Montag, November 05, 2007

Die Bedeutung der "Kommenden Welt - Olam HaBah" für uns alle

B"H

Viele orthodoxe Juden, darunter litvishe und chassidische Haredim sowie Nationalreligiöse, sind der Meinung, daß Frauen keinen Talmud lernen sollten. Insbesondere sephardische Juden lehnen das Talmud - Studium der Frau generell ab. Ich bin jetzt ganz gemein und sage, daß sephardische Männer alles andere als eine Frau daheim haben wollen, die schlauer sein könnte als ihr eigener Ehegatte. Sorry, für meine "rassistische" Anmerkung, aber das musste jetzt einfach sein.

Gestern Abend war ich, wie jeden Sonntag Abend, bei meinem Rambam - Shiur. Ein amerik. nationalrelig. Rabbi unterrichtet Maimonides Buch "The Guide of the Perplexed - Führer der Unschlüssigen". Der Rabbi ist wissensmässig exzellent, aber für meine Begriffe allzu rational. Kein Wunder, wenn man den Rambam unterrichtet, der alles andere als spirituell war, sondern eher in seiner Rationalität aufging.

Im Kurs sind wir ca. 12 Leutchen, wovon die Frauen überwiegen. Und das mag einer der Gründe sein, daß es des öfteren zu Knackpunkten mit dem rationalen Rabbi kommt. Zum Beispiel ging es gestern um Rambams Aussage, daß der Mensch sich vom Tier durch seinen Intellekt unterscheidet. Alles schön und gut, doch sagt Rambam zugleich auch, dass Menschen, die ihren von G - tt gegebenen Intellekt nicht nutzen und ausbauen, auf der Stufe eines Tieres bleiben. Sofort brausten zwei anwesende Frauen auf und fragten, was denn mit behinderten Kindern oder manchen älteren Leuten sei. Die nämlich seien ja nun nicht schuld an ihrem Zustand.
Der Rabbi antwortete, daß wir uns hier nicht in einem kabbalistischen oder chassidischen Kurs befinden. Beide Ausrichtungen haben Antworten darauf. Nein, wir sind beim rationalen Rambam und da sei das halt dessen Meinung. Punkt.

Der Shiur ging weiter und nachdem der Rabbi einige Talmudkommentare des Rambam und des Maharal von Prag (am Ende vom Talmud Traktat Makkot) gegeben hatte, gingen die Frauen erst richtig an die Decke.

Als ich das Schauspiel verfolgte, gingen mir sofort die Meinungen vieler, welche das Talmudstudium für Frauen ablehnen, durch den Kopf. Eine der Meinungen von diversen Kritikern lautet, daß Frauen, unter anderem, zu emotional denken und alles aus dem Bauch heraus entscheiden wollen. Oftmals stimmt dies sogar. Jedenfalls gestern Abend.

Ein weiteres Thema, zu dem der rationale Rambam, eine einfache Meinung hat, ist die "Kommende Welt - Olam HaBah".
Die Olam HaBah ist ein jüdisches Konzept und bezieht sich auf das sogenannte Weiterleben der Seele (Neshama) nach dem Tod. Wenn ich an dieser Stelle sage, daß es sich um ein jüd. Konzept handelt, dann schliesse ich damit keinesfalls die Nichtjuden aus. Olam HaBah betrifft uns alle, egal, welcher Religion wir angehören. Jeder von uns wird einmal sterben und seine Seele (Neshama) verläßt den Körper und muß sozusagen vor G - tt stehen und Rechenschaft über ihr gelebtes Leben abgeben. Danach wird entschieden, welchen Platz sie (die Seele) in der Olam HaBah einnimmt. Je besser und mitzwoterfüllter (Thoragesetze einhaltend) jemand gewesen ist, desto besser der Platz in der Olam HaBah.

Hierzu meint der Rambam klipp und klar, daß der Platz einzig und allein von der Mitzwoterfüllung abhängt, wogegen der Maharal von Prag ihn kritisiert und sagt, daß jemand, der bestimmte gute Taten ausführte oder sonst irgendetwas Positives verrichtete, auch seinen Platz in der Olam HaBah sicher hat.

An die jüdischen Leser sei hier noch folgendes bemerkt: Es gibt im Talmud zweimal die gleiche Mischna, in der es heißt, daß jeder Jude einen sicheren Platz in Olam HaBah hat (siehe Traktate Sanhedrin sowie Avot). Diskutieren kann man, was passiert, wenn jemand dermassen sündigte, sodaß er keinen Platz verdient hätte. Hierzu heißt es, daß jeder seinem Verhalten nach einen Platz bekommt, aber zusätzlich wird im Talmud aufmerksam gemacht, daß G - tt selbst viele Sünder hineinläßt und ihnen vergibt.

Ein ganz berühmtes Beispiel aus dem Talmud Taanit 22a unterstützt die Meinung des Maharal von Prag.

Rabbi Beroka von Bei Chozai ging regelmäßig auf den Marktplatz von Bei Lefet. Elijah der Prophet (Eliyahu HaNavi) erschien ihm zu der Gelegenheit.

Einmal geschah es, daß Rabbi Beroka den Eliyahu fragte, ob da jemand auf diesem Marktplatz sei, der einen festen Platz in Olam HaBah haben würde.

Eliyahu sagte: "Nein".

In der Zwischenzeit betraten zwei Männer den Marktplatz und Eliyahu sagte dem Rabbi, daß diese zwei einen sicheren Platz haben.

Rabbi Beroka fragte die Männer, wer sie denn seien und diese erzählten ihm, daß sie Komiker sind. Jeder, der uns deprimiert über den Weg läuft, wird sofort von uns aufgeheitert, und wo immer wir Leute miteinander streiten sehen, warten wir mit größter Anstrengung auf, zwischen beiden Parteien zu vermitteln.

Beide Männer nutzten ihr komödiantisches Talent, um damit Positives zu tun und genau dies bringt ihnen einen sicheren Platz in der Kommenden Welt ein.

Eines jedoch sollte uns bei dem Begriff "Olam HaBah" sehr klar sein:
Es handelt sich um einen Zustand, von dem wir absolut nichts Konkretes wissen. Niemand von uns weiß, was Olam HaBah ist (siehe wieder mal den Rambam) und das einzige, was wir soweit tun können ist, uns die Meinungen einiger Kommentatoren anzuhören, die jedoch nicht mehr als Spekulation sind.

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