B"H
Die Rolle der Frau im orthodoxen Judentum ist zwar halachisch mehr oder weniger definiert, doch schauen die Realitäten dermaßen unterschiedlich aus, dass die Rolle der Frau niemals aus stereotypem Blickwinkel betrachtet werden darf. Noch dazu, wo die betroffenen Frauen selber verschiedene Ansichten über ihre Rolle sowohl als auch ihr Dasein pflegen. Selbst wenn eine Frau strengen Gruppenregeln (wie bei der Chassidut Satmar oder den Toldot Aharon) unterliegt, so bedeutet dies noch lange nicht, dass sie sich jetzt da furchtbar unwohl fühlt und nach Hilfe schreit.
Eines jedoch ist geschichtlich erwiesen:
Die Rolle der Frau im Judentum unterlief im Laufe der Jahrtausende einen gravierenden Wandel. Bestimmt waren Sarah oder Leah nicht immer so hausmütterlich mit ihren Gatten Avraham und Yaakov, wie sich dies heute viele ultra - orthod. Männer gerne wünschen. Und, wie ich schon mehrmals aufführte, gab es auch zu talmudischer Zeit große jüdische Frauen und vorher sogar Prophetinnen. Selbst Rivka (Rebekka) und Miriam waren bekannte Prophetinnen.
Später kamen dann Raschis drei Töchter hinzu, die den Talmud lernten, da ihr Vater keinen Sohn zeugte. Und so entschloß sich Raschi, eben seinen Töchtern höhere jüdische Studien zu lehren. Gracia Mendes (geb. 1505) war so mit die letzte Frau, welche das Judentum bzw. die jüdische Geschichte gravierend mit beeinflußte. War es doch gerade ihr zu verdanken, dass Juden der Inquisition entkamen und sich in Israel ansiedelten. Die erste Zionistin ?
Danach trat auf fraulicher Ebene Ruhe ein und schon zur Zeit des Chassidismus spielte die Frau nur noch eine untergeordnete Rolle. Außer Adel, der Tochter des Baal Shem Tov. Es wird uns zwar in chassidischen Stories immer soviel über ehemalige und zeitgenössische Zadkaniot (großartige gerechte Frauen) berichtet, nur sollte man sich den genauen Inhalt vor Augen führen, der da im Wesentichen lautet: eine gute Hausfrau.
Neulich sprach ich das Thema "Geschlechtertrennung in öffentlichen Bussen" an und schon laufen viele auf meinem engl. Blog Sturm. Ob das denn in Israel tatsächlich so chaotisch sei ?
Persönlich mache ich immer wieder die Erfahrung, dass es darauf ankommt, mit wem eine Frau spricht. In der nationalrelig. Szene stellt man sich alles so völlig emanzipiert vor, was nicht immer den Tatsachen entspricht. Ich erlebte schon viele solcher Paare, bei denen es konservativer zuging als in jeder haredischen (ultra - orthod.) Gesellschaft.
Zweites Beispiel: Die Haredim (Ultra - Orthod.).
Gerade ihnen wird immer vorgeworfen, ihre Frauen wie Putzlappen zu behandeln. Man schaue sich nur den Stundenplan der Mädchenschulen an. Was gebe es denn da schon groß zum lernen.
Das ist alles richtig und mit dem Lehrplan für Mädchen, selbst bei den Nationalrelig., stimme ich nicht unbedingt überein. Aber wie es so ist im Laufe der Jahrzehnte; Gesellschaften, egal welche, unterliegen veränderungen. So auch die ultra - orthod. bzw. orthod. Gesellschaft. In der regulären israel. sowie amerikanischen Gesellschaft taten sich innerhalb des letzten Jahrzehnts große Wandel auf. Die Frau lernt mehr und ist auch schon einmal Akademikerin. Insbesondere Amerikanerinnen, aber auch genügend Israelinnen. Im nationalrelig. Bereich mehr als anderswo. Doch die litvisch - haredischen Amerikanerinnen haben aufgeholt und viele sind heutzutage Anwältinnen, Psychologinnen und dergleichen. Auf israelischer Seite hapert es diesbezüglich, denn hier lernen weibliche Harediot fast ausschließlich auf den Beit Yaakov - Schulen, welche in Israel einem schwachem bildungsmäßigem Standard unterliegen.
