Samstag, Juni 30, 2007

Getting ready

B"H

Der Shabbat ist wieder einmal vorbei und wir haben eine neue Woche vor uns. Daher allen erst einmal Shavua Tov - eine gute Woche.

Das Thema unter den Religioesen in Israel ist der dieswoechige Fastentag am Dienstag, der 17. Tammuz. In Israel beginnt das Fasten ca. gegen 5.00 Uhr frueh und endet abends gegen 20.20 Uhr. Bei der unbeschreiblichen Hitze ueber 30 Grad derzeit wird das Fasten sehr schwer fallen und man hoert ueberall laute Gedanken, dass dieser oder jener ersthaft ueberlege, nicht zu fasten oder nur halb. Wundersamerweise kuehlt es sich heute Abend etwas ab und wir werden weitersehen.

Wer einen sogenannten Break - Fast (Essen nach dem Fasten) in Jerusalem sucht, der kann sich am Dienstag um 20.30 bei Rabbi Mordechai Machlis einfinden. Dort gibt es ein riesen Essen und gleichzeitig begeht er die Yahrzeit (Todestag) seiner Mutter. An solch einem Tag ist es ueblich, ein Essen zur Erinnerung des Verstorbenen zu geben, etwas Religioeses zu lehren, Gebete zu sagen und durch kleine Stories an die Taten des Verstorbenen zu erinnern.

Gestern Abend, nach dem Shabbat - Essen bei Rabbi Machlis, war ich mit meiner Freundin wieder in Mea Shearim unterwegs. Den gesamten chassidischen Tisch verbrachten wir dieses Mal nicht mit Toldot Avraham Yitzchak, sondern mit meinem eigentlichen Thema: Toldot Aharon.
Wir blieben bis 2.30 Uhr morgens und hatten eine unbeschreibliche Zeit. Wir lernten nette Leute kennen und sahen die grossen Unterschiede zu ihrer Abspaltung Avraham Yitzchak. Alle moeglichen Leute meinten immer zu mir, dass sich die beiden Gruppen kaum unterscheiden, doch wir wurden einen besseren belehrt. Auch klaerten Mitglieder von Toldot Aharon uns darueber auf, aber dazu mehr in den folgenden Tagen.

Bisher sind wir immer noch nicht dazu gekommen, die dritte Abspaltung, die Shomrei Emunim (Hueter des Glaubens) zu besuchen, doch waren meine Freundin und ich am heutigen Spaetnachmittag auf Mea Shearim - Trip und fanden deren Synagoge. Ein Anfang.:-)

Ein weiteres grosses Ereignis in Mea Shearim findet heute Abend gegen 22.00 Uhr statt. In der Synagoge "Mishkenot HaRoim" findet eine Yahrzeit - Feier zum 33. Todestag des Rabbi Amram Blau statt.
Rabbi Blau verstarb im Jahre 1974 und war DAS beruehmte Oberhaupt der Jerusalemer Neturei Karta. Er lieferte sich unzaehlige Schlachten mit der Polizei (bei Demos) und wurde erst richtig aufgrund eines internen Skandales bekannt. Nach dem Tode seiner ersten Frau wollte er die franz. Konvertitin Ruth heiraten. Die Netuei Karta untersagte ihm das. Rabbi Blau heiratete trotzdem und war gezwungen, fuer einige wenige Jahre im "Exil" in Bnei Brak (bei Tel Aviv) zu leben. Spaeter zog er zurueck nach Jerusalem.

Meine Freundin und ich wollten zur Yahrzeit gehen, doch stand auf den Postern (Fakshivilim), dass es sich um das Lernen vom Talmud - Mischnayiot handele und daraus ersahen wir, dass es allem Anschein nach ein reines Maennertreffen wird. Nicht, dass wir mit der Neturei Karta - Politik uebereinstimmen, dennoch haetten wir das Event gerne gesehen.

Um nochmals auf den gestrigen Tisch zurueckzukommen:
Wir waren in der gluecklichen Lage, einige Pamphlete der Thoralesung von Toldot Aharon mitzunehmen. Nicht nur die Thoralesung wurde erklaert, sondern ebenso Auszuege aus dem Talmud und vor allem ein ganz grosses wichtiges halachisches Thema, welches uns in Israel demnaechst erwartet. Das Shemittah - Jahr.
Lt. der Thora sind wir im Lande Israel verpflichtet, dass Land im 7. Jahr ruhen zu lassen.
Die Shemittah - Gesetze sind dermassen kompliziert, denn Juden duerfen ein Jahr lang nichts pflanzen und ihre Blumen im Haus nur begrenzt giessen und und und. Das Shemittah - Jahr beginnt am jued. Neujahrstag Rosh HaShana und gilt NUR IN ISRAEL !!!

Die chassidische Gruppe Toldot Aharon hat zu dem Thema einige sehr interessante Halachot angesprochen, die ich in den kommenden Tagen ausfuehrlicher beschreiben werde. u.a. wird die Frage gestellt, ob jemand in einem Hotel uebernachten darf, wenn der Garten drumherum nicht koscher ist. Heisst, das Hotel sich nicht an die Shemittah - Gesetze haelt und im Garten pflanzt.

Auf den 17. Tammuz werde ich im laufe des morgigen Tages noch ausfuehrlich eingehen.

Freitag, Juni 29, 2007

Neues vom israelischen Giur (Konversion) zum Judentum, Teil 2

B"H

Vor einiger Zeit hatte ich angekuendigt, ein paar Interviews mit Rabbinern israelischer Konversionskurse zu fuehren.
Gleich darauf sprach ich mit meinem ersten potentiellen Kandidaten, der sich auch sofort bereit erklaerte, meine Fragen zu beantworten. Wir standen kurz vor der Terminvereinbarung.
Waehrend unseres ersten Telefongespraeches bemerkte ich, dass er sich seltsam verhielt. Ich meine von mir, ueber eine ganz gute Menschenkenntnis zu verfuegen und die sagte mir, dass irgendetwas an diesem Rabbiner sonderbar sei. Naja, dachte ich, vielleicht ist das halt so seine Art. Kann ja alles sein.
Am gleichen Abend noch traf ich jemanden aus dem Konversionskurs mit eben jenem Rabbiner. Mir wurde nichts Gutes ueber ihn berichtet. Allerdings taten sich dabei auch Widersprueche auf, denn andere Leute erzaehlten mir wieder eine ganz andere Story.

Nun war der besagte Rabbiner mein sozusagen erster Fall und ich kam gleich maechtig ins Wanken, ob ich ihn nun treffen soll oder nicht. Ehrlich gesagt brach in dem Moment bei mir einige Frustration ueber das gesamte Thema aus und ich widmete mich vorerst anderem.
Spaetestens bis Ende Juli will ich jedoch alle drei oder vier in Frage kommenden Rabbiner treffen und zum Giur in Israel ausfuehrlich befragen. Incl. des zweifelhaften oder nicht zweifelhaften Rabbiners. Denn ab August sind naemlich die Kurse, die Batei Din und das Rabbanut im Sommerurlaub und danach koennte es ewig dauern, da im Sept. die hohen Feiertage vor der Tuer stehen.

Alles in allem stellten sich meine Zweifel und Wartezeit als aeusserst positiv heraus, denn das Oberrabbinat (Rabbanut) aenderte wieder einmal die Giur - Gesetzgebung.
Eine Freundin, welche ich heute frueh traf und die nach Abschluss ihres Kurses auf das Beit Din (rabbinisches Gericht) wartet, berichtete mir so einiges.
Ich kann nicht mit Gewissheit sagen, dass ihre Angaben auf alle israelischen Giur - Kurse bzw. Batei Din (rabbinische Gerichte) zutreffen. Jeder einzelne sollte sich da ausfuehrlich beim Rabbanut / Kurs informieren !!!

Das Rabbanut in Jerusalem mit seinem Beit Din in der Kanfei Nesharim Street, hat ein spezielles Kommittee gegruendet, bei dem ein Giur - Kandidat nach Abschluss seines Kurses antreten muss und welches danach entscheidet, ob der Kandidat fuer ein Beit Din zugelassen wird oder im Zweifelsfall noch einmal fuer einige Monate an einem weiteren Giur - Unterricht teilnehmen muss.
Meine Freundin hat Anfang Juli einen Termin bei diesem Kommittee und ihr droht im Ernstfall nochmals ein neuer Kurs. Zumindest fuer einige Monate.

Ich fragte sie, welche Giur - Kurse in Jerusalem denn ueberhaupt noch als "sehr gut" gelten, denn man hoert immer nur von den Schwarzen Schafen, die ich zu Hauf auflisten koennte.
Das beste sei, so sagte sie, dass jeder Interessent vor der Einschreibung in einen Kurs zum Beit Din in der Kanfei Nesharim Street (Buslinie 35 vom Machane Yehudah) vorspreche und nach einer Liste der wirklich anerkannten Giur - Kurse frage.

Donnerstag, Juni 28, 2007

The Garden of Emunah (Glaube)

B"H

Ein Buch, welches ich jedem Leser ans Herz lege, ist das Buch von Rabbi Shalom Arush "The Garden of Emunah". Von der ersten in Hebraeisch erschienenen Ausgabe wurden in Windeseile 25.000 Ausgaben verkauft und seit kurzem gibt es Rabbi Arushs Buch auch in englischer Sprache.

Erhaeltlich ist es, u.a., hier: http://www.1800eichlers.com/product.asp?P_ID=5230

Rabbi Shalom Arush gehoert den Breslover Chassidim an und ist ein Schueler des in Jerusalem aeusserst anerkannten Rabbis, Rabbi Eliezer Berland. Rabbi Berland ist der Sohn von Holocaust - Ueberlebenden und Leiter einer Yeshiva in der Altstadt. Erst im spaeteren Verlauf seines Lebens wurde Rabbi Berland ein Breslover Chassid, ist aber seit laengerem auch von gebuertigen Breslovern als Zaddik (Gerechter) sehr hoch angesehen.

Im "Garden of Emunah" geht es um den Glauben an G - tt und das alles, was uns passiert, immer nur zum Besten und von G - tt vorbestimmt ist. Das Buch ist in sehr einfachen Worten geschrieben und fuer jedermann verstaendlich. Unabhaengig davon, ob der Leser ueber Vorwissen verfuegt oder nicht. Sehr gut sind die ausfuehrlichen Fallbeispiele.

Parashat Balak

B"H

Die Thoralesung fuer diesen Shabbat

Die allererste Frage, die sich uns aufdraengt ist, warum diese Parasha ausgerechnet nach Balak benannt wurde. Balak, jemand, der die Israeliten verflucht wissen wollte, bekommt eine eigene Thoraparasha ?
Balak war der Koenig der Moabiter und zugleich der Grossvater von Eglon (Gemara im Talmud Traktat Sanhedrin 105a). Eglon wiederum war der Vater von Ruth, die spaeter Boaz heiraten sollte und somit zu den Vorfahren Koenig Davids gehoert. Genau genommen wird einmal der Meschiach im weitesten Sinne von Balak abstammen.

Rabbi Simcha Bunim von Peshis'cha war der Meinung, dass Bilam von groesserem Judenhass befallen war als sein Auftraggeber Balak, was nun keineswegs als Entschuldigung fuer Balak gelten soll. Vielmehr wurde Balaks Ansehen durch Ruth wiederhergestellt, denn sie erwies sich als Gerechte und konvertierte zum Judentum.

Die Parasha nennt ihn Balak ben Zipor, was uebersetzt "Balak, der Sohn des Vogels" heisst. Der biologische Sohn eines Vogels war er nicht, sondern betrieb seine Zaubereien anhand eines Vogels. Bilam war beruehmt fuer seine wirksamen Flueche, aber Balak war der groessere Magier von beiden. Er hatte einen Vogel so abgerichtet, dass dieser ihm alles Gesehene erzaehlte (Ohr HaChaim und das Buch Zohar) und so kam Balak zu seiner Allwissenheit.
Bilam war der groesste nichtjuedische Prophet, der jemals gelebt hat. Er war theoretisch auf dem gleichen Level wie Moshe und haette die nichtjuedischen Voelker auf einen sehr hohen Level bringen koennen, wenn er nicht zu sehr auf sein eigens Wohl ausgewesen waere und schliesslich ueber seine Arroganz stolperte.

Balak sendete Boten zu Bilam, um diesen zu ueberzeugen, die Israeliten zu verfluchen, um so sein und andere Koenigreiche wie die Moabiter oder die Midianiter zu schuetzen. Die siegreichen Kriege der Israeliten hatten sich schnell herumgesprochen und Balak war unter Druck geraten. Einen militaerischen Schlag gegen die Israeliten wagte er nicht, sondern wandte sich eher der Fluechen zu. Er wusste, dass G - tt die Juden beschuetzte und von daher sollte die Meinung G - ttes irgendwie geaendert werden.

Bilam war ein Meister der Flueche und kannte sich in Sternenkonstellationen aus (Yalkut Reuveni). Laut der Gemara in den Talmud Traktaten Avodah Zarah 4a und Berachot 7a, kannte Bilam den genauen Zeitpunkt, an dem G - tt aergerlich war.
Die Beschreibung "aergerlich" dient an dieser Stelle als Metaphor und meint vielmehr, dass G - tt zu diesem Zeitpunkt richtete. Wer auch immer den Zeitpunkt kennt, kann eventuell G - ttes Meinung beeinflussen. Ausser Bilam ist und war seither niemand in der Lage, diese Zeit zu berechnen.
Im Talmud, s.o., wird gefragt, wie lange denn dieser Zeitpunkt dauert. Einen Moment, so die Antwort. Und wie lange ist das, ein Moment ? Genau 1 / 58.888 einer Stunde, was genau 1 / 16 einer Sekunde entspricht.

Als die Boten das erste Mal zu Bilam kamen, lehnte der ab. G - tt sprach zu ihm in der Nacht und verweigerte ihm die Reise zu Balak. Als Bilam den Boten seine Ablehnung verkuendete, zeigte er seinen wahren Charakter. Auch wenn Balak ihm Gold und Silber biete, koenne er nicht reisen.
Was sagt uns Bilams Andeutung von Gold und Silber ? Er war ein grosser Prophet und auf einem aeusserst hohen Level, doch ueberfiel ihn die Gier. Er sah, dass Balak von ihm abhing und war so ueberwaeltigt von seiner Wichtigkeit, dass schnell eine Arroganz aufkam (Sefat Emet). Als ihn G - tt spaeter anwies, doch noch zu Balak zu reisen, war Bilam so von sich eingenommen, dass er meinte, er ware imstande, G - ttes Meinung bezueglich der Israeliten noch aendern zu koennen (Rabbi Samson Raphael Hirsch).
Aber jemand, der G - tt so nahe ist und seine Faehigkeiten in destruktiver Art und Weise nutzt, begibt sich automatisch in den freien Fall. Negative und destruktive Charaktaere koennen keine Devekut (Naehe zu G - tt) mehr erhoffen und ihre Taten rufen eine Entfernung von G - tt hervor (Rabbi Yaakov Yosef von Polonoye - Schueler des Baal Shem Tov).

