Dienstag, August 26, 2008

Straßenbahn gegen Spiritualität

B"H

Die haredischen (ultra - orthod.) Bewohner Jerusalems betrachten die neue Straßenbahn, welche innerhalb der nächsten Jahre einmal durch die Stadt kreuzen soll, als spirituelle Gefahr. Derzeit schaut die aktuelle Lage so aus, dass die Jerusalemer Innenstadt ein absolutes Verkehrschaos darstellt. Ich nehme schon gar keine Busse mehr, denn zufuß bin ich wesentlich schneller. Das gravierenste Beispiel dürfte die Kreuzung Jaffa - King George - Strauss bilden. Die Jaffa Road ist aufgrund der Bauarbeiten für die kommende Straßenbahn seit einigen Wochen nur noch einspurig befahrbar. Der gesamte Verkehr Richtung Ramot, Neve Yaakov, etc. erfolgt nur noch über die Nathan - Strauss - Street, welche gegenüber der King George direkt von der Jaffa abbiegt. Somit kommt es in der Strauss am Kikar Schabbat zu erheblichen Staus. Und genau an diesem Schabbat Platz treffen die ultra - orthodoxen Stadtteile Ge'ulah und Mea Shearim aufeinander.



Skizze der zukünftigen Straßenbahn


Seit einem gewissen Zeitraum schon argwöhnen die ansässigen Haredim, dass sich immer mehr säkulere Passanten und selbst säkulere Geschäftsleute in den ultra - orthodoxen Stadtteilen bewegen. Die anti - zionistische Dachorganisation Edah HaCharedit warnt schon seit längerem vor einem "Einfall" des Säkularismus in Mea Shearim. Welche Beipiele von Leuten bekommen da haredische Kinder zu sehen ? Unanständig gekleidet und grell geschminkte Frauen, Männer in Shorts und Badelatschen und Jugendliche, deren Shirts kaum noch Stoff vorweisen, weil sie so knapp bemessen sind. Welches Beispiel gibt der sittliche Verfall der Gesellschaft den Leuten in Mea Shearim, die da Thora lernen ? Und genau jene Passanten durchqueren die Stadtviertel. Kein Wunder also, dass immer mehr Läden in ultra - orthod. Bezirken mit Schildern darauf hinweisen, dass in ihrem Laden nur anständig angezogene Kundschaft Einlaß findet. Aus den Hinterhöfen (Batei Ungarin, Toldot Aharon) sowie dem lokalen Markt hält man die Säkuleren gar ganz fern.


Was sollen die Kinder denken ?
Chassidische Kinder in Mea Shearim.



Und nun soll auch noch die Straßenbahn kommen. Nein, nicht durch Mea Shearim, aber bedeute nicht die katastrophale Parkplatzsituation der Innenstadt eine Ausweitung nach Mea Shearim. Die Leute wollen die Straßenbahn erreichen und wo bitteschön stellen sie ihren Wagen ab ? Wird Mea Shearim zum Massenparkplatz ?



Der Kikar Schabbat: Kreuzung Strauss, Mea Shearim, Ge'ulah


Tatsache ist schon lange, dass Jerusalem immer haredischer wird. Viele Säkulere ziehen fort oder in ihre Stadtteile wie Rehavia oder dem French Hill, wo man noch unter sich ist. Doch haben haredische Familien eine wesentlich höhere Kinderzahl als alle anderen und diese bilden die neue Wählerschaft. Wenn sie denn wählen gehen. Aber selbst wenn nicht, haredische Aspekte können in Jerusalem keinesfalls außer Acht gelassen werden. Und somit kommt wieder einmal mehr die Forderung nach "koscheren Bussen" auf. Busse, in denen Männlein und Weiblein getrennt sitzen. Ein Freund dieser Busse bin ich garantiert nicht und meines Erachtens nach sind sie eine falsche Lösung. Kein Einwohner soll gezwungen werden, sich den Gruppenidealen der anderen zu unterwerfen. Doch ist die Seite der Haredim verständlich, wenn sie da im Bus neben einer halbbekleideten Frau sitzen. Wie erklären sie das ihren Kindern ? Was für einen Eindruck machen eben jene Säkulere auf die haredische Bevölkerung ? Andererseits kann man natürlich argumentieren, dass all jene Leute genauso Teil des Judentums sind und G - tt uns nicht erschuf, damit wir uns im Hinterhof abkapseln. Vielmehr sollen Religiöse dem Säkularismus als gutes Beispiel vorangehen, aber dazu gehört kein Zwang.

Jerusalem war noch nie eine einfache unkomplizierte Stadt und daran wird sich auch in Zukunft nichts ändern. Weitere Prognosen bleiben daher offen.



Die Enge Mea Shearims

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