Donnerstag, November 08, 2007

Parashat Toldot

B"H

Die Thoralesung für diesen Shabbat

In der letzten Parashat Chayei Sarah verstarben erst Sarah und später auch noch ihr Gatte Avraham. Wir wir wissen, hinterliess Avraham mehrere Kinder. Zuerst zeugte er mit Sarahs Sklavin Hagar den Ishmael, danach bekamen er uns Sarah den gemeinsamen Sohn Yitzchak und nach Sarahs Tod heiratete Avraham abermals. Keturah hiess seine neue Frau, von der die Midrasch sagt, dass es sich bei ihr um Hagar handelte. Mit der Letzteren bekam Avraham weitere Kinder, welche er später gen Osten fortschickte. Heutzutage wird allgemein angenommen, dass aus dem Grunde viele fernöstliche Völker einige ursprünglich jüdische Ideen beibehalten haben.

Am Ende von Chayei Sarah werden die Nachkommen Ishmaels aufgelistet und es wird ganz deutlich hervorgehoben, dass die Mutter Ishmaels Hagar ist. Das Ende der vorherigen Parasha sowie der Beginn der dieswöchigen sind fast identisch. Beide Male erfolgt eine Auflistung von Generationen. Zuerst die von Avraham und danach die seines Sohnes Yitzchak. Bei genauer Betrachtung jedoch fällt ein ganz gravierender Unterschied auf, der nur in der hebräischen Originalsprache ersichtlich ist. Während in der vorherigen Thoralesung die Nachfahren Ishmaels aufgelistet sind, wird das Wort "Generationen - Toldot" ohne den dazugehörigen Buchstaben VAV geschrieben (תלדות). In der aktuellen Parashat Toldot dagegen, ist das VAV vorhanden(תולדות). Thorakommentatoren interpretieren diese Tatsache so, daß bei der Auflistung Ishmaels etwas imperfekt war; es fehlte die 100%ige Perfektion. Wogegen bei Yitzchak mit dem vorhandenen Buchstaben eine absolute Perfektion eingetreten war.

Die kabbalistische Midrasch "Sefer Seder HaDorot" ist bekannt für ihre Liebe zum Detail und so erfahren wir, dass Lot, der Neffe Avrahams, im Alter von 142 Jahren verstarb. Yitzchak war zu dem Zeitpunkt 39 Jahre alt.

Der Beginn von Parashat Toldot mag etwas seltsam klingen. "Und dies sind die Generationen von Yitzchak, dem Sohn Avrahams, Avraham gebar Yitzchak".
Wieso wird an der Stelle zweimal das Gleiche gesagt ? Es reicht vollkommen zu erwähnen, dass Yitzchak der Sohn des Avraham war.

Nach der Geburt von Yitzchak gab es seitens der Umwelt ziemlich viel Getuschel darüber, ob Avraham wirklich der leibliche Vater sein kann. Jahrelang hatten er und Sarah keine Kinder und dann kam plötzlich Avimelech daher. Ob Sarah da wohl nicht eine Äffäre hatte und nicht eher Avimelech auch der Vater des Yitzchak ist ?

G - tt aber entwickelte einen Plan, um allen klarzumachen, daß Avraham der genetische Vater ist, indem Yitzchak seinem Vater aufs Haar glich. Dies ging sogar soweit, dass wenn Vater und Sohn nebeneinander standen, die Mitmenschen nicht wußten, wer wer von beiden ist und sie ständig verwechselten.

Moment mal, werden jetzt viele sagen. Gab es da nicht den Altersunterschied, aus dem schon allein hervorging, wer Vater und wer Sohn ist ?

Hierzu klärt uns die Gemara im Talmud Traktat Bava Metziah 87a auf, die da lehrt, dass es bis zur Zeit Avrahams keine äusserlichen Zeichen der Alterung gab. Viele würden sich den Zustand heute wieder zurückwünschen, anstatt viel Geld für nutzlose Cremes gegen Hautalterung zum Fenster hinauszuwerfen. Avraham und seinem Sohn gingen die ewigen Verwechselungen jedoch so auf die Nerven, dass Avraham G - tt bat, etwas zu unternehmen. Und so wurde äusserlich gealtert. Tja, Pech für uns alle.

Sarah durchlebte ein trauriges Schicksal, indem sie viele Jahre auf ein Kind warten musste. Der Frau Yitzchaks, Rebekka (Rivka) wiederfuhr das gleiche Schicksal. Auch sie war vorerst unfruchtbar, aber im Gegensatz zu seinem Vater heiratete Yitzchak keine weitere Frau. Als er Rivka heiratete, war er 40 Jahre alt und ganze 20 Jahre wartete das Paar auf ein Kind.

