Donnerstag, Januar 03, 2008

Parashat Va'era

B"H

Die Thoralesung für diesen Schabbat

Die dieswöchige Parasha ist dermassen interessant, dass die Themenauswahl schwer fällt. Zwar habe ich viele Kommentare schon gelesen, befinde mich aber dennoch noch in der Mitte weiterer Kommentare. Die Meinungen und Deutungen scheinen kein Ende zu nehmen und am Schabbat werde ich sicher weiter damit beschäftigt sein.

Bei den Schabbatessen, zu denen wir allwöchentlich gehen, kommen Rabbi Mordechai Machlis und viele andere Leute zu Wort, was die Sache noch interessanter macht. Gespickt mit persönlichen Erlebnissen zur Thoralesung, kann jeder noch so Desinteressierte einiges nachvollziehen und wird hellhörig.

Aber auch an dieser Stelle zuerst die ernsteren Thorakommentare, bevor ich zum Persönlichen komme.

Am Ende der letzten Parashat Schemot beschwerte sich Moshe bei G – tt, dass er zwar bei Pharao gewesen sei und ihm gesagt habe, er solle die Israeliten freilassen, aber sich hinterher alles als umsonst herausgestellt habe. Im Gegenteil, Pharao war nicht gerade angetan und halste den Israeliten gleich noch mehr Arbeit auf (Talmud Sanhedrin 111a).
Wozu das Ganze also ?

In dieser Parasha gab G – tt Seine Antwort auf den sich beschwerenden Moshe und sagte ihm die Meinung. Den Vorvätern Avraham, Yitzchak und Yaakov sei Er nur unter dem Namen E"l Shadda"i erschienen und ihm (Moshe) immerhin unter G – ttes höchstem Namen Y – H – V – H. Sprich, noch nicht einmal die Vorväter sahen eine nicht offensichtliche Seite G – ttes, die Moshe jetzt sieht.

Die recht einfach erscheinenden Worte zu Beginn der Parashat Va'era haben unendlich viele Kommentare erzeugt und ich will einige wichtige davon nennen.

Vorab erst einmal die Frage, was genau G – ttes Namen für eine Bedeutung haben und wieso Er sich unterschiedlichen Menschen mit unterschiedlichen Namen präsentiert.

G – ttes Namen drücken IMMER eine bestimmte Eigenschaft von Ihm aus. Beispiel: Wie wird er handeln.

Der berühmte chassidische Rabbiner Elimelech von Lejansk schreibt in seinem Buch "Noam Elimelech", dass G – tt sich dem Menschen gemäss dessen individuellem Level zeigt. So auch im Falle des Moshe. Dieses bedeutet wiederum NICHT, dass G – tt plötzlich ein anderer ist, nur weil Er unter anderem Namen erscheint. G – tt bleibt immer der Gleiche, nur handelt Er anders. Und der Level eines Menschen hängt in diesem Falle von der Erfüllung der Thoragebote ab.

Was aber genau unterscheidet den Namen E"l Shadda"i von dem Namen, der Moshe genannt wurde, Y – H – V – H ?

Im kabbalistischen Buch Zohar lesen wir, dass G – tt anhand Seines höchsten Namens Y – H – V - H die Welt erschuf. Außerdem zeigte sich G – tt den Vorvätern in deren Prophezeihungen nur des nachts (Ibn Ezra) und nicht zu jeder Tageszeit wie dem Moshe. Seit Moshe gab es nie wieder einen Menschen, der mit G – tt von "Angesicht zu Angesicht" sprach und sich auf solch höchstem Level der Prohpezeihung befand.

Von Angesicht zu Angesicht darf keinesfalls wörtlich genommen werden, denn niemand sieht G –tt auch nur annähernd. Vielmehr wird uns hier eine Metapher in vermenschlichter Sprache gegeben, zu der unser begrenztes Fassungsvermögen einen Zugang haben kann.

Der erste aschkenazische Oberrabbiner, Rabbi Avraham Yitzchak HaCohen Kook (Kuk), kommentierte, dass sich G – tt nun mit Seinem höchsten Namen präsentieren konnte, denn Israel war auf einem hohen Level, da sie in Ägypten zu einer Nation herangewachsen waren.
Unsere Vorväter hatten gar keinen Bedarf für diesen hohen Namen Y – H – V – H, da ihnen keine offenen Wunder, welche die Natur verändern sollten, wiederfuhren. Bei den Israeliten aber sollte dies anders sein, denn G – tt vollbrachte für sie offene Wunder; zuerst beim Auszug aus Ägypten und später in der Wüste (Ramban sowie Sforno).

Des weiteren vertrauten die Vorväter ganz einfach auf G – tt und fragten nie nach oder beschwerten sich. Moshe hingegen war nur auf eine schnelle Lösung aus a la "Ich war bei Pharao, der tut nichts, also G – tt tu Du etwas".

