Mittwoch, Juli 25, 2007

Die andere Seite

B"H

Bisher stellte ich immer nur Fragen wie, was Ihr ueber die Haredim oder Religioesen aller Art denkt. Mein Ziel ist es, ueber eine dem ein oder anderen voellig fremde Welt aufzuklaeren. Vor allem in Deutschland sind Haredim und vor allem Chassidim, bis auf einige wenige Chabadnikkim, gaenzlich unbekannt. Und wie ich schon einmal schrieb, besteht die chassidische Welt nicht nur aus Chabad, wie manch einer zu meinen scheint.
Hoffentlich ist es mir soweit etwas gelungen, die Vielfaeltigkeit des orthodoxen Judentums zu verdeutlichen. Jeder konnte sich sein individuelles Bild machen, obwohl meine Erklaerungen lange nicht ausreichen, um die genaue Realitaet darzustellen.

Jetzt will ich den Spiess einmal umdrehen und darueber berichten, was denn eigentlich die Orthodoxen von meinem Blog bzw. den Lesern halten. Wie reagieren meine Bekannten auf das, was ich schreibe und das ich ueberhaupt schreibe ?

Als ich begann, in deutscher Sprache die chassidischen Gruppen zu erklaeren, bekam ich einige Post aus Antwerpen und Zuerich. Von litvishen Haredim genauso wie von Chassidim. Die Reaktionen waren geteilt, doch war man allgemein positiv ueberrascht, dass ich in deutscher Sprache und aus eigenen Erfahrungen ueber das orthod. Judentum so ausfuehrlich berichte. Entweder ist man solche Darstellungen nur von englischen Sites gewohnt oder gar nicht.
Jemand von den Satmarer Chassidim aus Antwerpen fragte mich, warum ich das tue. Muss unbedingt die ganze Welt ueber die Chassidut und die Orthodoxen so genau Bescheid wissen. Vor allem Nichtjuden und christliche Missionare koennten das zu ihrem Vorteil ausnutzen. Und ueberhaupt sei das ganze ein halachisches Problem.
Ich antwortete ihm, dass derjenige, der heute irgendwelche Infos sucht, sie ueberall im Internet bekommen kann und ich es fuer besser halte, wenn jemand aus eigener Erfahrung berichtet als andere mit ihrem Buecherwissen. Es ist allerdings auch richtig, dass man es halachisch als Problem ansehen kann, doch zumindest verzichte ich darauf, viele Themen, vor allem von zu kabbalistischer Art, zu meiden.
Andererseits gibt es viele orthodoxe Juden in aller Welt, die diesen Blog lesen und sehr an meinen Ausfuehrungen interessiert sind. Schon aus dem Grund, weil sie selbst keine Gelegenheit haben, chassidische Gruppen etc. persoenlich kennen zulernen. Ich bin der Ansicht, dass wenn nur eine Person etwas aus diesem Blog gelernt hat, ich mein Ziel erreicht habe.

Auf meinen englischen Blog SHEARIM bekomme ich mehr Resonanz per e - mail. Es gibt Leute, die wollen ganz einfach keine Kommentare im Internet schreiben oder dort ueberhaupt in Erscheinung treten.
Bisher bekam ich unzaehlige Mails aus New York und Umgebung. Aus den chassidischen Stadtteilen Boro Park und von Yeshiva - Leuten der beruehmten Lakewood Yeshiva. In Lakewood zeigte man sich ueberrascht, dass ausgerechnet ein weibliches Wesen wie ich auf alle Arten von Themen eingeht. Jemand schrieb mir sogar, dass er zuerst dachte, ich sei ein Mann und dann entsetzt war festzustellen, dass es sich um eine Frau handelte. Und wie ich denn um Himmels Willen an all die Infos ueber die Chassidim gekommen sei. Nun, ich erklaerte ihm, dass es manchmal von grossem Vorteil ist, eine Frau zu sein.
Ja, aber der Talmud und so….Das muss eine Frau doch nicht wissen. Kurz gesagt, er und ich hatten eine laengere Diskussion per e - mail und zum Schluss meinte er, dass er zwar dem nicht zustimme, wegen Frau und so, aber das er auch weiterhin meinen Blog lesen wird.
Besonders positive Resonanz bekam ich von der chassidischen Gruppe Breslov aus den Staaten.

Ich war immer der Meinung, dass Haredim aus Bnei Brak oder Jerusalem meinen Blog nicht lesen muessen ,denn sie leben ja inmitten der Orthodoxie. Weit gefehlt, denn ich bekam auch Mails aus israelischen Staedten. Von Haredim wohlgemerkt. Ueber einen Kontakt freute ich mich besonders, denn der Schreiber gab mir wertvolle Tipps ueber eine spezielle chassidische Gruppe in Mea Shearim.
Das nationalreligioese Lager liess auch nicht lange auf sich warten und ich bekam Mails von Leuten, die auf allen moeglichen nationalreligioesen Yeshivot lernen bzw. gelernt haben. Was mich ueberraschte war, dass keine einzige Nachricht von religioesen Frauen darunter war. Jegliche Religioesen, die mir schrieben, waren Maenner.

Genauso geht es mir auch im realen Leben ausserhalb der Virtualitaet. Ich kenne fast nur orthodoxe Maenner und ganz wenige Frauen. Gut, meine Kontakte bei den chassidischen Tischen besteht aus Frauen. Bei Belz kenne ich Maenner und Frauen, aber bei Gur wiederum nur Maenner. Bei litvishen Haredim kenne ich beides, da ich viel mit den Litvishen zu tun habe.

