Dienstag, November 20, 2007

Warum koscher ?

B"H

In der Thora heißt es: "Du sollst nicht das Zicklein in der Milch der Mutter kochen" (siehe Exodus 23:19; 34:26 sowie Deuteronomy 14:21).

Wörtlich genommen verbietet dieses Thoragesetz lediglich nur das Kochen von Milch und Fleisch in einem Topf. Kommentatoren dagegen unterteilen das eine Verbot in drei separate Handlungen:

1. Das Kochen von Milch und Fleisch zusammen.

2. Das Essen von Milch und Fleisch, welche zusammen gekocht wurden.

3. Einen Nutzen aus Milch und Fleisch, welche zusammen gekocht wurden, ziehen.

Ohne den Talmud und der darin enthaltenen mündlichen Gesetzesüberlieferung (Mishna) von G – tt an Moshe auf dem Berg Sinai, wären wir außerstande, viele Thoragesetze zu verstehen ganz zu schweigen einzuhalten. Nicht immer gibt die Thora eine Bedienungsanleitung oder ausreichende Details darüber, wie wir die Gesetze zu verstehen bzw. auszuführen haben.

Warum aber kam G – tt überhaupt auf die Idee, uns die komplizierten Kaschrut – Gesetze zu geben ?
Wie Er selbst in der Thora einige Male erwähnt, sind die Juden ein von Ihm "Auserwähltes Volk". Und dieses "Auserwählte Volk" hat demzufolge die Aufgabe, besondere moralische Verpflichtungen einzugehen. Viele Meinungen lauten, dass die Kaschrut der Disziplin diene, andere wiederum glauben, die Kaschrut zeige sich vorteilhaft in der Gesundheit des Menschen.
Selbst meine ich, dass die Idee mit der moralischen Verpflichtung der Realität nahe kommt. Es soll eine gewisse Distanz zu anderen Völkern gezeigt werden, die da im wahrsten Sinne des Wortes alles essen, was sich bewegt.

Fast jeder weiß, dass koscher bedeutet, keine Milch – und Fleischspeisen zusammen zu kochen oder verzehren zu dürfen. Wer dann als orthodoxer Jude einmal bei Leuten eingeladen ist, die keine koschere Küche haben, erlebt nicht selten sein blaues Wunder. Zwar wurden die Speisen nicht zusammen gekocht oder serviert, doch dachte niemand daran, dass für Milch und Fleisch auch noch getrenntes Geschirr verwendet wird. Gastgebern, die kein koscheres Geschirr besitzen, rate ich, auf Plastik auszuweichen.

Normalerweise verfügt jede Küche jener Juden, die koscher halten, über zwei Einheiten: die milchige und die fleischige Seite.
Es ist möglich das gleiche Spülbecken zu benutzen, üblicherweise aber wird beim Abwasch des fleischigen Geschirrs eine kleine Plastikunterlage in das Abwaschbecken gelegt. Manche sparen sich das und halten das abzuwaschende Geschirr während des Spülvorganges in der Hand.

Zugegeben, die Kaschrut – Regeln sind manchmal derart verzwickt, dass man direkt aufgeben könnte. Vor allem am Anfang scheint das alles total übertrieben und nervig zu sein. Und wer denkt da schon an alles ?

Am Anfang geht es fast alles so, doch irgendwann gewöhnt man sich so sehr daran, dass alles automatisch geht und keinerlei große Gedanken mehr aufkommen.

Getrenntes Geschirr ist in kleinen israel. Küchen manchmal chaotisch und wer Kinder hat, der kann ein Lied von versehentlich vertauschtem Geschirr singen. Was passiert, wenn ich mein Hühnchen von einem milchigen Teller esse ? In der Regel gilt, dass es jedesmal darauf ankommt, ob das Essen warm oder kalt war. War das Essen heiss, dann gibt es ein Problem und wer im Zweifelsfall nicht weiterkommt, der kann bestimmte rabbinisch – halachische Einrichtungen anrufen und um Rat fragen. In Deutschland sind solcherlei Institutionen unbekannt und man muss sich an seinen Rabbiner wenden, der da oftmals nicht zu erreichen ist. Wer jedoch will und einigermassen Englisch spricht, der kann direkt in Israel anrufen und bekommt nach wenigen Minuten die richtige Auskunft.

