt, denn schon früher habe es Klagen über den Rabbi gegeben. Übrigens sei der Rabbi zum Judentum konvertiert und seine Frau habe den gleichen Status. Sein Vater sei Jude, die Mutter allerdings Reformkonvertitin.
Yad Le'Achim rief mich zurück und man fragte mich, ob veranlasst werden soll, seine Kinder sofort aus den relig. Schulen zu entfernen. Bei solchen Eltern gibt es bei den Haredim keinen Pardon. Ich lehnte mit der Begründung, daß die Kinder ja nichts für ihren Vater können, ab. Hoffentlich nutzen die Kinder ihre Chance im Leben.
Etwa zur gleichen Zeit traf ich auf einen Haredi (Ultra - Orthod.), der sich noch wenige Wochen zuvor in der kleinen deutschen Provinzgemeinde aufhielt. Ja, Frau Sowieso und das Ehepaar werden demnächst konvertieren. Zusätzlich nannte das Ehepaar einen hohen Geldbetrag, den der Rabbi zwecks Konversion zum Judentum verlangte.
Als hätte ich nie die Konversionsgeschäfte des Rabbi vorausgeahnt. Wieviele Male hatte ich ihn darauf angesprochen und gewarnt. Seine Reaktion war, daß alles, was er mache, koscher sei. Fragt sich nur, was man als koscher betrachtet. Sind halachische kriminelle Handlungen koscher ?
Rabbi aber wollte seinen Geldbeutel aufbessern und tat dies erfolgreich mit Vorträgen für christliche Vereinigungen. Dort nämlich zollte man ihm den Respekt, der ihm in der eigenen Gemeinde versagt blieb. Außer Frau Sowieso selbstverständlich.
Es sollte also ganz offiziell stattfinden; ein illegales privates Beit Din (rabbinisches Gericht) wollte Rabbis Kandidaten zum Judentum konvertieren. Zum Ärger der Familie aber platzten sämtliche Konversionstermine, da ein angeblicher Rabbiner aus Israel nie eintraf. Dritter im Bunde sollte der damalige Konstanzer Rabbiner sein. Vorgeschoben wurde die Begründung, daß es sich in Konstanz um ein offizielles vom Jerusalemer Oberrabbinat anerkanntes Beit Din handele. Falsch !!!
Auf meine persönliche Anfrage beim Oberrabbinat teilte man mir mit, daß es sich bei der Konstanzer Einrichtung nicht in dem Sinne um ein Beit Din handele. Lediglich haben die dortigen Rabbiner die Aufgabe die halachische Jüdischkeit der russischen Zuwanderer zu prüfen und sonst nichts. Das Oberrabbinat drehte durch bei dem Gedanken, daß dessen Name zu anderen illegalen Zwecken mißbraucht wurde.
Yad Le'Achim riet mir, eine offizielle Beschwerde beim Oberrabbinat einzulegen und so begann mein Weg durch die israelisch – orthodoxe Bürokratie.
Nach wenigen Tagen ging ich im Jerusalemer Oberrabbinat und dem damaligen Religionsministerium ein und aus. Besonders das Oberrabbinat nahm den Fall ausgesprochen ernst und man rief sogar jene Rabbiner – Schule an, an welcher der Rabbi sein Zertifikat mit Ach und Krach bestand. Anscheinend hatte man ihm es schließlich aus einem Anfall von Mitleid gegeben, was ein Fehler war.
Das konversionswillige Ehepaar hatte die Nase voll und ahnte nichts Gutes. So begab man sich nach Antwerpen, wo eine Beschwerde gegenüber dem Rabbi eingelegt wurde. Aber Antwerpen hilft in solchen Fällen nicht viel. Wo man sich auch hinwand, der Rabbi hatte schon einen Ruf weg und niemanden rissen die neuen Vorwürfe vom Hocker.
Nach einigen Tagen kostete ich es unendlich aus, den Rabbi anzurufen und ihn mit der Wahrheit zu konfrontieren. Meine ersten Worte lauteten dann auch:
"Ich kenne Deine (wir duzten uns) Vergangenheit".
Er machte auf unwissend und als er verstand, worauf ich anspielte, herrschte seinerseits eisiges Schweigen.
Seine einzige Rechtfertigung lautete: "Du hast keine Zeugen".
