Montag, September 08, 2008

Das logische Judentum




B"H

Neulich bat mich ein christlicher Leser, einmal den Glaubensunterschied zwischen seiner Religion und dem Judentum näher zu umschreiben. An dieser Stelle fasse ich einmal ein paar wenige Punkte zusammen und ich schreibe dies bestimmt nicht nur für interessierte Nichtjuden. Auch Juden können von diesem Text vielleicht einiges lernen.

Da ich mich immer wieder mit der jüdischen Geschichte befasse, sind mir in einigen Büchern einige gravierende Unterschiede zum Christentum aufgefallen. Glaubensinhalte. Allerdings sollte jedem vorn vornherein völlig klar sein, dass es sich bei beiden Religionen um zwei verschiedene Religionen handelt, wobei das Christentum seinen Ursprung im Judentum hatte; mehr jedoch auch nicht.

Ich kenne mich im Christentum nur ganz wenig aus und erläutere daher dessen Glaubensinhalte nur kurz zur Anschauung bzw. zum Vergleich.

Das Christentum sieht das Vergehen Adam und Evas als ewiglichen Fall.

Ich hörte, dass der derzeitige Papst ein Buch schrieb, in dem er auf das erste Buch Genesis (Bereshit) so einging als ob es nur um einen Fall bzw. das Vergehen Adams gehe. Total falsch !
Das gesamte Buch Genesis beschreibt die Entstehung des jüdischen Volkes und das Vergehen Adams war halt ein Vergehen. Kein Vergehen, ohne schwerwiegende Folgen. Die Kabbalah sieht sogar äußerst schwerwiegende Folgen, denn mit seiner Entscheidung, G - ttes Gebot des Nichtessen vom Baum zu brechen, machte Adam uns alle sterblich. Dennoch haben wir Adam unser Leben zu verdanken, denn hätte er G - ttes Willen perfekt erfüllt und nicht vom Baum der Erkenntnis (Etz HaDa'at Tov veRah) gegessen, dann hätte er zusammen mit seiner zweiten Frau Chava (Eva) das ewige Leben erreicht, einen vollkommenen Tikun Olam (Seelenreparatur der ganzen Welt) verursacht und beide hätten solange in ihrem perfekten Zustand existiert, wie G - tt es denn gewollt hätte.

Das Paradies (Gan Eden) sowie der ursprüngliche Zustand Adam und Chavas sind umstritten. Und was bedeuten die beiden in der Thora erwähnten Bäume ? Befanden sich Adam und Chava real im Paradies oder war alles nur spirituell auf einem hohen Level ?
Gewiß ist, dass die keinen Apfel aßen, sondern vielmehr eine andere Frucht. Zum Etz HaDa'at gibt es unendlich viele Auslegungen und die einleuchtenste für mich ist, dass die gesamte Paradies - Story eine Metapher für etwas ganz anderes ist. Die Thora will uns etwas ganz anderes sagen. Vielleicht, dass die beiden ersten Menschen nie etwas aßen, sondern einfach nur ihren g - ttgegebenen freien Willen zum Negativen nutzten. Ob dies nun ein Apfel war oder etwas anderes, wer weiß.

Adam und Chava scheiterten, wurden sterblich und zugleich aus dem Paradies, ihrem hohen Seelenzustand, geworfen. Sie wurden menschlich und besaßen plötzlich einen Körper, den sie im Paradies anscheinend noch gar nicht hatten.

Unsere Aufgabe als Juden besteht bis heute darin, den ehemaligen perfekten Seelenzustand wiederherzustellen. Wie das geschieht ? Indem wir die Thora erfüllen. Mitzwot (Gesetze), beten, Aktionen wie Mitmenschen helfen, koscher essen, usw. Kurz gesagt, G - ttes Willen erfüllen, welchen Er uns in der Thora mitgeteilt hat.

Es ist umstritten, wielange dieser Tikun Olam (Seelenreparatur der Welt) dauern wird. Auf alle Fälle wird es sich bis zum Eintreffen des Meschiach hinziehen. Als absoluter "Fall" jedoch gilt Adams Vergehen nicht. Selbstverständlich war er auf einem so hohen Level, dass ihm dies nicht hätte passieren dürfen, aber andererseits war er auch Mensch. Und wir sind Menschen, welche mit der Geburt frei von Sünden sind. Dies ist ein jüdisches Konzept, nebenbei bemerkt. Im Judentum wird jeder Mensch ohne Sünde geboren. Was man dann später alles so veranstaltet, sei erst einmal zweitrangig. Als Baby jedoch ist jeder unschuldig und frei von irgendeiner Schuld.

Niemals verdammt uns G - tt völlig und wir schmoren in sämtlichen Höllen. Stattdessen hat jeder in jeder Minute die frei Wahl, Teshuva (Umkehr zu G - tt) zu machen. Und gelingt einem Menschen eine aufrichtige Yeshuva, wird er in dem Moment zu einem neuen Menschen. Und für Adams Tat büßen wir nicht, sondern unsere Aufgabe besteht darin, es besser zu machen als er und seine Frau.

Teshuva allein kann nur durch eine innere Verwandlung zum Positiven herbeigeführt werden. Zusätzlich durch Mitzwot. Überhaupt ist das Judentum eine aktive Religion; heißt, wir setzen uns nicht einfach so hin und sagen "wir glauben", sondern die Thora befiehlt uns, etwas zu tun. Ein "Glauben" allein hilft nicht. Ich muß nicht unbedingt 100 %ig an G - tt glauben, doch Seine Mitzwot sollte ich befolgen. Wir sind zur Aktivität angewiesen und nicht dass jemand, wie im Christentum herumläuft, sich wer weiß wie verhält, aber dennoch sagt "er glaube". Das Konzept ist uns Juden fremd und außerdem macht gibt es keine Logik her.

Auch läuft kein Teufel (Satan) umeinandern, sondern bei diesem Konzept bezieht sich meistens alles auf unsere innere negative Veranlagung zu sündigen. Auch wurde der Satan (unsere negative Veranlagung) von G - tt selber erschaffen und ist keine eigene Einheit, die uns alle (einschließlich G - tt) bekämpft. Sobald der Meschiach kommt, werden wir alle wieder auf einem hohen seelischen Level befinden und somit wird automatisch die negative Veranlagung ausgeschaltet. Symbolisch beschreibt der Talmud Bava Batra hierzu den Leviathan (ein riesiges Meerestier), welches geschlachtet werden wird. Der Leviathan steht als Metaphor für unsere eigene innere schlechte Veranlagung, die nach dem Kommen des Meschiach sozusagen abschlachtet bzw. sie vollkommen ausschaltet wird.

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