Montag, Februar 18, 2008

Wieviel Vorsicht ist geboten ?

B"H

Nicht nur einmal wurde ich gefragt, ob es nicht theoretisch passieren könnte, dass ich von chassidischen Gruppen bedroht werde. Immerhin schreibe ich sehr eingehend über Punkte aus der haredischen (ultra - orthod.) Welt, die entweder sonst nie so ans Tageslicht gelangen oder über Themen, die niemand so richtig wahrzunehmen scheint. Jemand fragte in einer privaten e - mail. Ob ich keine Angst habe.
Die Antwort lautet:
Nein, habe ich nicht.

Mir ist nicht bewußt, dass ich je etwas Negatives geschrieben habe. Hier und dort ein paar kleine Anspielungen vielleicht auf die Nationalrelig. sowie die litvischen Haredim, aber sonst…
Andererseits bin ich auch nicht der Typ, der alles nur toll findet. Auch orthodoxe Juden leben in keinem realen Paradies, sondern sind eine Gesellschaft mit vielen Pros und auch vielen Cons. Ich mache nicht nur Propaganda, sondern spreche genauso die inneren Probleme der Gesellschaft dar.

Viele Haredim (Ultra - Orthod.) beschweren sich nicht selten, dass fast alle immer nur gegen die haredische Gesellschaft schreiben und dabei vergessen, dass es Tausende zufriedene und glückliche Haredim auf der Welt gibt. Niemand hat jemals das Gegenteil behauptet und ich selbst kenne viele solcher Familien. Nichtsdestotrotz, es ist immer wichtig, auch die Probleme in einer Gesellschaft zur Sprache zu bringen. Erstens haben Menschen ein Recht, Negatives wie Positives zu erfahren und zweitens könnten diese Beschreibungen anderen Menschen in ähnlichen Situationen durchaus weiterhelfen.

Eine andere Frage, die oft auftaucht:
Erzählst Du den Chassidim, dass Du über sie schreibst ?
Die Antwort lautet:
Es kommt darauf an.

Chassidische Freunde von mir wissen, was ich tue und haben nichts dagegen. Außer, dass sie mir nahelegen, sie niemals persönlich namentlich oder mit Adresse zu nennen. Ein Vorhaben, welches ich eh niemals tun würde. Ich kenne Chassidim von Dushinsky, Avraham Yitzchak, Satmar, Gur, Belz oder von Vishnitz, und sie alle wissen genau, was ich schreibe, denn sie selber lesen fast regelmässig mit.

Vor ein paar Wochen sprach mich die Rebbitzen der chassidischen Gruppe Kretchnif Jerusalem an, fragte mich jedoch nicht ausdrücklich nach dem, was ich mache. Von daher sah ich keine Veranlassung, mich ihr schon beim ersten Mal anzuvertrauen. Jedenfalls nicht so hopplahopp.

Hätte mich mich am letzten Schabbat noch viel länger und intensiver mit der Toldot Aharon - Frau unterhalten, dann hätte ich ihr erzählt, was ich tue. Fragt mich jemand direkt, bekommt er auch eine dementsprechende Antwort.
Bei Unbekannten ist die erste Reaktion fast immer: "Ah, Du schreibst sicher nur negativ über uns wie alle anderen auch."
Immer wieder braucht es Zeit, zu erklären, dass dem nicht so ist.

Ob ich keine Angst habe, von der anti - zionistischen Edah HaCharedit verbannt zu werden ?
Nein, keineswegs. Zumindest hoffe ich das nicht.

Was ich bei Chassidim immer wieder aufs Neue betone ist, dass es viele Juden gibt, die an dem Geschehen in Mea Shearim bzw. Jerusalem interessiert sind. Wobei ich die Nichtjuden nicht immer nenne, denn dies stößt bei vielen Chassidim negativ auf. Alles ist gewöhnungsbedürftig und nach einiger Zeit funktioniert es. Letztendlich stimmen fast alle zu und berichten mir aus ihrer Gruppe.

Es gibt auch jene, die wollen, dass ihr Rebbe oder ihre Gruppe in den Schlagzeilen sind und bieten von sich aus Kooperation an. Ich mag zwar über vieles berichten, die Hauptakteure sind aber immer noch die Chassidim selber.

Vormachen will ich mir dennoch nichts; natürlich entstehen vielerlei Situationen, in denen ich mich ernsthaft frage, ob ich das schreiben darf oder nicht. Wenn ja, wie formuliere ich es, um niemanden zu beleidigen. Besonders bei einer Gruppe ist allerhöchste Vorsicht geboten. Dies erfuhr ich erst gestern wieder als ich mit einer anderen Autorin telefonierte und diese ihre Angst äußerte. Berechtigt oder unberechtigt, ich weiß es nicht.

Was fällt unter die Zensur und wieviel muß wirklich veröffentlicht werden ?

Zwei berechtigte Fragen, die manchmal kaum eine schnelle Antwort finden.

3 Kommentare:

  1. Anonym10:43 PM

    Liebe Miriam,
    nach langer Zeit melde ich mich - unter Pseudonym - mal wieder.
    Wie soll ich das mit dem "bedroht werden" verstehen? Was würde das konkret bedeuten: Das dir keiner mehr was erzählt oder gar Morddrohungen?
    Viele Grüße
    Günther

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  2. B"H

    Besonders eine Gruppe ist fuer ihre manchmal an den tag gelegte "Radikalitaet" bekannt, und da ich ueber sie und die Gesellschaft an sich schreibe, koennte man etwas dagegen haben.

    Bei mir sehe ich das aber nicht unbedingt, denn ich schreibe mit relig. Hintergrund.
    Eine Doktorantin jedoch schrieb ihr Ph.D. ueber genau diese Gruppe und will es nun in Buchform veroeffentlichen. Das Problem bei ihr ist, dass sie teilweise unter falschen Angaben an die Infos kam.
    Ich hatte vor einigen Tagen ein laengeres Gespraech mit ihr und kann ihre Vorgehensweise nicht verstehen, was ich ihr auch sagte.

    Fuer mich sind die Chassidim Menschen und keine Studienobjekte und ich denke, dass dies in meinen Inhalten rueberkommt. Auch bei der chassidischen Gesellschaft selber.

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  3. Anonym1:29 PM

    Ich glaube eher, dass niemand diese Blogs liest. Wenn man kein Internet hat, ist es schwierig, und deutsche blogs sind dort nicht wirklich im Fokus des Interesses.

    Deshalb würde ich vermuten, dass du nicht viel zu befürchten hast...

    Das andere ist eine Frage der Moral.
    Was erwartest du von ihnen, was sie von dir, inwiefern redet man aneinander vorbei...

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