Donnerstag, Juni 05, 2008

Unter dem Deckmantel der Religion

B"H

Es gibt auf dieser Welt keine einzige perfekte Gesellschaft. Lernt man eine neue Lebensweise kennen, so mag man zu Beginn der Meinung sein, dass es genau DAS ist. Das habe ich schon immer gesucht. Alles ist perfekt und ich schließe mich sofort an. Ohne Anschluß oder nicht, schaut man auch nur kurz hinter die Kulissen, wird einem schnell bewußt, dass alles nicht so perfekt ist wie es scheint. Auch in der ultra - orthodoxen jüdischen Welt ist nichts perfekt und ich würde dies auch nie wagen zu behaupten. Vielleicht ist einiges manchmal ein wenig besser, aber bestimmt nicht perfekt. Jede Gesellschaftsform hat ihre Fehler und so gibt es Mißbrauch, Drogen, Vergewaltigung, Diebstahl, Ehebruch und dergleichen auch auf dem haredischen (ultra - orthod.) Sektor. Als ich vor einigen Jahren einmal eine Nachbarin darauf ansprach, stritt sie jegliches haredisches Fehlverhalten ab. Das sei nur alles Propaganda der linken säkuleren Presse und nichts sei wahr. Eine weitere Bekannte aus Mea Shearim bestritt etwaige Mißstände nicht, doch käme das nur in anderen chassidischen Gruppen vor und nicht in ihrer. In ihrer Gruppe sei alles astrein und jeder lernt Thora. Nichts da mit kriminellen Auffälligkeiten.

Israelische Zeitungen berichten dieser Tage, dass die Neturei Karta einen bekannten und per internationalem Haftbefehl gesuchten israelischen Kindesmißhandler monatelang in Brasilien versteckt hielt. Dieses allerdings wurde schon fast wieder revidiert, denn ganz so war es wohl doch nicht, aber die Neturei Karta ist halt immer gut für eine Schlagzeile.

Die israel. Polizei suchte den selbsternannten Rabbiner Elior Chen, der sich selbst der chassidischen Gruppe Breslov zurechnet, in allen Teilen der Welt. So soll er in Beit Shemesh und in Jerusalem seine weibliche Anhängerschaft zur Kindesmißhandlung angestiftet haben. Wenn Not am Mann war, kam der Rabbiner samt Gehilfe auch schon einmal selbst mit diversen Folterwerkzeugen vorbei und wollte den Kindern böse Geister austreiben.

Jene Haredim, die ich kenne, lieben es, darauf aufmerksam zu machen, dass es sich ja da um Leute handele, die erst später in ihrem Leben religiös geworden sind. Außerdem, naja, seien das ja wohl auch sephardische Juden und Breslov - Möchtegerne. Was soll man da also schon anderes erwarten ?

Nur kurz nebenbei: Aschkenazische Haredim schauen aufs Ärgste auf sephardische Haredim herab und Hochzeiten innerhalb dieser zwei unterschiedlichen Gesellschaften gibt es fast gar nicht. Es sei denn, ein Aschkenaze hat Probleme und findet keine aschkenazische Frau oder dergleichen.

Immer häufiger wird auf jüd. - orthod. Internet - Sites auf derlei Fälle aufmerksam gemacht. Da gibt es in einer chassidischen Gruppe einen Rabbiner etc., der ungehindert kleine Jungen vergewaltigen darf, da er ja angesehener Lehrer ist. Und wer glaubt schon einem Kind ? Dazu kommt, dass es in der haredischen Gesellschaft als absoluter Makel gilt, wenn dem eigenen Kind soetwas zustossen sollte. In vielen Fällen wird lieber ganz auf die Polizei verzichtet, denn das verursacht nur unnötiges Aufsehen. Und was überhaupt geschieht mit dem Kind ? Das wird gehänselt und hat schlechtere Chancen im Leben als andere. Wer will das Kind denn später einmal heiraten, wenn jeder weiß, das es vergewaltigt wurde ? Solch einen Gesellschaftsmakel will man sich dann lieber doch nicht antun.

Obwohl zwar immer mehr Eltern die Polizei einschalten, ist deren Anzahl immer noch zu gering. Leider wird immer noch viel zuviel geschwiegen; besonders in geschlossenen chassidischen Gruppen, wo die "zionistische" Polizei eh nie eingeschaltet wird, sondern nur der jeweilige Rebbe. Die Leidtragenden sind natürlich die betroffenen Kinder, mißhandelte Frauen oder eventuelle Drogenabhängige, die mit ihrem Schicksal allein gelassen werden. Innerhalb der haredischen Gesellschaft gibt es nur wenige eigene Sozialarbeiter, wobei hier die litvischen Haredim etwas aufholen. Ansonsten kommen die Sozialarbeiter immer von außerhalb, wie dem städtischen Jugendamt. Und wer will solche "Spione" schon im Hause haben ? Und was werden erst die Nachbarn sagen ?

Um das Dilemma zu verstehen ist es notwendig, die Gesellschaft an sich etwas zu kennen, denn ohne ein Basiswissen geht gar nichts. Auf Fehlverhalten oder Mißstände reagieren orthodoxe Jude meist anders als andere, denn es gilt den Ruf zu wahren. Kaum etwas ist schlimmer als den Ruf zu verlieren und als Outlaw zu gelten. Daher ist man bei sämtlichen "delikaten" Angelegenheiten immer auf Schadensreduzierung bedacht und an die große Glocke wird erst gar nichts gehängt. Das fehlte noch, dass die säkulere Presse davon Wind bekommt.

Wer einschlägige Infos aus der haredischen und selbst der nationalrelig. Welt sucht, der ist entweder Teil von ihr oder kennt Leute. Als Außenstehender bekommt man ansonsten nie Infos; selbst dann nicht, wenn es einem gelingt, einen zuständigen Rabbiner am Telefon zu haben. Schon einige Male ist es mir passiert, dass haredische Freunde für mich bei jemandem anriefen und mir die gewünschten Infos vermittelten. Nicht, dass die geschlossene Gesellschaft jeglichen Zugriff von außen verhindern will. Nein, hier gilt es vielmehr eine ganze Gemeinschaft zu schützen. Und genau das ist ein Mitglied einer chassidischen Gruppe (außer Chabad und Breslov) – eine Gemeinschaft, in welcher das Individuum leider manchmal zu kurz kommt.

Die Frage aber ist, darf ich mir, sobald ich Teil dieser Gesellschaft bin und relig. Kleidung trage, alles erlauben ? Grundsätzlich nein und ich finde es jedesmal aufs Neue wieder gräßlich, wenn ein Haredi bzw. sogar deren Rabbis, meinen, sie haben G – tt und die Religion für sich gepachtet. Wer so handelt ist weder Haredi noch religiös.

1 Kommentar:

  1. Anonym12:23 AM

    Ach Kindchen, wie naiv kann man sein? L'habit ne fait pas le moine, und genauso wenig machen Peyos einen Menschen automatisch fromm.

    PS: soviel ich verstanden habe hat Kolko nicht vergewaltigt, sondern betatscht. [abuse heisst missbrauch, aber wenn Vergewaltigung gemeint ist, dann sagt man anscheinend rape, nach dem was ich mir da auf die Schnelle angelesen habe](Was natürlich nicht bedeutet, dass es nicht auch andere gibt, die tatsächlich vergewaltigen).

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