Nach G - ttes Anweisung machte sich Bilam gleich morgens auf den Weg. Schnell sattelte er seine Eselin selbst, ohne seinen Bediensteten dafuer Zeit zu lassen (Rashi). Allerdings hatte er weniger seinen Sattel vor Augen als Ansehen und Gold.
Ein schneller Fall folgte schnell. Als seine Eselin den Engel sah und ihm jedesmal neu auswich, schlug Bilam auf die Eselin ein. Sie war die einzige der beiden, die faehig war, den Esel zu sehen. Er dachte die Gabe zu haben, G - ttes Plaene noch zu kippen, doch sah noch nicht einmal den Engel (Rabbi Samson Raphael Hirsch).

G - tt hatte ihm zwar aufgetragen zu Balak zu gehen und genau die Worte zu sagen, die G - tt ihm in den Mund legte, doch Bilam wollte der Groesste werden. Das Ereignis mit der Eselin und dem Engel haette ihm ein Zeichen sein muessen, doch Bilam war total besessen von seiner Idee des Fluches. Die Gemara im Talmud Traktat Sanhedrin 106b klaert uns auf, dass Bilam zu dem Zeitpunkt ca. 33 Jahre alt war.
Sein spaeteres Schicksal ist ungewiss, denn daruebr gibt es viele unterschiedliche Meinungen im Talmud. Pinchas habe ihn umgebracht oder jemand anderes.

Im alltaeglichen Leben erleben wir viele Menschen, die aufgrund ihrer Faehigkeiten von Arroganz befallen werden. Jeder von uns ist nur ein Mensch und die sogenannte Yetzer HaRah (schlechte Seite) macht sich bei jedem breit. Unsere Aufgabe ist es, sie zu bewaeltigen und positive Dinge zu tun.
Bei Bilam ging alles schief. Er befand sich unter den weisesten Leuten der damaligen Zeit, doch wollte er die Wahrheit einfach nicht wissen (Rabbi Yaakov Yitzchak Horowitz - der Seher von Lublin). Er beharrte auf seiner Meinung wider allen Zeichen und Ratschlaegen.

Der Ishbitzer Rebbe, Rabbi Mordechai Yosef Leiner, bringt diesbezueglich einen interessanten Gedanken auf.
In unzaehligen Quellen heisst es, dass wir gegen unsere Yetzer HaRah ankaempfen und unseren freien Willen zum Ausdruck bringen koennen. Im Judentum ist das Konzept des freien Willens in unserem Leben ein vieldiskutiertes Thema ohne endgueltige Antwort. Wieviel freien Willen besitzen wir wirklich und inwieweit entscheidet G - tt ueber uns ? Es heisst weiter, dass alles in G - ttes Hand liegt ausser ob wir religioese oder nichtreligioese Menschen werden. Alles andere sei uns mit in die Wiege gelegt worden.

Der Ishbitzer Rebbe vertritt eine ganz andere Meinung. Er sieht den freien Willen als eine einzige Illusion. Alles sei von G - tt verbestimmt und wir haben keinen Einfluss. Meiner Meinung ist das eine umstrittene Meinung, denn es faellt schwer zu glauben, dass wir alle unsere Taten auf G - tt schieben koennen. So manch einer koennte das ausnutzen.
Allerdings muss ich zugeben, dass der Ishbitzer nicht ganz unrecht haben koennte. Vielleicht faellt uns diese Meinung deshalb so schwer zu akzeptieren, weil sie uns theoretisch zu Marionetten abstempeln taete.

In wieweit besass Bilam also einen freien Willen das Richtige oder Falsche zu tun ? Ich vertrete immer noch die Auffassung, dass er seine Yetzer haette zum Positiven wenden koennen und G - ttes Willen haette akzeptieren muessen.

Shabbat Shalom

Mittwoch, Juni 27, 2007

Die "neuen" Religioesen

B"H

Ich muss zugeben, dass meine Ueberschrift vielleicht etwas zu allgemein klingt und falsch verstanden werden koennte. Ich spreche in diesem Beitrag ein Thema an, welches ich schon zuvor einige Male oeberflaechlich erwaehnte. Auf keinen Fall meine ich an dieser Stelle ALLE neuen Religioesen. Allerdings gibt es viele Faelle der hier beschriebenen Problematik. Ob dies unbedingt auf Deutschland, Oesterreich oder unbedingt Europa (ausser Gross Britannien) zutrifft, weiss ich nicht. Ich schreibe hier aus meiner Jerusalemer Sicht und die Betroffenen sind ueberwiegend Amerikaner oder Israelis.

Innerhalb der vergangenen zehn Jahre lernte ich in Israel viele Leute kennen, die religioes wurden. Juden aus sekulaerem Hause entschlossen sich religioes zu werden. Nationalreligioes oder Haredi. Die meisten, die ich traf, entschlossen sich allerdings fuer den Haredi - Weg. Viele von ihnen kamen aus New York, New Jersey, Detroit etc. und ihre Eltern hatten sie urspruenglich auf eines der beruehmten Ein - Jahr - Lernprogramme von Aish HaTorah oder Ohr Sameach geschickt. Maedels waren natuerlich auch dabei, welche Programme fuer Frauen besuchen.

In Israel ist es nicht unbekannt, dass viele der amerikanischen Kids daheim Probleme (oftmals Drogen) hatten und von ihren Eltern nach Jerusalem geschickt werden, um vielleicht aus dem Problemen heraus zukommen. Nicht immer ist das der Fall und viele Kids enden auf israelischen Polizeiwachen.
Aber es gibt auch ganz andere Faelle, in denen junge Leute sehr daran interessiert sind, ein religioeses Leben zu fuehren, und diese bleiben dann laenger als nur ein Jahr. Nicht wenige heiraten und machen Aliyah.

Wer sich als frueherer sekulaerer Jude entscheidet, den haredischen Weg einzuschlagen, der sollte sich darueber im klaren sein, dass viele geborene Haredim ihn ablehnen oder belaecheln werden. Ein Problem, welches im israelischen Alltag leider allzu haeufig vorkommt. Die sogenannten Chozrei Be' Teshuva (spaeter religioes gewordene Juden) haben teilweise einen schweren Stand. Beginnen tut es bei den Shidduchim (vereinbarte Hochzeiten), geht weiter ueber die Schulauswahl der Kinder bis hinein ins tiefste Privatleben. Vielmals bleibt ein bitterer Beigeschmack bei manchen Kommentaren oder wenn die Kinder nicht gerade auf den gewuenschten Beit Yaakov (fuer Maedchen) oder Talmud Torah - Schulen angenommen werden. Hierzu gibt es gerade einen ganz aktuellen Fall im Stadtteil Kiryat Moshe, wo die Kinder einer solchen Familie von Haredi - Schulen abgelehnt worden waren und der Vater sich durch alle Instanzen klagt.

Ich traf viele Teenager oder Leute in den Zwanziger, Dreissigern oder Vierzigern, die ploetzlich religioes wurden. Bei den Teens macht sich haeufig das Verhalten breit, dass sie bei jeder Gelegenheit allen moeglichen Leuten mitteilen muessen, was diese zu tun oder zu lassen haben. Staendig verbreiten sie ihre neu gelernten Halachot (Gesetze). Damit wiederum gehen sie manchen so auf die Nerven, dass diese von den Neu - Religioesen Abstand nehmen. Hiermit meine ich vor allem religioese Juden, die sich ploetzlich von einem, der gerade mal einen Monat Thora lernt, Belehrungen anhoeren muessen.
Bei geborenen Haredim dagegen habe ich diese Art von Verhalten ganz ganz selten erlebt. Wenn ueberhaupt…

Wenn solche Teenies wieder zurueck in die Staaten gehen, dann tun mir deren Eltern leid. Rabbi Mordechai Machlis sagte einmal, dass bei den Teenies die Gefahr bestehe, dass sie in ihre alten Gemeinden kommen und dem Rabbi alles aus dem Shulchan Aruch (Zusammenfassung aller Halachot) diktieren, woraufhin der Rabbi antworten koennte, dass sich seine Gemeinde nicht nach dem Shulchan Aruch, sondern nach dem Aruch HaShulchan (Zusammenfassung von Halachot, aber etwas anders als der Shulchan Aruch) richtet. Dann steht der Teenie blamiert da.

Im Gegensatz zu den amerikanischen Teenies kommt bei den Israelis ein anderes Problem dazu, denn die werden haeufig mit ihrer gesamten Familie religioes und begehen daher haeufig den Fehler, ihre Kinder sofort in haredischen Schulen anzumelden, was oftmals so endet, dass die Kids von daheim weglaufen, weil sie den Lebensstil ihrer Eltern nicht wollen.
Auch kommt hinzu, dass die neuen Religioesen akzeptiert und besser sein wollen als alle anderen. Somit passiert es nicht selten, dass sich die Leute zuviel Druck selbst auferlegen und scheitern. Religioes werden heisst, sich Zeit lassen und nichts ueber den Zaum brechen. Bestes Beispiel hierfuer ist Rabbi Akiva, der im Alter von 40 Jahren religioes wurde und alles von Beginn an lernen musste.

Mein Rat ist, dass diejenigen, die sich fuer den Haredi - Weg entscheiden, einfach akzeptieren sollten, dass sie nicht so sind wie geborene Haredim, was keine Schande ist. Anstatt sich abzumuehen und selber unter Druck zu setzen auch ja alles richtig machen zu muessen, um die Aussenwelt zu beeindrucken, sollten sie lieber all ihre Energien in das Lernen investieren und ihre Familien zusammenhalten. Ein weiterer wichtiger Punkt ist, seine nicht - religioesen jued. nicht Freunde einfach fallenzulassen und die Eltern schon gar nicht. Natuerlich kann man nicht mehr in unkoscheren Haushalten essen, aber schliesslich gibt es einen Weg, andere freundlich darauf aufmerksam zu machen.

Dienstag, Juni 26, 2007

Glossary: Religioese Literatur im Judentum

B"H

Wer in eine juedisch - religioese Londoner, Antwerpener, Pariser, New Yorker oder Jerusalemer Buchhandlung geht, der staunt nicht schlecht ueber die Vielfalt des Angebotes. Tausende Buecher gibt es zum Thema Judentum, ganz zu schweigen vom religioesen Judentum.

Aber nicht jeder hat das Glueck, in einer der genannten Staedte zu leben und so fragen sich vor allem viele Deutsche, wo bekomme ich solche Buecher her und was soll man ueberhaupt lesen. Ob als Anfaenger oder Fortgeschrittener.
Zum deutschen Angebot bezueglich juedisch - religioeser Literatur, und damit meine ich keine christlich - juedischen Sachen, kann ich wenig sagen, denn ich lebe nicht in Deutschland. Einige Male war ich bei Rachel Salamander und war restlos enttaeuscht. Buecher ueber christl. - jued. Beziehungen wohin man nur schaute. Wer ein wirklich gutes Angebot sucht, der sollte bei AMAZON vorbeischauen. Wer sich zufaellig auf Reisen in London befinden sollte, wird im Stadtteil Golders Green auf ein reichhaltiges Angebot treffen. Persoenlich fand ich allerdings die Preise dort viel zu hoch, aber was soll man machen, wenn es kaum eine andere Moeglichkeit gibt.

Das Judentum ist vielfaeltig und dementsprechend faellt dann die religioese Literatur aus. Wer etwas lernen will, der steht zuerst vor der Frage, was er denn genau sucht. Thora, Talmud, eher Halachot (Gesetze), Ethik (Mussar), Midrash oder einfach nur generelle Informationen.
Fuer nicht hebraeisch Sprechende sind fast alle informativen Buecher nur auf Englisch erhaeltlich. Die ARTSCROLL und FELDHEIM - Verlage bieten alles an und verfuegen ueber ihre eigenen Websites. Von "wie halte ich Shabbat" oder "die koschere Kueche" ist alles erhaeltlich. ARTSCROLL bietet sehr gute Sidurim (Gebetbuecher) und Machzorim (Gebete zu den Feiertagen) an. Die Preise dafuer sind nicht niedrig, aber es ist handelt sich ja nur um eine einmalige Anschaffung, denn die Gebetbuecher benutzt man sein ganzes Leben. Was bei ARTSCROLL sehr gut ist, sind die informativen Erklaerungen am unteren Rand. Ich traf auf viele Leute, denen der Synagogendienst irgendwie zu langweilig wurde und sie dann begannen, die Erklaerungen zu lesen.

Wer dagegen einfach nur generelle Infos ueber das Judentum sucht, der kann dies ebenso im Internet tun. Allerdings sind die besten Sites nur auf Englisch. Vor allem fuer die Fortgeschrittenen.
Nicht jeder war auf einer Yeshiva (relig. Schule) und sucht daher Standardwerke, dennoch verbinden viele Websites Basiswissen mit Standardwerken, was ich persoenlich sehr gut finde. Aish - HaTorah, Ohr Sameach oder Chabad sind da nur einige kleine Beispiele.

Wer Jude ist und wirklich etwas lernen will, der sollte den Weg zu einer Yeshiva im Ausland nicht scheuen. Die Kostenfrage kann immer geklaert werden, denn es gibt Stipendien. Die Jerusalemer Yeshiva Ohr Sameach (nur fuer maennl. Bewerber), zum Beispiel, bietet oftmals das erste Jahr kostenlos an. Ausserdem hat diese Yeshiva einen hoeheren Standard als Aish HaTorah. Leider ist immer nur von diesen beiden Yeshivot die Rede, doch sollte die MIR - Yeshiva nicht ausser Acht gelassen werden, denn dort gibt es herausragende englische Programme.

Fuer weibl. Bewerber gibt es in Jerusalem die Neve Yerushalaim - Yeshiva. Sie vermittelt Basiswissen und mehr nicht. Es gibt 6 - woechige Kursangebote, aber man kann um Jahre verlaengern. Besonders intellektuell ist sie nicht.
Shearim sowie Nishmat sind da etwas anders drauf und sind auf andere Charaktaere zugeschnitten. u.a. gehoeren auch talmudische Studien zum Angebot.

Es faellt mir schwer, spezifische Buecher zu empfehlen, denn es kommt dabei auf die individuellen Vorkenntnisse jedes einzelnen an, genauso wie auf seine Interessen.
Die Thora gehoert zum Standardwerk. Eine Ausgabe in engl. oder dt. Sprache zusammen mit dem hebraeischen Original auf der gegenueber liegenden Seite ist ein Muss. Hierzu kann ich wieder die ARTSCROLL - Ausgabe (Stone - Edition) empfehlen. Eine Seite Engl. und daneben befindet sich das hebraeische Original. Ausserdem gibt es, wie schon erwaehnt, um unteren Rand hervorragende Erklaerungen von unterschiedlichen Thora - Kommentatoren.

