B"H
Im Jahre 586 vor Beginn der Zeitrechnung wurde der Erste Jerusalemer Tempel von den Babylonier zerstört. Unzählige Juden wurden nach Babylon verschleppt und als siebzig Jahre später der persische König die Erlaubnis zur Rückkehr ins Gelobte Land sowie zum Wiederaufbau des Tempels erteilte, waren laut dem Propheten Ezra (2:64) nur ganze 42,360 der vielleicht Millionenfachen vertriebenen Juden zur Rückkehr bereit. Die wesentliche Mehrheit entschied sich in der Diaspora zu bleiben, denn es ging ihnen dort wirtschaftlich einwandfrei.
Wozu ins zerstört und verlassene Jerusalem gehen ?
In der Gemara (rabbinische Diskussionen) des Talmud Traktates Yoma 9b lernen wir von einem Gespräch zwischen den Rabbinern Reish Lakish sowie Rabbah bar bar Chanah, in welchem ersterer dem aus Babylon stammenden Rabbah mitteilt, G - tt hasse jene in Babylon lebenden Juden, welche nicht nach Israel zurückgekehrt sind und somit die Schechinah (G - ttes Gegenwart) an ihrer Rückkehr hinderten.
Befand sich die Schechinah demzufolge nicht im Zweiten Tempel ?
G - ttes Anwesenheit war auch im Zweiten Tempel vorhanden, dennoch nicht so stark und für jedermann offensichtlich wie noch zu Zeiten des Ersten Tempels. G - tt kann seine Nähe jedermann verspüren lassen oder Er kann sich genauso gut abwenden. Wobei "abwenden" keineswegs bedeutet, dass G - tt völlig auf und davon ist. Vielmehr bedeutet es, dass G - tt nicht so nahe ist und die Welt ihrer Natur folgt. Es bestehen keine Wunder, sondern G - tt läßt die Geschehnisse eine natürliche Richtung einschlagen.
In der Kabbalah wird dieses Konzept symbolisch mit einem "Gesicht - Panim" verglichen. Wendet sich G - tt mit Seinem "Gesicht" zu uns oder wendet Er sich ab.
Im Ersten Tempel diente dazu die Bundeslade mit den sich auf ihr befindenden "Cheruvim - eine Art zerstörerischer Engel mit einem Kindergesicht".
Auf die Cheruvim will ich getrennt eingehen, denn sie nehmen im Talmud einen gewissen Raum ein. Ebenso die Halacha, dass wir Juden gar keine Engelsstatuen anfertigen dürfen. Warum dann aber die Cheruvim ?
Doch dazu mehr demnächst !
Im Ersten Tempel war der Zustand, ob G - tt mit den Juden war oder sich von ihnen entfernt hatte, an der Position der Cheruvim zu erkennen. Wandten diese ihre Gesichter zueinander, war G - tt mit den Juden; taten sie dies nicht, war das Gegenteil der Fall.
Wie konnten die Menschen im Ersten Tempel diesen ersichtbaren Zustand ignorieren als die Gesichter der Cheruvim sich abwandten ?
Indem jeder denkt, das habe nichts zu bedeuten. Der Mensch habe schon alles fest im Griff und stehe über allem.
Wendet G - tt, symbolisch ausgedrückt, Sein Gesicht ab, dann beherrscht die Natur die Juden und die Dinge nehmen ihren "normalen" Gang. In diesem Zustand kann es passieren, dass die Juden von den Völkern besiegt / unterdrückt werden. Kabbalistisch betrachtet ist dieses Konzept des "abgewandten Gesichtes" ein Grund dafür, dass ein Holocaust stattfinden konnte.
Dadurch, dass sich zahlreiche Juden weigerten, nach Israel zu gehen und den Zweiten Tempel zu bauen, zog G - tt einen Teil Seiner Schechinah zurück und somit begann schon gleich zu Beginn der "freie Fall" des Zweiten Tempels.
Am Tisha Be'Av, morgen abend und am Donnerstag, lesen wir KINNOT. Sephardische und aschkenazische Juden haben unterschiedliche Kinnot mit unterschiedlichen Tragödien der jüdischen Geschichte. In den aschkenazischen Kinnot finden wir einen Passuk (Paragraphen), in welchem die Pogrome vom Rheinland und den Städten Worms, Speyer und Mainz Erwähnung finden. Diese fanden während des ersten Kreuzzuges im Jahre 1096 statt und besonders die Stadt Worms litt unter den Judenmorden sowie antisemitischen Erlassen. Ursprünglich war die jüdische Gemeinde zu Worms von Juden gegründet, welche nach der Ersten Tempelzerstörung nach Deutschland gekommen waren. Nach den siebzig Jahren in der Diaspora zogen auch sie das Leben im mittelalterlichen "Deutschland" vor und gingen nicht nach Israel. Worms bekam Post aus Jerusalem, in der man gebeten wurde, doch nach Jerusalem heimzukehren. Doch die Wormser Juden wollten nicht: "Ihr bleibt wo Ihr seid, im großartigen Jerusalem und wir bleiben, wo wir uns befinden, in unserem kleinen Jerusalem !"