In der Mishna (mündl. Gesetzesüberlieferung von G - tt an Moshe am Berg Sinai) im Talmud Traktat Yevamot 64a heißt es jedoch, dass bei einem Ehepaar, welches zehn Jahre verheiratet ist, und sich keine Schwangerschaft einstellt, der Mann sich von der Frau scheiden lassen muß. Ein Mann nämlich hat die Pflicht, sich fortzupflanzen und muß mindestens eine Tochter und einen Sohn zeugen. Bei den Haredim (Ultra - Orthod.) gibt es ab und an Meinungen, dass der Mann zwei Töchter und zwei Söhne zeugen muß.
Bei einer Kinderlosigkeit ist der Mann also ausserstande, seine biblische Pflicht zu erfüllen. Die Mishna schreibt vor, dass sich der Mann entweder scheiden lassen oder eine zweite Frau heiraten muß.

Folgendes ist zu der Mishna hinzuzufügen:
Zuerst einmal wird offiziell nicht angenommen, dass die Frau unfruchtbar ist, sondern eher, dass sie sehr wohl in der Lage ist, Kinder zu gebären. Aus irgendwelchen Gründen habe dies jedoch nicht stattfinden sollen und so kann es theoretisch sein, dass sie in einer weiteren zweiten Ehe mehr Glück hat (Rashi).
Sollte hingegen bekannt sein, dass der Ehegatte steril ist, dann muß er sich nicht scheiden lassen. Ist wiederum die Frau steril und ihr Zustand ist allgemein bekannt, dann ist der Ehemann gezungen, sich unverzüglich scheiden zu lassen. Selbst noch vor Ablauf der zehn Jahre !!! In dem Falle dürfte die Frau unter gar keinen Umständen eine zweite Ehe mit einem Mann eingehen, der seine biblische Pflicht noch nicht erfüllte.

Sollte das Ehepaar, aus welchen Gründen auch immer, eine Trennung verweigern, dann kann ein Beit Din (rabbinisches Gericht) eine Scheidung herbeizwingen (siehe hierzu auch den Traktat Ketubot 77a). In der Realität sieht es aber so aus, dass dieses Verfahren seit Jahrzehnten nicht mehr praktiziert wird. Ganz einfach aus dem Grund, weil die Rabbiner Streitereien in den Gemeinden befürchten.

Warum aber wartete Yitzchak ganze 20 Jahre ab und nicht die vorgeschriebenen 10 ?

Ebenso heißt es in Yevamot 64a, dass Yitzchak steril war und er davon wußte. Den gesamten Zeitraum über gaben beide nicht die Hoffnung auf ein eigenes Kind auf und beteten zu G - tt. Schließlich wurde ihr Wunsch erhört und Yaakov und Esav (Esau) kamen auf die Welt.

Die Thora will uns an dieser Stelle sagen, dass auch wir niemals die Hoffnung aufgeben sollen. Es gibt sogar eine talmudische Verpflichtung selbst in den letzten Sekunden vor dem Tod nicht aufzugeben und die Hoffnung zu bewahren. Niemals sollten wir selbst in den auswegslosigsten Situationen aufgeben und genau das lernen wir von unseren Vorvätern.

Zum leidlichen Thema des Verhältnisses zwischen Yaakov und seinem Bruder Esav schrieb Rabbi Samson Raphael Hirsch einen geradezu revolutionären Kommentar. Rabbi Hirsch ist der Meinung, daß die Eltern, in dem Falle Rivka und Yitzchak, rechtzeitig die unterschiedlichen Charaktäre ihrer Kinder erkannt haben müßten. Esav war eher der "Wilde", der viel Auslauf brauchte und Yaakov dagegen bevorzugte das Lernen.

Rabbi Hirsch sagt, dass jedes der Kinder gemäß seiner individuellen Natur hätte erzogen werden müssen. Einen Esav steckt man nicht in eine Schule, wo er den ganzen Tag über stillsitzen muß, sondern sucht andere Perspektiven. Vielleicht hätte sich demnach Esav in einen besseren Menschen verwandelt als brutal zu rebellieren. Des Weiteren hatte beide Elternteile ihre persönlichen Vorlieben für jedes der Kinder.

Rabbi Hirsch klagt weder Rivka noch Yitzchak einer falschen Erziehung an, doch zeigt er allgemein auf, wie man eventuell einen negativen Verlauf hätte verhindern können. Andererseits kann natürlich das Argument gebracht werden, dass G - tt anscheinend alles so geplant hatte und Esav der Großvater eines Amalek hatte werden müssen, um das jüdische Volk erst in die Diaspora zu treiben, nur um später die eigentliche Ge'ulah, sprich das messianische Zeitalter, und den eigentlichen Zweck der Welterschaffung herbeizuführen.

Shabbat Shalom

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