Sonntag, September 14, 2008

Adam HaRishon - Teil 2

B"H

Adam HaRishon - Teil 1


Das Thema "Adam HaRishon - der erste Mensch" ist momentan von immenser Bedeutung, denn das jüdische Neujahrsfest Rosh HaShana steht vor der Tür (Beginn: am Abend des 29. September). Und Adam wurde an Rosh HaShana, damals ein Freitag, erschaffen.

In der Gemara (rabbinische Diskussionen) des Talmud Traktates Sanhedrin 38a kommt die Frage auf, warum G - tt den Adam nicht schon am ersten Tag der Schöpfungsgeschichte erschuf. Warum erst am Schluß ?

Eine der zahlreichen Antworten, welche der Talmud hier liefert, lautet, dass wäre Adam HaRishon schon am allerersten Tag präsent gewesen, dann hätten später G - tteslästerer behaupten können, dass nicht G - tt allein alles erschuf, sondern Adam (der erste Mensch) Ihm half.

Andererseits könnte man argumentieren, dass die Welt am ersten Tag noch gar nicht vollständig erschaffen worden war. Wie hätte Adam da leben sollen; ohne Pflanzen, ohne Nahrung, ohne jegliche weitere Existenz, die ein Mensch zum Leben benötigt ?

Aber hatte G - tt Adam nicht erschaffen und am sechsten Tag ins Paradies (Gan Eden) gesetzt ?

Bis heute gibt es niemanden auf der Welt, der den Begriff "Paradies - Gan Eden" genau erklären kann. Handelt es sich um einen speziellen Ort oder eher um einen so hohen geistigen Level, der für uns absolut unfaßbar erscheint ?
Die Midrasch Rabbah hält eine Antwort der anderen Art bereit:
Da das Paradies schon am dritten Tage erschaffen worden war, hätte demzufolge auch Adam vorher erschaffen werden können.

Bezüglich des "Baumes des Erkenntnis - Etz HaDa'at Tov veRah" gibt es verschiedenartige Interpretationen, was denn genau die "Frucht" war, von der Adam und Eva (Chava) nun aßen. Fest steht, dass es sich um keinen Apfel handelte, aber damit gehen die Meinungen unendlich weit auseinander. Sowohl im Talmud als auch in der Midrasch.

Die Einen sagen, es handelte sich um einen Weizenbaum, andere kommentieren, es handelte sich um einen Weintraubenbaum. Adam und Chava aßen Weintrauben, was als Synonym für sich betrinken gilt.

Des Weiteren könnte es sich um folgende Früchte gehandelt haben: Feigen, Etrogim (Zitrusfrucht) oder ein Baum, auf welchem alle Früchte dieser Welt wuchsen.

Als Adam und Chava vom Baum aßen, geschah dies ohne dass sie einen Beracha (Segen) vor dem Essen sagten. Wie könnten sie auch, fühlten sie sich doch trotz allem nicht besonders wohl in ihrer Haut.
G - tt hatte ihnen aufgetragen, von allen Bäumen des Gartens essen zu dürfen, nur nicht von dem "Baum der Erkenntnis - Etz HaDa'at". Hätten sie dieses Gebot befolgt, dann wäre es ihnen mit Schabbatbeginn eh erlaubt gewesen, von dem Baum zu essen. Sprich, es war G - ttes Plan, ihnen am Schabbat ALLES zu geben, auch den "Baum der Erkenntnis". Aber wie das so ist im menschlichen Leben, man will halt immer das, was man nicht haben kann. Nur war bei Adam alles viel schlimmer, denn gerade er befand sich auf dem höchsten seelischen Level, auf dem sich nach ihm nie wieder ein Mensch befand. Mit dem Vergehen am Baum wurden die meisten dieser Level von ihm genommen und bis heute verbringen wir unser Dasein damit, die Welt auf den ehemaligen hohen Level von damals wieder zurückzuführen. Wir tun dies anhand von Thoramitzwot sowie Gebeten.

Die große Frage dreht sich fast immer um die Schlange. Handelte es sich im Paradies nun um eine richtige Schlange oder nicht ? Falls ja, warum sprach sie ?

