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Der nächtliche Spaziergang durch Mea Shearim am Freitag abend (Erev Schabbat) war ziemlich aufschlussreich. Zuerst einmal baute die chassidische Gruppe Toldot Aharon ihre Synagoge weiter. Der Rohbau stand seit Jahren unberührt und nun ist plötzlich die Außenfassade fast fertig. Der Neubau schaut ziemlich imposant aus und es wird höchste Zeit, dass die Gruppe eine größere Synagoge baut, denn die alte platzt aus allen Nähten. Innerhalb der letzten Jahre wuchs die Mitgliederzahl der Toldot Aharon unaufhörlich an. Erstens, weil zahlreiche Neurelig. der Gruppen beitreten und zweitens, da die alten Mitglieder viele Kinder haben und diese wiederum jung heiraten und ebenso Kinder haben.
Biegt man in die Mea Shearim Street ein (aus der Shivtei Israel kommend), fällt einem sofort der Metallzaun auf der linken Seite auf. Der übrigens ist überhangen mit weisser Plastikplane, sodass man von der Straßenmitte aus keinen Blick auf die Leute auf der linken Bürgersteighälfte werfen kann.
Wie in all den Jahren zuvor trennt die antizionistische Dachorganisation "Edah HaCharedit" (sowie ganz besonder der Chassidut Toldot Aharon) die Mea Shearim in zwei Teile auf: Die Männer gehen auf der Straße, die Frauen laufen auf dem linken Bürgersteig hinter der Plastikplane. Dies allerdings geschieht nur am Sukkot und dann nur abends an den Zwischenfeiertagen Chol HaMoed. Dann nämlich ziehen Tausende Menschen durch den Stadtteil, um an den verschiedenen "Simchat Beit HaShoeva" Feiern teilzunehmen. Die Chassidim tanzen und die hauseigenen Kapellen spielen auf.
Geht man einige Meter weiter, gelangt man zur großen Synagoge der Breslover Chassidim. Wie schon im vergangenen Jahr ist dort wieder die bekannte "Anstandsbrücke" aus Holz vorzufinden. Männer laufen über die Brücke, Frauen unter drunter. Letzteren ist es verboten in die Nebenstraße vor Breslov einzubiegen und jene Weiblichkeit, welche die Synagoge sowie die Feierlichkeiten der Toldot Avraham Yitzchak aufsuchen zu planen, müssen entweder einen Umweg durch den lokalen Markt machen oder ganz um die Gegend herumlaufen. Heißt, aus der Richtung der Synagoge der Chassidut Slonim zu den Avraham Yitzchak laufen.
Im vergangenen Jahr vernahm ich das Gerücht, dass die Toldot Aharon anhand der Brücke das breite Publikum von den Avraham Yitzchak fernhalten wollen. Man kann es entweder "Konkurrenzdenken" oder "Rache" nennen. Beides geht auf die Spaltung der Toldot Aharon vor fast 13 Jahren zurück, aus welcher die Toldot Avraham Yitzchak hervorgingen.
Allerdings muss ich zugeben, dass ich nicht mit Gewißheit sagen kann, dass die Gerüchte um die Schuld der Toldot Aharon bezüglich der Brücke der Wahrheit entsprechen. Eines aber ist sicher: Mea Shearim gibt sich immer extremer in Bezug auf den Anstand.
Viele Geschäfte dürfen nur noch in anständiger Kleidung betreten werden. Pashkevilim (Nachrichtenposter) rufen die Bewohner zu mehr Anstand auf und an den Sukkottagen solle nicht zu überschwenglich gefeiert werden, denn dies verursache den Verlust der Kontrolle und wer weiß, wo das enden kann. Ferner ist anzunehmen, dass auch demnächts Christen der Gang durch den Stadtteil an Sukkot untersagt wird. Missionare seien unterwegs und versuchen die Kinder Mea Shearims zum Christentum zu missionieren. Dies ist in der Vergangeneheit häufig geschehen. Da kamen christliche Missionare an und teilten Süssigkeiten an chassidische Kinder aus. Nicht aus lauter Hilfsbereitschaft, sondern im Papier waren ebenso kleine Joschke - Bildchen enthalten. Aber fragen wir einmal so: Was haben Christen überhaupt bei haredischen Feiern verloren ?
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