Aufgrund ihres blinden G – ttvertrauens benötigten die Vorväter niemals den Namen Y – H – V – H (der chassidische Kommentator Kli Yakar). Dies wiederum aber bedeutet nicht, dass sie den Namen nicht kannten. Laut des Ramban wußten die Vorväter sehr wohl von dem Namen, gaben sich aber dennoch mit E"l Shadda"i zufrieden.

Der derzeitige Rebbe der chassidischen Gruppe Slonim in Jerusalem, Rabbi Bozorowsky, verfasst meiner Meinung nach brilliante Thorakommentare und auch an dieser Stelle hält er eine exzellente Meinung bereit: Die Israeliten hatten in der äyptischen Diaspora schweren spirituellen Schaden erlitten und waren dabei, G – tt zu vergessen. Sie hatten andere Probleme als die Religion und waren vom täglichen Arbeitspensum so müde, dass sie abends heimkamen, aßen und sich schlafen legten. Wen interessierte da groß G – tt ?
Die Diaspora in Ägypten jedoch war eine Diaspora des "Wissens (Daat)", was voraussetzte, dass alle G – tt kennen mußten. Deswegen benutzte G – tt Seinen höchsten Namen, denn nach all den Jahren besassen die Israeliten nicht mehr das Wissen ihrer Vorväter, das da EIN G – tt ist, der die Welt erschuf.

Was mich bei der Aufzählung der Zehn Plagen immer störte war, wenn es da in der Thora heißt, dass G – tt Pharaos Herz erhärtete.
Was genau soll das bedeuten ? War es nicht Pharaos Entscheidung, die Israeliten gehen zu lassen oder nicht ? Was hat G – tt mit dessen Entscheidung zu tun ?

An dieser Stelle stellt sich einmal wieder mehr die Frage, inwieweit die Menschen einen freien Willen haben und inwieweit G – tt alles beeinflußt. Es heißt, dass Pharao bis zur fünften Plage über einen freien Willen verfügte und danach nicht mehr. Ab der sechsten Plage sorgte G – tt dafür, dass Pharao keinerlei freie Entscheidungen mehr treffen konnte und dementsprechend die Israeliten nicht gehen liess.

Wieso tat G – tt das ?

Der Ramban sowie Ibn Ezra geben eine einfache kurze Antwort, welche genauer definiert werden muß: G – tt wollte verhindern, dass Pharao Teshuva macht. Teshuva bedeutet eine Umkehr zu G – tt.

Wenn jemand sündigt bzw. etwas Falsches tut, dann läßt G – tt normalerweise Gnade walten, wenn derjenige Reue zeigt und ernsthafte Besserung gelobt.
Laut dem Rambam (Maimonides) und seiner Mishna Thora – Hilchot Teshuva 5:6, kann G – tt einem Menschen die Teshuva bzw. Gnade verweigern, selbst wenn dieser Reue zeigen täte. In diesem Fall gibt G – tt dem Sünder vorher unzählige Zeichen, die auf eine eventuelle Reue hindeuten sollen. Erkennt derjenige G – ttes Signale nicht und fährt mit seinem Verhalten fort, richtet G – tt es ein, dass derjenige sein Leben genauso verendet und mit seinen Vergehen stirbt.

Bestes Beispiel ist, wenn Hitler plötzlich Reue gezeigt und sich entschuldigt hätte. Ab einem gewissen Zeitpunkt war der Zeitpunkt der Reue für Hitler absolut unmöglich und die Kabbalah könnte mit einbringen, dass nach dessen Tode sogar seine Seele zerstört wurde.

Nicht in allen Fällen dürfen wir uns immer auf G – ttes Gnade verlassen und sollten daher zusehen, es nie zu weit kommen zu lassen. Aber nicht alle sind Pharao oder Hitler und von daher ist Otto Normalverbraucher nicht unbedingt in irgendeiner Gefahr. Die Worte des Rambams sind immer kurz und präzise und bilden für das Verhalten Pharaos eine ausreichende Erklärung.

Schon in der vorherigen Parasha rechtfertigte sich Moshe damit, Probleme beim Sprechen zu haben. Kommentatoren sagen, dass Moshe stotterte.

Auch am letzten Schabbat fragte Rabbi Machlis, warum G – tt gerade jemanden, der stottert, zur Rettung des Volkes Israel auserkoren hatte. Hätte er nicht jemanden finden können, der gut spricht und ein entsprechendes Charisma bietet ?

Anscheinend soll hier gelehrt werden, dass es manchmal Menschen gibt, die in unseren Augen unwichtig erscheinen oder wir meinen, dass sie auf einem niedrigen Stand sind und eh keine Chancen haben. Das genaue Gegenteil aber beweist uns Moshe, der trotz seiner Behinderung zum größten Propheten aufstieg.

Schabbat Schalom

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