Wer Hebraeisch kann, der sollte sich das sogenannte MIKREOT GEDOLOT zulegen, wo er dann saemtliche Rashi, Ibn Ezra, Kli Yakar, Ohr HaCHaim, Sforno, Ramban und Baal HaTurim - Kommentare findet. Leider ist diese Ausgabe in Englisch nicht erhaeltlich.

Wer nicht intensive Lernjahre hinter sich hat, der sollte nicht gerade mit dem Talmud beginnen. Auch sollte vor allem der Talmud mit einem erfahrenen Lehrer gelernt werden, denn ansonsten kommt es zu Missinterpretationen. Auch ist die Sprache im Talmud metaphorisch. Nicht anders ist es mit der Thora, die ebenso metaphorisch verfasst ist.
Neben der Thora sollten auf alle Faelle Halachot (Gesetze) gelernt werden. Hierfuer gibt es den Shulchan Aruch, der auf Englisch erhaeltlich ist. Vielerseits hoerte ich, dass manche Uebersetzungen zu wuenschen uebrig lassen und man sollte daher vorsichtig sein. Fuer Anfaenger reicht auf alle Faelle der "Kitzur Shulchan Aruch" von Rabbi Ganzfried. In Kurzform beschreibt er deutlich die juedischen Gesetze und er beinhaltet alle moeglichen Lebenssituationen. Was tut ein religioeser Jude nach dem Aufstehen, welche Gebete sagt er, bis hin zu den Feiertagen und dem taeglichen Leben.

Empfehlenswertes:

JEWISH LAW

History, Sources, Principles

Autor: Menachem Elon


oder

JEWISH LAW

Introduction to the History and Sources

Edited by N.S. Hecht, S.M. Passamaneck u.a.

Oxford University Press



Grundwissen ueber die Halachot vermittelt auch das beruehmte Buch SEFER HACHINUCH. In ihm werden alle 613 Mitzwot und ihre Bedeutung beschrieben.
Juedische Geschichte sowie Erklaerungen aller Art gibt es fuer Anfaenger bei Chabad und Aish HaTorah. Diese beiden Sites sind fuer Einsteiger zugeschnitten.

Ein vielleicht nicht zu unterschaetzendes Problem wird schnell aufkommen. Jedenfalls fuer diejenigen, die allein lernen. Was passiert, wenn ich Fragen habe ? Wer antwortet mir dann ? Hierzu hat Aish einen Fragenkatalog zusammengestellt. Zumindest fuer die gelaeufigsten Fragen.
Allerdings ist im Internet immer Vorsicht geboten, denn es treiben sich viele Scharlatane herum !!!
Bei Fragen sollte sich grundsaetzlich an Leute gewandt werden, die eine Ahnung vom Thema haben. Gebt euch nie mit ein paar nichtssagenden Deutungen oder Ausfluechten zufrieden. Und wenn es beim ersten Mal immer noch unklar sein sollte, fragt nochmals nach.

Neulich fand in Israel die einwoechige "Woche des Buches" statt und dazu gab es ein Zeitungsinterview mit den Vorstaenden von FELDHEIM und ARTSCROLL mit der Frage, welche Buecher kaufen religioese Juden.
Die Antwort lautete, dass sich Klassiker immer noch am besten Verkaufen. Beruehmte Thora - Talmudkommentatoren und all das, was Rang und Namen hat. Moderne Autoren, und seien es Rabbis, verkaufen sich schlecht. Die Leute kennen sie nicht und lassen die Buecher im Regal liegen.

Auf dem englischsprachigen Markt haben sich seit einigen Jahren einige amerikanische Autoren, Rabbis und auch nicht, etabliert. Vor allem jene, die in der Jerusalemer Altstadt leben, wie Rabbi David Aaron vom Isralight - Institut. Er verkauft alles unter dem Namen Kabbalah und das nicht schlecht. Er weiss zu verkaufen, das muss man ihm lassen. Seine Buecher wuerde ich als Esotherik mit schlechtem Inhalt ansehen. Aufregendes ist nicht dabei.
Ganz anders dagegen der Physiker Gerald Schroeder ,der den Zusammenhang von Wissenschaft und Thora beschreibt. Alle, die schon immer wissen wollten, wie es denn Dinosaurier geben konnte, wenn doch die Welt in sechs Tagen erschaffen wurde, sollten seine Buecher lesen.

Einsteigern rate ich, sich zuerst auf das Lernen von Basiswissen zu beschraenken und nicht gleich auf den Talmud - oder Kabbalahzug aufzuspringen. Wenn ihr spaeter auf hoehere Studien umsteigt, werdet ihr sehen, dass ich recht hatte.
Fortgeschrittene wissen im allgemeinen, was sie zu lernen und wo sie zu suchen haben. Ganz zu Beginn machte ich den Fehler, immer auf der Stelle zu treten. Oft hing ich ewig an einem bestimmten Buch und kam nie darueber hinaus. Mit der Zeit aenderte sich das etwas. Manchmal legte ich Buecher beiseite, die ich einfach nicht verstand. Nur, um sie dann nach ein oder zwei Jahren wieder hervorzuziehen und auf einmal ging alles von selbst.

Jeder sollte sein Pensum und seine Grenzen kennen. Ganz wichtig ist, nicht zu verzweifeln, wenn es einmal nicht so klappt. Einfach eine Pause einlegen und zwischendurch etwas anderes lernen. Hinterher ergibt sich vieles von selbst.

Sonntag, Juni 24, 2007

Die neue Generation

B"H

Wenn meine Freundin und ich uns auf den Weg zu verschiedenen chassidischen Tischen machen, dann ist uns meistens klar, was uns erwartet. Die Ablaeufe sind fast immer gleich, die Stimmungen, Menschen und Atmosphaeren nie. In den folgenden Wochen und Monaten werden wir zu vielen Tischen gehen, doch kommen wir immer gerne wieder zur chassidischen Gruppe Toldot Avraham Yitzchak zurueck. Vor allem wegen der Atmosphaere und der netten Leute.

Letzten Freitag war es wieder soweit. Gegen Mitternacht kamen wir in der grossen Synagoge der Gruppe Toldot Avraham in Mea Shearim an. Wider Erwarten war die Frauensektion mehr als nur gut besucht, jedoch fanden wir noch freie Plaetze auf dem tribuenenaehnlichen Geruest vor den drei Fenstern, durch die man in die Maennersektion im Erdgeschoss schauen kann. Mit der Zeit wurde das Sitzen aeusserst anstrengend, denn wir wussten nicht, wohin mit unseren Beinen. Wenn sich gleich vor einem eine weitere Sitzreihe befindet, dann ist fuer die Beine kein Platz mehr.

Im Erdgeschoss ass der Rebbe, Rabbi Shmuel Yaakov Kahn, seine uebliche Shabbatmahlzeit. Mehrere Hundert Chassidim schauten ihm dabei gebannt zu. Zwischendurch stimmten die Chassidim Lieder an und der Rebbe sang eifrig mit und schwang seine Arme in die Luft. Meiner Meinung nach macht er bei solchen Gelegenheiten seinem Status alle Ehre, denn er scheint sich wirklich in einer anderen Welt zu befinden.
Fuer jede chassidische Gruppe ist der Rebbe ein Zaddik (Gerechter), der aufgrund seiner Faehigkeiten in hoehere Welten aufsteigen und so jene hoeheren mit unserer Welt verbinden kann.

Rebbe Shmuel Yaakov Kahn sitzt gewoehnlich auf einem brauen Holzthron mit hellbraunem Polster. Es gibt noch einen weiteren Holzthron mit blauer Polsterung, der nur dann hervor geholt und neben den Stuhl des Rebben plaziert wird, wenn ein Ehrengast eintrifft.
Bei unserer Ankunft erblickten wir sofort einen Ehrengast, wussten aber nicht, um wen es sich genau handelte. Ich fragte zwei neben uns sitzende Frauen und prompt kam die Antwort. Das sei doch der Rabbi Meir Brandsdorfer, meinten die beiden bedeutungsvoll.

Kleine Erlaeuterung: Rabbi Meir Brandsdorfer ist einer der wichtigsten Rabbiner in der anti - zionistischen Dachorganisation (der Edah HaCharedit) verschiedener chassidischer Gruppen wie Toldot Aharon, Satmar, Avraham Yitzchak etc. Die Edah verfuegt ueber ihr eigenes Beit Din (rabbinisches Gericht), dem drei Rabbiner vorsitzen: Das Oberhaupt des Beit Din ist Rabbi Tuvia Weiss und bei den zwei weiteren handelt es sich um Rabbi Moshe Sternbuch sowie Rabbi Meir Brandsdorfer (Mitglied bei den Toldot Avraham Yitzchak).

Wer als weibliches Wesen einen chassidischen Tisch besucht, der wird relativ schnell feststellen, dass sich die eigentliche Action nur unten bei den Maennern abspielt. Dort wird getanzt, gesungen und der Rebbe verteilt Essen an seine Chassidim. Bei Toldot Aharon schauen die Frauen gebannt und ruhig zu. Bei ihrer Abspaltung Avraham Yitzchak jedoch betrachten die Frauen den Tisch eher als Gesellschaftsereignis. Man geniesst die Atmosphaere, doch sitzt mehr oder weniger zusammen und unterhaelt sich. Wenn meine Freundin und ich Fragen haben, koennen wir die gerne jederzeit stellen und bisher trafen wir diesbezueglich nur auf hilfsbereite Frauen.

Der kleine Vorteil fuer mich besteht darin, dass ich Yiddish verstehe, da ich Deutsch und Hebraeisch spreche. Nur die deutsche Sprache allein reicht nicht aus, um das Yiddishe zu verstehen, denn es ist mit hebraeischen Ausdruecken gespickt.
Die Frauen neben uns fanden sehr schnell heraus, dass ich Yiddish verstehe und so kamen wir allmaehlich ins Gespraech. Das heisst, unser Gespraech verlief auf Hebraeisch, da ich kein Yiddish sprechen kann, sondern nur verstehe.

Im Internet las ich vielerlei Arten von wissenschaftlichen Studien, die sich mit den Frauen in geschlossenen chassidischen Gruppen beschaeftigen. In der Bar Ilan Universitaet gab es zu dem Thema einen Vortrag von einem Mann, und da frage ich mich dann wirklich, wie er denn in der Lage war, die Frauen von Toldot Aharon zu befragen. Mit fremden Maennern reden die naemlich nicht, geschweige denn mit Professoren, die eine Studie ueber sie erstellen wollen.
Fuer mich sind die Chassidim alles andere als eine Studie, sondern Menschen und wahrscheinlich kommen wir daher besser ins Gespraech. Was uns besonders bei den Frauen der Toldot Avraham Yitzchak auffiel ist, dass es einen sehr grossen Unterschied im Verhalten der aelteren und juengeren Damen gibt.

Die etwas Aelteren wissen sehr genau, was von ihnen erwartet wird. Dies wiederum heisst nicht, dass sie nur den Gesetzen der Gruppe hinterherlaufen und kuschen. Sie haben sehr wohl ihre eigene Meinung, aber dennoch druecken sie diese vielleicht nicht ganz so aus, wie die juengere Generation. Die Aelteren bewahren strikte Haltung.
Die juengeren Frauen so um die Zwanzig - Dreissig haben etwas mehr Eigenstaendigkeit entwickelt. Nicht, dass unter ihnen die grosse Aufbruchstimmung herrscht und sie rebellieren, wie man sich das im so "offenen" Europa immer vorstellt.
Sie folgen den Gesetzen ihrer Gruppe, bewahren Haltung, doch haben innerhalb der Gesellschaft ihre eigenen Interessen entwickelt. Locker reden sie mit ihren Freundinnen aus der gleichen Chassidut und haben einen sehr guten offenen Sinn fuer Humor. Im Rahmen der Religion, versteht sich. Natuerlich wird ueber die Kindererziehung gesprochen, aber es gibt auch ganz andere Themen. Innerhalb der eigenen Gruppe sind z.B. viele von ihnen sehr stark sozial engagiert und helfen, wo sie nur koennen.

Soweit haben wir nur Frauen gesehen, die mit ihrem Leben zufrieden zu sein scheinen. Selbstverstaendlich koennen wir in keinen Kopf hineinschauen und sehen, was darin vorgeht, aber fuer uns Besucher schien es nicht so als betrachten sich die Frauen als vernachlaessigt oder Gruppenmitglieder zweiter Klasse. Im Gegenteil, ich bin nicht nur auf den Typ Hausmuetterchen gestossen, sondern auch auf gebildete Frauen, die sich selbst als emanzipiert bezeichnen wuerden.

Meine Freundin meinte, dass es sich um eine ganz alltaeglich Gesellschaft handele, die ihre Ups und Downs hat. In unserer Gesellschaft wiederum besteht entsetzliche Neugier, wenn jemand nicht so sein sollte wie wir. Und Toldot Aharon sowie Avraham Yitzchak scheinen allen fuerchterliche Raetsel aufzugeben. Sie leben recht abgeschottet, haben aussergewoehlich strenge Regeln und lassen keine Aussenseiter an sich heran, obwohl ein jeder am Shabbat zu ihrem Tisch kommen darf.

Womit die Frauen sicherlich mehr zu kaempfen haben, sind ihre eigenen kinderreichen Familien und die soziale Not. Wenn der Ehemann innerhalb der Gruppe arbeitet, dann ist das Gehalt nicht berauschend und die mehr als zehn Kinder muessen ersteinmal versorgt sein.

Vorherige Beitraege zum Thema Frauen in der Ultra - Orthodoxie:

http://hamantaschen.blogspot.com/2007/06/verliert-die-frau-ihre-wuerde.html

http://hamantaschen.blogspot.com/2007/05/emanzipation-und-selbstverwirklichung.html

http://hamantaschen.blogspot.com/2007/04/eshet-chayil-die-rolle-der-frau-in-der.html

Samstag, Juni 23, 2007

Eine weitere lange Nacht

B"H

So allmaehlich gewoehnen wir uns daran, freitags zu chassidischen Tischen zu gehen, mit Leuten zu sprechen, tollen Gesaengen zu lauschen und den jeweiligen Rebben einer chassidischen Gruppe zu sehen.

Auch gestern Abend war es wieder soweit und obwohl meine Freundin und ich eigentlich andere Plaene gehabt haben, landeten wir doch wieder bei der Abspaltung Toldot Aharons, der chassidischen Gruppe Toldot Avraham Yitzchak.
Bereut haben wir es nicht, denn dort sass ein hoechst prominenter Gast neben dem Rebben. Ausserdem lernten wir mehr Frauen kennen.

