Montag, Mai 31, 2010

Sehnsucht nach Beit HaMikdasch (dem Tempel)

B"H

Wer heutzutage durch das Jerusalems Jüdisches Viertel in der Altstadt läuft, dem begegnen fast nur historische Bauten aus der Zweiten Tempelperiode. Hier und da stehen nach wie vor ein paar Mauerreste der Altstadt zur Zeit des Ersten Tempels - dennoch, der Zweite Tempel ist baulich weit mehr vorhanden und das Andenken an ihn umso lebendiger. Insbesondere natürlich die Kotel HaMa'aravi - Westmauer. Im Deutschen heißt sie sonderbarerweise Klagemauer, wobei das jedoch die falsche Übersetzung ist. Westmauer wäre korrekt. Neben der Kotel befindet sich das Ophel mit seinen Ausgrabungen aus mehreren Tausenden von Jahren.

Wer will, der kann an den sogenannten "Tunnel Tours" teilnehmen, die dem Besucher einen unterirdischen Einblick in das Tunnelsystem unterhalb der Kotel bietet. 30 Meter tiefer liegt die eigentliche antike Marktstraße, einst vor dem Tempel gelegen. Auf dieser Straße spazierten damals vor 2000 Jahren Rabbi Gamliel oder Rabbi Akivah.

Ich gebe zu, dass der dortige Besuch immer sehr emotionell ist. Vom Tunnelsystem unter der Klagemauer bis hin zu jenen Tempelsteinen im Ophel, welche bei der Zerstörung des Zweiten Tempels im Jahre 70 nach Beginn der Zeitrechnung von den Römern hinuntergeworfen wurden. Selbst heute noch weisen manche der Steine schwarze Stellen auf. Ruß vom Brand des Tempels.

Im Ophel, gleich neben dem Kotel Plaza, spaziert der Besucher über die originale Marktstraße aus der Tempelzeit. Nebendran sind Spuren der Marktstände zu erkennen, bei welchen die damaligen Juden die Tiere für die Opferungen im Tempel kauften. Man kann sich hinsetzen und beginnen, von der Vergangenheit zu träumen. Wie war das damals mit dem Tempel ? Jerusalemer Juden rannten auf und ab, um Einkäufe zu erledigen. Oberhalb des Marktes stand der Tempel. Juden kauften Tieropfer und gingen in die Mikweh, um dann im reinen Zustand den Tempel zu betreten. Was muss das für ein Gefühl gewesen sein ? Wie konnten die Juden vor mehr als 2000 Jahren nur so dumm sein, dies alles aufgrund von Kleinkriegen und Korruption aufzugeben ? G - ttes Schechinah (Anwesenheit) zu ignorieren und nur auf die eigenen Machtbedürfnisse zu schauen.

Wie wir wissen, war die Schechinah im Zweiten Tempel weniger vorhanden als noch im Ersten Tempel. Dies lag nicht an der Korruption unter den Cohanim (Tempelpriestern), sondern eher daran, dass nicht alle Juden es für nötig hielten, aus dem Babylonischen Exil mit dem Propheten Ezra nach Jerusalem zurückzukehren. Der Talmud Traktat Yoma lehrt uns, dass nur etwas mehr als 40,000 Juden von einigen 100,000, sich tatsächlich aufmachten, Jerusalem wieder aufzubauen. Der Rest zog das bequeme Leben in der Diaspora vor.
Laut dem Talmud war dies der Grund, warum der Zweite Tempel weniger an Keduscha (Heiligkeit) besass als sein Vorgänger. Außerdem galt der Aron HaKodesch (die Bundeslade mit den Zehn Geboten), der Schamir (ein kleines mysteriöses Tier, welches König Salomon zum Steinezuscheniden des Ersten Tempels verwendete) war verschwunden. Die großen Propheten waren Vergangenheit und für jeden sichtbare Wunder fanden ebenso wenig mehr statt.

Die Frage ist nur, ob WIR heute soviel besser sind als die Vorfahren vor 2000 Jahren. Geben auch wir uns nicht anderweitigen materiellen Prioritäten hin und halten die Macht in der Hand ?
Aber warum sollen wir uns überhaupt in die Vergangenheit bewegen, wenn die Zukunft mit Meschiach und einem Dritten Tempel auf uns wartet ? Wieso zurückschauen, anstatt uns darauf zu konzentrieren, dass wir eigentlich die Chance haben, in einem Dritten Tempel sitzen zu können.

Klingt utopisch ?
Das sagten die Menschen Jahrhunderte lang als die Juden in der Diaspora lebten und von einer Rückkehr nach Israel träumten. Und siehe da, der Staat Israel kam. Nicht ganz gemäss dem Leben nach der Thora, aber immerhin ein Vorläufer zum zukünftigen perfekten Status.

Wer also behielt und behält Recht ? Und aus diesem Grund sollte für usn die Zukunft Priorität zeigen und nicht die Vergangenheit. Der Zweite Tempel ist eine Ruine und kommt nicht mehr zurück; der Dritte Tempel dagegen schon.

1 Kommentar:

  1. "Nicht ganz gemäss dem Leben nach der Thora, aber immerhin...."
    Gibt es wirklich einen anderen Weg - als ein Leben gemäss der Thora?
    Der Meschiach kommt erst in 2000 Jahren zurück. Denn würde er schon jetzt kommen, würden die Menschen sagen: Es ist noch nicht perfekt unser Israel, aber immerhin. Und wir hätten noch viel mehr erreichen können.
    In 2000 Jahren wird man sehen, was der Mensch erreicht hat. Mit einem Leben nicht ganz gemäss dem Leben nach der Thora.
    Ob Wege richtig sind merkt man erst am Ziel und dies braucht Zeit.
    Einen lieben Gruß.
    Ralf

    AntwortenLöschen