Mittwoch, Januar 09, 2008

Segen vor dem Essen

B"H

Im Judentum haben wir die Halacha, vor und nach dem Essen einen Segen zu sagen.

Wer nicht gerade religiös aufwächst oder zum orthodoxen Judentum konvertiert, der wird ein Lied davon singen können, wie kompliziert es am Anfang sein kann, all die Segen auswendig zu lernen.
Aber nicht nur vor und nach dem Essen sagen wir Segen; genauso tun wir dies, vor einer Reise, nach einer überstandenen Krankheit oder Gefahr, bei Blitz und Donner, wenn 600.000 Juden zusammen an einem Ort sind, wenn wir duftende Pflanzen riechen, einen Regenbogen oder einen König sehen.

Die Anzahl der 600.000 Juden bezieht sich auf jene 600.000 Juden, die mit Moshe vor dem Berg Sinai standen. In allen anderen Segen, einschließlich der des Essens, erkennen wir G - ttes Größe an und das Er für alles auf der Welt zuständig ist.

An dieser Stelle möchte ich vorerst nur die Bedeutung der Segen vor und nach dem Essen / Trinken erwähnen. Nicht jeden einzelnen Segen und die entsprechende Halacha, denn jeder einzelne Segen ist ein eigenes Kapitel für sich.

Wir danken G - tt vor und nach dem Essen bzw. Trinken, weil wir damit anerkennen, dass Er uns die Nahrung gegeben hat. Viele werden meinen, dass wenn ich arbeite und Geld verdiene, ich mir selbstverständlich etwas zu Essen kaufen kann. Ist das dann nicht mein Verdienst ?

Im Judentum wird dies wieder einmal anders betrachtet, denn wer hat uns überhaupt erschaffen und wem haben wir unseren Job zu verdanken ? Vielleicht haben wir uns um die Stelle beworben und arbeiten, aber wem haben wir unsere körperliche Kraft zu verdanken ? Dass wir gesund sind, arbeiten und Geld verdienen können ? Und wer läßt das Getreide wachsen ?

Alles geht von G - tt aus und alles, was uns im Leben wiederfährt, wurde von Ihm bis ins kleinste Detail geplant. Selbst, welche Menschen wir während unseres Lebens treffen. Demzufolge bildet das Essen keine Ausnahme und wir danken G - tt vor und nach dem Essen, da wir nie etwas für Selbstverständlich im Leben nehmen sollten.

Die Mishna (mündl. Überlieferung G - ttes an Moshe am Berg Sinai) sowie die Gemara (rabbinische Diskussionen) im Talmud Traktat Berachot 35a ff. gehen detailliert auf die Bedeutung der verschiedenen Segen ein. Wir haben nicht nur einen gemeinsamen Segen vor und nach dem Essen, sondern mehrere unterschiedliche. Hierbei wird unterschieden, ob die Nahrung in der Erde wuchs, auf dem Baum oder sonstiger Herstellungsart war. Das Gleiche gilt für die Segen nach dem Essen. Zum Beispiel haben Gurken einen anderen Segen als Tomaten, beide haben aber den gleichen Segen nach dem Essen.

Brot hat einen anderen Segen als Kuchen (wobei es auf die Kuchenmenge ankommt). Nudeln sind ein Getreideprodukt und fallen somit unter den Segen der Kuchen. Weiterhin zu beachten sei, dass die sephardischen Juden ab und an einen anderen Segen haben als die aschkenazischen Juden. Berühmtes Beispiel hierfür ist der Reis. Sephardische Juden sagen vor dem Essen von Reis den Segen für Mezonot (u.a. Kuchen). Aschkenazim dagegen betrachten den Reis als "She HaKol" (ein eher allgemeiner Segen). Nach dem Essen jedoch sind sich Aschkenazim und Sepharadim wieder einige und sagen "Boreh Nefashot" (allgemeinen Segen nach dem Essen).

Rabbi Akiva sagt in der Gemara Berachot 35a, dass es einer Person verboten ist, etwas zu essen ohne vorher einen Segen gesprochen zu haben.

Allgemein heisst es im Judentum, dass wer etwas ohne Segen zu sich nimmt, ein Dieb ist (siehe die Gemara in Berachot 35a / b).

Warum ein Dieb ?

Weil er etwas von G - tt stiehlt, ohne Ihm dafür gedankt zu haben. Genauso wie Adam und Chava (Eva) als sie vom Baum der Erkenntnis (Etz HaDaat) im Paradies aßen.

In der Kabbalah haben die Segen eine noch ganz andere Bedeutung, denn dort geht es um Reinkarnationen (siehe Shaar HaGilgulim von Rabbi Yitzchak Luria). Zu dem Thema werde ich mehr auf meinem Kabbalah - Blog erläutern. Aber vorerst nur soviel, dass es zu dem Thema noch weitere Interpretationen gibt.

Warum sagen Juden einen weiteren Segen nach dem Essen / Trinken ? Reicht ein Segen vorher nicht aus ?
Rabbi Mordechai Machlis hatte hierzu einmal einen treffenden Kommentar. Vor dem Essen sind wir hungrig oder durstig und würden alles sagen, nur um uns zu sättigen. Nach dem Essen aber ist es viel schwerer einen Segen zu sagen, denn wer denkt schon an G - tt, wenn er alles hat ? Zu oft wird nur an G - tt gedacht, wenn etwas fehlt.

Wer relig. wird, den trifft oft der Schlag, wenn er die Vielzahl der Segen sieht. Zuerst ist es sicher nervig, das alles neu zu erlernen und zu behalten. Ist die Frucht nun vom Baum oder aus der Erde, ist es überhaupt eine Frucht und wie verändert sich der Segen, wenn Obst oder Gemüse weiterverarbeitet bzw. gekocht werden ?

Wer soll da noch durchsteigen ?

Wer jedoch erst einmal mit dem Lernen beginnt, der gewöhnt sich unglaublich schnell daran und vergißt nach einiger Zeit nicht mehr, die Segen zu sagen.

Eine Liste für jegliches Essen und dessen erforderliche Segen:

http://brochot.tripod.com/foods/index.htm

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