Donnerstag, Juli 12, 2007

Fundamentalismus ?

B"H

Seit laengerem schaute ich gestern wieder einmal deutsches TV und eigentlich wollte ich mich nur kurz auf die "Tagesthemen" beschraenken, doch dann kam alles ganz anders. Nach den "Tagesthemen" folgte ein Bericht ueber den "christlichen Fundamentalismus in Deutschland" und vielleicht hatte jemand von euch gestern Abend die Gelegenheit, den Bericht um 22.45 Uhr in der ARD anzuschauen.

Beim Anschauen des Berichtes fragte ich mich, was in Deutschland wirklich als Fundamentalismus verstanden wird. Die dargestellten sogenannten protestantischen Freikirchen machten auf mich keinesfalls einen fundamentalistischen Eindruck. Kritisiert wurde, dass deren Mitglieder das Maennerpatriarchat wieder aufleben lassen und sich ihr Weg nur nach der Bibel richtet. Kurz gesagt, dass sei doch alles kalter Kaffee aus antiker Zeit und man solle sich gefaelligst in der heutigen Zeit den modernen Gepflogenheiten anpassen.

Fundamentalismus koennte ich das nicht nennen, denn waehrend meiner Zeit in Jerusalem habe ich da ganz andere christl. Fundamentalisten aus den Vereinigten Staaten kennen gelernt.
Ausserdem will ich hier keine Freikirchen kritisieren, denn jeder kann seinen Glauben so praktizieren, wie er will. Natuerlich ohne Missionsversuche der juedischen Bevoelkerung !!!

Was mir jedoch bei den Kirchen, egal welchen, auffiel, waren zwei Punkte:

1. G - tt hat die Welt in sechs Tagen erschaffen.

2. Ehescheidungen

Bei den zwei Themen liegen unendlich weite Welten zwischen dem Judentum und dem Christentum. An dieser Stelle moechte ich einmal die juedische Sichtweise darstellen.

Zuerst einmal gehen im Judentum die Thora und die Wissenschaft Hand in Hand. Das eine schliesst das andere nicht aus. Selbstverstaendlich glauben wir nicht an die Evolution, doch sind die sechs Tage in der Thora symbolisch gemeint.
Die Freikirchler nahmen die gesamte Thora (Bibel, wie sie es nennen) woertlich, was ein Fehler ist. Zur Thora muss man den Talmud lernen, um die Auslegungen zu kennen. Auch besteht die Thora aus symbolischer Sprache und wer sie woertlich nimmt, der kann in die Irre geleitet werden und geht irgendwo verloren.

Im Judentum ist es eine anerkannte Meinung, dass die sechs Tage der Erschaffung der Welt aus Millionen von Jahren bestehen (ausser diversen Meinungen der Edah HaCharedit). Menschen machen den Fehler alles aus ihrer menschlichen Perspektive zu betrachten. Ein Tag bedeutet fuer uns 24 Stunden. Punkt.

In der juedischen Kabbalah traegt G - tt den Namen EIN SOF, was auf ein unbegrenztes Dasein hinweist. Fuer Ihn gibt es keine Grenzen und keine Zeitbestimmung. Schon Koenig David sagte in seinen Tehillim (Psalmen), dass fuer G - tt ein Tag aus Tausend Jahren bestehe.

Die wissenschaftliche Seite der Welterschaffung erklaert der jued. - relig. Jerusalemer Physiker Gerald Schroeder, welcher u.a. in seinen Buechern eine genaue Zeitspanne der sechs Tage nennt. Wer daran interessiert ist, dem kann ich gerne eine Liste zusenden oder sie hier in den Blog stellen.

Die sechs Tage sind demnach keine Tage mit 24 Stunden, denn zu der Zeit gab es noch gar keine Zeitmessung, sondern nur G - ttes Unendlichkeit.
Aufgrunddessen bestehen diese Tage aus Millionen Jahren der Entwicklung. Allein schon physikalisch brauchte unser Universum Abertausende von Jahren, um nach dem "Big Bang" abzukuehlen. Somit verzichten wir auch nicht auf die Steinzeitmenschen und die Dinosaurier.