http://kashrut.org/

Das Londoner Beit Din
http://www.kosher.org.uk/about.htm

Kaschrut Schweiz
http://www.irgz.ch/62/index.html

Kaschrut in Deutschland
http://www.koscher.net/kosher-news/koscherliste.htm


Die Chassidim verfügen heute zusammen mit den sephardischen Juden über die kompaktesten Kaschrut – Gesetze. In vielen Fällen behandeln sephardische Juden diese Gesetze viel strenger als aschkenazische Juden und von daher gibt es Anfragen an aschkenazische oder sephardische Institute.

Im Ausland spielt es oft bei den Juden keine Rolle, welche Milch sie trinken, heisst, die Juden selbst legen weniger Wert auf dieses Gesetz. Halachisch heissen die Milch oder Milchprodukte "Chalav Nochri". Dies besagt, dass die Milch nicht unter rabbinischer Aufsicht gemolken wurde und dies eventuell auch am Shabbat geschah.
Moment, darf man die Kuh am Shabbat nicht melken ?
Doch natürlich, aber deren Milch wird nicht zur Lebensmittelherstellung verwendet. Und wer weiss, was sich für eventuell unkoschere chemische Zusatzstoffe in der Milch befinden.

Besonders Chassidim verzehren keinerlei "Chalav Nochri" und ich auch nicht. Unter anderem gibt es für derlei Ablehnung auch kabbalistische Gründe.

Warum muss gemäß der Halacha ein koscheres Tier (gespaltene Hufe und Wiederkäuer) geschächtet werden ? Wobei hier daran zu erinnern ist, dass Moslems das gleiche tun, nur hinterher nicht die Organe des Tieres untersuchen bzw. dermassen scharfe Messer benutzen, welche das Tier sofort ohnmächtig werden lassen.

Ein jüdischer Shochet (Schächter) muss nicht gerade wenige Regeln bei der Schächtung eines Tieres beachten. Und wer diesen Beruf professionell ausüben will, der sollte einige Monate in entsprechender Ausbildung verbringen.
Die Messer für die Schächtung müssen absolut scharf geschliffen sein und es darf sich keinerlei Einbuchtung in der Klinge befinden, die das Tier am Hals einreissen könnte. Die Schächtung mit einem schadhaften Messer macht das Fleisch des Tieres sofort unkoscher, da das Tier eines qualvollen Todes gestorben sein kann.

Rabbiner erklären die professionelle Schächtung eines Tieres damit, dass in dem selben Moment, indem die scharfe Messerklinge im Bruchteil einer Sekunde den Hals des Tieres durchtrennt, dieses umgehend ohnmächtig wird und von seinem Tod nichts mitbekommt. Dieses sei für das Tier die humanste Weise zu sterben. Im Gegensatz zu Massenerschiessungen oder Elektroschocks.

Nach dem eigentlichen Schächtvorgang wird das Tier zerlegt und die Organe werden geprüft. Haben die Lungen Löcher oder hat sie bzw. andere Organe auffällige Farben ? War das Tier vielleicht krank ?
Falls ja, dann wird das Fleisch nicht zum Verzehr zugelassen.

Eine weitere wichtige Kaschrutangelegenheit, die vielfach unterschätzt wird, ist das Anzünden des Herdes. Normalerweise ist dies einem Juden vorbehalten. Im Falle, dass ein Nichtjude den Ofen anzündete, kann der Jude dennoch mit einem Löffel das Essen herumrühren.

Genauso strenge Regeln herrschen bezüglich koscheren Weines. Eine koschere Weinflasche darf nur von einem Juden geöffnet und hinterher angefasst werden. Dies geht auf eine Mishna im Talmud Avodah Zarah zurück. Zu früheren Zeiten benutzten Nichtjuden den Wein für Götzendienste. Das Gesetz des Nichtanfassens wird bis heute in orthod. Zirkeln strengstens befolgt, unter anderem auch von mir.

