Dienstag, Juni 10, 2008

Jerusalem vor und an Schavuot

B"H

Dass mir ja niemand sage, ich hätte am letzten Schabbat an keinem chassidischen Tisch teilnehmen wollen. Doch als es dann soweit war, stellte ich fest, dass mein Aktivismus unbefriedigt untergehen wird. Trotz einigem Suchen war kein chassidischer Tisch aufzutreiben.

Anscheinend bereiteten sich alle aus Schavuot vor, welches am Sonntag abend begann. In der Nacht von Sonntag auf Montag wurde traditionell durchgelernt und viele Einrichtungen boten relig. Vorträge an. So ging ich mit einer Freundin zum amerik. "Israel - Center (Orthodox Union)". Eine Entscheidung, die ich schon nach wenigen Minuten bereute. Sieht man einmal vom aufgefahrenen Obst und Fastfood - Bufett ab.

Schon die erste Sprecherin verfehlte ihr Thema und nach wenigen Minuten veraschiedete ich mich geistig, um auf dem Stuhl ein kleines Nickerchen einzulegen. Die beiden folgenden Sprecher, zwei litvische Rabbiner, waren hingegen hervorragend. Man soll halt keine Frauen ans Podium lassen, deren Gatten Rabbiner sind, und man daher meint, dass auch die Gattinnen etwas zu sagen haben.

Morgens um 4.00 Uhr machten wir uns auf den Weg zur Klagemauer (Kotel). Tausende waren auf dem Weg zum Morgengebet Schacharit und die Polizei sowie die Armee - Grenzpolizei glänzten durch Hochbereitschaft. Durch den arabischen Markt kamen wir an die Klagemauer, aber obwohl es hieß, dass Millionen kommen täten, fanden wir mit Leichtigkeit Einlaß und reichlich Stehplätze. Selbstverständlich gab es auf dem Kotelvorplatz eine aufgestellte Mechitzah (Trennwand der Geschlechter) und auf der Frauenseite hatte es sich eine Gruppe junger nationalrelig. Mädels auf dem Fußboden gemütlich gemacht. Kurze Röcke, keine Strümpfe und knappe Shirts, dies scheint die neue Mode der nationalrelig. jungen Frauen zu sein. Und so sassen ca. 25 Teenies in einem großen Kreis vor der Kotel und sangen.

Halachisch betrachtet ist es Frauen verboten, laut vor Männern zu singen, denn letztere könnten durch den Singsang auf "schmutzige" Ideen kommen. Nur wenn es sich um die eigene Ehefrau oder die Töchter handelt, darf vor einem Mann gesungen werden.

Diese Halacha jedoch störte die im Kreis sitzenden nationalrelig. Teens überhaupt nicht und dazu saß man auch noch im knappen Rock da. Haredische (ultra - orthod.) Männer liefen im Eiltempo an ihnen vorbei und hielten sich die Ohren zu. Ich fragte mich schon, warum sich niemand aufrege als plötzlich eine jüngere haredische Frau auf den Kreis zulief. Sie schrie die Mädels an, was das hier solle und ob sie sich nicht schämen. Die erste Reaktion war, der Frau die Meinung zu sagen, doch war dies völlig überflüssig, denn die Frau war im Recht. Und nach kurzer Zeit des Zögern standen die Mädels auf und die Gruppe löste sich auf.

Nun kann man die haredische Frau als Fanatikerin abstempeln, was dennoch nichts daran ändert, dass sie halachisch im Recht war. Gerade an der Klagemauer ist ein anständigeres Verhalten angebracht und ich frage mich schon seit geraumer Zeit, wie weit die weiblichen Natinalreligiösen eigentlich noch gehen wollen. Man muß sich ja nicht gerade nach iranischer Art total vermummen, aber als offensichtlich Religiöse sollte ich zumindest soviel Verstand besitzen, mich an einem "heiligen" Ort besser zu benehmen.

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