Montag, Oktober 26, 2009

Mitzwot, Teil 2

B"H

In Teil 1 der "Mitzwot" schrieb ich Folgendes:



Ein Jude führt eine Mitzwah aus und wie wir wissen, kann diese auf verschiedenen Ebenen ausfallen. Jemand tut etwas, weil er angst vor G - tt hat. Ein Zweiter tut etwas, weil es die Halacha (Gesetz) halt so vorschreibt und ein Dritter erfüllt eine Mitzwah auf Freude und Liebe gegenüber G - ttes heraus.


Innerhalb des Chassidismus finden wir hierzu viel Kritik, denn plötzlich könnte die Mitzwah einzig und allein nur deswegen ausgeführt werden, um G - tt in dem Moment nahe zu sein. Wäre das nicht ein allzu egoistischer Grund ? Ich jage der Mitzwah hinterher, damit ich irgendwo meine spirituelle Belohnung erhalte.
Was, wenn ein Jude eine Mitzwah tatsächlich nur aus eigenen Interessen heraus ausführt ? Entweder will nur er G - tt nahe sein oder er will anhand der Mitzwah vor anderen angeben bzw. Ansehen erlangen.

Hierauf fand ich eine bemerkenswerte Antwort im Talmud Traktat Nazir 23b:

Dort sagte Rabbi Nachman bar Yitzchak:
Nun ist es ganz und gar nicht so, dass Rabbi Nachman in dieser Gemara (rabbinische Diskussionen) denjenigen positiv darstellt, der ein Vergehen begeht. Vergehen bleibt Vergehen und wer dies tut, sollte hinterher aufrichtige Teschuva (Umkehr) machen.
"Ein Vergehen, welches eigentlich dazu diente, G - ttes Willen bzw. etwas relig. Positives auszuführen, ist besser als eine ausgeübte Thoramitzwah, welche allein aus negativen privaten Gründen heraus erfolgte".

Was Rabbi Nachman jedoch in diesem Falle beabsichtigt, sind die unterschiedlichen Motive, mit denen eine Mitzwah oder ein Vergehen begangen werden kann. Erfolgt die Mitzwahausübung aus eigenen egoistischen Gründen heraus, so kann diese eigentlich kaum viel Wert sein. Der Talmudkommentator ROSH dagegen sagte, dass selbst eine selbstmotiviert ausgeführte Mitzwah ihr Gutes haben kann, denn irgendwann ändert sich das Verhalten des Auszuführenden in etwas Positives. Bedeutet: Zuerst führt jemand eine Mitzwah aus negativen Gründen heraus aus. Im Endeffekt aber animieren ihn all die Mitzwot zu einem besseren Verhalten; ergo zu einer positiven Ausführung.

Aber nicht nur der ROSH lehrt dies, sondern die Gemara selbst:
Rabbi Yehudah sagte im Namen von Rav:

"Eine Person sollte stets Torah lernen und Mitzwot ausüben; selbst dann, wenn die Gründe nicht gerade "heilig" bzw. nicht offensichtlich sind. Manchmal kann derlei Verhalten zu einer Änderung der eigenen Haltung führen und einen Menschen Teschuva (Umkehr) begehen lassen."

Was aber bedeutet, dass "ein aus positiven Motiven heraus begangenes Vergehen besser sei als eine mindere Mitzwah" ?



Links im Bild: Yehudah und Tamar
Photo: Hirhurim


Bevor der Talmud Nazir 23b dieses Statement abgibt, lernen wir über Tamar, die eine Inzestbeziehung mit ihrem Schwiegervater Yehudah einging. Der Kommentator ROSH betrachtet Tamar als Gerechte, denn sie wollte die Generationen Yaakovs weiterführen. Aus der Beziehung zu Yehudah ging Peretz hervor und Peretz war einer der Vorfahren von keinem Geringeren als König David. Oder nehmen wir Rivka (Rebekka), die Yaakov half, das Erstgeborenenrecht bzw. den Segen seines Vaters Yitzchak zu erhalten und nicht sein Bruder Esav.

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