Bevor ich Aliyah nach Israel machte, gab ich eine Abschiedsparty, bei der ich koscheren Wein ausschenkte. Nur ich, denn fast alle anderen waren nichtjüdisch. Überraschenderweise hatte keiner damit ein Problem, außer einem, der später orthod. konvertierte. Vielleicht hat er ja mittlerweile die Regel verstanden, welche meine nichtjüdischen Freunde schon vor ihm begriffen.

Es kann vorkommen, dass diese Weinregel zu sehr ausgelegt wird; nämlich in haredischen (ultra – orthod.) Zirkeln. Dort wird auch manchmal mir das Anfassen der Weinflasche verweigert, weil ich nicht so "heilig" bin wie die anderen. Diese Regel entspricht allerdings nicht der Halacha, sondern ist ein privater individueller Zusatz. Wer das daheim so handhaben will, hat das Recht, denn es ist ja sein Zuhause.

Wer wirklich daran denkt, sich nun eine koschere Küche anzuschaffen, der sollte sich mit seinem Rabbiner beraten. Nicht jeder Rabbiner ist dafür ausgebildet und man sollte sich vorher erkundigen, ob seine Kenntnisse ausreichen und sich ggf. an jemand anderen Professionellen wenden. Nicht nur, dass es zweier Sets Geschirr bedarf, das Geschirr muss teilweise auch in die Mikweh (Ritualbad) getaucht werden.

Wer sich gerade in einem orthod. Konversionskurs befindet, der weiss davon ein Lied zu singen. Koschere Küche, die ganze Umstellung ohne Ende und und. Nach Eurem Giur jedoch tut sich diese Fragen erneut auf, denn dann seit Ihr halachisch jüdisch. Fragt Euren Rabbi oder das Beit Din (rabbinisches Gericht) was sich in Eurer Küche ändert und ob Ihr Euer Geschirr aus der Zeit vor der Konversion weiterhin verwendet könnt.

Beim Schreiben des Textes wird mir wieder einmal mehr bewußt, wie gut ich es in Israel habe. In Jerusalem habe ich keine Probleme, koscheres Essen aufzutreiben. Eher geht es hier um andere Unstimmigkeiten, nämlich auf welches Koscherzertifikat (Hechscher) ich vertraue oder nicht. So manch einer in der Diaspora kann von solchen Problemen nur träumen.Manche haben es schwer genug, überhaupt koscheres Essen aufzutreiben. Jedenfalls jene, die in keiner Grossstadt wohnen.

Das Gebiet der Kaschrut ist zu komplex und deshalb habe ich mich in diesem Text nur auf wenige Beispiele konzentriert, die einen winzigen Einblick vermitteln sollen.

9 Kommentare:

  1. Anonym10:40 AM

    ich würde empfehlen - bevor jemand ins teure ausland anruft - dass man beispielsweise beim rabbinat in münchen oder in berlin anruft (beide telefonnummern sind über die seite des zentralrates herauszubekommen) oder bei einem der chabadrabbiner (die telefonnummern stehen alle auch in der hiesigen koscherliste), wenn vor ort keine kundigen leute sitzen.
    ansonsten kann ich den kurs von yeshivas pirchei shoshanim empfehlen, den man online machen kann. in diesem kurs kann man alle diese dinge auf einem einfachen level lernen (in englisch oder hebräisch):
    http://www.kosherkitchen.info/

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  2. Anonym10:47 AM

    "In Jerusalem habe ich keine Probleme, koscheres Essen aufzutreiben. Eher geht es hier um andere Unstimmigkeiten, nämlich auf welches Koscherzertifikat (Hechscher) ich vertraue oder nicht. So manch einer in der Diaspora kann von solchen Problemen nur träumen.Manche haben es schwer genug, überhaupt koscheres Essen aufzutreiben. Jedenfalls jene, die in keiner Grossstadt wohnen."

    natürlich haben wir hier immer noch keinen "sol-po" ;), aber die situation hat sich doch verbessert (zumindest in den großen städten). meiner meinung nach kann man, wenn man tatsächlich ein koscheres leben führen will, ohnehin nur in berlin (und evtl. noch münchen und ffm) leben, denn anderswo ist es einfach fast unmöglich. oder in fahrnähe zu strasburg. zumindest kann man dann koscher einkaufen - mehr gibt es allerdings trotzdem nicht.
    in berlin gibt es in inzwischen sogar frische chalav israel. an käse wird gerade gearbeitet.

