Donnerstag, Mai 13, 2010

Parashat BaMidbar - פרשת במדבר



B"H

Die Thoralesung für diesen Schabbat

Mit der Thoralesung von BaMidbar beginnen wir die erste Parasha im 4. Buch Moses (Numeri - Sefer BaMidbar). Dieser Schabbat ist ebenfalls der Schabbat vor dem am Dienstag abend beginnenden Schavuot, an welchem wir G - ttes Gabe der Thora an die Juden am Berg Sinai feiern.

In allen anderen Sprachen wird BaMidbar Numeri (Nummern) genannt, was, aus jüdischer Sicht recht seltsam erscheint. Im hebräischen Original jedoch heisst "BaMidbar" schlicht "In der Wüste".

Im Buch Exodus (Schmot - Namen) wurde uns gegen Ende des Buches der Bau des Mischkan (Tabernakel) beschrieben. Im 3. Buch Moses (Vayikra) ging es um die Opferungen und nun im 4. Buch (BaMidbar) geht es darum wie die Israeliten die Gesetze aus dem vorherigen Buch bewerkstelligen. Und zwar zusammen als Nation.

Als G - tt zu Moshe spricht, befinden sich die Israeliten im zweiten Jahr in der Wüste. G - tt beauftragte Moshe eine Volkszählung durchzuführen. Jeder ab dem 20. Lebensjahr sollte gezählt werden, heißt, einen halben Schekel abgeben (Rabbi Samson Raphael Hirsch). Nach der Abgabe wurde die Summe der abgebenen Schekel ausgezählt und so die genaue Anzahl der Israeliten ermittelt. Bis heute ist es unter religiösen Juden unüblich, Menschen mit dem Finger abzuzählen. Selbst auf die Frage, wieviele Kinder denn eine Familie haben, kann es passieren, dass der Fragende keine Antwort erhält. So erging es mir einmal so bei der chassidischen Gruppe Dushinsky.

Aus der Gemara im Traktat Bava Batra 121b erfahren wir, dass die Leviten (Levi'im) ab dem 30. Lebensjahr gezählt wurden, denn erst ab dem Alter konnten sie im Mischkan (Tabernakel) dienen.

Was aber genau war der Grund für G - ttes Anweisung, eine Volkszählung durchzuführen ? Wußte Er nicht selbst, wieviele Israeliten sich in der Wüste befanden ?

Die chassidischen Kommentatoren Sefat Emet, der Maharal (in seinem Kommentar "Gur Aryeh") und der Shem MiShmuel haben sehr passende Antworten darauf. Viele Male im Leben kann es uns passieren, dass wir denken, nicht wichtig genug zu sein. Wieso sollten wir vor G - tt wichtig sein ? Gibt es nicht wichtige Rabbiner oder chassidischen Rebben, die viel wichtiger sind als ich ? Was kann ich schon alleine bewirken ? Außerdem bin ich nicht religiös genug oder auf einem solch hohem Level wie chassidische Rebben ? Wieso sollte G - tt also an mir interessiert sein ?
Das genaue Gegenteil ist der Fall. Jeder Mensch wurde von G - tt erschaffen und jeder von uns hat seine bestimmte Aufgabe im Leben. Wer weiß, vielleicht ist meine mir von G - tt gegebene Aufgabe wichtiger als die des größten Rabbiners. Jeder von uns ist einzigartig und auf der ganzen Welt gibt es keinen Menschen, der genauso ist wie ich.

Mit der Abgabe des halben Schekels beabsichtigte G - tt, dass jeder Israelit sich mit einbezogen fühlt. Es gab Moshe, seinen Bruder Aharon und die Stammesoberhäupter, aber dennoch wollte G - tt deutlich machen, dass Ihm alle Israeliten wichtig sind. Wenn jeder sich mit einbezogen fühlt, dann stärkt dieses das Zusammengehörigkeitsgefühl und die Bereitschaft G - ttes Willen (die Mitzwot - Gebote) zu erfüllen. In der chassidischen Sprache haben wir das Wort "Devekut", die Bereitschaft G - tt näher zu kommen und Ihm zu dienen. Durch die Devekut bekommen wir eine ganz besondere Verbindung zu G - tt. Vor allem der Maharal von Prag hebt hervor, dass daher auch die Namen sämtlicher Stammesoberhäupter genannt werden. Ein jeder ist wichtig vor G - tt.

Auch wenn jeder Jude zu einem bestimmten Stamm gehört, so ist dennoch jeder einzelne individuell. Alle 12 Stämme zusammen formen das jüdische Volk und jeder Stamm hat innerhalb unseres Volkes seine Aufgabe. Es gibt die berühmte Midrasch, dass als die Israeliten aus Ägypten auszogen, sich das Rote Meer in 12 Teile spaltete. Jeder Stamm ging durch seine eigene für ihn vorgesehene Reihe, doch alle Stämme konnten sich gegenseitig sehen. Der berühmte Kabbalist Arizal (Rabbi Yitzchak Luria) kommentiert hierzu, dass hier die Individualität jedes Stammes hervorgehoben wurde. Yissachar ist nicht wie Levi und Asher ist nicht Yehudah, doch zusammen formen sie eine Nation. Wir alle sind anders und was für einen Juden als Lebensausgabe erscheint, muss noch lange nicht die Bedürfnisse des anderen erfüllen.

Wie wurde die Mitgliedschaft eine Stammes bestimmt, wenn zwei Ehepartner aus verschiedenen Stämmen heirateten ?