Zwei Definitionen stechen hier besonders hervor:

1. Die Schlange war tatsächlich eine reale Schlange.
Noch im Paradies gingen die Schlangen auf zwei Beinen und hatten einen Verstand, der dem unseren heutzutage gleichkommt. Einschließlich der Sprache.
Die Schlange wollte Chava aus sexuellen Beweggründen für sich alleine haben und plante daher, Adam loszuwerden. Chava sollte zum Vergehen überredet werden; danach tat Chava das Gleiche mit Adam und aus Ärger würde G - tt den Adam bestrafen und ihn entfernen. Folglich wäre die Schlange mit Chava allein. Der Plan aber ging schief und die Schlange hatte das Nachsehen.

2. Die Schlange war keine Schlange, sondern hier handelt es sich einzig und allein um eine symbolische Sprache. Überhaupt wie das gesamte Paradies nie materiell existierte, sondern nur in der metaphorischen Sprache. Gemeint sei etwas ganz anderes und die Schlange an sich repräsentiert unsere menschliche "Yetzer HaRah - unsere negativen Veranlagungen". Demzufolge stand Chava vor dem Baum oder kämpfte an einem anderen Ort bzw. mit einer anderen Frage mit sich selbst. Ihre innere Stimme versuchte sie zu etwas zu überreden, was sie eigentlich nicht tun wollte. Chava verlor den Kampf ihres inneren Zwiespalts und gab nach. Genau das ist bis heute die Schlange in uns; unsere inneren Zweifel und das Nachdenken, ob wir etwas tun sollen oder lieber nicht.
Die Überredung Chavas könnte folgendermassen ausgeschaut haben:

Die Schlange (oder was auch immer es gewesen sein mag) kam und wollte, dass Chava vom Baum ißt.

Chava sagte, dass G - tt ihnen gesagt habe, dass sie dann sterben würden.

Die Schlange schubste Chava gegen den Baum und meinte, dass sie ja immer noch lebe. Wenn sie also den Naum berühre, dann könne sie auch davon essen (siehe Midrasch Rabbah).

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Die gesamte Schöpfungsgeschichte sowie Adam und Chava sind das Komplizierteste, was die Thora zu bieten hat. Bevor ich etwas später auf die Folgen zu sprechen komme, welche das Vergehen der Beiden auslöste, hier schon einmal vorab:

Adam bereute seine Tat, nachdem er aus dem Paradies geworfen worden war. Er bereute ernsthaft und bis heute erscheint in vielen kabbalistischen Bücher (u.a. Sefer Raziel HaMalach) das Reuegebet des Adam HaRishon.

17 Kommentare:

  1. Anonym10:40 AM

    Wie kommt man darauf, dass die Sexualität da eine Rolle spielte?

    Ich las bisher einfach nur den Bericht aus der schriftlichen Torah. Dementsprechend kommen mir solche Gedanken absolut neu und fremd vor, wenn ich sie lese.




    Ich glaube, ich las gestern, dass du schriebst, dass Kain auf Hevel neidisch war, weil dieser lediglich die eine Zwillingsschwester Hevels haben konnte, Hevel aber zwei von Kain - und dass bei Mosche und dem Ägypter irgendeine Reinkarnation stattfand, wobei hier, glaube ich, Hevel für Mosche steht, der als Rache im Ägypter seinen Bruder Kain erschlug, der irgendetwas mit einer jüdischen Frau hatte, wobei es doch eig lediglich darum ging, dass Mosche zornig war, weil der Ägypter einen seiner Brüder misshandelte.

    Mich verwirrt das und ich kann nichts damit anfangen.
    Ist es verbindlich, das so anzunehmen? Wie bekommt man zu solchen Gedankengängen Zugang?

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  2. B"H

    In der juedischen Tradition ist die Kabbalah die "verborgene Seite" der Thora. Nicht nur das, was Du in der Thora offensichtlich liest, hat eine Bedeutung. In der hebraeischen Originalausgabe werden die Buchstaben auseinandergenommen und jeder Buchstabe hat kabbalistische verborgene Bedeutungen.

    Die Geschichte mit Kain und Abel (Hevel) findet sich in der Midrasch (der jued. Tradition) wieder. Allerdings gibt es dort mehrere Meinungen, warum Kain den Hevel toetete. Manche der Midraschim datieren auf ca. 1500 Jahre zurueck und es sind Wissensansammlungen frueherer Gelehrter. Die Kabbalah nimmt diese Zusammenhaenge aus jued. Schriften und schaut dabei auf diverse Arten von Vergehen der Personen aus der Thora. Ausserdem spielen dabei die Buchstaben des hebraeischen Alphabetes eine weitere Rolle.