Aber nicht nur die Bildung macht es aus. Auch auf die Beziehung des Ehepaares kommt es an und im Alltag sind Frauen stärker im Kommen. Keine noch so geschlossene Gesellschaft kann sich Erneuerungen verschliessen, selbst nicht bei extremen chassidischen Gruppen in Mea Shearim oder Bnei Brak. Und so sind derzeit Beauty - Salons ganz oben auf. Natürlich stehen sie nicht für jedermann ersichtlich in der haredischen Fußgängerzone und ggf. mit allem Schnickschnack im Fenster. Nein, in der Ultra - Orthodoxie geht man solche Verwöhnungen wie Pediküre, Manuküre oder Schminke behutsam an. Kein Aufheben machen, es sei denn, man führt seine Erneuerungen bei den Freundinnen zur Schau.
Mehr oder weniger immer zufällig fiel mein Blick auf kleine mit Gardinen verborgene Lädchen, die Schminke anbieten. Perückengeschäfte hingegen sind weitaus auffälliger, doch nicht jeder kann einfach so hineingehen und sich bedienen. Die Geschäfte in Bnei Brak wollen schon auf Nummer Sicher gehen, dass da niemand einkauft, der nicht unbedingt in die haredische Gesellschaft gehört.
Auch in den Beauty - Salons muß die Schminke so aufgetragen werden, dass die Frau hinterher nicht als geschminkt zu erkennen ist. Die Frauen selber haben sich daraus eine Mode gemacht und viele haredische Männer scheinen dies zu akzeptieren. Ausnahmen, wie einige Rabbis, bestätigen die Regel.
Es gibt haredische weibliche Mode, wobei die meisten Frauen natürlich ihren eigenen Stil entwickeln, da es an Modellvorbildern fehlt. Schmuck und Schminke, dies sind schon seit geraumer Zeit der Renner in der israel. haredischen Gesellschaft. Zaghaft, aber doch sichtbar.
Hoffentlich halten die kleinen Umschwünge an.
Sonntag, Juli 13, 2008
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Nahezu alle mir bekannten orthodoxen Frauen (gleichgültig, ob modern, litvish oder chassidisch) schminken sich - meist dezent, manchmal aber auch durchaus auffällig. Überdies tragen viele orthodoxe Frauen sehr elegante, modische Kleidung sowie hübsche, schicke Perücken, Kopftücher, Hüte, etc., oder sogar Nagellack. Mir ist kaum jemals eine orthodoxe Frau begegnet, die auf mich einen "ungepflegten" Eindruck gemacht hat - im Gegenteil, ich bin der Meinung, dass die religiösen Frauen nicht selten weitaus besser aussehen und mehr Stil haben als so manche ihrer säkularen Schwestern. (Ich finde übrigens die Schleier moslemischer Frauen ebenfalls oft schön, weshalb ich die massive, mitunter regelrecht aggressive Stimmungsmache gegen "Kopftücher" in Europa noch nie nachvollziehen konnte.)
AntwortenLöschenB"H
AntwortenLöschenUnbestreitbar gibt es sehr viele orthodoxe Frauen, die sich schminken, wenn auch viele dezent, wie jene extremer chassidischer Gruppen. Mit dem Nagellack kann ich nicht ganz zustimmen, denn die Benutzung stellt ein Problem in der monatlichen Mikweh dar. Praktisch muss man sich den Nagellack vor jedem Mikwehgang gruendlich herunterwaschen. :-)
Viele Frauen sind sicher elegant, aber es ist tatsaechlich schon vorgekommen, dass fuehrende Rabbiner die Faruen zum anstaendigeren Kleiden bzw. Schminken aufgerufen haben. Nicht wenige Male wurden die Frauen der Chassidut Gur sowie viele litvische Frauen in Bnei Brak zur "Ordnung" bzw. zu mehr "Anstand" aufgefordert.:-)
Hier in Wien tragen übrigens auffallend viele chareidische Frauen sehr "kurze" (= nur knapp über die Knie reichende) Röcke, was mich auch schon mehrmals gewundert hat :-), zumal die Männer IMMER "korrekt" gekleidet sind (weiße Hemden, schwarze Hosen und Mäntel, Hüte). Die Röcke der modern orthodoxen Frauen gehen hingegen oft bis zum Boden.
AntwortenLöschenB"H
AntwortenLöschenDas Gleiche siehst Du auch hier in Israel.:-)
Die kuerzeren Roecke bei den Frauen der Chassidut Gur oder den litvischen Fauen und die extrem langen (mitunter Jeansroecke) Roecke bei den Nationalreligioesen in Jerusalem oder den Siedlungen.