In der Parsha heißt es zusätzlich, dass die Mitglieder der israelischen Stämme nach dem Stamm des Vaters gezählt werden. Beispiel: Ist der Vater vom Stamm Yehudah und die Mutter vom Stamm Yissachar, so gehört das Kind automatisch zum Stamm Yehudah.
Die Gemara (rabbinische Diskussionen) im Talmud Traktat Bava Batra 109b stellt die Frage, woher wir dies so genau zu deuten wissen. Die Antwort hierzu finden wir in der Parasha Bamidbar 1:2 selbst: "Zähle die Mitglieder Israels gemäss ihrer Familien (Mischpchotam), gemäss des Stammes des Vaters …

Die o.g. Gemara in Bava Batra lehrt, dass NUR die Verwandten des Vaters "Familie" genannt werden und die Verwandten der Mutter tragen NICHT den Namen "Familie".
Wenn daher die Thora "gemäss ihrer Familien (Mischpchotam) angibt, dann sind damit ausschließlich die Verwandten des Vaters sowie der Vater gemeint und nicht die der Mutter.

Die Stammesherkunft der Kinder richtet sich immer nach der des Vaters (Rabbi Samson Raphael Hirsch und die Gemara im Talmud Traktat Bava Batra 109 - 110b). Nach der Ankunft in Israel wurde das Land unter den 12 Stämmen aufgeteilt. Die Gemara in Bava Batra 122a läßt uns wissen, dass nach der Ankunft des Meschiach das Land unter 13 Stämmen aufgeteilt wird. In der Gemara steht, dass ein Nassi (Oberhaupt) den 13. Anteil bekommt. Der Rambam in Hilchot Melachim (Mishna Thora) sowie der Raschbam kommentieren hierzu, dass es sich bei diesem Nassi um den Meschiach handelt.

Es gibt ja immer wieder individuell Themen, die einen an der Parasha besonders interessieren. So jedenfalls erging es mir dieser Tage mit Bamidbar. Da meint man, die Parasha ausreichend gelernt zu haben, doch jedes Jahr tun sich neue Erkenntnisse auf und sobald ich etwas finde, lässt es mich kaum mehr los.

"Und G - tt sprach zu Moshe in der Wüste Sinai …"

Einer der unzähligen Kommentatoren, welchem ich bisher kaum Beachtung schenkte, ist der "Baal HaTurim" - Rabbi Yaakov ben Asher, 13. Jahrhundert, Rheinland + Spanien. In mindestens 15 anderweitigen Kommentaren verschiedener Rabbiner suchte ich einen ähnlichen Bezug, doch fand ich dort keine einzige Andeutung zu dem, was der Baal HaTurim sagt:

"BaMidbar Sinai - In der Wüste Sinai …" - Aus dem ersten Satz dieser Parasha !

Baal HaTurim: "Wenn sich der Mensch nicht zur "Wüste macht", kennt er weder Thora noch Mitzwot".

Was für ein Statement soll das sein ? Klingt ungewöhnlich und ich stolperte sogleich darüber.

Im weiteren Kommentar zum Baal HaTurim wird darauf hingewiesen, dass eben der Baal HaTurim sich auf eine Aussage in der Gemara (rabbinische Diskussionen) des Talmud Traktates Eruvin 54a bezieht.
Und in eben jener Gemara finden wir die Antwort !
Hier nämlich sagt Rabbi Yosef to Rava: "… Wenn sich eine Person zur Wüste macht - bedeutet, jeder tritt auf ihm herum - dann wird die Thora an ihn als Geschenk weitergegeben".

Erklärung vom Talmudkommentator Raschi:
Wenn eine Person sich bescheiden zeigt und in keinster Weise überheblich, dann bekommt er die Thora geschenkt. Bescheiden meint hier "wie eine Wüste", auf der alle herumtreten.

Es soll also demnach Bescheidenheit geübt werden, was in unserer Zeit keineswegs kaum mehr üblich ist. Leider, leider, meinen nicht wenige Rabbiner, sich anderen Juden gegenüber mehr als überheblich zu zeigen und dieses Verhalten ist G - tt zuwider.
Überheblich in ihrer Erscheinung und in ihrem Verhalten a la "Ich bin hier der Rabbiner und niemand hat mir etwas zu sagen !"

Ein herausragendes Statement des Baal HaTurim, der dabei den Passuk (Vers) aus Eruvin 54a anführt.

Schabbat Schalom


Nächste Woche, am Dienstag abend (18. Mai) beginnt Schavuot (das Wochenfest) - Erev Schavuot. Am Mittwoch ist Feiertag und am Mittwoch abend nach 20.00 Uhr Ortszeit findet Schavuot in Israel sein Ende. Im Ausland hingegen wird noch ein zweiter Feiertag angehängt.

Ein beliebter Jerusalemer Brauch an Schavuot:
Morgens (Mittwoch morgen) ca. gegen 4.00 Uhr früh an der Kotel (Klagemauer) zu sein und das Morgengebet Schacharit zu beten. Tausende Menschen werden dort sein und Chabad (Lubawitsch) wird einen öffentlichen Kiddusch (Segnung des Weines) mit einem kleinen Mesonot (Kuchen oder Keksen) anbieten.

Am Dienstag abend, Erev Schavuot, geben einige chassidische Rebben einen ihrer Tische. So auch der Karliner Rebbe, dessen einer seiner Chassidim mich zum Fest einlud.

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