Viele reden ueber den Feminismus und das Sozialverhalten in solch geschlossenen chassidischen Gruppen. Auch bei unseren Tisch - Besuchen haben wir schon einiges erlebt und ich werde morgen einen Beitrag darueber verfassen.

Giur - Skandal in Haifa

B"H

Ein neuer Giur - Skandal erschuettert das Beit Din (rabbinisches Gericht) in Haifa. Der sephardische Oberrabbiner Shlomo Shalosh wird schon seit geraumer Zeit beschuldigt, Konversionszertifikate zum Judentum gegen Gefaelligkeiten zu vergeben.

Vor einigen Tagen musste Rabbi Shalosh auf die Polizeiwache in Haifa zu einem Verhoer. Er wird beschuldigt, in mindestens zwei Faellen Giur - Zertifikate gegen Geldspenden an seine Yeshiva vergeben zu haben.
Allerdings betreffen die Vorwuerfe nicht nur ihn. Auch gegen einen Maschgiach (Koscher - Experte) des Oberrabbinates Haifa, der vorher als Fahrer bei Shalosh angestellt war, werden die gleichen Vorwuerfe erhoben.

Die Polizei hat eine weit angelegte Untersuchung gegen das Rabbinat in Haifa eroeffnet. Rabbi Shalosh dagegen bestreitet alle Vorwuerfe und sagt, dass seine Gegner eine Hetzkampagne gegen ihn fuehren wuerden.

Der koschere Maschgiach

B"H

Ein Maschgiach ist ein Koscher - Experte, der fuer religioese Einrichtungen arbeitet und in der Lebensmittelbranche die Herstellung bzw. den Umgang mit den Lebensmitteln kontrolliert. Zum Beispiel geht er in Restaurants und schaut, ob die Zutaten koscher sind und wie der Arbeitsprozess verrichtet wird. In der Halacha (jued. Gesetz) gibt es Tausende von Bedingungen, die zum Thema Kaschrut erfuellt werden muessen.

Nicht jeder Yeshiva - Absolvent (relig. Schule) oder Rabbiner darf sich so einfach Maschgiach nennen. Zuerst muss ein intensiver Kurs durchlaufen werden und am Ende findet eine Pruefung statt.
Der aschkenasische Oberrabbiner Yonah Metzger hat nun eine Initiative ins Leben gerufen, bei der die Kursabsolventen eine offizielle Urkunder erhalten. So soll vor dem Missbrauch des Berufes geschuetzt werden, denn nicht jeder, der sich Maschgiach nennt und ein Gehalt bezieht, ist auch wirklich professioneller Maschgiach.

An diesem Sonntag (24.06.2007) findet in der Grossen Synagoge in der King George in Jerusalem die erste Zeremonie der Ausgabe solcher Urkunden statt. 1600 Maschgichim (Koscher – Experten) werden ihre Urkunde erhalten. Bei der Feier wird auch der sephardische Oberrabbiner Shlomo Amar anwesend sein.
Die Urkunden sind vom Oberrabbinat ausgestellt, doch ist sicher, dass sich die chassidischen Einrichtungen wie das beruehmte Belz – Hechscher Badatz Belz (Zertifikat vom Belzer Beit Din Zedek) sowie das Badatz der Edah HaCharedit nicht an Anweisungen des Rabbinates halten. Die Chassidim, vor allem die Edah, haben ihre eigenen Regeln und deren Kontrollen sind dementsprechend besser, aber auch teurer.

In Jerusalem ist das Kaschrut – Thema aeusserst wichtig, denn es laesst sich kaum etwas verkaufen, wenn man unkoscher produziert oder ein nicht koscheres Café oder Restaurant betreibt.
Die haredische (ultra – orthod.) Kundschaft schaut darauf, von wem das Hechscher (Zertifikat) ausgestellt wurde und Chassidim essen grundsaetzlich keine Produkte, auf denen nur "Rabbanut" (Oberrabbinat) steht. Die beiden Zertifikate des Rabbanuts "Kascher LeMehadrin" und "Kascher LeMehadrin min HaMehadrin" bringen immer einen Hauch von Zweifel mit sich. Unzaehlige Male schon sah ich, dass die Maschgichim nachlaessig handelten oder sich erst gar nicht besonders bei den Betrieben umsahen.

Freitag, Juni 22, 2007

Religioese Kurznachrichten

B"H

1. Nachdem das Desaster der Gay Parade hinter uns liegt, wird nun Bilanz gezogen. Vor allem das brutale Vorgehen der Polizei gegen friedlich demonstrierende Haredim zog die Aufmerksamkeit auf sich. Die Rede ist hierbei von der Haredi - Demo in der Bar Ilan Street, die zu Beginn dieser Woche stattfand.
Sogar das sonst so anti - religioese israel. TV schlug sich auf die Seite der Religioesen und zeigte Motorradfahrende Polizisten in Menschenmengen fahren. u.a. hatten sich Polizisten ebenso als Shababnikkim verkleidet, um so Haredim aufzuwiegeln und verhaften zu koennen.

Unser Buergermeister Lupolianski und Meir Porush, Knessetmitglied fuer Yahadut HaTorah von der Agudat Israel, beantragten einen Untersuchungsausschuss unter dem Vorsitz von Uzi Landau.

In der hiesigen und auswaertigen Presse heisst es immer nur, dass DIE HAREDIM gegen die Parade demonstrierten. Doch wer sind eigentlich die Haredim ?
Was die Mehrheit nicht weiss ist, dass sich die Mitglieder der Agudat Israel (chassidische Gruppen Vishnitz, Gur oder Belz) in keinster Weise an den Demos beteiligten. Als Grund gab der Rebbe von der Chassidut Gur an, dass sie ihre Kinder nicht auf Gewalt haben trimmen wollen. Weiter wollten sie ihren Kindern nicht das Thema Homosexualitaet erklaeren muessen, denn das gehoere nicht in eine Thorawelt.

Demonstriert haben dagegen die Mitglieder der Edah HaCharedit (chassidische Gruppen Satmar oder Toldot Aharon), sowie viele litvishe Haredim.


2. Am kommenden Mittwoch kommt der Rebbe der Chassidut Bobov fuer ein paar Tage nach Israel zu Besuch. Die Chassidut Bobov ist im New Yorker Stadtteil Boro Park angesiedelt und der Rebbe kommt, um seine wenigen Anhaenger in Israel zu staerken.


3. Die sepahrdisch haredische SHASS - Partei draengt darauf, wieder das Religionsministerium einzufuehren. Zur Zeit der Regierung Sharon wurde das Ministerium auf draengen des Fuehrers der SHINUI - Partei Yosef "Tommy" Lapid geschlossen. Lapid ist fuer seine radikale anti - religioese Haltung bekannt und wollte alles Religioese vernichten, bis es selbst Sharon zu bunt wurde und er ihn zurueckrief.
Leider erlebte Sharon den Fall Lapids und dessen Partei bei den letzten Knessetwahlen nicht mehr. Lapid ist nach seinem Fall aus SHINUI ausgestiegen und nun Vorsitzender des Holocaust - Museums Yad Vashem.

Neben der extrem linken MERETZ - Partei sprach sich auch der Knessetabgeordnete Avigdor Lieberman gegen eine Wiedereinfuehrung des Religionsministeriums aus. Obwohl Lieberman mehr als nur rechts ist, wird er von den Religioesen vollkommen abgelehnt. Um Stimmen fuer sich gewinnen zu koennen, scharrt Lieberman saemtliche nichtjuedische russische Neueinwanderer um sich und verspricht ihnen volle gesellschaftliche Rechte. Doch dabei machte er die Rechnung ohne die Israelis selbst und natuerlich ohne die Religioesen.

Aufgabe des Religionsministerium ist es zu pruefen, ob es sich bei jemandem um einen halachischen Juden handelt. Genauso sind sie verantwortlich fuer die Ausstellung von Heirats-, Scheidungs - u. Geburtsurkunden. Auch haben sie einen grossen Einfluss auf die orthodoxen Konversionen in Israel.
Derzeit werden die Aufgaben vom Oberrabbinat uebernommen.

Besitzansprueche Ueberlebender

B"H

Seit vorgestern koennen Angehoerige von Holocaust - Opfern Besitzansprueche in Israel geltend machen.
Derjenige, dessen Familie im Holocaust umkam, kann auf einer jetzt freigegebenen Website schauen, ob seine Angehoerigen Besitz (Grundbesitz, Geld oder Schmuck) in Israel (ehemals Palaestina) angelegt hatten.

Bisher ist die Website mit den Namenslisten NUR auf Hebraeisch erhaeltlich, doch soll sie innerhalb der naechsten zwei Wochen auch in Englisch eingesehen werden koennen.

http://hashava.org.il/

Donnerstag, Juni 21, 2007

Parashat Chukat

B"H

Die Thoralesung fuer diesen Shabbat

Die neue Parasha beginnt mit einem Paradox. Wahrscheinlich ist es das groesste und beruehmteste Paradox in der gesamten Thora und sogar der weise Koenig Salomon (Shlomo HaMelech) verzweifelte an der Logik. Normalerweise erklaerte G - tt Moshe die Gruende und die Logik saemtlicher Thoragesetze, doch in der Midrash lesen wir, dass als Moshe G - tt nach der Bedeutung der Parah Aduma, der Roten Kuh fragte, er keine Antwort bekam.

Die Parasha heisst Chukat und Chukat steht fuer Gesetze, die wir mit unserem eingeschraenkten menschlichen Verstand nicht fassen koennen. G - tt traegt Moshe auf, eine Rote Kuh ohne jegliche Schoenheitsfehler zu finden und sie in einem bestimmten Ritus durch Priester (Cohanim) verbrennen zu lassen. Danach wird die Asche der Kuh mit Wasser vermischt und unreine Menschen sowie Tempelgegenstaende (Geschirr) werden, nachdem sie mit dem Wasser in Beruehrung gekommen sind, wieder rein. Koerperlich genauso wie in ihrer Seele (Neshama). Allerdings wird derjenige, der den Verbrennungsprozess ausfuehrt, dadurch unrein. Genau darin besteht das Paradox. Wie kann etwas, was eigentlich rein macht, andere wiederum unrein machen ?
Hierzu gibt es viele Kommentare, doch eine erklaerende Antwort haben wir nicht. Anscheinend soll uns diese Mitzwa (Gesetz) deutlich machen, dass unser menschlicher Verstand im Gegensatz zu G - ttes allumfassendes Wissen nur sehr eingeschraenkt funktioniert. Nicht alles was G - tt tut oder entscheidet, liegt in unserer Kraft es auch logisch zu begreifen. Die Logik ist vielleicht unser grosses Problem, denn wir wollen alles logisch beantwortet haben und wehe dem, wenn es einmal nicht so funktioniert. Die Mitzwa der Roten Kuh, selbst wenn sie uns unverstaendlich ist, duerfen wir laut der Gemara im Talmud Traktat Yoma 67b nicht kritisieren. Dort heisst es, dass dieses spezielle Gesetz von G - tt ist und wir keinerlei Recht zur Kritik daran haben.

Insgesamt wurden in der juedischen Geschichte nur neun Rote Kuehe verbrannt. Die erste in der Zeit Moshes und die letzte vor der Zerstoerung des Zweiten Tempels. Es heisst, dass die zehnte Rote Kuh vom Meschiach verbrannt wird.
Rabbi Zadok HaCohen von Lublin betrachtet die Mitzwa der Roten Kuh als Tikun (Reparatur der Seele) fuer das Goldene Kalb (siehe hierzu auch das Buch Noam Elimelech und Tosafot).

Was ist die eigentliche Bedeutung der Mitzwot (Gesetze), die uns G - tt in der Thora aufgetragen hat ? Warum das alles ? In der Chassidut wird als Hauptgrund angegeben, dass wir anhand der Erfuellung der Mitzwot eine Devekut (Naehe) zu G - tt erreichen. Wir koennen G - tt jedoch nur nahe sein, wenn wir uns in einem reinen Zustand befinden (Buch Magen Avraham), wo wiederum die Rote Kuh mit ihrem Reinigungsprozess ins Spiel kommt.

Einen sehr interessanten Kommentar zur Roten Kuh fand ich bei Rabbi Samson Raphael Hirsch. Rabbi Hirsch vergleicht die Roten Kuh und deren spaetere Asche mit den zwei menschlichen Eigenschaften; der tierischen und der g - ttlichen. Die Tierische steht fuer die sogenannte "physical world" und die G - ttliche fuer die sogenannte "upper world". Unser weltlicher Koerper, ausgedrueckt durch die Kuh, wird sterben, aber unsere Seele (Neshama), ausgedrueckt durch die Asche, wird fuer alle Ewigkeiten weiterleben.

Das Verbrennen der Roten Kuh musste ausserhalb des Lagers der Israeliten bzw. spaeter zu Tempelzeiten ausserhalb der Tempel stattfinden. In der Aera des Zweiten Tempels wurde die Kuh auf dem Oelberg verbrannt. In einer Prozession wurde die Kuh dorthin gebracht. Auf dem Oelberg angekommen wurde die Kuh mit einem Seil aus Bast so an einen Pfahl gebunden, dass ihr Kopf nach Sueden und ihr Gesicht nach Westen gerichtet war. Der Priester (Cohen) stand in Richtung Osten und mit dem Gesicht nach Westen. Er schlachtete sie mit der rechten Hand und fing das ihr Blut mit der linken Hand auf (Talmud Parah, Mishna 9).

Seit der Zerstoerung des Zweiten Tempels sind wir in der Ausfuehrung unserer Mitzwot sehr eingeschraenkt. ca. 70 – 80 der urspruenglich 613 sind wir heutzutage in der Lage zu erfuellen. Alle weiteren bezogen sich auf den Tempeldienst und die Cohanim (Tempelpriester). Auch die Mitzwa der Roten Kuh gibt es derzeit nicht, sondern erst wieder nach dem dem Eintreffen des Meschiach.
Rote Kuehen selbst sind vielen Wissenschaftlern ein Raetsel. Wie genaue sahen die Kuehe aus und wie kam es ueberhaupt, dass sie damals existierten und heute nicht ? Vor einigen Jahren glaubte man, in der Naehe von Haifa eine solche Rote Kuh entdeckt zu haben. Schon meinten viele, dass dann der Meschiach nicht mehr weit sei. Die Euphorie wurde jedoch schnell gedaempft, denn die Rote Kuh war nicht perfekt wie vorgeschrieben. Sie hatte einige schwarze Haare in ihrem ansonsten so roten Fell, was sie unkoscher fuer ein Verbrennen machte.

