Donnerstag, November 22, 2007

Parashat Vayishlach

B"H

Die Thoralesung für diesen Shabbat

Nach zwanzig Jahren des "Exils" bei seinem Schwiegervater Lavan kehrt Yaakov zurück nach Israel. Dieses Mal ist er nicht mehr allein und ein mittelloser Mann, wie noch bei seiner Flucht vor seinem Bruder Esav. Nein, jetzt kommt er als wohlhabender und verheirateter Familienvater zurück. Eines aber bleibt dennoch: Die Angst vor seinem Bruder Esav, der ihm immer noch nach dem Leben trachtet. Esav vergab nie, dass Yaakov ihm das Recht des Erstgeborenen "stahl".

Als sich Yaakov auf dem Heimweg nach Israel befand, war sein Vater Yitzchak noch am Leben. Yaakov entschloß sich für den kürzesten Weg von Haran (Syrien) nach Israel. Ob diese Entscheidung richtig war oder er lieber einen Umweg hätte nehmen sollen, darüber gibt es widersprüchliche Kommentare.

Um von Haran nach Israel zu gelangen, mußte er zwangläufig das Land Se'ir durchqueren und Se'ir wurde von seinem Bruder Esav beherrscht (HaRokeach). Ein Zusammentreffen war daher unvermeidbar und Yaakov war auf alles gefaßt. Wie würde sein Bruder nach all den Jahren reagieren ?

Laut dem berühmten Kommentator Rashi bereitete sich Yaakov auf dreierlei Art auf das Zusammentreffen vor: er bereitete ein Geschenk für Esav vor, er bereitete sich auf einen eventuellen Krieg vor und er betete zu G - tt.

Alles was unserem Vorvater Yaakov mit Esav wiederfuhr, ist genauso für uns bis heute aktuell geblieben. Der Enkel Esavs war der berüchtigte Amalek, der nur ein Ziel vor Augen hatte: die Juden zu vernichten.

Heutzutage interpretieren wir "Amalek" als zweierlei verschiedene Konzepte. Zum einen betiteln wir jene Menschen so, die nach wie vor das jüdische Volk vernichten wollen, und andererseits sehen wir in Amalek die eigene "Yetzer HaRah - die negative Seite in uns".

Was genau ist eine negative Seite in uns ?
Sagen wir, jemand hat zwei gegrillte Hähnchen vor sich liegen. Eines ist koscher und das andere nicht. Das Nichtkoschere aber sieht appetitlicher aus und hat eine riesige Pommesbeilage. Wer sich allein aus den Gründen zum Essen des nichtkoscheren Huhnes hinreissen läßt, folgt seiner negativen Yetzer. Genauso liegt der Fall, wenn jemand alle positiven und negativen Gedanken abklopft: Soll ich früh aufstehen und in die Synagoge gehen oder doch lieber im warmen Bett bleiben und noch ein Stündchen schlafen ?

Die Yetzer bzw. Amalek bringt uns alle nur erdenklichen Ausreden in die eigenen Gedanken. Okay, heute mache ich dies und jenes, aber morgen dann ganz bestimmt nicht mehr. Die Yetzer zieht sich durch alle Lebenssituationen. Von der des Thoralernens bis hin in den sexuellen Bereich.

Eine ganz berühmte Szene in dieser Thoraparasha ist der Kampf Yaakovs mit dem Engel.
Vor seinem Zusammentreffen mit Esav hat Yaakov eines nachts den Plan, seine Familie in Sicherheit zu bringen. In der Thora heisst es, dass Yaakov seine zwei Ehefrauen, dessen Bedienstete sowie seine 11 Kinder nahm und sie den Fluß Jabbok überquerten. Danach stehen dermassen widersprüchliche Aussagen in der Thora, dass niemand mehr genau interpretieren kann, wer hier mit wem kämpfte, wer weinte und wer siegt. Die gesamte Szene ist völlig obskur.

Es heisst, dass Yaakov allein auf der anderen Seite des Flußes blieb. Die Gemara im Talmud Traktat Chullin 91a lehrt, dass Yaakov aus dem Grunde zurückblieb, da er ein paar kleine Tongefäße vergessen hatte und sie holen wollte.

