Sonntag, November 25, 2007

Der Teufel und die Juden

B"H

Das mittelalterliche Konzept des Juden in Relation zum modernen Antisemitismus

Für jeden Geschichtsinteressierten sind die Bücher des Rabbi Joshua Trachtenberg ein absolutes Muß. Rabbi Trachtenberg wurde 1904 in London geboren und verstarb im Jahre 1959. Er war Mitglied des amerikanischen Rabbinates und nebenbei widmete er sich den Studien über den Fortschritt des menschlichen Denkens.
Seine bekanntesten Bücher sind: "The Devil and the Jews (1943)" und "Jewish Magic and Superstition (1939)".

In diesem Artikel gebe ich einige Einblicke in sein Buch "Der Teufel und die Juden".

In seiner Einleitung stellt Rabbi Joshua Trachtenberg die berechtigte Frage, wie es sein kann, dass ein Großteil der Menschheit ausgerechnet von den Juden das glaubt, was über andere Völker niemals verbreitet werden würde. Und sei alles noch so irrational, die Menschen glauben die widersprüchlichsten Gerüchte, scheren sich nicht um Fakten und ein Nachfragen kommt erst recht nicht in Frage. Die negativen Gerüchte um das Judentum haben nicht mit Logik zu tun; die Menschen glauben Gehörtes, weil sie es glauben wollen und nicht weil es logisch ist.

Zeit seines Daseins in der westlichen Welt war der Jude etwas Aussätziges. Er war und ist bis heute fremd geblieben. Seine Religion, sein Charakter, seine Sprache (Hebräisch im Gebet), seine Bräuche und sogar sein Blut (laut dem Nationalsozialismus) sind anders und lassen Verdacht aufkommen. Im Gegensatz zu östlichen Ländern war in vielen Teilen Westeuropas "Fremdes" verpönt. Nicht nur heute, sondern schon vor fast 2000 Jahren. Zuerst noch geduldet, ging später jede verbliebene Toleranz mit dem Zeitalter des Christentums unter. Christ und sonst nichts, lautete die Keule der katholischen Kirche. Obwohl anti - jüdische Ressentiments wesentlich älter sind als die Kirche, so war es doch erst sie, die das Judentum vollkommen demonisierte.

Seinen Höhepunkt erreichte die Demonisierung des Judentums zur Zeit der Kreuzzüge, bei denen Tausende von Juden durch die Hand der Kreuzritter umkamen. Nicht nur in Jerusalem, sondern schon zu Beginn hausten die "g - ttesfürchtigen Christen" bei ihrem Durchmarsch im Rheinland. Alles Jüdische wurde plattgemacht und viele Hunderttausende kamen ums Leben. Alles im Namen G - ttes versteht sich. Die Kirche erklärte die Juden zum Feind der gesamten Menschheit.

Der Grund, warum die Kirche zu ihrem Hetzzug gegen das Judentum aufrief, war plausibel. Man konnte alles gebrauchen, nur keinen Rivalen. So war man erfolgreich, denn die Mehrheit konnte weder lesen noch schreiben und so wurde alles geglaubt, was der Priester erzählte. Das Analphabetentum wirkte sich für die Kirchenobersten positiv auf, dennoch gab es auch andere Seiten. Jene Christen, die des Lesens und rationalen Denkens mächtig waren, diskutierten mit Rabbinern und konvertierten sogar zum Judentum. Und das schon im frühen Mittelalter.

Überwiegend ging es der kath. Kirche jedoch erst einmal darum, ihre Machtposition zu sichern und auszubauen, und Widersprüche und Zweifel über und an der christlichen Religion waren da fehl am Platze. Die Juden mussten weg oder zumindest zum Aussatz werden. Aber nicht alle Kirchenoberen gaben sich damit zufrieden. Viele Kirchenväter kritisierten ihre Bosse, weil sie nicht mitansehen wollten, wie relig. Texte immer mehr zum "Wohle" des Christentums verfälscht wurden. Aus Originaltexten wurden Fälschungen, auf denen heutzutage noch viele Glaubenskriterien basieren.

Die Juden gaben ihren Glauben einfach nicht auf und liessen sich nicht bekehren. Warum auch, wenn die christliche Doktrin gegenüber dem logischen Judentum absolut unplausibel und widersprüchlich erscheint. Aufgrunddessen liess sich die Kirche etwas Neues einfallen, denn schliesslich musste der missliebigen Konkurrenz der Gar ausgemacht werden. Die Juden wurden zur Teufelsfigur erklärt. Der Jude ist kein menschliches, sondern ein diabolisches Wesen.

In der jüdischen Religion spielt der Teufel (Satan) keine Rolle und wenn, dann haben wir von ihn ein völlig anderes Konzept. Laut des Judentums hat G - tt alles erschaffen, selbst alles Negative und Schlechte. Unsere Aufgabe ist es, dies zu besiegen und in Gutes umzuwandeln. Der "Teufel" (das Schlechte) wurde von G - tt erschaffen und ist KEINE eigenständige Person, sondern führt den Willen G - ttes aus. Nach der Ankunft des Meschiach wird das Schlechte von G - tt vernichtet werden und die Welt kehrt zu ihrem eigentlichen Ursprung zurück.

