Die Thoralesung "Lech Lecha - Geh zu Dir selbst"
B"H
Die Thoralesung für diesen Schabbat
"Lech Lecha - Geh hinaus": G - tt beauftragte Avraham (zu der Zeit hieß er noch Amram, der der Buchstabe der Buchstabe Heh wurde dem Namen erst etwas später hinzugefügt).
Avraham sollte Heimat und Familie verlassen und sich in das Land Kanaan aufmachen, wo G - tt ihn und seine Nachfahren zu einer großen Nation machen wollte. Die einfache Interpretation lautet, dass Avraham sich möglichst weit weg von seiner bisherigen Umgebung entfernen sollte.
Dieser erste Satz der Thoraparasha "Lech Lecha" erinnert mich stets daran, wie auch ich auszog, um Aliyah nach Israel zu machen. Nicht nur, dass ich meine gewohnte deutsche Umgebung verliess; gleichzeitig verliess ich genauso ein Stück meiner selbst, um etwas Neues aufzubauen. Ein neues Leben zu beginnen, wobei bei mir die Religion der Aliyahgrund Nummer Eins war und geblieben ist.
Avraham fragte nicht lange zu zog in die Ferne; in ein Land, das G - tt ihm zeigen wollte. Auch wir, die da Aliyah machen, benötigen eine gehörige Portion an G - ttvertrauen. Doch G - tt lehrt uns nicht nur den Auszug in das Land Israel. Ebenso bedeutet Lech Lecha, dass jeder zu sich selbst finde. Herausfinden, wer man eigentlich ist und wo die eigenen persönlichen Prioritäten liegen: Mit welcher Moral oder welchen Prinzipien beabsichtige ich mein Leben zu meistern ?
Nicht jeder kann gerade einmal so Aliyah nach Israel machen und deswegen sollten wir uns auf einen weiteren Punkt konzentrieren, den Avraham uns übermittelt: Er kam aus dem Land "Ur Kasdim", welches mit dem heutigen Süden von Irak identifiziert wird. Inmitten all der dortigen Bewohner, die Nimrod als G - tt anbeteten, schaffte es Avraham zum einzigen wahren G - tt zu finden und den Götzendienst aufzugeben. Sollte dies nicht ein Anreiz für alle in der Diaspora lebenden Juden sein, sich ebenso ihres Glaubens zu besinnen ?
Die beiden Talmud Traktate Nazir 23b und Horayot 10b gehen näher auf das Verhalten Lots (dem Neffen Avrahams) ein. In Sefer Bereschit (1. Buch Moses) 13:10 heißt: "Und Lot erhob seine Augen und sah das gesamte (fruchtbare) Jordantal".
Vor der Zerstörung von Sodom und Gomorrha, versteht sich.
Die Thora lehrt uns , dass die Hirten Lots sowie Avrahams im Dauerclinch lagen und Avraham vorschlug, sich zu trennen, damit die Ausmasse des Streites nicht noch schlimmere Züge annahmen. Daraufhin sah Lot sich um, sah das fruchtbare Jordantal und wollte sich dort niederlassen, obwohl es dort wahrlich zuging wie halt in "Sodom & Gomorrha". All die vergehen und Bestialitäten der dortigen Bewohner schreckten ihn nicht ab, sich ausgerechnet dort niederzulassen. Lot dachte einzig und allein an seinen finanziellen Vorteil und ein tolles Leben. Was er tat war, nur auf die Oberflächlichkeiten zu schauen: Man sieht etwas Schönes und will es haben. Ob es gut für uns ist oder nicht, interessiert in dem Moment weniger. Wir sehen und entscheiden gemäss unserer Augen. Ob das in der Partnersuche ist oder woanders. Schönheit muss sein, selbst wenn sich, z.B. ein Ehepartner, hinterher als Katastrophe erweist.
Genau wie Lot, der in das sündhafte Sodom rannte; einer Stadt, in welcher arme Durchreisende ihrer allerletzten Habe beraubt und dann umgebracht worden sind. Viele meinen, Sodom und Gomorrha seien wegen der dort stattfindenden sexuellen Perversionen von G - tt zerstört worden, doch das stimmt nicht. Der Talmud Traktat Sanhedrin geht da eher auf Mord und Diebstahl ein. Fremde wurden gequält, denn die Bewohner Sodoms wollten alles, nur keine armen lästigen Durchreisenden in der Stadt. Bedürftige hatten dort nichts verloren und man tat alles, um sie fernzuhalten bzw. auszuschalten.
Die o.g. Talmudtraktate sehen in Lot jemanden, der nach den Augen entscheidet und auch dementsprechend handelt. Er sieht, will haben und denkt nicht an das Danach. Indem Lot das sündhafte Sodom als Wohnort aussuchte, zeigte er seinen wahren Charakter (Horayot 10b sowie der Talmudkommentator Maharsha). Die Kommentatoren Raschi und Ramban stimmen dem zu. Anstatt nur nach allem Schönen und Oberflächlichem zu schauen, hätte Lot von Avraham lernen sollen. Außer all dem Äußeren eines Menschen gibt es auch noch einen inneren Kern, der da Seele genannt wird. Und danach sollte man beim Auswahl eines Partners oder von Freunden gehen. Den Menschen kennen lernen und seine Seele erkunden, denn das ist wichtiger als einer Schönheitskönigin ohne Inhalte hinterherzulaufen.
Aus den Reaktionen Avrahams (Zieh hinaus bzw. entferne Dich von negativen Einflüssen) und Lots (Er hob die Augen und "folgte ihnen") lernen wir, wie wichtig es ist, im Leben eigene Massstäbe und eine Moral zu setzen. Bevor wir uns nur nach den Augen und unserem Herzen entscheiden, sollten wir vorher den Verstand einschalten und uns über eventuelle Konsequenzen im Klaren sein.
Es kann ja jeder einmal selbst überlegen, wie oft er in Alltagssituationen nur nach seinen Augen geht und etwas haben will, ohne nachzudenken.
Schabbat Schalom an alle Leser !
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