Was sagen nun jene Haredim oder Nationalreligioesen, die ich kenne ?
Die fast absolute Mehrheit begruesst das, was ich mache. Es sei sehr wichtig ueber das orthodoxe Judentum ausfzuklaeren und das vor allem von jemandem, der sich einigermassen auskennt und dieses Leben lebt.
Was ich betonen muss ist, dass Orthodoxen keine Erklaerungen von nichtreligioesen Juden oder Nichtjuden akzeptiert. Entweder kennt sich jemand aus, ist Jude und lebt den Lebensstil mit oder er ist out. Nur allein Wissen aus Buechern verbreiten zaehlt nicht. Es sollte jemand von ihnen sein, was schon allein den Vorteil hat, dass ich an alle moeglichen Infos komme.

Das Witzige ist jedesmal, dass ich Angebote von vielen chassidischen Gruppen bekomme. Ich solle zu ihnen kommen und ueber sie berichten. Chabad Jerusalem sagte mir, dass ich einzig und allein nur ueber Chabad schreiben solle und das reicht.
Belz liess verlauten, dass ich ueber Belz schreiben soll, die Gerer Chassidim (Gur) beschwerten sich, dass ich zuwenig ueber den Rebben von Gur berichte und die litvishen Haredim beschwerten sich, dass sie hier ja kaum Erwaehnung finden.

Allen gab ich die gleiche Antwort; ich versuche einen Ausgleich zwischen allen zu finden und konzentriere mich nicht nur auf eine Gruppe, obwohl das vielleicht manchmal den Anschein erweckt.

Kaum jemand von den Orthodoxen hatte etwas dagegen, dass meine Berichte auch von Nichtjuden gelesen werden. Fast alle, doch bekam ich einige Belehrungen von der chassidischen Gruppe Belz. Nicht im bezug darauf, dass alle meinen Blog lesen, sondern darueber, dass es nur gewissen Leuten unterliegt, die Oeffentlichkeit aufzuklaeren. Da bin ich etwas anderer Meinung und denke, dass es in der heutigen Zeit schon eine Sache der Public Relation ist. Einige chassidische Gruppen verfuegen ueber ihre eigenen Websites und klaeren ueber ihre chassidischen Inhalte auf, was ich sehr wichtig finde. Ich kann nicht immer nur darauf warten, dass erst dann Oeffentlichkeitsarbeit geleistet wird, wenn es zu haredischen Demonstrationen kommt. Gewoehnlich ist es dann zu spaet, denn die Oeffentlichkeit hat laengst ihre Meinung gefaellt, die da ueberwiegend negativ ist.

Die Mehrheit der Religioesen unterstuetzt mich, da es ihnen, wie schon erwaehnt, aeusserst wichtig ist, dass jemand aus ihren eigenen Reihen schreibt. Heisst jemand, der religioes ist und dies nicht aus philosophischen oder akademischen Gruenden macht. Die religioese Welt religioes darzustellen und nicht ueber alles und jenen herzuziehen. Kritik darf geaeussert werden und wird auch angenommen, wenn sie denn gerechtfertigt ist. Wer auf Yeshivot gelernt hat, der weiss genau, wie er was bei Religioesen kritisieren darf und wie es angenommen wird.

Eines stoert mich manchmal sehr und ich versuche sehr hart, es zu vermeiden oder nicht so zum Ausdruck zu bringen. Wie positiv oder negativ kann ich ueber die haredische Welt berichten ? Wo ist die Grenze der Objektivitaet. Es gibt Zeiten, da ist es fuer mich unmoeglich genau das zu schreiben, was ich will. Es kann durchaus passieren, dass ich chassidische Gruppen, die der Edah HaCharedit angehoeren, nicht so darstellen kann, wie ich gerne moechte, denn man koennte auf mich losgehen und mich aus Mea Shearim schmeissen.

Wo ist fuer mich die Grenze und wie verpacke ich alles am Besten, damit es objektiv ist ? Ein nicht allzu leichtes Unterfangen. Bis heute ist es mir gluecklicherweise erspart geblieben, in allzu grosse Konflikte mit mir selbst zu geraten.

2 Kommentare:

  1. Anonym10:38 AM

    Liebe Miriam
    natürlich ist Dein Blog hervorragend dazu geeignet Informationen über das orthodoxe Judentum zu erhalten die man sonst kaum erhält. Wir haben öfter Besuch in unserer Synagoge in Deutschland von Haredim oder national religiöse oder andere chassidische Menschen die ich nicht so gut einstufen kann.
    Wenn man aber nicht beharrlich nachfragt sprechen sie kaum über sich oder über ihr Leben in Israel. Obwohl ich schon länger die Synagoge besuche sind Deine Informationen absolut spannend und neu für mich und ich kann mir jetzt ein viel besseres Bild über das machen was mich in Israel erwartet, ausserdem konnte ich mir schon ein paar Gedanken machen wie ich in Israel konvertieren möchte. In Deutschland ist das nicht möglich.
    Ich denke jeder macht auch seine speziellen individuellen Erfahrungen die sich nicht immer verallgemeinern lassen, und so kann ich mir gut vorstellen, dass man diplomatisch besser beraten ist.
    Dein Blog ist wirklich gut.

    Calltec

    AntwortenLöschen
  2. B"H

    Danke fuer die Blumen.:-)

    AntwortenLöschen