    Aber ich will Dich nicht total verwirren, sondern etwas Persoenliches loslassen:

    Manchmal stoesst man auf Inhalte innerhalb jued. Schriften, mit denen man absolut nichts anfangen kann. Es sagt einem nicht, es verwirrt einen und manchmal kann es sogar sein, dass derjenige angst bekommt. Diverse Informationen gehen zu tief, verursachen eine innere Unruhe und man will sie lieber erst gar nicht wissen.

    Man sollte halt immer fuer sich abschaetzen, wo die eigene Grenze der Informationsaufnahme liegt. Ich erlebte schon Leute, die sagten, sie wollen das nicht wissen und dann rannten sie auf und davon.

    Dann wieder sind die Infos zu vielfaeltig und man kann ihnen kaum folgen. Alles verwirrt und man fragt sich, woher der Kommentator das so genau wissen will.

    In dem Falle von Hevel, Kain und Moshe verhaelt es sich so, dass unzaehlige Kabbalisten diese Zusammenhaenge, die ich beschrieb, so sehen.

    Ob das verbindlich ist ?
    Wenn man an Reinkarnationen sowie die Perfektionierung der Seele glaubt sicherlich.

    Wer allerdings ein vollkommen rational denkender Mensch ist, fuer den klingt das alles ziemlich daneben. Doch das Judentum besteht aus beiden Seiten und wer halt rationaler eingestellt ist, der sollte Rationales lernen.

    Kurz gesagt: Es kommt immer daran, was Deine Seele annehmen kann.
    Und diese Antwort ist keineswegs rational gemeint.:-)

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  3. Anonym6:33 PM

    Hm, fein - danke =)
    Würde ich mit der Ablehnung in einem Gijur-Kurs keine Probleme haben? Wenn es eben allgemein akzeptiert ist als jüd. Konzept? Dann kann ich ja nicht sagen: nein, ich denke nicht so, sondern so.
    Oder gehört das zum Bereich der Meinungsverschiedenheiten?
    Oder was? Hm.
    Wenn ich, glaube ich auch kabbalistische, Deutungen zu, beispielsweise, den Zizith höre, finde ich das ganz gut, aber mit dem Meisten kann ich wohl nichts anfangen.

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  4. Anonym11:01 PM

    "Würde ich mit der Ablehnung in einem Gijur-Kurs keine Probleme haben?"

    Keine Sorge, nach sowas fragt kein Beth Din.

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  5. B"H

    Beschraenke Dich bei einem Beit Din mit Deinen Antworten auf das, was gefragt wird und versuche bloss nicht mit Kabbalah oder Talumud anzugeben. Dann machen Dich die Rabbis fertig.:-)

    Danach fragt kein Beit Din und zum Anfang wuerde ich Dir ein paar Jahre Studium des Basiswissens empfehlen, ohne Dich gleich in hoehere Studien zu stuerzen.

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  6. Anonym8:46 AM

    Was zählt dann unter Basiswissen und was zu höheren Studien?

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  7. Anonym8:49 AM

    Achso: Was wird da denn gefragt und warum nicht so etwas?
    Wird man während der Zeit des Übertritts nicht auf solches angesprochen?

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  8. B"H

    Basiswissen bedeutet Thora, Propheten, einiges an Mussar (Ethik), die Segen zum Essen und anderweitige Gebete aus dem Sidur. Das allein benoetigt schon einige Jahre, um es ausgiebig zu lernen und geht nicht Hopplahopp.

    Hoehere Studien sind, u.a., der Talmud.

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  9. Anonym5:12 PM

    Zunächst lernt man mit dem Rabbiner oder in einem Kurs. Dort erfährt man, welche Grundlagen wichtig sind. Neben der Theorie selbstverständlich auch die Praxis, die im Vordergrund steht, denn ohne diese wirklich intensiv mitzubekommen, ist kein Giur machbar.
    Das Beth Din kommt viel später, und dort werden Fragen quer Beet gestellt, aber sicher keine über die Kabbalah, Talmud oder ähnlich Anspruchsvolles, was man erst im Laufe der Zeit lernt.
    Thora, Gebete (dabei Hebräisch lesen lernen), Schabbat, Feiertage usw. aber keine Dinge, für die man gute Voraussetzungen benötigt. Lernen tut man eh sein Leben lang.
    Ich habe mich bis heute kaum mit der Kabbalah beschäftigt, weil das enormes Wissen benötigt und das dauert sehr lange.
    Mir hat mein Rabbi damals gesagt, manche glauben an Reinkarnation, manche nicht. Daran zu glauben, ist jedenfalls keine Voraussetzung einen Giur zu machen. Mich hat nie jemand jemals so etwas gefragt.