Die Thora fährt fort mit der Aussage, dass Yaakov ALLEIN zurückblieb. Aber plötzlich kämpfte er mit einem Mann. Wie das, wenn er doch allein war ?

Yaakov und der Mann kämpften bis zum Morgengrauen, der Mann verletzte Yaakov am Hüftnerv (der Gid Hanashe), Yaakov besiegte ihn und der Mann gab Yaakov einen neuen Namen (Israel) und wollte von ihm gesegnet werden.
Allein der Inhalt dieser Sätze klingt utopisch.

Viele Kommentatoren betrachten den Mann als Engel oder sogar als Schutzengel Esavs, der letztendlich von Yaakov besiegt wurde. Andere Kommentatoren hingegen haben eine plausible klingende Meinung zu dem Thoraabschnitt. Natürlich sind dies unter anderem die chassidischen Kommentatoren wie Rabbi Elimelech von Lejanks (Noam Elimelech) oder der Kli Yakar.

Der Kli Yakar weist eindeutig darauf hin, dass Yaakov hier mit keinem Mann oder Engel kämpfte. Um diese These zu verstehen, müssen wir uns wieder das Konzept der Yetzer HaRah ins Auge fassen.

Laut dem Kli Yakar kämpfte Yaakov mit sich selbst. Nicht, dass er sich wie im Hollywood - Film "Fight Club" selbst schlug. Vielmehr kämpfte Yaakov gegen seine eigenen negativen Gedanken an, die ihn plötzlich überkamen.
Soll er weiterhin auf G - tt vertrauen oder lieber doch nicht ? Wie wird das Zusammentreffen mit Esav verlaufen und wird G - tt ihn (Yaakov) vielleicht einfach fallenlassen und ihn zum Abschuß freigeben.

Yaakov führte einen inneren Gedankenkampf mit sich selbst, aus dem er als Sieger gegen die Yetzer HaRah hervorging. Er glaubte und vertraute weiterhin auf G - tt und schob alle negativen Gedanken beiseite. Aufgrunddessen bewegte er sich einem höheren geistigen Level entgegen und bekam so den Namen "Israel".
Die Thora nennt ihn immer dann beim Namen "Israel", wenn Yaakov sich auf einem immens hohen Level befindet. Ansonsten bleibt sie beim Namen "Yaakov".

Aber nicht nur Yaakov befallen solche Gedanken, sondern jedes menschliche Wesen hat damit zu kämpfen. Wir führen einen stündlichen Kampf gegen unsere eigenen negativen Gedanken, die uns dazu beeinflussen wollen, unseren relig. Lebenslauf zu verlassen und uns anderen Einflüssen zuzuwenden. "Ach, was soll ich koscher essen ? Anderes Essen schmeckt auch", usw. Die Liste ist endlos.

Dass einzige, was uns heute die Yetzer überwinden läßt, ist eine Hinwendung zu G - tt. In der Chassidut heisst das Devekut (absolute Konzentration im Gebet). Auch Yaakob tat dies immer wieder und wir können nur von ihm lernen.

Im Talmud Traktat Berachot 10a wird einen berühmte Geschichte erzählt.
Rabbi Me'ir hatte grundschlechte Nachbarn und wollte für deren Tod beten. Seiner Meinung konnte er sie nur so erlösen, damit sie im Verlauf ihres weiteren Lebens nicht noch mehr gegen die Thora verstoßen.
Seine Frau Bruria, die eine große Thoragelehrte war, wandt sich entschieden gegen die Entscheidung ihres Gatten. Für den Tod von anderen Leuten beten, sei unangebracht. Stattdessen solle man lieber dafür beten, dass diese Leute zu G - tt umkehren. Mit anderen Worten: "Teshuva machen".
Rabbi Me'ir tat dies und wirklich verliessen die Nachbarn ihre schlechten Pfade und wurden g - ttesfürchtig.

Dies lernen wir in dieser Thoraparasha auf zweierlei Wegen von Yaakov. Zuerst betete er für einen positiven Verlauf des Treffens mit Esav. Keineswegs wollte er, dass Esav stirbt. Und anderseits hilft das Gebet genauso, die individuelle Yetzer HaRah (negative Gedanken) zu besiegen.

Shabbat Shalom

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