Sonntag, September 28, 2008

Der Gang zur "Shiva" (Trauerbesuch)

B"H

Am Schabbat spricht man nicht über traurige Begebenheiten und so vermied es Rabbi Mordechai Machlis den gesamten letzten Schabbat, nicht über den plötzlichen so unerwarteten Tod unserer Freundin Chana Baruch Beberich zu berichten. Der Rabbi selber hatte zusammen mit einem Gerrer Chassid (Gur) die Beerdigung geleitet, welche am letzten Donnerstag stattfand.

Gestern abend dann, nach dem Havdalah - Service (Trennung des Schabbat von den folgenden Wochentagen) gab es kein Halten mehr. Rabbi Machlis hielt eine lange Rede über die für eine israelische Kupat Cholim arbeitende Dr. Chana. Einige von uns machten sich anschließend zur Shiva auf, die Chanas Gatte David im benachbarten Stadtteil Ramat Eshkol abhält.

Im Judentum wird sieben Tage nach dem Tod eines Menschen eine "Shiva" (steht für die Zahl "7") abgehalten. Wenn ein ganz naher Verwandter stirbt (Eltern oder Ehegatte), sitzen die Angehörigen Shiva und jeder darf ins Haus eintreten und an der Trauer teilhaben.

Man erkundigt sich, wo genau die Shiva stattfindet (fast immer im Haus einer der Hinterbliebenen) und geht tagsüber oder auch abends (in der Regel bis 22.00 Uhr) vorbei. Die Tür steht normalerweise offen, denn es kommen oftmals viele Leute vorbei.

Viele fragen mich immer wieder, wie man sich da verhalten soll.

Man kommt hinein, spricht der Familie sein Beileid aus und setzt sich auf einen der aufgestellten Stühle. Bei sephardischen Juden gibt es meist riesig Essen, bei Aschkenazim nichts.

Und so sassen wir gestern abend in David's Wohnung im Kreis. Er selbst saß auf einer Matratze fast auf dem Fußboden.
Der nächste Hinterbliebene sitzt entweder auf einem flachen Stuhl, Hocker oder auf dem Fußboden als Ausdruck der Trauer. Ein männlicher Hinterbliebener rasiert sich während der Shiva nicht.

Immer wieder ist der Gang zur Shiva sehr emotional. Was soll man sagen ? Soll man überhaupt etwas sagen oder sich nur ein paar Minuten setzen und dann wieder gehen?

Der Shiva - Gang dauert allerhöchstens eine halbe Stunde.

Als wir ankamen, zeigte sich David ziemlich erfreut über unser Erscheinen und wir fragten ihn, was denn nur geschehen sei. Chana war erst 59 Jahre alt und mehr oder weniger putzmunter.
Eine Lungeninfektion sei es gewesen. Sie dachte, es handele sich um eine Erkältung und rief zu spät den Krankenwagen. Als man sie Dienstag abend im Hadassah Mount Scopus einlieferte, zeigten sich die Ärzte schon mehr als besorgt. Sie wurde in ein Koma versetzt und künstlich beatmet. Alles umsonst, denn ihre Lungen waren schon zu sehr vom Virus zerfressen.

Ich weiß, dass man gerade jetzt vor Rosh HaShana Freude zeigen sollte. Freude und Optimismus darüber, dass G - tt uns sicher vergibt und gnadenvoll richtet. Dennoch aber zeigt Chanas tragischer Tod, dass wir alle nur sterbliche Menschen sind.
Am Rosh HaShana erschuf G - tt den ersten Menschen Adam HaRishon und damit die Menschheit überhaupt. Und das Thema "Tod" erinnert uns immer wieder daran, dass auch wir nicht ewig Leben und G - tt die von Ihm erschaffene Welt nach seinen Regeln regiert, auch wenn wir diese nicht begreifen und keine logischen Erklärungen finden. Er jedenfalls hat Seine Gründe für alles !

Schana Tov veChatima Tova - Ein gutes, gesundes und erfolgreiches Jahr und möge uns G - tt alle ins "Buch des Lebens" einschreiben.

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