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  10. Anonym5:48 PM

    Du meinst, erst einmal die reine "schriftliche Überlieferung" lesen? Ohne weitere Kommentare oder Erklärungen? Was genau sollte man an Mussar lesen? Mir fiele da keine Literatur ein.
    Meinst du, die Tefilot und Brachot auswendig lernen? Oder/und noch, was auch immer, dazu lesen?

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  11. B"H

    Ich kann mich Yael nur anschliessen. Einmal in einem Giur - Kurs, wird man sehen, was gerade das Thema ist und der Rabbiner wird einem sicher entsprechende Literatur dazu empfehlen.
    Mit dem Schulchan Arun (selbst Kitzur) taete ich mich erst einmal zurueckhalten, denn zu jeder Halacha gibt es mehrere Kommentare sowie anderweitige Auslegungen (sephardisch oder aschkenazisch, zum Beispiel).
    Bezueglich zu einem Kommentar zu einem anderen Beitrag:
    Man sagt NACH dem Toilettengang einen Segen und nicht vorher. Ausserhem ist mir nicht bekannt, dass vorgeschrieben sein soll, inwieweit man sich die Hose herunterzieht.:-)

    Aber selbst irgendwelche Segen taete ich erst dann erlernen, wenn ich in einem Giurkurs bin. Vorher wird von Dir kein Wissen erwartet. Eher im Gegenteil: Wenn Du nichts oder nicht viel weisst, eignest Du Dir das Wissen in einem Kurs besser an als wenn Du hinterher saemtliche Meinungen durcheinanderwuerfelst.

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  12. Anonym11:06 AM

    Danke für die Antworten.

    Hm, ich bin mir ziemlich sicher, dass das in dem Kizzur drin stand, jemand möchte da wegschauen, und man darf die Hose nur so weit runterziehen =)

    In Israel dürfte es doch weiter kein Problem sein, als Jude in einem kleinen Dorf zu leben, oder?
    Das ist hier ja, so weit ich weiß, nicht möglich, weil die Synagogen, die anderen Juden, die Torah, und la in der Stadt sind.

    Also lieber gar nichts lesen, da es ohne Rabbi zu verwirrend ist - ?

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  13. B"H

    Allein auf dem Land und dann Judentum lernen ?

    Wieso faehrst Du nicht einmal in eine Stadt und erkundigst Dich dort nach Kurse ? Chabad oder soetwas in der Art.

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  14. Anonym5:55 PM

    "Meinst du, die Tefilot und Brachot auswendig lernen?"

    Man muss überhaupt nichts auswendig lernen oder könnem. Die lernt man automatisch auswendig, wenn man z. B. die Brachot täglich anwendet.
    Was erwartet wird, erfährt man logischerweise, wenn man den Giur anfängt. Lesen kann man natürlich schon vorher, man muss ja auch dem Rabbiner und später dem Beth Din begründen, warum man Jude werden will. Auf dem Dorf klappt es natürlich mit einem Giur nie.

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  15. Anonym11:59 PM

    Momentan: ja. Ich liebe die Natur und bin bisher allgemein oft allein gewesen ;-)

    In Israel dürfte es wohl kein Problem sein, als orthodoxer Jude auf dem Land zu leben, oder?

    Die nächsten Städte, die "lebendig" sind, dürften alle etwa vier Stunden Zugfahrt entfernt sein =)

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  16. B"H

    Nein, in Israel st es kein Problem auf dem Lande zu wohnen. Obwohl, manche Busverbindungen sind nicht gerade die besten.
    Aber immerhin besitzt fast jedes Dorf eine Synagoge und das stelle ich mir bei Dir schon kompliziert vor.

    Falls Du orthod. konvertieren willst, solltest Du zumindest ansatzweise in der Naehe einer Synagoge wohnen, um am Schabbat dorthin laufen zu koennen.

    Und wie Yeal sagte:
    Jued. Leben incl. Segen zum Essen lernt man in der praktischen Anwendung ohnehin.

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  17. Anonym9:36 AM

    Dann wäre es sicher, dass ich, sollte ich konvertieren, in Israel leben würde. Allzu lange hielte ich es hier in einer Großstadt nicht aus =)

    Hm.

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