Mittwoch, Februar 04, 2009

Parashat Beshlach

Photo: Kumah


B"H

Die Thoralesung für diesen Schabbat

In dieser Parashat Beshalach kommen die Israeliten endlich frei und sie verlieren keine Zeit und ziehen sofort los.

Die Mehrheit der Kommentatoren diskutiert nicht nur diese Tatsache, sondern befasst sich ungewohnterweise ebenso mit der Psychologie. Nach der Ankunft Yosefs und seines Vaters Yaakovs in Ägypten, waren mehr als 200 Jahre vergangen, was automatisch zur Folge hatte, dass neue Generationen geboren wurden. Und genau diese neuen Generationen kannten kein Leben in Freiheit geschweige denn, dass sie unabhängig denken sollten. Vielmehr hatten sie sich an ihr Sklavendasein gewöhnt und man mag sich vorstellen, mit welcher Mentalität sie Ägypten verliessen (siehe das kabbalistische Buch ZOHAR).

Eine neue große Zukunft stand für sie bereit, doch waren sie mental imstande, dieser entgegenzusehen ? Selbst G - tt hegte da so sein Zweifel und entschloß sich, die Israeliten nicht auf einmal zu überfordern.

Aber befanden sich wirklich nur die Israeliten in einer Art Sklavenmentalität ohne den wahren Drang nach Unabhängigkeit zu verspüren ?

Jedes Jahr an der Pessach - Seder lesen wir immer wieder neu die Pessach - Haggadah, in der vom Auszug aus Ägypten erinnert wird. Jedes Jahr sollen wir erneut nachvollziehen, wie unsere Vorfahren auszogen und unter welchen Qualen sie vorher litten. Allein einige Zeremonien der Seder (Charoset und Maror) erinnern an das trostlose Skalvendasein. Die Charoset, der aus mehreren Zutaten gemischte Brei, symbolisiert den Beton, welchen die Israeliten zum Bau der Pyramiden benutzten und Maror, bitteres Kraut, symbolisiert die Bitterkeit der Skalverei.

Warum ist das alles für uns heute noch so wichtig, ständig daran zu erinnern ?
Jeder von uns erlebt seinen eigenen Auszug aus Ägypten. Nicht unbedingt physisch, sondern symbolisch. Auch wir haben Probleme privater Natur.
Mit uns selbst.
Oder sind wir so mit uns im Reinen, dass wir ehrlich gestehen können, wir hätten keine Skalvenmentalität ?
Von wem sind wir in unserem derzeitigen Leben alles abhängig ? Nicht nur auf menschlicher Basis, sondern genauso auf materieller Basis. Abhängig vom Geld oder Konsumrausch. Jeder von uns sollte seinen ganz privaten Auszug aus Ägypten zelebrieren.

In der Chassidut wird der Slavenmentalität noch weitere Bedeutung beigemessen und das den Israeliten Hinterherjagen Pharaos als eine Metapher gesehen. Der große chassidische Rabbiner, Rabbi Simcha Bunim Bonhart von Peshis'cha (1765 - 1827) kommentiert, dass die Verfolgung Pharaos gleichkommt mit der Yetzer HaRah, der schlechten Seite in uns. Metaphorisch betrachtet wurden sie nicht vom physischen Pharao verfolgt, sondern die Israeliten nahmen ihre eigene Yetzer HaRah mit im Gepäck. Ziel eines jeden von uns ist es, seine eigene Yetzer zu überwinden und in etwas Gutes umzuwandeln.

Wie aber überkomme ich meine negativen Veranlagungen ?
Die Welt wurde so von G - tt erschaffen, dass jeder Mensch einen eigenen freien Willen hat und entscheiden kann Gutes oder Schlechtes zu tun ? Ist es wirklich so schwer für jemanden vor einem unkoscheren Cheeseburger zu stehen und seine Yetzer zu überkommen ? Auch beim einfachen Cheeseburger hat jeder Jude die freie Wahl, das Unkoschere zu verweigern oder seiner negativen Veranlagung zu folgen. Ein kurzer Moment der Schwäche reicht schon aus, um den Burger zu verschlingen.

In der Kabbalah ist häufig die Sprache von einem inneren seelischen Reinigungsprozeß, den sie Israeliten durchlaufen mußten. Die 40 Jahre in der Wüste werden als 40 Jahre der spirituellen Reinigung gesehen.

Die ursprüngliche Absicht G - ttes war eine ganz andere; die Israeliten sollten eigentlich direkt nach ihrem Auszug zum Berg Sinai geführt werden, dort die Thora erhalten und gleich anschliessend war der Einzug nach Israel geplant. Durch den Bau des Goldenen Kalbes aber wurde alles zunichte gemacht und stattdessen dauerte die Wanderung 40 Jahre lang. Somit hatte die individuelle Yetzer gesiegt. G - tt selber greift kaum ein, denn schliesslich haben die Menschen ihren freien Willen und müssen allein zu der richtigen Erkenntnis kommen.

Wären die Israeliten nicht immer wieder in ihren alten Trott zurückverfallen, dann wären sie nach der Vergabe der Thora unsterblich geworden. Gleich nach der Vergabe waren sie auf dem höchsten aller Seelenlevel überhaupt, der "Neshama Yeterah", und somit unsterblich. Gleich anschliessend jedoch verloren sie wieder alles, denn das Goldene Kalb entstand (siehe Talmud Traktat Schabbat 88). Der Zustand der Neshama Yeterah wird erst wieder nach dem Eintreffen des Meschiachs erfolgen. Wobei es hierzu unterschiedliche Meinungen gibt, wie und wann genau (nach dem Eintreffen).

Nicht wenige setzen den Auszug aus Ägypten mit unserer heutigen Situation gleich. Auch wir befinden uns heute in einer Art Ägypten und sind von allen nur erdenklichen Dingen abhängig. Die Situation verschlimmert sich und wurden nicht die Israeliten im letzten Moment vor ihrem spirituellen Fall aus Ägypten befreit. Warum also nicht auch heute ? Von daher gilt die verbreitete Meinung, dass der Auszug aus Ägypten nur ein Vorläufer von dem war, was uns bei der Ankunft des Meschiach erwartet.

Schabbat Schalom

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