Das Christentum dagegen sieht den Teufel als reale Person an, welche neben G - tt existiert. Ganz im Gegensatz zum Judentum. Christen sehen den Teufel als den Feind der Menschheit überhaupt, dessen Ziel es ist, diese zu vernichten. Während der christl. "Meschiach" J. schon gegen den Teufel kämpfte, treten nun seine kirchlichen Nachfolger in seine Fußstapfen. Die Frage ist, warum J. gegen den Teufel zu kämpfen hatte, wenn er doch G - tt war.

Der Antisemitismus erfolgte schon im Neuen Testament bei Lukas und Johannes. So nennt Johannes die Juden "den Vater des Teufels" (8:44). In der Offenbarung (2:9, 3:9) heisst es weiter, dass Synagogen die "Synagogen des Satans" seien. Die allerersten Christen waren noch wirkliche Juden, die zwar J. als ihren Meschiach ansahen, doch andererseits sämtliche Thoragesetze einhielten. So war es selbstverständlich Pessach oder Yom Kippur zu feiern, koscher zu essen, in die Mikweh (Ritualbad) zu gehen oder den Shabbat vollkommen einzuhalten. All das änderte sich mit Paulus, der da behauptete, dass die Thora nicht mehr gelte.

Im Mittelalter legte die Kirche erst richtig los und publizierte im Jahre 1277 Bilder, auf denen die Juden zusammen mit dem Teufel in einer Mikweh (Ritualbad) zu sehen waren. Weiter hiess es, dass immer wenn Juden beten, sie für die Zerstörung der Christen beten. Zusätzlich gab es abstruse Ideen wie "Juden trinken christliches Blut". Wenn Nichtjuden die Thora so gut kennen, dann dürfte ihnen nicht entgangen sein, dass für Juden jeglicher Blutgenuß verboten ist. Man sehe sich nur einmal den komplizierten Kascherungsprozess für Fleisch an, bei dem spezielles Salz auf das Fleisch geträufelt wird, um ja nur den letzten Tropfen Blut herauszubekommen.

Im 9. Jahrhundert entwickelte die Kirche die "Anti - Christ" - Legende, welche besagt, dass dem Meschiach ein Abgesandter des Satans vorausgehe und die Juden würden diesen teuflischen Abgesandten eifrig erwarten. Ein Irrglaube, der bis heute an Aktualität nicht verloren hat. Im 16. Jahrhundert fügte man einen neuen antisemitischen Aspekt hinzu: den wandernden Juden (The Wandering Jew).
Juden haben ein Horn auf der Stirn; eine These, die durch eine falsche Übersetzung eines Thoratextes entstand. Moshe sei mit einem Horn (Keren) vom Berg Sinai hinabgestiegen. Jedoch heisst "Keren" an dieser Stelle "mit einem "strahlenden" (von G - ttes Anwesenheit Schechinah) Gesicht. Eine Fehlübersetzung, die in vielen Teilen der Welt noch immer nicht als solche behandelt wird. Selbst Michelangelo malte Moshe mit einem Horn. Auch die Mezuza am Türpfosten erweckte jeglichen christl. Verdacht. Sei das etwa ein Objekt des Teufels ?

Im Mittelalter waren jüdische Ärzte und Wissenschaftler die führende akademische Schicht in Europa. Aufgrund ihrer vielen Reisen hatten sie ihr Handwerk bei den Moslems in Persien oder anderswo erlernt. Außerdem verfügten sie über hervorragende Sprachkenntnisse im Arabischen oder Griechischen. Nicht selten erweckte diese Tatsache den Neid der europ. Christenheit.

Im Jahre 1267 gab es in der Stadt Pforzheim einen Vorfall, der die Irrationalität aller Gerüchte gegen das Judentum widerspiegelt. Dort erklärte Thomas von Cantimpre, dass seitdem die Juden Pilatus zuriefen "sein Blut komme über uns" (Matt. 27:25), diese an Hämorrhoiden leiden und sie daher in christlichem Blut baden müssen, weil ihnen dies Linderung verspricht.

Um den jüdischen Glauben auszurotten, richtete man die berühmte Inquisition ein, vor der die Juden entweder nach Portugal oder Marroko flüchteten oder sich bereiterklärten, zum Christentum zu konvertieren. Nur pro forma natürlich, denn insgeheim wurde daheim der Shabbat gefeiert und koscher gekocht.

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Rabbi Trachtenberg schrieb dieses Buch inmitten der Nazizeit und wußte, wovon er sprach. Seltsam, dass sich solch chaotische Legenden, die jeder Realität widersprechen, immer noch aufrecht erhalten. Man fragt sich, wie dumm die Menschheit eigentlich sein kann und wie ansonsten intelligente Wesen geistig so tief fallen können. Meines Erachtens jedoch hat Rabbi Trachtenberg recht; die Menschen glauben, was sie glauben wollen. Und wenn es nur bequem genug ist, dann glauben sie sogar, das rot eigentlich grün und blau eigentlich weiß ist.


"The Devil and the Jews", absolut empfehlenswert !!!!

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