B"H
Es ist schon erstaunlich, wie sehr der Talmud die kleinen Situationen im Leben anspricht und definiert. In vielen Lehren finden ich mich selbst wieder und möchte daher einiges an andere weitergeben. Vielleicht hilft es jemandem ja auch über bestimmte Situationen im Leben nachzudenken und eventuell eine Lösungsanregung zu bekommen.
Die Talmud Traktate Kidduschin 20a sowie Sotah 22a nennen einen ganz wichtigen Punkt, der uns vielleicht vorher nie so ins Bewußtsein rückte.
In beiden Traktaten heißt es:
Rav Huna sagte: "Wenn jemand erst einmal ein Vergehen begeht und es danach ein zweites Mal wiederholt, so wird das Vergehen in seinen Augen legal".
Oder kurz gesagt: "Begehe ich ein Vergehen und wiederhole es, dann gewöhne ich mich folglich daran und ist demnach in meinen Augen gar nicht mehr so schlimm wie ursprünglich angenommen". Je mehr ich eine bestimmte Sünde begehe und mir nichts dabei passiert (z.B. keine Strafe erhalte), umso mehr wird in meinen Augen alles legal und letztendlich zur Normalität.
Der große Kommentator Raschi sagt hierzu, dass man sich nach einer gewissen eintretenden Routine gar nicht mehr so fühle als hätte man ein Unrecht begangen. Und wenn genau dieser Fall eintritt, dann sehe man auch keinerlei Veranlassung mehr, etwas zu bereuen (siehe hierzu auch den Talmudkommentator RIF).
Rav Huna in seiner Gemara (rabbinische Diskussionen) im Talmud will ganz einfach ausdrücken, dass wenn ich mehrmals gegen dasselbe Gesetz verstoße, die Tat in meinen Augen als erlaubt erscheint.
Das Problem welches dabei auftaucht ist, dass ich nach einiger Zeit nichts mehr bereue und mich vielleicht noch zu weiteren scherwiegenderen Taten hinreissen lasse. "Was, G - tt will Menschen bestrafen und so ? Bisher habe ich genug gesündigt und mir ist nichts passiert. Wieso sollte das in Zukunft anders sein ?"
Im Judentum heißt es, dass Menschen, die gegen die Thora handeln, nicht immer sofort bestraft werden. Adam und Eva (Chava) sind im Paradies auch nicht gleich tot umgefallen als sie vom Baum der Erkenntnis (Etz HaDa'at) aßen. Wenn ich stehle, fallen mir nicht automatisch sofort die Hände ab.
Eine Bestrafung seitens G - ttes kann unverzüglich erfolgen oder auch erst viel später. 10 Jahre später oder 50 Jahre später …
Auch muß die Bestrafung G - ttes nicht unbedingt in dieser Welt erfolgen, sondern kann genauso in der Kommenden Welt (Olam HaBah) stattfinden. Olam HaBah, die unendliche Seelenwelt, in der ich schlimmstenfalls keinen Platz mehr bekomme oder bestenfalls einen schlechteren Platz. Metaphorisch steht dies als Bestrafung für die eigene Seele.
Praktisch vergleichbar ist dieses Konzept mit jedem anderen weltlichen gesetzlichen Vergehen. Heute hinterzieht jemand einen kleinen Betrag an Steuergeldern und empfindet noch ein schlechtes Gewissen. Tut er es ein zweites Mal und es geht alles gut, dann wird die Angst schon geringer, bis alles irgendwann in der Routine endet. Am Ende betrachtet sich derjenige als jemand mit einer völlig lupenreinen Weste. Der Sog kann einen so schnell erfassen, dass man es manchmal erst gar nicht so bemerkt.
Darum gibt es den Talmud; um uns an all die kleinen Details zu erinnern, die wir ansonsten gar nicht so wahrnehmen.
Donnerstag, Juni 26, 2008
Abonnieren
Kommentare zum Post (Atom)
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen