Samstag, November 10, 2007

Überlaufener Tisch bei Belz

B"H

Mitten auf dem Weg zu Rabbi Mordechai Machlises Haus begann es zu regnen. Monatelang waren wir keinen Regen mehr gewohnt, aber seit einigen Tagen ist es richtig kühl geworden. Jerusalem liegt in den Bergen Judäas und für Leute von der Küste sind wir eh die Eiszeit im Land.

Kalt war es gestern Abend nicht gerade, doch es goss in Strömen und unseren Kiddush (Segnung des Weines) erlebten wir in klatschnassen Klamotten. Trotzdem Rabbi Machlis sich auf einer ein - woechigen Vortragsreise in Toronto befindet, lief im Machlis - Haus alles unkompliziert. Der zweiteälteste Sohn Yehoshua schmiss die Show und des Rabbis Ehefrau Henny samt Töchter okkupierten die Küche.

Schnell erfuhren wir, dass die Rebben der beiden chassidischen Gruppen Toldot Aharon sowie Toldot Avraham Yitzchak wieder einmal auf Reisen sind. "Die haben halt viel Geld", meinte ein Chassid lakonisch. Und so werden Rebbe Shmuel Yaakov und Rebbe David Kahn erst wieder an Chanukkah in Jerusalem eintrudeln, nur um nach dem Feiertag wieder zurück ins Ausland zu fahren. Dass sich ihre Chassidim an den Freitag Abenden langweilen könnten, haben sie dabei wohl nicht bedacht.

Auch meine Freundin uns ich mussten "mal wieder" umdisponieren und wir entschieden uns, dass Machlis - Dinner schon gegen 21.00 Uhr zu verlassen, um uns in Richtung Kiryat Belz aufzumachen. Zur Auswahl haetten wir noch die chassidischen Gruppen Kretchnif und die Slonim gehabt, doch zogen wir Belz ersteinmal vor.
Immerhin hatte der Regen auch aufgehört und die halbe Stunde zu Belz liess sich hervorragend laufen. Jedesmal stehen wir wieder gern vor der imposanten Synagogenanlage der Chassidut Belz. Riesig und alles ist nagelneu. Die Synagoge strahlt uns schon von Weitem in hellem Licht entgegen.

Als wir eine halbe Stunde nach Tischbeginn ankamen, war schon alles gerammelt voll. Mit viel Glück fanden wir aber zwei gute Stehplaetze auf der Frauenempore. Kurz darauf kam eine Gruppe Israelis herein, die sich einfach einmal einen Tisch anschauen wollten. Mit einer der Teilnehmerinnen kam ich wegen der Stehplatzenge sofort ins Gespräch. Ja, eigentlich stamme sie ja von der chassidische Gruppe Satmar und wenn ihr Vater sich nicht für den Zionismus entschieden hätte, dann wäre die Familie heute noch Satmar.

In dem Moment geschah etwas recht Kurioses; vier junge Chassidim der Toldot Aharon - Gruppe kamen herein. Erst ganz langsam und vorsichtig um sich schauend. Nach kaum einer Minute rannten sie wieder hinaus, nur um wenig später zurückzukommen und am Tisch teilzunehmen. Niemand achtete so richtig auf sie, aber seltsam war es doch sie zu sehen. Die Mitgliedergruppen der anti - zionistischen Edah HaCharedit aus Mea Shearim sind mit der Chassidut Belz verfeindet. Grund war, dass Belz Anfang der 80iger Jahre die Edah verliess, um der Agudat Israel beizutreten. Seitdem herrscht eine Art Kriegszustand.

Wie mir ein Belzer Chassid jedoch erzählte, herrschen zwar noch Uneinigkeiten, doch sei alles weniger schlimm als noch vor mehreren Jahren. Selbst zum Tisch des einen der zwei Satmarer Rebben (Rabbi Aharon Teitelbaum) im August hatte Belz eine Abordnung geschickt und das will was heissen.

Der gestrige Belz - Tisch war ehrlich gesagt recht langweilig, was auch die israel. Gruppe so empfand. Die Frau fragte mich, wo denn hier die "Action" sei und ich meinte, dass sie da schon nach Mea Shearim gehen muesse. Anscheinend langweilten sich die Chassidim der Toldot Aharon auch etwas und sehnten sich nach ihrem eigenen Tisch.

Der Tisch bei Belz folgt strengen Ritualen und Regeln. Alles ist bis ins kleinste Detail geplant; auch, wer was vom Tisch des Rebben essen darf. Oft werden sogar die Namen derer laut vorgelesen. Gestern dann standen extra Wächter für die "Ruheeinhaltung" bereit. Wehe, dem, der redet, wenn Rebbe Rokeach spricht.

Ein Wächter wachte unten bei den Männern und hatte sogleich Opfer gefunden. Eine Gruppe litvisher Yeshiva - Leute wurde zur Ordnung gerufen. Oben bei den Frauen tauchte eine älterer Belzer Chassid auf, der nur einen einzigen Laut von sich gab: "Schschschschsch......!!!" Er ging auf und ab und von ihm ging nur das laute "Schschsch" aus. Die israel. Gruppe fand das so lustig, dass sie ihn laut imitierten, worauf er ziemlich wild wurde, sich aber beherrschte.