Diese arrogante Antwort aus Worms kam aus einer übertriebenen Selbstsicherheit heraus. Aus einer Zeit, in welcher die deutschen Nichtjuden sowie die Landesherren die Juden achteten.
Bald verwandelte sich der Respekt in das Gegenteil und es gibt Meinungen, die besagen, dass G - tt jene Juden im Jahre 1096 bestrafte.
Wären die Juden zu Zeiten Ezras alle nach Israel gerannt, dann wären sie wie eine unzerstörbare Mauer erschienen (Rabbeinu Elyakim). Und so kam, was kommen musste, die Anwesenheit G - ttes war nicht vollständig im Zweiten Tempel vorhanden.
Zu Beginn der Zweiten Tempelperiode gab es noch hie und da Propheten, wenig später aber war auch das vorbei. Stattdessen wurden die Prophezeihungen von G - tt mit einer "Bat Kol - dem Echo einer himmlischen Stimme" ersetzt. Bedeutet: Prophezeihungen wurden verdeckter und deren Message nicht mehr allzu offensichtlich, denn sie kamen nicht von G - tt selbst, sondern Seine "Stimme" erschallte als Echo.
Diese Angaben sind symbolisch zu verstehen und keineswegs wörtlich !
Unterschied: Erster und Zweiter Tempel
Zur Zeit der Ersten Tempelperiode war G - ttes Anwesenheit für jedermann sichtbar. Propheten, vom Tempelberg aus reichte eine Säule (vom Opferaltar) bis in den Himmel hinauf. Andere Völker hatten keinerlei Einfluss auf die Juden und ihr Land. Jedenfalls solange, wie die Juden die Gebote G - ttes erfüllten.
Während des Zweiten Tempels fehlten gewisse Dinge:
Es gab keine Propheten mehr, viele Wunder geschahen nicht und die Bundeslade war ebenso abhanden gekommen.
Der Tempel galt eher als Symbol der Einigkeit, an dem Juden ihre Opfer darbringen. Als Streitigkeiten und Korruption aufkamen, war es auch damit vorbei und G - tt liess es zu, dass die Völker den Tempel zerstören.
G - tt sprach nicht länger direkt mit seinem Volk durch die Propheten. Vielmehr lag nun alles an den Weisen (Thorakommentatoren, Rabbinern, etc.). Rabbi Yochanan jedoch sagte zu Reish Lakish, dass dies absolut nicht der Grund war, weshalb G - ttes Schechinah nur bedingt im Zweiten Tempel anzutreffen war. "Selbst wenn alle babylonischen Juden nach Israel heimgekehrt wären, die Schechinah wäre nie ganz in den Tempel eingezogen. Nur Shem (die Nachfahren von Noachs Sohn Shem) sind in der Lage, einen Tempel zu bauen, in wechem G - ttes Anwesenheit vollkommen ist.
Noach hatte drei Söhne: Japhet, Ham und Shem. Deren Nachfahren besiedelten die Welt und demnach stammen alle Völker von eben jenen Dreien ab. Die Nachfahren Japhets sind das heutige Europa, aber auch die USA. Die Nachfahren Hams sind die Afrikaner und die Semiten (Shems Nachfahren) befinden sich in Mittelasien und ebenso die Juden stammen von Shem ab.
Ein Ausländer namens Cyrus, der zugleich der König der Perser war, welche die Babylon zwischenzeit eingenommen hatten, erlaubte den Juden die Rückkehr nach Jerusalem. Da Cyrus am Tempelneubau beteiligt war (durch Gelder), zog G - ttes Schechinah nur halb ein. Weiterhin war der Zweite Tempel von überwältigender Schönheit; mehr als der Erste Tempel.
Und jemand, der mit "Schönheit" assoziiert wird, sind die Nachfolger Japhets. Die antiken Griechen, zum Beispiel, für die der eigene Körper und die Schönheit alles waren. Die Griechen stammen von Japhet und darüber hinaus ganz Europa. Der Tempel jedoch kann nur von Shem gebaut werden. Ohne Hilfe von Japhet und dem Konzept der auffälligen Schönheit. Und deswegen war G - ttes Anwesenheit nur zur Hälfte vorhanden.
Morgen abend beginnt der Tisha Be' Av und es bleibt zu hoffen zu wünschen, dass der Dritte Tempel baldigst erbaut werden wird. Vom den Nachfahren Shems und mit der Schechinah. Genauso wie es G - tt den Juden versprach.
Dienstag, Juli 28, 2009
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