Der Parashainhalt der Roten Kuh, sowie der Tod von Miriam und ihrem Bruder Aharon sollten uns an diesem Shabbat etwas nachdenklich in bezug auf unser eingeschraenktes Wissen und unsere Sterblichkeit stimmen.

Shabbat Shalom

Dienstag, Juni 19, 2007

Der andere Zionismus

B"H

Die chassidische Gruppe Vishnitz nennt als Inhalt ihrer Chassidut die "Ahavat Israel", die Liebe zu Israel. Nun kann man das viel zitierte Thema der Ahavat Israel in zweierlei Richtungen auslegen, die sich nicht gegenseitig ausschliessen. Eher im Gegenteil.
Die eine Auslegung bezieht sich auf das juedische Volk und Ahavat Israel bedeutet hier, dass jeder Jude den anderen lieben soll, egal ob er religioes ist oder nicht.
Die zweite Auslegung ist eine mehr oder weniger zionistische, obwohl viele Chassidim mir jetzt widersprechen und sagen, dass das Wort Zionismus hier nicht angebracht erscheint. Doch ich will es einmal den religioesen Zionismus nennen und mit einem Beispiel aus der Geschichte beginnen.

Im Jahre 1878 wurde das ewig unter verschiedenen Laender aufgeteilte Rumaenien endlich unabhaengig. Jede Bevoelkerungsgruppe, auch die damaligen Sinti und Roma, bekamen aufgrunddessen automatisch die rumaenische Staatsbuergerschaft. Alle, ausser den Juden. Aus diesem Grund entschieden sich viele rumaenische Juden zur Einwanderung ins Heilige Land. Die Bedingungen im damalige Israel waren alles andere als guenstig, was aber die Neueinwanderer nicht abhielt.

Die Besiedlung Israels war vor einigen Hundert Jahren alles andere als populaer unter den Chassidim, denn schon der Baal Shem Tov sah das Leben in der Diaspora als einen wichtigen Punkt in bezug auf das Kommen des Meschiach an. In der Kabbalah heisst es, dass Juden in aller Welt bestimmte Nezizot (Sparks) einsammeln muessen und sobald dies vollbracht ist, wird der Meschiach kommen. Das Thema ist sehr kompliziert und bedarf einer ausfuehrlichen Erklaerung in einem eigenen Beitrag, den ich vielleicht spaeter einmal schreiben werde. Derweil gebe ich es nur als Theorie des Baal Shem Tov an.

Das Leben fuer die Juden in Osteuropa verschlimmerte sich von Jahr zu Jahr. Die Pogrome nahmen kein Ende und ueberall gab es Beschraenkungen fuer sie. Von daher machten sich viele Chassidim auf nach Israel. Ihre Idee war es, eigene Siedlungen aufzubauen, die nach den Gesetzen der Thora gefuehrt werden. Die Chassidim sahen keinen Widerspruch darin im Heiligen Land zu leben, wenn auch der Meschiach noch nicht gekommen war. In Israel koennen die Mitzwot (Gesetze) besser eingehalten werden und haben eine viel wichtigere Bedeutung als im Ausland. Beispiel: Viele Mitzwot koennen NUR in Israel eingehalten werden, wie z.B. Shemittah (alle sieben Jahren muss das Land ruhen und es finden keine Pflanzungen statt). Des weiteren werden unsere Gebete in Israel direkt von G - tt erhoert und gehen keinerlei Umwege wie im Ausland. In Israel haben wir sozusagen ein Ortsgespraech mit G - tt.
Diese Gruende zogen die Chassidim in Betracht ohne dabei an einen nichtreligioesen Zionismus zu denken, wie es spaeter Theodor Herzl tat.

Einen ganz anderen Zugang zum Meschiach hatte der ehemalige Apter (Opatov) Rebbe, Rabbi Avraham Yehoshua Heschel. Jeder von uns hat die Macht, den Meschiach zu bringen, wenn jeder nur individuell seine eigene private Diaspora beseitigt. Heisst, wir muessen mit uns selbst im Reinen sein und unsere schlechten Eigenschaften in gute umwandeln. Gedanken, die ein wichtiger Bestandteil des Chassidismus sind; Schlechtes in Gutes umwandeln.
So kam es, dass sich schon vor dem Aufkommen des nicht religioesen Zionismus die Chassidim nach Israel aufmachten. Einer der ersten war Rabbi Menachem Mendel von Vitebsk im Jahre 1777, der nach Tiberias zog.

Im Mai 1912 wurde die Agudat Israel gegruendet, welche eine Opposition und Alternative zum nichtreligioesen Herzl - Zionismus darstellte. Die Hauptniederlassung der Agudah befand sich bis zum Jahre 1935 in Frankfurt, ihr eigentliches Herz war jedoch in Polen bei den Chassidim. Die Chassidim incl. der Agudat Israel sahen die Zeit der sogenannten Aufklaerung als eine Assimilationsgefahr fuer das juedische Volk, dem sie entgegen wirken wollten. Realistisch gesehen hatten sie damit mehr Erfolg in Osteuropa als im Deutschland des Reformjudentums.

Die geistigen Fuehrer der Agudah waren damals der Chafetz Chaim, Rabbi Chaim Soloveitchik von Brest - Litovsk (heute Brisk - Yeshiva in den USA) und Rabbi Avraham Mordechai Alter von Gur (Chassidut Gur). Die Agudah war anti - zionistisch, aber ebenso zionistisch, wenn Siedlungen nach der Thora gefuehrt werden.
Die heutige Agudat Israel ist in der Knesset mit fuenf Sitzen vertreten und ihnen gehoeren chassidische Gruppen wie Belz, Gur oder Vishnitz an genauso wie viele litvishe haredische (ultra - orthod.) Juden. Nicht, dass jetzt alle auf einmal pro Israel eingestellt waeren, aber man hat gelernt sich mit dem heutigen Staat Israel zu arrangieren. Wenn wir in der Knesset sind, dann koennen wir positiv auf die israel. Politik einwirken und das Land etwas religioeser gestalten, so die Ansicht der Agudah.

Im Jahre 1919 gruendete Rabbi Yosef Chaim Sonnenfeld das Gegenstueck zur Agudah, die Edah HaCharedit. Allerdings geschah die Gruendung aus dem Grund, weil die damalige britische Besatzungsmacht in Palaestina ein zionistisches Oberrabbinat zuliess, welches die Chassidim nicht hinnahmen. Uebrigens hat sich diese Ansicht bis heute nicht geaendert, obwohl es eine winzige Zusammenarbeit zwischen dem Oberrabbinat und der Edah HaCharedit (ansaessig in Mea Shearim) bezueglich der Anerkennung von Ehen, Geburten etc. gibt.
Die Hauptakteure in der derzeitigen Edah sind die chassidischen Gruppen Satmar, Toldot Aharon, Toldot Avraham Yitzchak und auch einige litvishe Gruppen. Bis jetzt ist die Edah anti - zionistisch, doch wer vermutet, dass alle ihre Anhaenger Mitglieder der Neturei Karta seien, der irrt sich gewaltig. Die Neturei Karta besitzt zwar einen gewissen Einfluss auf die Edah durch die Satmarer Chassidim, doch lehnten eben auch die Satmarer Chassidim jene Neturei Karta - Mitglieder, die kuerzlich im Iran gegen Israel hetzten, voellig ab.

Der Gruender der chassidischen Gruppe Toldot Aharon, Rebbe Aharon Roth, bezeichnete den nichtreligioesen Zionismus als grosses Uebel und bezichtigte nichtreligioese Zionisten der Schuld, dass wegen ihnen die Kedusha (Heiligkeit) aus Israel verschwunden ist (Buch Toldot Aharon, Teil 2).

Das wichtigste Oberhaupt der Edah HaCharedit ueberhaupt war der verstorbene ehemalige Satmarer Rebbe, Rabbi Yoel Teitelbaum. G - tt hat den Juden versprochen, den Meschiach zu bringen und wenn der Zeitpunkt gekommen ist, dann kehren sie in das Land Israel zurueck. Bis dahin sollen sie im Ausland leben, sich nicht gegen nichtjuedische Regierungen aufbaeumen und ihre Mitzwot (Thoragesetze) erfuellen. Der jetzige Staat Israel ist eine Uebertretung der Thoragesetzte, denn man haette das Geschehen in eigene Haende genommen anstatt auf G - tt zu vertrauen. Laut Rebbe Teitelbaum ist das Bestehen des sekulaeren Staates Israel der Grund, warum der Meschiach bis heute nicht gekommen ist.

Ich kann Rabbi Teitelbaum nicht ganz zustimmen, denn eigentlich weiss niemand so genau, ob G - tt den heutigen Staat Israel nicht gewollt hat. Allein schon deswegen wenn wir daran glauben, dass alles, was geschieht, von G - tt entschieden wird. Wieso kann es nicht sein, dass der derzeitige sekulaere Staat nicht ein Vorlaeufer fuer den Meschiach ist ? Das eine schliesst doch das andere nicht aus.
Natuerlich waere es mir auch lieber, wenn Israel nach den Thoragesetzen regiert werden wuerde, aber das Positive ist doch, dass wir Juden ein eigenes Land haben.

Sonntag, Juni 17, 2007

Eine lange Nacht

B"H

Eine lange Nacht war fuer uns die Nacht vom Freitag auf Samstag. Zum Shabbatessen gingen meine Freundin und ich zu Rabbi Mordechai Machlis und danach zogen wir los, um zu zwei chassidischen Tischen zu gehen.
Zuerst landeten wir bei der Gruppe Toldot Aharon, wo es diesmal in der Frauensektion eher leer zuging. Als wir vor zwei Wochen dort waren, da war es gerammelt voll, denn die Tochter des Rebben David Kahn hatte geheiratet. Freitag nun war es weniger belebt, dennoch nicht ganz leer.
Unten bei den Maennern war es ebenfalls nicht besonders ueberfuellt, was sich aber nach kurzer Zeit aendern sollte. Mehr und mehr Maenner stroemten herein.

Wir waren zwar erst zum zweiten Mal dort, doch so allmaehlich lernen wir Leute kennen. Vor allem eine Frau der Chassidut Satmar, welche genauso wie wir zu einigen Tischen geht. Irgendwie treffen wir uns jedesmal wieder.

Rebbe David Kahn hatte schon Kiddush (Segnung des Weines) gemacht und wir kamen gerade zu dem Zeitpunkt als er sich die Haende wusch, um den Segen ueber die Challot (Shabbat - Brote) zu sagen. Vorher hat er den Brauch, einen Segen ueber Gewuerze zu sagen. Er nimmt einen kleinen Bluetenstrauch, spricht den ueblichen Segen und riecht am Strauch. Dieses macht er jedesmal mit grosser Kavanah (Konzentration). Ueberhaupt halte ich ihn fuer einen sehr intelligenten ehrwuerdigen Rebben. Seine Minhagim (Braeuche) zieht er sehr gewissenhaft und konsequent durch, was ihn jedoch nicht unsympathisch macht.
Die Chassidim standen auf den gewohnten Tribuenen und schauten zu. Er sprach den Segen ueber die Challot und verteilte kleine Stueckchen an seine Chassidim. Nach ca. 40 Minuten beschlossen wir, zu einer anderen Gruppe zu gehen, die vom aelteren Bruder des Rebben, von Rabbi Shmuel Yaakov Kahn, geleitet wird. Die Wege kennen wir nun schon sehr gut und beeindruckt wanderten wir durch den Hinterhof von Toldot Aharon hinueber zur Gruppe Toldot Avraham Yitzchak. Dort war schon maechtig Stimmung und die Chassidim sangen. Rebbe Shmuel Yaakov Kahn scheint ein etwas anderer Charakter zu sein wie sein Bruder Rabbi David.
Rabbi David macht eher einen sehr ernsten Eindruck, doch Rabbi Shmuel Yaakov ist immer voll bei der Sache, wenn es um das Singen geht. Er stimmt kraeftig mit ein und dirigiert mit der Hand. Nach einiger Zeit begann ein Chor zu singen, der meiner Meinung nach nicht besonders gut war. Dennoch, der Rebbe liebte den Chor und konnte gar nicht genug davon bekommen. Spaeter forderte er die Saenger nochmals zum Singen auf.

Mittlerweile war es 2.30 Uhr am fruehen Morgen. Ich muss sagen, dass wir keine einzige Minute gelangweilt waren. Zuerst sahen wir die Tische mehr als Entertainment, doch was jetzt folgen sollte, war anders. Ploetzlich wurden auf dem Tisch des Rebben riesige silberne Tablette aufgetragen. Obst aller Art befand sich darauf. Kuchen wurden aufgefahren; Kaesekuchen, Schokoladenkuchen und wer weiss noch alles. Meiner Freundin und mir lief gewaltig das Wasser im Munde zusammen. Allerdings bestimmt nicht nur uns.
Vor uns in der Frauensektion sass die Rebbitzen. Zumindest nehmen wir an, dass es sich um die Frau des Rebben handelte. Sie sass in einem extra Stuhl und ihr wurde ein Tablett Fruechte hereingetragen. Pralle Weintrauben, Wassermelonenscheiben, Aepfel, Kirschen und Aprikosen. Kleine Kritik hier: Es waere vielleicht keine schlechte Idee gewesen, auch den anderen anwesenden weiblichen Gruppenmitgliedern ein Tablett zu servieren.

Unterdessen wurde unten das Obst an die Chassidim verteilt. Ganze Obstkisten machten die Runde durch die Raenge. Ploetzlich ging das Licht aus und nur eine kleine Lampe brannte noch. Meine Freundin und ich dachten, dass jemand unabsichtlich an einen Schalter oder einen der Kronleuchter gekommen war. Allerdings war diese Finsternis sehr gemuetlich. Schnell assen alle ihr Obst und die Kuchen ueberlebten auch nicht allzu lange. Dann stand der Rebbe auf und begann zu singen. Er sang eine Strophe vor und die Chassidim stimmten mit ein. In dem Augenblick, wo alle miteinstimmten, begann der Tanz. Alle huepften auf der Stelle einschliesslich des Rebben. Es klang als ob eine Armee mit Gesaengen an uns vorbeizog. Ich muss zugeben, dass es fuer uns ueberwaeltigend war. Der Rebbe sang die naechste Strophe und kurz darauf begann alles aufs Neue.

Leider fanden die Taenze nur zu einem Lied statt und etwas spaeter beschlossen wir heimzugehen. Es war 3.30 Uhr frueh. Meine Freundin war verwirrt als ich ihr die Zeit sagte, denn sie dachte es waere eine Stunde frueher. Doch Toldot Aharon genauso wie Avraham Yitzchak haben ihre Uhren nicht auf die Sommerzeit umgestellt und somit zeigten deren grosse Uhren im Synagogenraum eine andere Zeit an.