Das zweite Thema in dem TV - Bericht wird die Ehescheidung, die, soweit ich verstanden habe, als Suende angesehen wird. Viele protestantische Pfarrer / innen verloren ihre Stellung, sobald sie sich scheiden liessen.

Im Judentum ist die Scheidung keine Suende. Jeder ist nur ein Mensch und kann einen Fehler machen. Okay, man laesst sich scheiden und darf wieder heiraten. Vielleicht klappt es beim naechsten Mal mit einem anderen Partner besser. So what ?

6 Kommentare:

  1. Anonym1:19 PM

    In Deutschland ist alles "fundamentalistisch", sei es christlich, jüdisch oder islamisch, was in einem gewissen Abstand zur sog. "modernen Kultur" steht. Bist du gegen GayPride oder Christopher Street DAy ? Dann bist du fundamentalistisch. "Glaubst" du nicht an die Evolutionstheorie ? Fundamentalistisch! Denkst du, daß Frauen nicht christliche Pastorinnen oder Priesterinnen, Rabbinerin oder Imaminnen werden können ? Genau fundamentalistisch... Nur einige Beispiele.

    Die Sache mit der Scheidung leitet sich aus einem Spruch von J.C. der das faktisch verboten hat, in einem der vielen Fällen wo seine Lehre im Gegensatz zur Thora steht. Die Folge sind ruinierte Menschen. Ein Freund von mir, bekennender Katholik, hat eine Scheidung hinter sich, von seiner Frau initiiert. Er ist so Mitte 30 und aufgrund seines Glaubens verdammt, für immer alleine zu leben - oder - in seinen Augen - zu sündigen und neu zu heiraten. Schrecklich. José

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  2. B"H

    Dass mit J.C. wusste ich nicht. Es entspricht nicht den Gesetzen der Thora oder Halacha.

    Ich verstehe die Bedeutung nicht, denn Menschen machen halt mal Fehler. Ganz zu Schweigen von Gewalt in der Ehe etc.

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  3. Anonym6:15 PM

    Es werden zwei verschiedene Dinge angesprochen, einmal der Fundamentalismus und ein andermal die Schöpfungsgeschichte. Es lautet -im Anfang-, also irgendwann wo alles schon begonnen hatte und da Hashem schon immer ist hat also irgendwann wo er schon immer ist angefangen. Dann heisst es ,es ward Abend und Morgen-ein Tag-, nicht der erste Tag und es folgt sodann der zweite, sondern an irgendeinem Tag im Anfang des schöpferischen wo er schon ist ,wurde dieser Tag geschaffen. Und vom Abend bis Morgen hatte dieser Tag Zeit zu werden. Nun spricht man vom 2. Tag, wannn aber dieser stattgefunden hatte wird nicht gesagt, also ist möglich dass dieser 2. Tag irgendwann eben stattgefunden hatte. Interessant ist ,dass die Anfänge des Bereshit gut mit den wissenschaftlichen Erkenntnissen übereinstimmen, denn es war wirklich im Anfang wo die Schöpfung am Anfang begann ein Tohubawohu.
    Der Fundamentalismus ist wohl Definitionssache, wo fängt er an wo hört er auf. Ebenso auch die Gründe, wenn man unaufhörlich um eine Sache kämpfen muss dreht sich mit der Zeit nur noch alles um eine Achse die nach aussen schleudert man selbst aber nicht mehr nach aussen kann.
    Mit Religionen ist das schwierig. Was bedeutet Fundament! Die Torah , die Halacha, die Mitzwot sind auch Fundament der jüd. Religion, sie machen die Religion und das Judentum aus. Durch dieses Fundament wird nicht nur die Religion geschützt sondern auch der Jude. Wenn ich bete fokusiert sich mein Zustand auf das Fundament, nämlich Hashem und die Gebete. So gesehen ist das positiv . Wird es mir aber weggenommen weil andere meinen es sei zu einseitig und wollen ihre Religion miteinmischen weil sie meinen es sei toleranter, werde ich intolerant, denn das ist nicht toleranter sondern intolerant und bequem, ich will nämlich den andern mit seinem Fundament nicht akzeptieren sondern eher mit Steinen bewerfen und zu meinem Fundament ziehen. Das ist Fanatisch und radikal, also negativ. Im Gebet kann man sich im Fundament aufhalten und sich darin bewegen , kein Problem, die Gebote einhalten kein Problem, aber es darf nicht schaden weder der eigenen Person noch den anderen. Wer aber entscheidet das wann es schadet und wann nicht! Wenn ich bete entscheide ich alleine über mich wie fundamental ich das tue aber ein anderer kann das nicht auch wenn er das als ungerecht oder radikal empfindet und meint er wisse es besser, dann ist dieser fanatisch und fundamental in seinem Rechthaben.
    Ich denke wenn diktatorische Betimmung über ein Fundament des anderen und Fanatismus zusammenkommen wird das Fundament einer Sache zum Fundamentalismus.Sie Islamismus, ein diktatorisches Instrument über den Islam.
    Calltec

