B"H
Jeder, der sich entscheidet religiös zu werden, muß sich genauso darüber im klaren sein, in welchen Rahmen er gehören möchte. Im orthodoxen Judentum ist vieles immer mit einem Rahmen verbunden (Hebr. "Misgeret), denn das ist in einer orthod. Umgebung wichtig. Danach wird man identifiziert.
Hört sich stereotyp an ?
Mag sein, läßt sich jedoch kaum ändern.
Ich werde nach meiner Yeshiva - Vergangenheit beurteilt. Auf welchen relig. Schulen war ich ? Nationalrelig. oder haredisch (ultra - orthod.) ? Was habe ich gelernt, welche Leute kenne ich, welche Rabbis, was mache ich heute und wo ? Wer ist mein Umgang ? All diese Fragen bekomme ich immer wieder zu hören und insbesondere natürlich bei meinen Mea Shearim - Besuchen. Aus den Antworten heraus werde ich in eine Sparte eingeordnet, die da heißt: "Irgendwie wieder zurück in die haredische Gesellschaft, aber doch noch nicht ganz".
Als ich vor vielen Jahren relig. wurde, entwickelte ich keinerlei Traumwelten bezüglich der haredischen Gesellschaft. Ich arbeitete für Haredim (Ultra - Orthod.) und hatte daher alltäglichen Umgang. Durch Beziehungen kam ich automatisch irgendwie nach Mea Shearim und wer neu im "Business" ist, für den besteht die Gefahr, sich leicht blenden zu lassen. Man sieht eine äußerlich "perfekte" Welt und will dazugehören. Schnuppert man jedoch etwas länger intensiv hinein, stellt man erstaunt fest, dass es sich auch hier nur um Menschen handelt.
Frisch Konvertierte und jüdisch - geborene Neurelig. lassen sich oft blenden. Sie haben keinerlei Erfahrungen mit verschiedenen Richtungen der Orthodoxie und meinen nur allzu schnell, dass Passende gefunden zu haben. Aber sich aus dem Nichts in ein absolutes Extrem zu stürzen, geht niemals gut. Irgendwann macht die Seele nicht mehr mit, geschweige denn von den manchmal brutalen Anspielungen der Umwelt. Unausgesprochene Anspielungen, die einem klarmachen, dass man nicht so in die haredische Gesellschaft hinein geboren worden ist. Das ist keine Schande, aber für so manchen vielleicht schon. Aufgrunddessen haben sich viele Neurelig. zusammengetan und ihre eigenen Gemeinden gegründet.
Wer relig. wird, der sollte einige Monate oder besser ein bis zwei Jahre in einem festen relig. Programm lernen, mit verschiedenen Leuten sprechen, in unterschiedliche Synagogen gehen und in andere Richtungen hineinschauen. Chabad, litvisch, Breslov, Satmar, Belz oder viele andere Gruppen. Nur so kann er allmählich entscheiden, was für ihn das Richtige ist. Gewechselt werden kann natürlich auch und ich kenne viele, die sie tun.
Nur eines sollte man nicht tun: Die Haredim anschauen und so verzückt zu sein, alles andere zu vergessen. Plötzlich findet man sich in einer Traumwelt wieder und schaut auf nichts anderes mehr. Auch nicht auf die Realität.
Insbesondere den Konvertiten zum Judentum rate ich, sich vorerst nach dem Beit Din (rabbinischem Gericht) im orthod. Judentum umzuschauen und nicht gleich wild loszulaufen und alles auf eine Karte zu setzen.
In Israel gibt es wenige haredische Batei Din bzw. Konversionskurse. Einer davon ist in Bnei Brak bei Tel Aviv und es ist sehr schwer, dort angenommen zu werden. Wer es schafft, der muß meistens in einer haredischen Familie leben. Der Kurs hat eine der höchsten Erfolgsquoten in Israel. Fast 100% leben nach dem Giur (Konversion) tatsächlich haredisch weiter.
Ein weiteres Beit Din wird von der anti - zionistischen Dachorganisation Mea Shearims, der Edah HaCharedit, geleitet. Hier ist es für einen "normalen" Konversionswilligen fast unmöglich akzeptiert zu werden und es gelten überaus hohe Anforderungen. Mehrere Leser meines engl. Blogs liessen mir diesbezüglich Infos zukommen und ich war erstaunt, wie kompliziert es dort zugeht.
Aber sind nicht jene akzeptierten Konvertiten genauso gefährdet, in eine haredische Traumwelt zu verfallen ?
Nein, denn sie leben mittendrin und himmeln nichts an, was sie nur aus der Ferne kennen. Sie sind aktiv dabei und träumen nicht, denn diese Welt läßt ihnen keine Zeit zu träumen.
Sonntag, Februar 17, 2008
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