Diesen Shabbat werden wir zur Synagoge der Gruppe Shomrei Emunim (Hueter des Glaubens) gehen. Da andere chassidische Gruppen hoerten, dass ich ueber das Thema schreibe, bekamen wir viele Einladungen zu Synagogen und Tischen. Man will uns sogar extra Material ueber die jeweilige Chassidut zur Verfuegung stellen und Leute bereitstellen, die saemtliche Fragen beantworten. Vor allem bei Belz und Gur.
Manchmal aber ist es meiner Meinung nach besser, unverhofft vorbeizukommen und die spontanen Reaktionen zu sehen. Das alles wirkt dann natuerlicher.

Auf den Pfaden der Vorvaeter

B"H

In Israel ist die chassidische Gruppe Toldot Aharon sehr bekannt fuer ihre strenge Ideologie. Das alltaegliche Leben der Mitglieder richtet sich nach den sogenannten "Takanot", welche vom Gruender sowie ersten Rebben, Rabbi Aharon Roth, eingefuehrt wurden. Fuer viele mag das in der heutigen Zeit fremd klingen. Takanot, die mir genau sagen, wie ich mein Leben zu fuehren habe ?
Um einmal zwei kleine Beispiele aus dem Buch der Takanot (Sefer HaTakanot) zu nennen: Mitgliedern der Gruppe Toldot Aharon ist es verboten, ein Radio zu besitzen.
Ob die Regel noch gilt, dass jedes Mitglied, welches fuer einige Tage verreisen will, erst die Zustimmung des Rebben einholen muss, habe ich noch nicht herausgefunden. Zumindest ist diese Regel in den Takanot erwaehnt.

Wenn man das so hoert glaubt man, dass dieses alles alt und ueberholt sei. Genauso dachte ich auch, doch beschaeftige ich mich sehr ausfuehrlich mit den Schriften der verschiedenen Rebben von Toldot Aharon, Toldot Avraham Yitzchak und den Shomrei Emunim (Guardians of Faith) und ich fand sehr viele interessante Anhaltspunkte, warum die Takanot erlassen worden sind.
Zuerst einmal heisst es, dass Rebbe Aharon Roth eine perfekte religioese Gesellschaft erschaffen wollte. Nun, das wollen viele und soziologisch betrachtet bringen diese Vorhaben nicht selten diktatorische Prinzipien mit sich.
Ich denke kaum, dass Rebbe Roth ein Diktator sein wollte, dazu war er zu religioes und zu intelligent. Es ging ihm vielmehr darum, seine Anhaenger auf dem Pfad unserer Vorvaeter Avraham, Yitzchak und Yaakov zu halten. Die Kleidung sollte entsprechend sein genauso wie das Verhalten. Nicht, dass die Mitglieder sich voellig von der Aussenwelt abschotten, doch sollen sie religioes gesehen so stark sein, um auf aeussere Einfluesse nicht zu reagieren. Auf dem Pfad der Vorvaeter zu bleiben heisst, sich nicht anderweitig im Leben zu orientieren. Natuerlich ist das in unserer heutigen Zeit der Massenkommnunikation wie Internet, Presse, Musik etc. nicht immer einfach.

Ist es in unserer heutigen Gesellschaft nicht unvermeidbar, nach neuen Wegen im Leben zu suchen ? Haeufig jedoch kommt es mir so vor, dass die Menschen staendig nach etwas Neuem fuer sich selbst suchen. Sie sind sogar so sehr mit der Suche beschaeftigt, dass sie eigentlich gar nicht mehr wissen, was genau sie denn suchen.
Obwohl wir uns an die Mitzwot (Gebote) halten, sind wir definitiv von der Aussenwelt beeinflusst. An allererster Stelle steht der Materialismus. Egal ob nationalreligioes, haredi oder chassidisch, viele denken nur daran, wie sie das neueste Auto erstehen koennen, ihr Apartment ausbauen oder sich den allerneuesten Computer anschaffen. Jeden Donnerstag, wenn die neue Ausgabe einer bestimmten haredischen (ultra - orthod.) Wochenzeitung erscheint, sehe ich maennliche Haredim wie sie sich sofort auf die Anzeigen mit den Autoverkaeufen stuerzen.

Weiterhin ist es den Mitglieder der Toldot Aharon untersagt, sich etwas auf ihr Thorawissen einzubilden. Dieses Verhalten ist allgemein in vielen Faellen so unueblich geworden. Ich traf unzaehlige Rabbis und Yeshiva - Studenten, die ueberheblich sind, dass sie mit keinem aussserhalb ihre Kreises kommunizieren. Bei Toldot Aharon wurde ich eines besseren belehrt. Die Mitglieder halten sich wirklich an diese Erlasse.

Ist ein Leben nach den Takanot der einzige Weg, um auf den Pfaden unserer Vorvaeter zu bleiben ? Hat die juedisch - orthodoxe Gesellschaft versagt, weil sich ihre Mitglieder viel zu sehr dem Materialismus und einem Leben ausserhalb der Thora verschrieben haben ? Kann es ein Leben ausserhalb geben auch wenn ich die Mitzwot halte ? Und ueberhaupt, wer sagt, dass ich als religioese Person nicht ins Kino gehen und mir einen Film anschauen kann ? Ich habe keine Ahnung, was unsere Vormuetter und Vorvaeter dazu sagen wuerden. Wie uns aber die Thora berichtet, verstanden sie es, ein Leben ausserhalb zu fuehren ohne jemals die Thora oder G - tt zu vergessen. Wir sollten uns darauf konzentrieren, dass der Einfluss von ausserhalb nicht unser gesamtes Leben kontrolliert. Jeder muss dabei seinen eigenen fuer ihn akzeptablen Weg finden.

Obwohl ich das chassidische Leben sehr bewundere, koennte ich mir nicht vorstellen, nur in eine Richtung zu gehen. Ich liebe es zu Chassidim zu gehen und Chassidut zu lernen, aber genauso gehe ich ab und zu ins Kino oder ins Cafe. Ich bin nicht wirklich hier oder dort, was mich nicht selten stoert. Dennoch bin ich derzeit noch nicht fuer eine endgueltige Entscheidung bereit. Nur auf einer Seite zu stehen bringt die Gefahr mit sich, depressiv zu werden. Und genau das ist es, was das Judentum nicht will; jemanden in Depressionen zu stuerzen.

Samstag, Juni 16, 2007

Zwei chassidische Tische am Shabbat

B"H

Wie gewohnt waren meine Freundin und ich gestern wieder bei chassidischen Tischen zu Gast.

Zuerst waren wir beim Tisch der Chassidut Toldot Aharon und danach zog es uns zu deren Abspaltung Toldot Avraham Yitzchak.

Ich werde morgen ausfuehrlich darueber berichten, genauso wie die Gruendung von Toldot Aharon und ihrer zwei Abspaltungen erklaeren.

Da wir erst heute frueh gegen 3.30 Uhr den letzten Tisch verliessen, schafften wir es nicht mehr, in die Synagoge der Shomrei Emunim zu gehen. Schlafen war erst einmal angesagt.
Die Shomrei Emunim werden wir jedoch am naechsten Shabbat nachholen.

Freitag, Juni 15, 2007

Great Job, Ron

B"H

Hier koennt Ihr einmal live das Jerusalem Syndrom erleben.

Ein Amerikaner, der sich Eliyahu HaNavi (Prophet Eliah) nennt, predigt regelmaessig in der Ben Yehudah Fussgaengerzone.
Der sitzende Haredi, der ihn bei seiner Predigt stoert, ist ein Bekannter von mir namens Ron Ovadiah.

Donnerstag, Juni 14, 2007

Neue Kleidung, alte Vorurteile

B"H

Gerade war ich auf dem Machane Yehudah Markt mit der Absicht, einen oder mehrere anstaendige Roecke zu kaufen. In den Synagogen Mea Shearims bzw. bei den Tischen der chassidischen Rebben ist anstaendige Kleidung ein absolutes Muss.

Ich besitze zwar einiges an diverser Kleidung, doch will ich meinen Bestand etwas aufstocken. Also schaute ich auf dem Machane Yehudah herum und ging in einen der kleinen Bekleidungslaeden. Dort stuerzte sich der Inhaber sogleich auf mich und wuehlte hoechstpersoenlich in dem Staender. Ich fand das witzig, denn ich hatte noch nie einen maennlichen Verkaeufer in einem Frauenbekleidungsgeschaeft.

Wie ich schon erwartete, kam er mit den unmoeglichsten Modellen daher. Ich machte ein dementsprechendes Gesicht und erklaerte ihm, dass es religioes, aber normal ausschauen muss. Mea Shearim, aber nicht zu uebertrieben.
Und dann kam er erst richtig in Fahrt. Er schleppte mir die allerhaesslichsten Modelle an und ich viel fast in Ohnmacht. Schliesslich sagte ich ihm, dass ich schon allein zurecht kaeme und er liess mich in Ruhe. Als ich den Laden ohne etwas zu kaufen verliess, war er beleidigt.

Ich weiss nicht, was die Leute fuer Vorstellungen haben, aber wenn ich Haredi oder Mea Shearim sage dann heisst das noch lange nicht, dass ich mich jetzt in eine Lumpensammlung kleiden muss. Auch in solchen Kreisen gibt es sehr gute Kleidung, was sich anscheinend noch nicht so herumgesprochen hat.

In der Agrippas nahe King George wurde ich fuendig. Ein schwarzer Rock. Etwas teuer, aber kein Ramsch.

Parashat Korach

B"H

Die Thoralesung fuer diesen Shabbat

Das erste, was uns bei dieser Parasha auffaellt, ist das sie nach Korach benannt wurde. Wieso wird eine ganze Thoralesung nach ihm benannt, wenn er doch Moshe und Aharon herausforderte und G - tt ihn strafte ?
Bei Korach begann alles mit einer Prophezeihung, die er hatte. Er sah, dass er selbst die Macht uebernehmen solle (Rashi). Allerdings machte er einen gewaltigen Fehler. Er hatte zwar diese Prophezeihung, doch deutete er sie falsch. Nicht er sollte der Anfuehrer der Juden werden, sondern einer seine Nachfahren, naemlich der Prophet Samuel (Shmuel). Korachs Soehne bereuten rechtzeitig ihre Taten und so ueberlebten sie (Rashi). Dadurch kam es, dass der ueberhebliche Korach ein Vorfahre des grossen Shmuel HaNavi (Samuel der Prophet) ist.

"VaYikach Korach" - "Und Korach entfernte sich….
Korach und seine Anhaenger entfernten sich vom Rest der Israeliten (Rashi, Ramban, Maharal von Prag etc.). Korach kam mit 250 seiner Anhaenger zu Moshe und forderte ihn heraus. Auch er war vom Stamm Levi, denn sein Vater Kehat war ein Sohn Levis, genauso wie Amram, der Vater Moshe und Aharons. Moshe und Korach waren also Cousins und Korach sah nicht ein, dass nur Moshe und Aharon die Fuehrung der Israeliten uebernommen hatten. Er war neidisch und wollte ebenso einen Teil vom Kuchen abbekommen (Sefat Emet und Ibn Ezra).
Der chassidische Kommentar Degel Machane Ephraim und Rabbi Samson Raphael Hirsch lehren, dass der ganze Streit nur deshalb ausbrach, weil Korach nicht einsah, dass Moshe nur seinem Bruder Aharon das Priesteramt (Cohen) zusprach. Nicht, dass Korach auf Reichtuemer aus war, denn er war mehr als wohlhabend, hatte er doch Yosefs versteckten Schatz in Aegypten gefunden (Sefer Seder HaDorot). Zusaetzlich hatte Korach einen sehr guten Posten inne, denn er war einer derjenigen, die die Bundeslade tragen durften.

Nach dem Ereignis mit den Spionen, die mit falsch interpretierten Berichten zurueckkamen, sah Korach seine Stunde zur Rebellion gekommen. Er warf Moshe vor, dass alle Israeliten heilig seien und somit keiner besonderen Anfuehrers bedarf. Daraufhin verwies Moshe ihn auf den folgenden Tag, an dem G - tt zeigen sollte, wen genau Er als Anfuehrer der Israeliten auserkoren hat.
Warum erst auf den kommenden Tag und nicht gleich ? Die Midrash Rabbah sowie Rabbi Samson Raphael Hirsch kommentieren, dass Moshe Korach und den anderen Rebellen Zeit geben wollte, ihre Anschuldigungen zu bereuen. Einige Stunden Schlaf und die Sache wuerde vielleicht ganz anders ausschauen. Stattdessen aber bereuten Korach & Co. nichts und besiegelten so ihr Schicksal. Nur seine Soehne sprangen im letzten Moment doch noch ab. Genauso wie On, der Sohn Pelets. Die Gemara im Talmud Traktat Sanhedrin 109b - 110a erzaehlt uns genau, wie die Frau von On ihrem Gatten Wein zu trinken gab und ihn so erstmal ausschaltete. On schlief ein, verpasste die Rebellion und blieb am Leben.
Die Ehefrau Korachs dagegen war aus anderem Holz geschnitzt. Laut Gemara in Sanhedrin 100a wiegelte sie ihren Gatten erst so richtig gegen Moshe auf. Sein lieber Cousin Moshe wuerde naemlich nur alles unter sich und seinem Bruder aufteilen und er (Korach) gehe leer aus.

Wie wir in der Thora lesen, wurden alle 250 Rebellen vom sich auftuenden Erdboden verschluckt. In der Gemara Sanhedrin 110a gibt es einen Disput verschiedener Rabbiner darueber, ob Korach wirklich verschluckt wurde, er erst bei der nachfolgenden Plage oder gar beide Tode starb.

Der Ishbitzer Rebbe kommentiert, dass Korach ganz einfach seiner Yetzer folgte. Ploetzlich kam ein Gedanke in ihm auf und ohne gross zu ueberlegen bzw. sich ueber moegliche Konsequenzen bewusst zu sein, folgte er seinem schlechten Gedanken. Haette er nachgedacht, so waere ihm bewusst gewesen, dass G - tt Moshe und Aharon zu den Anfuehrern bestimmt hatte. Natuerlich kann jeder einzelne seine stillen Zweifel an Moshes Herrschaft haben, doch nichtdestotrotz wurde er von G - tt dazu auserwaehlt und Moshe war nicht gerade ein Charakter, der seine Position ausnutzte. Eher im Gegenteil. In der Chassidut wird Moshe ein kompletter Zaddik (Gerechter) genannt, dessen Aufgabe darin besteht, unsere Welt mit G - tt zu verbinden (Degel Machane Ephraim). Genauso sehen bis heute die chassidischen Gruppen ihren Rebben. Nicht, dass heutzutage jemand auf dem Level Moshes ist, dennoch verbindet ein Zaddik unsere Welt mit G - tt und es wird ihm eine bestimmte Kraft nachgesagt, welche diverse G - ttesurteile zum Guten veraendern kann. Siehe Moshe bei seinen Diskursen mit G - tt.

In jeder Generation gibt es einen Zaddik und Leute, die gegen ihn sind. Was ein Rebell gegen einen Zaddik machen kann ist, nachzudenken und seine Energie ins Positive umwandeln (Rabbi Simcha Bunim von Peshis'cha). Dies ist der Weg, um Korachs Seele (Neshama) zu "reparieren", wie man in der Kabbalah oder der Chassidut sagt.

Jeder von uns hat Zeiten in seinem Leben, in denen er negative Gedanken im Kopf mit sich traegt. Allerdings sollte man nicht wild drauflos rennen, sondern sich erst einmal darueber klar werden, was es fuer Folgen hat und ob das alles wirklich das Richtige waere. In dem Moment, in dem man sich eines besseren besinnt, kann man das Negative in etwas Positives umwandeln und hat so einen Tikun Olam (eine Art Weltverbesserung) vollbracht (Baal Shem Tov, Chassidut Chabad und andere).

Da wir an diesem Shabbat ebenso den Beginn des juedischen Monat Tammuz (Rosh Chodesh Tammuz) feiern, bekommt der Shabbat noch eine groessere spirituelle Bedeutung. Eine doppelte Portion an Heiligkeit sozusagen.

Aufgrund des Rosh Chodesh aendern sich der Maftir bei der Thoralesung und die Haftarah (Lesung aus dem Propheten).

Maftir: 28:9 - 15, worin es um diverse Opferungen zum Neumond geht.

Haftarah: Yeshayahu (Jesaja) 66:1 - 24, wo Israels Sieg ueber die Nationen und die unendliche Liebe G - ttes zu Israel beschrieben wird.

Shabbat Shalom und Chodesh Tov (einen guten Monat)

Rosh Chodesh Tammuz - Der Beginn des juedischen Monat Tammuz

B"H

An diesem Shabbat incl. Sonntag feiern wir den Beginn des juedischen Monat Tammuz.
Wie ich immer wieder neu erwaehne, ist jeder Beginn eines neuen Monats eine neue Chance im Leben etwas zu veraendern.

Der juedische Monat Tammuz steht zwar nicht fuer die positivsten Ereignisse in der Geschichte des Judentums, dennoch sieht ihn die chassidische Gruppe Chabad als den Monat, der das Kommen des Meschiach (die Geulah) einleitet. Fuer Chabad ist der Tammuz sehr wichtig, wurde doch in diesem Monat der sechste Lubavitcher (Chabad) Rebbe, Rabbi Yosef Yitzchak Schneersohn, im Tammuz des Jahres 1927 aus sovietischer Haft entlassen.
Rebbe Yosef Yitzchak war der Schwiegervater des siebten und letzten Lubavitcher Rebben, Rabbi Menachem Mendel Schneerson, welcher im Juni 1994 in New York verstarb. Daher kommt auch die unterschiedliche Schreibweise des Familiennamens Schneerso(h)n.

Bekannt ist der Monat Tammuz vor allem fuer zwei Tragoedien in der juedischen Geschichte. Der ersten Tragoedie gedenken wir am 17. Tammuz. Der Tag, an dem Moshe mit dem ersten Paar der Bundestafeln (Luchot) vom Berg Sinai zurueckkam, er die Israeliten um das Goldene Kalb tanzen sah und die zwei Laden vor Aerger zerschmetterte. Viele Jahre spaeter zerstoerten die Babyloniern am 17. Tammuz die aeussere Tempelmauer, was die Zerstoerung des 1. Tempels einleitete.
Auf die Bedeutung des 17. Tammuz, der ein Halbfastentag ist, werde ich in einem spaeteren Beitrag eingehen.

Wie schon bekannt, steht laut des kabbalistischen Buches Sefer Yetzirah (Book of Creation) jeder juedische Monat fuer einen bestimmten hebraeischen Buchstaben, einen israelitischen Stamm, einen der menschlichen Sinne, ein Sternzeichen und ein Koerperteil.
Der Buchstabe des Tammuz ist das Chet ח, das Sternzeichen ist der Krebs, der Koerperteil ist die rechte Hand, der Stamm ist Reuven und der menschliche Sinn ist die Sehkraft.

In der letzten Thoralesung (Parasha) lasen wir ueber die Spione, welche Moshe ins Land Canaan sandte, um es auszukundschaften. Leider interpretierten die Spione das Gesehene falsch und brachten den Israeliten falsche Berichte, die fatale Auswirkungen zur Folge hatten. Auch Eva und Adam (Chava und Adam) im Paradies setzten ihre Sehkraft fuer negative Zwecke ein. Sie schauten auf den Apfel und assen ihn, heisst, sie begehrten ihn mit ihren Augen.
Im Monat Tammuz haben wird daher die Aufgabe, den menschlichen Sinn der Sehkraft zu "reparieren", indem wir unsere Sehkraft positiv einsetzen.

Der Monatsbeginn faellt dieses Mal auf den Shabbat, wodurch sich am Shabbat die Thora – bzw. die Haftarahlesung (Propheten) etwas veraendert. Auch fuegen wir im Birkat HaMazon – Gebet (Gebet nach dem Brotessen) das "Yaaleh ve Yavo" ein.

Chodesh Tov – einen guten Monat an alle !!!

Mittwoch, Juni 13, 2007

Satirische Gedanken zum juedisch - christlichen Dialog

B"H

In Israel stellt sich mir das Thema juedisch - christlicher Dialog nicht. Ich lebe orthodox, mein Freundeskreis ist fast nur religioes und meine Freizeit verbringe ich ueberwiegend mit der juedischen Religion. Man koennte fast sagen, dass ich mich ausschliesslich mit der juedischen Religion beschaeftige. Nichtjuden gehoeren nicht in meinem Freundeskreis. Ausser vielleicht ein paar Leuten, die gerade an einem orthodoxen Konversionskurs (Giur) teilnehmen bzw. auf ihr Beit Din (rabbinisches Gericht) warten.

Als ich noch in Deutschland lebte, war das anders. In unserer kleinen sogenannten orthodoxen Gemeinde gab es kaum Juden und daher bestand mein Freundeskreis aus Nichtjuden. Den besten juedisch - christlichen Dialog hatte ich mit ihnen, wenn wir nicht ueber das Thema Religion sprachen. In dem Moment funktionierte unsere Freundschaft wunderbar. Meine nichtjuedischen Freunde waren allerdings nicht die Art von Leuten, die einen mit einem unschuldigen Marienlaecheln angrinsen und fragen, warum wir Juden denn nicht an J. glauben. Wenn Freunde oder Arbeitskollegen mich nach der juedischen Religion fragten, dann bekamen sie von mir eine ausfuehrliche Antwort. Missionieren wollte mich keiner.

Die richtigen christlichen Missionare habe ich erst in Israel kennen gelernt und durch deren Gerede lernte ich eine Menge darueber, was die christlichen Kirchen wirklich ueber Juden denken. Mit Kirchen, die Sprueche verbreiten wie, G - tt haette die Juden verlassen und sich die Christen als Auserwaehltes Volk zugelegt, will ich nichts zu tun haben. Schon viele Male wies ich daraufhin, dass G - tt unzaehlige Male in der Thora sagt, dass die Juden das Auserwaehlte Volk sind, die Mitzwot (Gebote) fuer sie sind und die Thora fuer alle Ewigkeiten gelten wird. Des weiteren ist die Thora nicht veraenderbar; es darf nichts hinzugefuegt oder Inhalte herausgenommen bzw. veraendert werden.

Ein weiterer Punkt, der mir bei Christen aufstoesst ist, dass sie versuchen juedische Inhalte mit christlichem Denken zu verstehen. Was immer wir auch sagen, alles wird sofort in christliche Sichtweisen umgewandelt. Fuer dieses Verhalten habe ich ein tolles Beispiel von der sogenannten "Woche der Bruederlichkeit 1998" in unserer kleinen deutschen Gemeinde. Nach dem Synagogeng - ttesdienst am Shabbat lud der Rabbiner alle anwesenden Christen zum Kiddush (Segen ueber den Wein) ein. Eine nichtjuedische Frau fragte mich sogleich ganz eifrig, ob denn das etwas mit J. und seinem Abendmahl zu tun haette. Voellig genervt sagte ich ihr, sie moege doch bitte den Rabbiner fragen.
"Ja, sagte die Frau zu mir, wenn sie (die Juden) nicht kooperativ sind, wie koennen sie (die Juden) dann von uns Toleranz erwarten ?"
Mit anderen Worten etwas ueberzogen ausgedrueckt: Antworte mir gefaelligst oder ab nach Auschwitz.

Genauso wie diese Frau wissen die meisten deutschen Nichtjuden absolut gar nichts ueber das Judentum. Vielleicht hat sich der ein oder andere hier und da einmal etwas angelesen und meint dann, er muesse uns Juden jetzt sagen, wo es lang geht. Wer wirklich am Judentum interessiert ist, der geht ganz anders vor und informiert sich richtig.

Was sich in Deutschland grosser Beliebtheit erfreut ist das Einladen orthodoxer Rabbiner in christliche Gemeinden. Alle christlichen Gemeindemitglieder kommen dann sofort einen Juden anschauen. Und wenn der Herr Rabbiner zusaetzlich noch einen schwarzen Anzug und Hut traegt, ist die Begeisterung gleich noch viel groesser. Da wird dann richtig euphorisch mitgeklatscht. Ganz Happy Clappy.

Persoenlich habe ich ein ganz grosses Problem damit, wenn sich sogenannte orthodoxe Rabbiner in christlichen Gemeinden bewegen. Einer der Gruende fuer deren halachisch nicht einwandfreies Verhalten mag sein, dass sie endlich einmal ein Publikum haben wollen, was ihnen zuhoert. Andererseits suchen sie Anerkennung, um ihr Ego aufzuputschen. "Wow, sagen sich die christlichen Aktivisten, was der Herr Rabbiner so alles weiss."
Selbst wenn er nichts weiss, merkt ja eh keiner.

Wie soll ich als Jude einen Dialog mit Menschen fuehren, die mich insgeheim missionieren wollen ? Manchmal mag der Dialog sogar recht positiv sein, bis dann, ja, bis die Katze aus dem Sack gelassen wird und ich mir falsch interpretierte Zitate aus den Propheten anhoeren muss. "Sehen Sie, G - tt hat das alles ganz anders gemeint und Sie muessen das halt nur glauben".

Judentum und Christentum sind zwei grundsaetzlich verschiedene Religionen. Warum muss ich mich zum Dialog bereiterklaeren, wenn die Gegenseite behauptet, sie sei jetzt auserwaehlt und besitze den Heiligen Geist ?

Fuer die juedischen Leser: Ruach HaKodesh, der im Judentum eine voellig andere Bedeutung hat als im Christentum, die Kirchen jedoch glauben, ihn allein zu besitzen selbst wenn sie nicht wissen, um was es sich handelt.

Wer ernsthafte Fragen zum Judentum hat, der kann sie gerne stellen. Antworten wird der interessierte Nichtjude immer bekommen. Auch ohne Dialog.

Dienstag, Juni 12, 2007

Toldot Aharon beim Tanz

B"H

Schon in mehreren Beitraegen haben ich die chassidische Gruppe Toldot Aharon beschrieben, doch im Ausland weiss kaum jemand, wie sie ausschauen.
Hier ein kurzes Video vom letzten Sukkot (Laubhuettenfest) aus der Toldot Aharon Synagoge in Jerusalem / Mea Shearim. Hier seht ihr auch, wo genau der beruehmte Tisch mit dem Rebben stattfindet.

Moishe Hundesohn

B"H

Von einer Leserin bekam ich diesen Link in Bezug auf den angesprochenen juedisch - christlichen Dialog zugesandt. Ich hoffe, ihr geniesst den Cartoon genauso wie ich.:-)

http://www.israeli-art.com/satire/judensau.htm

Montag, Juni 11, 2007

Verliert die Frau ihre Wuerde ?

B"H

In einigen deutschen Blogs wird gerade eine angeregte Debatte um die Kopfbedeckung der juedischen bzw. muslimischen Frau gefuehrt. Ich kann diese ganze Debatte in Deutschland ueberhaupt nicht verstehen, denn jeder sollte eine andere Religion zumindest respektieren und sich nicht einmischen. In Israel haben wir keine religioesen Auseinandersetzungen zwischen Muslimen und Juden, aber hier wie auch anderswo versuchen sich vor allem Christen immer einzumischen, da sie meinen, dass ihnen allein die Welt gehoere und nur sie alles wissen.

Aber nicht nur ich finde die Diskussion ueberfluessig. Wer einem Amerikaner von dem Streit um eine Kopfbedeckung der Frau erzaehlt, der wird genauso auf Erstaunen treffen, denn vor allem in den Staaten gilt das Persoenlichkeitsrecht. Jeder hat seine religioese Freiheit und auf dieses Verfassungsrecht wird dort aeusserst viel Wert gelegt.

In Israel gibt es keinerlei Diskussionen der Gesellschaft ueber die Kopfbedeckung der orthodoxen juedischen Frau. Die Nationalreligioesen bedecken ihre Haare ueberwiegend mit Hueten, die uebrigens chic und modisch sind. Bei den Haredim kommt es auf die Gruppenzugehoerigkeit an. Litvishe Frauen bedecken ihre Haare vorwiegend mit Peruecken. Aber hier ist Vorsicht geboten, denn nur die aschkenazischen Frauen verwenden die Peruecke, die sephardischen dagegen nicht. Der fruehere sephardische Oberrabbiner Rabbi Ovadiah Yosef sprach sich schon vor Jahren gegen die Peruecke aus.
Auch bei der Chassidut Breslov tragen die Frauen keine Peruecken, sondern die sogenannte "Mitpachat", eine Art Stoffmuetze.

Wer nun unbedingt auf den allseits beliebten Feminismus pocht, der wird den ungarisch - rumaenischen Brauch diverser chassidischer Gruppen mit Abscheu betrachten. Was bei Belz oder Satmar nicht immer der Fall sein muss, ist bei der Chassidut Toldot Aharon alltaeglich. Ca. zwei Tage nach der Hochzeit rasiert jede Frau ihre Haare ganz ab und bedeckt ihren Kopf mit einem Tuch. Wochentags ist dies ein schwarzes und am Shabbat ein weisses Tuch.
Viele moegen nun ihren Kopf schuetteln, doch gebe ich zu bedenken, dass wer mit diesen Traditionen aufwaechst, sich auf keine Diskussionenn darueber einlaesst.

