Donnerstag, Februar 26, 2009

Vishnitzer Hochzeit in Bnei Brak

B"H

Die Buslinie 54 von Tel Aviv nach Bnei Brak und Kiryat Vishnitz war nicht so furchtbar überlaufen, wie ich ursprünglich angenommen hatte. Die Leute befanden sich von der Arbeit auf dem Nachhauseweg, denn es war 16.30 Uhr und somit handelte es sich vorwiegend um reguläre Fahrgäste. Je näher wir aber Kiryat Vishnitz (dem Bnei Braker Stadtteil der Vishnitzer Chassidim) kamen, desto mehr Vishnitzer Chassidim stiegen in den Bus. Sie waren für die bevorstehende Hochzeit festlich gekleidet - mit dem traditionellen Streimel (Pelzmütze) und der festlichen Bekischen (dem glänzend schwarzen Kaftan). Festtags - und Schabbatbekleidung also.

Kiryat Vishnitz befindet sich auf einer Anhöhe in Bnei Brak und alles ist in dem Stadtteil irgendwie Vishnitz. Vom Bäcker bis zum Altenheimberater. Eine Welt für sich.
Die Hochzeit von Rabbi Shneur Zalman Ernster ( aus Sanhedria HaMe'uchedet / Jerusalem) und Trante Hager (aus Monsey / New York und Enkelin des dortigen Vishnitzer Rebben Mordechai Hager, dem Bruder des Vishnitzer Rebben aus Bnei Brak, Rebbe Moshe Yehoshua Hager) fand zwischen einer riesigen Synagoge und mehreren Yeshivot (relig. Schulen) statt.

All die Vishnitzer Chassidim im Bus machten es einfach an der richtigen Haltestelle auszusteigen. Immer nur der Menge nach.
Ein Vishnitzer Chassid, den ich aus Jerusalem recht gut kenne, hatte mich vorher aufgeklärt und auch an den Familieninfos der Brautleute nicht gespart. Diese sind Cousin und Cousine, aber im Rahmen des halachisch Erlaubten, denn eigentlich verbietet die Thora Ehen unter engen Verwandten. Der Vishnitzer aber fügte hinzu, dass man bei Cousin und Cousine wenigstens weiß, wen man bekommt. Man kennt sich und kann daher eine Ehe besser aufbauen. Und außerdem brauche dann die Braut ihre relig. Bräuche nicht ändern.
Bei Hochzeiten zwischen unterschiedlichen chassidischen Gruppen muss sich die Braut hinterher nach den Gebräuchen der Gruppe des Mannes richten, was erst einmal erlernt sein muss.

"Du bist viel zu sehr mit den extremen Toldot Aharon zusammen, sagte der Vishnitzer. Komm zu uns nach Bnei Brak und schau Dir einmal ein paar "normale" Chassidim (Vishnitz) an. Du warst bei den Toldot Aharon und Satmar, da wirst Du Vishnitz auch noch überleben".

Ich weiß nicht, ob die Vishnitzer so "normal" sind, doch nett waren zumindest die Frauen allemal. Frauen und Männer kamen zusammen zur Chuppah, dem Hochzeitsbaldachin, und Schilder waren deutlich ausgehängt mit dem Hinweis, auf welcher Seite die Frauen stehen und wo die Männer. Die Mechitzah (Geschlechtertrennung) erfolgte ganz einfach durch Häuser, die sich in der Straßenmitte befanden. Dafür standen wir Frauen genau vor der Chuppah und die Männer weiter an der Seite. Ich dand einen optimalen Platz fast vor der Chuppah und sah alles.

Hunderte von meist Vishnitzer Frauen trudelten mit ihren Kindern ein. Auch sie hatten überwiegend Festtagsstaat angelegt. Kostüme, Perücke und eine Art Hütchen / Mütze auf der Perücke.
An der Chuppah wurden von einigen Chassidim noch gewerkelt und nach ca. einer Stunde wurde zuerst der Bräutigam auf die Bühne, auf welcher die Chuppah stand, geführt. Von seinem Vater und einem anderen Verwandten. Danach kam von der anderen Seite die Braut mit der Mutter und einer Verwandten. Sie trug eine riesiges weisses langes Kleid und ihr Gesicht war mit einem weissen Tuch verhüllt. Die Mutter sowie die Verwandte leisteten ganze Arbeit, die Braut über die Stufen auf die Bühne zu bringen und die danach sieben Mal im Kreis um den Bräutigam herumzuführen. Danach sagte der Vishnitzer Rebbe (Vishnitz in Bnei Brak hat derzeit drei Rebben) Israel Hager den Kiddusch (Segnung des Weines).

Der Belzer Rebbe war nicht unter der Chuppah anwesend und überhaupt war nur die engere Familie anwesend. Mittendrin wurde ein Stuhl für den "alten" Rebben Moshe Yehoshua Hager aufgestellt. Die Mädels neben mir nannten die Sitzgelegenheit auf Jiddisch "Bänkel".

Es war eine tolle Hochzeit und man merkte, dass alle unter der Chuppah irgendwie eine Familie waren, denn man kannte sich halt. Das Brautpaar hatte mit einem besonder viel Glück; nämlich mit dem Wetter. Es war relativ warm und deswegen angenehm draußen zu stehen.

Nachher nahm ich nicht an der Se'udah (festliches Mahl) teil, sondern fuhr zurück nach Tel Aviv. Ich hatte mir fast die Beine in den Bauch gestanden und obwohl jeder zum Essen eingeladen war, verzichtete ich. Anscheinend bin ich doch noch zu deutsch, um mich bei anderen Leuten einfach so durchzufressen. Anscheinend ging ich nur ich heim, sondern ebenso viele Chassidim, denn die Straßen war voll mit Menschen, die Polizei regelte den Verkehr und alles strömte zum 54er Bus oder zu den eigenen geparkten Fahrzeugen.

Es war wert gewesen, sich die Hochzeit anzuschauen und nochmals MAZAL TOV an das gestrige Brautpaar ! Ich bin mir sicher, dass am Freitag abend (Erev Schabbat) bei Vishnitz in Bnei Brak ein riesiger Tisch mit den traditionellen Sheva Berachot (Segnungen der folgenden sieben Tage nach einer Hochzeit) stattfinden wird.


Photos von der Hochzeit am 25. Februar 2009







Unter der Chuppah, dem Hochzeitsbaldachin



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