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  4. B"H

    @Calltec

    In der Kabbalah und anderen jued. Auslegungen heisst Bereshit NICHT "am Anfang". Uebrigens gibt es im allein im Tikkunei HaZohar 70 Buecher ueber das Wort Bereshit.
    Das so einfach auszulegen, ist unmoeglich.
    G - tt hat keinen Anfang und kein Ende und keine Limitierungen. So ist jedenfalls die jued. Sicht.
    Keiner von uns weiss, was vor der Erschaffung war, doch G - tt hat schon vorher existiert.
    Der Arizal, Rabbi Yitzchak Luria, gibt einen kleinen Einblick in seinem Buch ETZ CHAIM, in dem er die Erschaffung beschreibt. Die Erschaffung und den Grund. Jedenfalls so, wie wir es verstehen.
    Weiter will ich an dieser Stelle nicht gehen, da es zu kabbalistisch werden wuerde.

    Kommentatoren wie der Chatam Sofer sagen, dass die gesamte Erschaffung sowie die Wissenschaft in den ersten Zeilen der Thora enthalten ist.
    Wobei sich Tohu und Bohu in der jued. Mystik sowie im Talmud auf etwas ganz anderes beziehen. Unter anderem spielen dabei die Sefirot eine ganz wichtige Rolle. Nicht zu vergessen das Konzept der "Breaking of the Vessels." Aber wie gesagt, dass ist etwas zu hoch.

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  5. Anonym6:42 AM

    Ich meinte auch nicht den Anfang G-ttes sondern im Anfang der Schöpfung hat irgendwann der erste Tag begonnen, deshalb im Anfang und nicht am Anfang. Mir stellt sich die Frage da G-tt immer schon ist war und wird ob denn die Schöpfung nicht auch immer schon im Anfang war. Ich meine nicht nur die Erschaffung der Welt sondern überhaupt die Existenz an sich. Das Vorhaben die Erde zu schaffen ist mit der Existenz Hashem immer schon vorhanden gewesen. Es heisst ja auch die Erde wird immer wieder neu erschaffen. Und wenn sie vollendet ist kommt Moschiach.

    Von der jüdischen Mystik verstehe ich gar nichts.

    Calltec

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  6. B"H

    @Calltec

    Ob die Erschaffung der Welt schon immer in G - ttes Gedanken war oder nicht, werden wir wohl nicht erfahren. Mehr als Rabbi Yitzchak Luria in seinem Buch ETZ CHAIM, welches auf Metaphern aufgebaut ist, ist die einzige Theorie, die wir besitzen.

    Die von Dir erwaehnte Theorie, dass die Erde immer wieder neu erschaffen wird und sobald der Meschiach nicht kommt, sie wieder zerstoert und wieder neu erschaffen wird, geht auf das Buch SEFER HATEMUNAH zurueck.
    Allerdings erwies sich schon im spaeten Mittelalter das Buch und dessen Theorie als falsch.
    Die Erschaffung fand nur EINMAL statt.

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