Das Problem ist, dass viele einfach nur fremde Traditionen aus ihren eigenen Augen heraus und mit ihren eigenen Weltanschauungen betrachten. Alles was nicht meinen Werten entspricht, ist abartig und inakzeptabel. Fragt man dagegen eine chassidische oder auch eine muslimische Frau, schaut die Antwort ganz anders aus.

Im Internet las ich einen sehr guten Artikel amerikanischer Psychologen und Psychiater zum Thema, ob die chassidische Frau sich wirklich unterdrueckt fuehlt. Wie kann ich mit einer guten Portion Feminismus in dieser chassidischen Maennerwelt bestehen oder mich da ueberhaupt unterordnen ? Wie koennen Frauen mit Doktortiteln am Shabbat in die Synagoge gehen und sich den orthodoxen Regeln der Sitztrennung (Mechitza) oder der Maennerbastion unterordnen ? Persoenlich wurde mir die Frage schon auf der Arbeit gestellt. Wie kann ich gerade zu den Chassidim gehen ?
Ebenso untersuchten die amerikanischen Psychologen die Frage, wie z.B. eine Frau von Toldot Aharon damit umgeht, dass sie nach der Hochzeit ihre Haare verliert. Muss das nicht ein gewaltiger psychischer Schock fuer die Frau sein, vor dem Spiegel zu stehen und keine Haare mehr zu haben ?

Aus meiner persoenlichen Sicht kann ich sagen, dass ich die Trennung zwischen Mann und Frau in der Synagoge nicht als defamierend fuer mich empfinde. Ehrlich gesagt denke ich nie darueber nach, denn es ist nichts Aussergewoehnliches fuer mich, den Fraueneingang aufzusuchen. Diskriminiert fuehle ich mich nicht. Vielleicht ist es nicht jedermanns Sache, sich nach der Hochzeit die Haare abzurasieren, doch bin ich kein Mitglied bei Toldot Aharon. Und dort wiederum kommt diese Frage erst gar nicht auf.

Auch in der orthodoxen bzw. chassidischen Welt ist es durchaus moeglich Feminismus zu leben. Natuerlich gibt es Grenzen, aber keine chassidische Frau kaeme jetzt unbedingt auf die Idee, High Life machen zu muessen. Es handelt sich hier um Gesellschaften mit anderen Wertevorstellungen und wer das von aussen nicht akzeptieren kann, ist selber schuld. Anders herum gesehen sind die anscheinend so tollen Feministinnen in den Augen der chassidischen Frauen genauso obskur und fremd.

Sonntag, Juni 10, 2007

Zum Tisch beim Rebben von Toldot Avraham Yitzchak

B"H

Die Gruendung der chassidischen Gruppe Toldot Avraham Yitzchak und ihre Abspaltung von Toldot Aharon erklaerte ich schon im vorherigen Beitrag. Nun folgt Teil 2 unseres Erlebnisses vom letzten Shabbat.

Nachdem meine Freundin und ich gegen 23.30 Uhr zum Tisch von Avraham Yitzchak kamen, hatte Rebbe Shmuel Yaakov Kahn schon Kiddush gemacht.
Erneut waren wir nach Mea Shearim gekommen und als wir in der Frauenempore der grossen Synagoge der Chassidut eintrafen, waren dieses Mal nicht nur vier Frauen, sondern ueber Hundert anwesend. Genauso wie letzte Woche beim Tisch von Toldot Aharon kamen auch hier die Frauen mit ihren Kindern.

Zuerst gingen wir in den Vorraum, in dem die Frauen von den Maennern durch geflochtene Metallstaebe getrennt sind, die sich ueber die gesamte Sichtflaeche ziehen. Es ist moeglich durchzuschauen, aber nicht besonders gut.
Nach einigen Minuten jedoch wurden wir stutzig, denn wir sahen viele Frauen um die Ecke verschwinden. Neugierig folgten wir und siehe da, es gab eine zweite Frauenempore mit drei riesigen Fenstern. Hier konnte man bequem auf einem tribuenenartigen Geruest sitzen und alles beobachten. Rebbe Shmuel Yaakov Kahn und seine Chassidim hatten wir bestens im Blick.

Anders als bei Toldot Aharon isst hier der Rebbe eine richtige Mahlzeit. Ein Chassid, der als Kellner fungiert, bringt ihm das Essen und giesst Sodawasser in einen Silberbecher. Mindestens 200 Chassidim waren anwesend sowie eine Gruppe junger naionalreligioeser Yeshiva - Studenten. Hier und da sah man auch einen litvishen Haredi stehen.

Immer mehr Frauen draengten sich in die Empore und gegen 1.00 Uhr frueh waren mindestens 200 Frauen im Raum. Sehr viele darunter gehoerten der chassidischen Gruppe Satmar an, die auf Besuch vorbei kamen. Bei Toldot Aharon stehen die Frauen still auf dem Geruest und schauen dem Rebben und den Chassidim zu. Kein Mensch fuehrt Gespraeche. Nicht so bei Toldot Avraham Yitzchak, wo die Frauen den Tisch eher als gesellschaftliches Ereignis betrachten. Man geniesst die tolle Atmosphaere, aber sitzt auch mit anderen Frauen zusammen und unterhaelt sich.

Bei einem chassidischen Tisch ist es ueblich, dass die Maenner stehen. Auch sie sind ueber tribuenenartige Gerueste verteilt und stehen so auf mehreren Etagen. Vor dem Tisch des Rebben befindet sich immer eine querstehende lange Tafel, an der die aelteren Chassidim und wichtige Rabbiner der Chassidut sitzen. Der Rebbe Shmuel Yaakov Kahn sitzt auf einer Art Thron, einem grossen hellbrauen Holzstuhl mit Verzierungen und einer weichen ebenso hellbrauen Polsterung. Er ass seine Mahlzeit, die, wie am Shabbat ueblich, aus mehreren Gaengen bestand und was nicht verzehrt wurde, verteilte der Kellner an die Chassidim.
Die Frauen bekamen nichts, doch sandten einige ihre Soehne hinunter, die Essen in die Frauenempore brachten. Aber leider nur gekochte Karotten, die ich nicht mag.

Bei Toldot Aharon gab es eine tolle Atmosphaere, aber im Gegensatz zu ihrer kleinen Abspaltung Avraham Yitzchak, ging es etwas kuehl zu. Was mir am besten gefiel waren die melodischen Lieder bei Avraham Yitzchak. Melodien, die ich noch nie zuvor gehoert hatte. Begeistert sangen alle Chassidim mit, wobei sie ihr hauseigenes blaues Liederbuch mit den Zemirot in der Hand hielten. Der Rebbe stimmte kraeftig mit ein oder dirigierte. Es war ein unglaubliches Schauspiel.

Die Synagoge ist verhaeltnismaessig gross und fuer Chassidim typisch, mit einigen grossen Bildern ausgestattet. Schraeg ueber dem Rebben kam stand ein 3D - Modell der Synagoge, was sehr schoen anzuschauen war. Darueber prangte eine riesige Uhr mit hebraeischen Ziffern. Mittlerweile haben wir schon gelernt, dass die Uhren bei der Mitgliedern der anti - zionistischen Organisation, Edah HaHaredit, und deren chassidische Mitgliedergruppen anders gehen. Auch Avraham Yitzchak hat die Uhr nicht auf die Sommerzeit eine Stunde umgestellt, sondern die "normale" Zeit beibehalten. Was der Staat Israel entscheidet, muss noch lange nicht auf religioese Juden zutreffen.

In der Zwischenzeit hatte der Rebbe seine Mahlzeit beendet und es wurden immer mehr Lieder gesungen. Von seiner Ansprache (Drasha) verstanden wir nicht viel, was nicht seine Schuld war. Er verfuegt ueber eine sehr energische und laute Stimme, doch um uns herum redeten die Frauen wie ein Wasserfall. Er sprach auf Yiddish und leider bekamen wir nur mit, dass das Thema "Shabbat" hiess.

Nach einiger Zeit wurde ein noch ein weiterer "Thron" hereingetragen. Dunkelbraunes Holz mit dunkelblauer Polsterung. Ein ehrwuerdiger aelterer Herr in seidenem hellbraunem Samtgewand nahm darin Platz. Zuerst dachten wir, es handele sich bei ihm um einen Verwandten des Rebben, doch um auf Nummer sicher zu gehen, fragte ich eine der umherstehenden Frauen.
"Nein, sagte sie, dies sei der Kalover Rebbe aus New York. Ein Ehrengast am heutigen Tisch."

Der Kalover Rebbe heisst eigentlich Rabbi Moshe Taub. Die Chassidut Kalov hat zwei Rebben, wovon einer in Jerusalem und einer in New York lebt. Den Jerusalemer Rebben (frueher lebte er in Bnei Brak) nennen alle nur den Kaliver Rebben. Bekannt ist vor allem, dass er von den Nazis schwer gefoltert wurde. Kalov wie die Chassidut Karlin sind vor allem fuer ihre beruehmten chassidischen Melodien und Gesaenge bekannt und meine Freundin und ich werden auch noch bei ihnen vorbeischauen.

Wie schon zuvor bei Toldot Aharon hatten wir keinerlei Probleme mit den Frauen ins Gespraech zu kommen. Fragen werden freundlich beantwortet. Auf Hebraeisch oder Yiddish, denn Englisch spricht niemand. Wir blieben bis 2.00 Uhr frueh und genossen jede Minuten. Diesen Freitag Abend planen wir einen weiteren Tisch bei Avraham Yitzchak. Es war ein aufregendes Erlebnis und wer sich ernsthaft fuer Chassidut interessiert, der kommt bei Toldot Avraham Yitzchak voll und ganz auf seine Kosten.

Vorher hatte man uns gesagt, dass auch in der riesigen Breslov - Synagoge eine grosse Feier stattfindet, denn dort beendete man das Buch "Likutei Moharan" des Rabbi Nachman von Breslov (Sium). Doch Breslov muss noch etwas auf unseren Besuch warten.

Ich erwaehnte schon, dass ich zwar die Inhalte der chassidischen Gruppen beschreibe und mit ihnen persoenlich spreche, doch gebe ich keine genauen Adressen weiter. Wer an solch einem Tisch teilnehmen bzw. in eine chassidische Synagoge gehen will und ernsthaft bei der Sache ist, der weiss genau, wo er ansetzen und suchen muss. Auch wir mussten beim ersten Mal suchen, bekommen aber jedesmal viele neue Infos hinzu.

Samstag, Juni 09, 2007

Shabbat bei der Chassidut Toldot Avraham Yitzchak

B"H

Gestern Abend war es wieder soweit. Meine Freundin und ich machten uns auf den Weg ins ultra - orthod. Stadtviertel Mea Shearim, um in die Synagoge der Chassidut Avraham Yitzchak zu gehen.

Toldot Avraham Yitzchak ist eine relativ junge Gruppe, die erst seit ca. 11 Jahren besteht. Urspruenglich ist Avraham Yitzchak eine Abspaltung ihrer grossen "Schwester" Toldot Aharon.
Als im Jahre 1996 der Rebbe, Rabbi Avraham Yitzchak Kahn, von Toldot Aharon verstarb, hinterliess dieser zwei Soehne, die beide Rebbe werden wollten. Der juengere Bruder, Rabbi David Kahn, wurde zum neuen Rebben von Toldot Aharon gewaehlt und der aeltere Bruder, Rabbi Shmuel Yaakov Kahn, gruendete seine eigene Chassidut, die er nach seinem Vater, Toldot Avraham Yitzchak, benannte. Trotz der Abspaltung sind beide Brueder sowie die Gruppenmitglieder sehr gut miteinander befreundet.

Die grosse Synagoge von Toldot Avraham Yitzchak liegt mitten in Mea Shearim und es ist jedesmal ein ueberwaeltigendes Erlebnis am Freitag Abend durch Mea Shearim zu gehen. Hunderte Chassidim befinden sich auf den Strassen und in den engen Gassen und eilen in die Synagogen. An der grossen Breslov - Synagoge vorbei fanden wir schnell unseren Weg zu Avraham Yitzchak.
Da Maenner und Frauen getrennte Eingaenge benutzen, begann erste einmal die Suche nach dem Fraueneingang. Natuerlich liefen wir zuerst in die falsche Richtung. Urploetzlich stand eine chassidische Frau neben uns, die uns auf Englisch ansprach. Sie war Amerikanerin und Mitglied der chassidischen Gruppe Satmar. Hilfsbereit erklaerte sie uns, wo wir den Eingang finden.

Die Frauen - Empore befand sich im zweiten Stock und war wesentlich groesser als in der Toldot Aharon - Synagoge. Allerdings waren nur vier weitere Frauen anwesend und leider war die Mechitza, die Trennung zu den Maennern unten im Erdgeschoss sowie im ersten Stock, mit unseren Augen fast undurchdringbar. Wir sahen nicht viel, aber es war okay.
Da meine Freundin nur Englisch spricht, muss ich immer alles erfragen. So fragte ich eine Frau nach Einzelheiten und sie erzaehlte mir, dass die meisten Leute erst spaeter zum Tisch des Rebben kommen. Dann wuerden wir auch mehr sehen, denn es gebe noch einen zusaetzlichen Frauenraum mit Fensterblick.
Ausserdem werde der Rebbe Orangenstuecke an seine Chassidim verteilen, was ein Brauch bei Avraham Yitzchak ist.

Der Synagogeng-ttesdienst war gegen 21.00 Uhr vorueber und unten bei den Maennern wurden Suessigkeiten an die Kinder verteilt. Kartoffelchips Tueten und Bonbons. Die Maenner wiederum stuerzten auf eine bestimmte Stelle zu und wir sahen leider nicht, was dort vor sich ging.
Wieder fragte ich die Frau und sie erklaerte, dass die Chassidim dem Rebben "Shabbat Shalom" sagen.

Meine Freundin und ich beschlossen zum Kiddush und Essen zum nicht allzu weit entfernt wohnenden Rabbi Mordechai Machlis zu gehen und danach zum Tisch des Rebben wiederzukommen.

Der Tisch bei Toldot Avraham Yitchak verlaeuft wesentlich anders als bei Toldot Aharon und da es ein laengerer Bericht wird, werde ich diesen morgen veroeffentlichen. Nur soviel, wir hatten einen ganz tollen Abend. Was sage ich, eher eine tolle Nacht, denn wir waren bis in die Morgenstunden dort. Und wir lernten nicht nur einen, sondern gleich zwei Rebben kennen.

Unsere Plaene fuer den kommenden Shabbat sind ein weiterer Tisch bei Toldot Avraham Yitzchak und am Shabbatmorgen gehen wir in die Synagoge einer weiteren Toldot Aharon Abspaltung, der Shomrei Emunim (Hueter des Glaubens). Ebenso in Mea Shearim gelegen.
Ausserdem beschlossen wir einmal eine ganze Freitag Nacht durchzumachen und von einem Tisch zum anderen zu gehen.