Gegen 23.00 Uhr war der Belz - Tisch vorbei und wir genossen den abendlichen Rundgang durch haredische (ultra - orthod.) Wohngebiete. Fuendig wurden wir dann auch noch; ich sah die Synagoge der wenig bekannten chassidischen Gruppe "Mishkenot HaRo'im". Diese Gruppe ist sehr klein, aeusserst anti - zionistisch und so geheim, dass die Mitglieder selbst kaum wissen, dass sie existieren. Mehr Infos zu der Gruppe gibt es demnaechst.

Hier nochmals ein Video der Chassidut Belz und ihrer riesigen Jerusalemer Synagoge mit 7000 Plaetzen. Der Tisch des Rebben, Rabbi Yissachar Dov Rokeach, findet nicht in der eigentlichen Synagoge, sondern im Untergeschoss statt.

5 Kommentare:

  1. Anonym8:29 PM

    gitte woch!

    1, der belzer ruv heisst ROKACH und nicht rokeach.
    2, die KARLINER ziehen sich am freitag so wie die toldot ahroner an. vielleicht waren die zwei also karliner?

    lg
    fritzi

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  2. B"H

    Hi Fritzi,

    der Belzer Rebbe heisst mit Nachnamen ROKEACH und NICHT Rokach.

    Im Video wird sein Name falsch ausgesprochen, aber macht ja nichts.

    Karliner waren es definitiv NICHT, denn zwischen Karlin, Toldot Aharon sowie Toldot Avraham Yitzchak gibt es gravierende Unterschiede.

    Toldot Aharon zieht am SHABBAT hellbraune seidene Kaftane an, einen aussergewoehnlich breiten weiss - blau gestreiften Guertel(Gartel) und die Sockenfarbe je nach verheiratet oder nicht. Ausserdem war das ganze Verhalten zu sehr Toldot Aharon.

    Den traditionellen breiten Toldot Aharon - Gartel am Shabbat tragen sonst nur noch die Shomrei Emunim, allerdings mit etwas anderem Muster.

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  3. Anonym9:11 PM

    hello!
    ad name belzer rebbe
    ich habe meine belzer vertreter in wien gefragt wie der rebbe jetzt richtig heisst. aus 5 befragten hab ich 2 verschiedene antworten bekommen:
    1. die mehrheit (3) ist der meinung, dass der rebbe ROKACH heisst.
    2. die minderheit (2) meinte, er heisst ROKEACH.

    in SHMOT 30:35 (welcher auch in den den korbanot erwaehnt wird) sind beide ausdruecke im selben pasuk angefuehrt: "wa'asita ota' ketoret ROKACH ma'ase ROKEACH, memulach tahor kodesh"

    ad livush der karliner chassidim:
    am freitag zum tisch tragen die in israel lebenden KARLINER den typisch YERUSHALAYIMER livush mit goldenen zebra bekitsche (oder wie der dort heisst), dem breiten stoffguertel und dem braunen uebermantel (komischer weise der rebbe selbst nicht aber der ist in den USA geboren).
    ich kann mich nicht mehr genau erinnern, aber mir ist das frueher schon mal aufgefallen und ich habe den shammes vom rebben (reb shochat) damals danach gefragt. er meinte, dass die in erez israel geborenen karliner chassiden sich so fuehren. auch der minhag, dass die buchrim ab bar mitzwe strejml tragen, ist ein yerushalmier minheg der in karlin gefuehrt wird.
    ich bin aber gerne bereit, das ganze nochmals den halbjaehrlich in wien auftauchenden karliner shnorrer zu fragen um gewissheit zu bekommen.

    lg und git shabbes
    fritzi

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  4. B"H

    Die Oesterreicher und Deutschen sind immer so gewissenhaft.:-)
    Jetzt hast Du extra alle abgefragt.

    Ich nenne den Rebben ROKEACH, eben weil es hebrae. ist. Falls ich einmal die Gelegenheit habe, werde ich ihn persoenlich nach seinem Namen fragen.:-) Hoffentlich kennt wenigstens er ihn.

    Ich sehe die Karliner fast nur mit regulaerem Guertel und nie mit dem extra breiten Etwas.
    Aber ich bin mir sicher, dass die Vier von Toldot Aharon oder Avraham Yitzchak waren. Sie hatten deren Mentalitaet und ausserdem schlichen sie zuerst ziemlich herum. Feindesgebiet und so.:-)

    Gibts bei Euch in Wien was zu schnorren ? Dann komme ich auch demnaechst mit ein paar Freunden vorbei.:-)

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  5. B"H

    Shavua Tov Fritzi. Du hast recht; Karlin traegt am Shabbat die gleiche Kluft wie Toldot Aharon, doch mit einem Unterschied. Karlin traegt lange Hosen waehrenddessen Toldot Kniebundhosen traegt. Ausserdem tragen bei Toldot Aharon verheiratete Maenner weisse und ledige schwarze Socken.
    Die vier Chassidim waren definitiv Toldot Aharon oder Avraham Yitzchak.

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