Da stelle man sich das vor. Er wußte, was auf ihn wartete, kannte sich aber halachisch so gut aus, daß er meinte, die Beweisführung gegen ihn reiche nicht aus. Das nenne ich kaltschäuzig und berechnend. Ein Hoch auf die soziale Seelsorge und wehe dem, der keine Zeugen mitbringt !!!
Von einem Mitglied der Europ. Rabbinerkonferenz erfuhr ich, daß diese den Rabbi offiziell zu einem Verhör nach München vorgeladen habe, er jedoch nicht erschienen war. Mittlerweile teilte die Jewish Agency mit, daß in einem gewissen bayerischen Raum gefälschte Giur – Zertifikate aufgetaucht seien. Wir veranlaßten, daß Zertifikate versehen mit dem Namen des Rabbis nicht zur Aliyah nach Israel berechtigen. Die Jewish Agency zeigte sich geschockt, meinte aber zugleich, daß alle in Deutschland genau wissen, was abgeht, aber niemand etwas unternimmt.
Verschiedene Stellen in Israel gaben an, daß wir ihnen unbedingt eine Kopie eines gefälschten Zertifikates zukommen lassen sollen. Aufgrunddessen könne dem Rabbi seine Rabbinerlizenz entzogen werden. Das Oberrabbinat und die Europ. Rabbinerkonferenz machten ungewohnten Druck. Die Jewish Agency teilte mir mit, daß ihnen ein solches Zertifikat vorliege, aber die Freigabe von einer Vorgesetzten genehmigt werden muß.
Stunden später hieß es, daß die Jewish Agency die Fälschung aus den folgenden Gründen nicht an uns weiterleitet:
1. Es sei nicht die Aufgabe der Jewish Agency, sich in deutsche Gemeindebelange einzumischen. 2. Der Fall könnte theoretisch Antisemitismus verursachen.3. Insgesamt sei der Fall für die Jewish Agency zu heiß.Die Entscheidung war gleichzeitig das Aus für eine Beweisführung und ein Vorteil für den Rabbi. Im Endeffekt hatte er trotz kriminellem Verhalten gesiegt.
In Jerusalem sowie in Bnei Brak war man entsetzt. Halachisch gesehen liegt der Fall so, daß wenn kein Beit Din (rabbinisches Gericht) über den Rabbi richtet, er einmal von G – tt persönlich zur Rechenschaft gezogen wird. So in etwas lautete auch der Trost, den mir die Dame eines relig. Institutes in Bnei Brak aussprach.
Wie es weiterging ?
Der Rabbi siegt weiter und hält heute eine höhere Stellung als damals vor sechs Jahren inne. Allerdings nicht aufgrund seines Wissens, sondern vielmehr wegen hochrangiger Beziehungen.
G – tt ? Wen interessiert das, wenn jemand bei hochrangigen Politikern eingeladen ist ? Und die Kasse stimmt ja auch.
Ich habe in meinem kurzen Bericht nicht alle Einzelheiten erwähnt und werde dies vielleicht einmal an anderer Stelle tun, denn viele Leuten haben mich dazu ermuntert. Vermissen tue ich den Rabbi und die Gemeinde gewiss nicht, doch frage ich mich bis heute, wie die jüdischen Gemeindemitglieder und Vorstände in Deutschland so blind sein können. Da wird teilweise noch nicht einmal ein Rabbinerzertifikat verlangt und daß der Rabbi konvertiert war und seine reformkonvertierte Mutter in der koscheren Gemeindeküche ein und ausging war allen gänzlich unbekannt. Wer jetzt auf die grosse Teshuva hofft, wartet vergebens. Der Rabbicharakter ist nach wie vor der alte geblieben.
Und was macht Frau Sowieso ? Sie konvertierte und darf sich jetzt Gemeindevorsitzende nennen. Herzlichen Glückwunsch dazu.
Wie weit kann es eigentlich zu solch einem "Goal Nefesh" in deutschen Gemeinden kommen ?
Eines habe ich aus dem ganzen Theater gelernt: Falls ich einmal auf Besuch in eine dt. Gemeinde kommen sollte, werde ich mich sehr eingehend über den dortigen Rabbiner erkundigen, um jeglichen Überraschungen vorzubeugen.
Und deutsche Gemeinden sollten alles daran setzen herauszufinden, mit wem genau sie sich abgeben.