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  3. Anonym11:48 AM

    B"H
    Milch und Fleisch "zu trennen" empfinde ich als unprobloematisch. (sicherlich, dank meiner vegetarischen Weltanschauung)
    ABER die Problematik des Schemittah- Jahres macht mich totall konfus.
    Woher stammen, zum Beispiel, die Minzblaetter in meinem Tee?

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  4. B"H

    Hi Schoschana, ich denke auch, dass es vielleicht der Kosten wegen guenstiger ist, in Deutschland oder der Schweiz anzurufen. Manchmal allerdings liegen die Faelle so kompliziert, dass nur noch halachische Experten weiterhelfen. Insgesamt aber kann ich nicht beurteilen, inwieweit die Rabbis in Deutschland in der Kaschrut ausgebildet sind.
    Frueher gab es einmal einen Chassid Gur in Muenchen und der soll sehr gut gewesen sein.
    Chabad ist excellent, doch kann ich deren Rabbis nicht beurteilen. Haben sie in Deutschland eigene Maschgichim?

    Als ich noch in Bayern lebte, bin ich einmal nach Strassburg gefahren, was wegen der Fahrzeit nervig war. Der Muencher Koscherladen war insgesamt zu teuer und Aviv in Frankfurt ist auch nicht besser.

    Gerade heute steht ein langer Artikel in der "Jerusalem Post", indem es um dt. orthod. Juden geht, die nach New York fluechteten. Sie beschweren sich maechtig ueber die Verhaeltnisse in Deutschland, die auf einen zukommen, wenn man orthod. leben will.

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  5. @ Anonymous

    Wenn Du in Europa lebts, werden Deine Minzblaetter eher nicht aus Israel stammen.
    Aber kannst Du nicht beim Haendler nachfragen.

    Solltest Du in Israel leben, haben die Laeden extra Koscherzertifikate fuer Schemittah.

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  6. Anonym5:42 PM

    es ist schwer, in deutschland orthodox zu leben, aber es geht. die kaschrutprobleme sind eigentlich mehr und mehr gering (es gibt sogar die möglichkeit von foodcoops), eher ist das problem erziehung ein nach wie vor grosses thema, für welches es - zumindest für die kleineren kinder - bislang nur in berlin einigermassen befriedigende lösungen gibt.

    chabad hat eigene maschgichim.
    lauder (in kaschrutfragen meine wahl) übrigens auch.

    bei den new yorker orthodoxen wäre noch die frage, wo sie versucht haben, fuss zu fassen. wer in eine mittlere oder sogar eine provinzstadt als orthodoxer geht, muss selbst wissen, worauf er sich einlässt.

    was schmittah angeht - so kommt es ja wohl sehr darauf an, WANN und wo die minzblätter gepflückt bzw. verarbeitet wurden.

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  7. B"H

    Ich weiss nicht, woher der/diejenige stammt, welche nach den Minzblaettern fragte.

    Wenn es sich um einen Deutschen, Oesterreicher, etc. handelt und die Blaetter auch dort gepflueckt worden sind, klaert sich die Frage von selbst, denn Ihr "Diaspora - Leutchen" braucht ja keine Schmettiah zu halten. (Wenn Ihr nur darauf achtet, dass nichts aus Israel kommt).

    Selbst in Israel ist die Schemittah - Regelung derzeit so konfus, dass es schwerfaellt, nicht den Ueberblick zu verlieren. Allein die Nationalrelig. richten sich nach mehreren Rabbinern. Heisst, jeder der Rabbis sagt etwas anderes.

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  8. Anonym7:07 PM

    Hi Schoschana,
    verfuegst Du ueber uebersinnliche Faehigkeiten (insbesondere zum Thema: Interpretation des Jerusalemer Talmud )?
    Sachte, bitte, sachte.

    Esther

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  9. Anonym3:18 AM

    schoschana,

    schau mal auf billiger telefonieren punkt de. ein gespräch nach usa oder israel ist ja heutzutage für unter 5 cent pro minute zu haben, das ist nicht allzu teuer.

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