Mittwoch, August 13, 2008

Welcome to Reality - Die Nöte eines Baal Teshuva

B"H

Baalei Teshuva, so nennt man diejenigen, die im späteren Verlauf ihres Lebens religiös werden.


Viele engl. - sprachige jüdische Blogs kritisieren das Kiruv - Movement. Junge Leute würden einfach so in diverse Yeshivot (relig. Schulen) oder relig. Programme gezogen werden. Dort unterliegen sie einer relig. Gehirnwäsche und kommen meist als kleine Männchen mit schwarzem Hut oder Weiblein in langem Rock wieder heraus. Danach gehen sie anderen Juden furchtbar auf den Keks, indem sie alles besser wissen wollen und meinen nun, das absolut religiöse Licht gesehen zu haben.

Andererseits reiben sich Kritikerblogs daran auf, dass den Baalei Teshuva sowie jenen, die auf haredischem (ultra - orthod.) Wege konvertieren, eines absichtlich verschwiegen wird: nämlich das die geborene haredische Gesellschaft sie später nicht so anerkennen wird, wie einen von ihnen.

Dieser Vorwurf ist völlig berechtigt und ich befragte dazu eine Studentin der haredisch - litvischen Yeshiva Neve Yerushalaim. Gerade "Neve" gilt als die "Kaderschmiede" für weibliche Baalei Teshuva. Meist junge Leute aus Anglo - Ländern, Rußland oder Israel werden dort relig. unterrichtet und erklärtes Ziel ist es, aus den Neuankömmlingen eine gute haredische Frau zu machen. Oberstes Ziel ist, ihr einen Schidduch (Heiratspartner) zu finden.

Innerhalb der vergangenen Jahre hatte ich mit vielen Neve - Girls Kontakt. Die Mehrheit liebte das Seminar, einige waren Dropouts und verbanden den Namen "Neve" mit einem Brechreiz und wieder andere kehrten nach Neve in ein eher "modern - orthodoxes" Leben zurück, wenn sie auch Neve als einen wichtigen Schritt in ihrem Leben bezeichneten.

Ich habe schon viele Male zuvor über die Anerkennungsprobleme von Konvertiten und Baalei Teshuva in der haredischen (ultra - orthod.) Gesellschaft berichtet. Als "Neuzugang" mag man dem Eindruck unterliegen, akzeptiert zu werden. Nach gewisser Zeit jedoch stellt sich heraus, dass dem nicht so ist. Spätestens dann, wenn es um Schidduchim (Ehepartner) geht, denn normalerweise bekommt in solcher Gesellschaft ein Konvertit einen anderen Konvertiten angeboten und ein Baalei Teshuva halt seinen Gegenpart.

So manch ein Konvertit zum Judentum scheint seine eigenen Wege zu gehen, indem er sich ein Lügengerüst seiner Herkunft aufbaut. Da ist die Familie plötzlich chassidisch (auch wenn sie in Buxtehude wohnt, - dies nur als kurzes Beispiel nebenbei) und überhaupt wurde Großmutter im KZ vergast (selbst, wenn sie heute noch munter durch Buxtehude hüpft). Egal, Hauptsache eine Story.

Die lieben haredisch - geborenen Mitmenschen jedoch lassen sich in den seltensten Fällen mit "Buxtehude - Stories" abspeisen, denn vor allem in der chassidischen Gesellschaft kennt jeder jeden. Somit macht sich der Konvertit selbst etwas vor. Und so kommt es dann auch, dass er eifrig für geborene Haredim Essen zubereitet, welches diese nicht zu sich nehmen wollen. Unter fadenscheinigen Ausreden, aber immerhin. Das ganze Lügengerüst scheint längst verdammt, nur der Konvertit will es nicht wahrnehmen.

Ich sprach also mit einer Studentin von Neve Yerushalaim und fragte, wie sie es denn aufnehme, nicht gerade wenige Male von der geborenen haredischen Gesellschaft den Unterschied zu spüren zu bekommen. Sie gab mir eine bemerkenswerte Antworte, welche vielleicht einigen Lesern weiterhilft, diverse Probleme zu bewältigen:

"In jeder Gesellschaft gibt es Leute, die von anderen nicht unbedingt als gleichwertig anerkannt werden. Wenn ich als Weiße unter 20 Schwarzen sitze, dann ist es höchstwahrscheinlich, dass ich zuerst negativ angemacht werde und kein Schwarzer. Und genauso ist es auch in der haredischen Gesellschaft. Wieso soll ich mich groß aufregen ? Es ändert nichts und ich sollte damit leben und ehrlich sein. Wichtiger ist es, seinen eigenen persönlichen Weg zu G - tt zu finden und jene, die damit ein Problem haben, sollten vor ihre eigene Türe kehren".

Halachisch betrachtet nimmt ein ernsthafter Konvertit oder Baal Teshuva einen höheren Level ein als ein geborener relig. Jude. Sobald jemand aufrichtige Teshuva (Umkehr zu G - tt) macht, sind all seine vorherigen Vergehen vergeben. Er tritt sozusagen in ein neues Leben ein. Jemand der relig. geboren worden ist, unterliegt nicht unbedingt den Versuchungen, welche ein Neuankömmling erst einmal bewältigen muß. Aber genau diese Anstrengung der Lebensveränderung zum Positiven wird von G - tt höher bewertet.

Leider wird dies heutzutage manchmal zu oft vergessen. Und leider kommt auch hinzu, dass so mancher Neuankömmling sich eine falsche Biographie zulegt und somit absichtlich andere Leute hinters Licht führt.

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