Montag, Juni 08, 2009

Das "Stamm" - Business

B"H

Wenn ich schon einmal zu einem der regelmässigen Sonntagsschiurim (Vorträgen) von Rabbi Mordechai Machlis gehe, dann sitzt dort meist ein Zuhörer, der von sich sagt, er habe mehrere Bücher zum Thema "Israels verlorene Stämme" geschrieben. Dies entspricht durchaus der Richtigkeit; allerdings sah ich einmal eines der Bücher und mir fiel auf, dass er keinerlei Referenzen hatte. Wer historische Bücher oder insbesondere Bücher zum Judentum verfasst, der sendet vor der Veröffentlichung sein Manuskript an eine diverse Persönlichkeit. Einen Rabbiner oder einen anerkannten Historiker.


Nun behaupte ich keineswegs, dass all diese Persönlichkeiten den ganzen Tag dasitzen und die ihnen eingesandten Manuskripte ausgiebig studieren. Immerhin kann man sich, mehr oder weniger, auf die Literatur verlassen, wenn Referenzen mit abgedruckt sind.
Bei dem besagten Autor ist das nicht der Fall. Er betrieb auf eigene Faust Research, ohne sich mit jemandem abzusprechen. Einmal an der Uni vorbeischauen und fragen, wo es denn Experten auf dem Gebiet gebe, mit denen man sich einmal austauschen kann.
Ich habe nichts gegen Autodidakten und wir alle sind dies auf vielen Gebieten, doch sollte zumindest ab und an ein Expertenrat mit einbezogen werden.
Der Autor liess sein Buch selber drucken. Auf eigene Kosten und bei einer Druckerei, wo man sein Manuskript hinbringt und gedruckt wiederbekommt. Niemand fragt nach dem Inahlt, nur nach dem Preis.

Soviel ich beim Durchschauen eines der Bücher feststellte, beruhen die Behauptungen im Buch auf der Thora bzw. den Aussagen in den Propheten. Wann die zehn der zwölf israelitischen Stämme abhanden kamen und wie. Nämlich zur Zeit des König Chizkiyahu und als die Assyrer den Norden Israel eroberten und die dort ansässigen Juden ins Exil schickten. In den Osten - in den Irak, Iran, etc.
Weltliche historische Fakten nahm der Autor nicht unbedingt zur Kenntnis, sondern stellt munter seine Behauptungen auf. Er selbst glaubt alles zu wissen und fühlt sich als (Hobby)Experte.

Es gibt nicht wenige Themen im Judentum, mit denen man sich ein ganzes Leben lang beschäftigen kann und wenn einige israelitische Stämme entdeckt worden wären, dann hätten wir Schlagzeilen. Fakt ist aber, dass wir heutzutage gar nicht mehr in der Lage sind zu bestimmen, wer von welchem Stamm kommt. Noch dazu, wo heute viele Nichtjuden meine, sie müssen behaupten, von einem der verlorenen zehn Stämme zu kommen. Was bringt einem das ? Fühlt man sich anerkannter oder steht derjenige in dem Moment über seinem Gewissen ? Belügen kann sich jeder.

Mir persönlich wird in unserer Zeit viel zuviel Schindluder mit all diesen angeblichen Erkenntnissen getrieben. Viele Inder meinen, sie seien der Stamm des Menasche und Peruaner oder Afrikaner sagen wieder etwas ganz anderes. Dann gibt es fundamentalistische Christen, die sich einreden, vom Stamm des Ephraim zu kommen. Jeder legt sich seine Story so zurecht, wie es ihm gerade passt. Bin ich kein halachischer Jude, stamme ich dennoch vom Stamm Yehudah. Vielleicht bin ich sogar der Messias !
Einige israelische Nationalreligiöse glauben an derlei Theorien, Haredim (Ultra - Orthodoxe) hingegen NICHT ! Es heißt, dass allein der Meschiach bestimmen wird, welcher Jude welchem Stamm angehört. Und solange der Meschiach noch nicht eingetroffen ist, besitzen wir kein Recht, an uns selber herumzudoktern.


Leider wird diese Aussage wenig zur Kenntnis genommen und die Leute fahren lieber voll auf diverse, meist an den Haaren herbeigezogene, Literatur ab. Ein Autor verdient sein Geld und die Leser sind happy. So ist ein jeder zufrieden, nur die historischen Fakten, die bleiben halt auf der Strecke.

3 Kommentare:

  1. Sehr interessanter Artikel-ich finde die ganze Seite eigentlich sehr gut.Danke für diese Infos,ich interessiere mich schon für Business.

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  2. Was meinst du genau mit "Referenzen"? Meinst du diese "Haskamot" von Rabbinern, die man in vielen religiösen Büchern findet?

    Die sind ja in der Wissenschaftlichen Literatur eher weniger verbreitet.

    Aus diesem Grund würde ich die "Wissenschaftlichkeit" eines Buches nicht anzweifeln, nur weil die Haskamot der Rabbiner fehlen. Im Gegenteil: Haskama eines Rabbiners sagt ja auch aus, dass nichts "ketzerisches" gesagt wird, d.h. dass eine gewisse Zensur herrscht, und das ist der Wissenschaft a priori nicht zuträglich.

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  3. B"H

    @ David

    Danke fuer das Kompliment !
    Aber nebenbei gefragt: Welches "Business" meinen Sie ? Das hier von mir Angesprochene oder etwas anderes ? :-)


    @ PiN

    Ja, genau derlei Art von Referenzen meine ich.
    Was wissenschaftliche Arbeiten angeht, so weiss ich nur zugut, dass Prof., etc. ihre Veroeffentlichungen meist sehr gut vorbereiten und saemtliche Studien bzw. Literatur durchgehen. Auf alle Faelle saugen sie sich ihre Angaben normalerweise nicht aus den Fingern heraus.

    Was relig. Literatur betrifft ?
    Religioese Juden legen schon Wert auf diverse Referenzen, selbst wenn ich davon ausgehe, dass (nur als Beispiel genommen) Rabbi Ovadiah Yosef sicher nicht alle vorgelegten Manuskripte einzeln durchliest.

    Bei dem angesprochenen Autor aber habe ich das Gefuehl, dass da mehr Eigensinn dabei ist. Was ich meine ist, dass ER SEINE Meinung hat und diese kundtut. Sein gutes Recht, doch sollte man sich trotzdem anderweitig informieren. Gerade bei solch einem komplizierten Thema.

    Ich gebe Dir nur ein Beispiel: Er behauptet, unter anderem, dass ER genau sagen koenne, welches Volk von welchem israelitischen Stamm kommt.

    Seltsamerweise aber vertritt er seine Buecher nur privat, ohne dass er jemals zu oeffentlichen Statements aufgefordert worden ist.

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