Montag, März 24, 2008

Die Chassidim an Purim

B"H

Jemand auf der Purim – Party von Rabbi Mordechai Machlis sagte mir gestern, dass dies das gelungenste Purim sei, das sie je gefeiert habe. Zuerst hielt ich diese Formulierung für übertrieben, doch im Nachhinein stimme ich ihr zu. Auch bei mir ist es so.
Gewöhnlich ging ich in jedem Jahr zu Megillah – Lesung (Buch Esther) zu Chabad in die Jüdische Altstadt. Dort jedoch war nie etwas Wirkliches geboten. Im Gegensatz zu den Chassidim in Mea Shearim weiß Chabad nicht zu feiern. Zumindest nicht in der Tzemach Zedek Synagoge im Cardo.

Wie schon beschrieben, ging ich mit einer Freundin zur ersten Lesung der Megillah zur Großen Synagoge der Breslover Chassidim in Mea Shearim. Ich kann die Synagoge nur weiterempfehlen; tolle Leute und ebenso tolle Gebete.

Gestern, an Purim Schuschan in Jerusalem, gingen wir zuerst zur Party in Rabbi Mordechai Machlises Haus. Es war gerammelt voll und wir befürchteten schon, keinen Platz mehr zu finden. Wider Erwarten gab es jedoch ausreichend Plätze. Das Essen war hervorragend, Dank Rebbitzen Henny Machlis und dem Küchenteam (den Machlis – Töchtern). Die zahlreichen Gäste waren so ziemlich voll, aber benahmen sich anständig.

Bei den Machlises







Gegen 19.00 Uhr machte ich mich mit zwei Freundinnen auf nach Mea Shearim. Eine davon begleitet mich eh ständig und die andere war noch nie mit dabei gewesen, aber ganz versessen darauf.

Ich glaube, dass die Leute außerhalb der haredischen Welt gar nicht mitbekamen, dass ausgerechnet gestern wilde Feiern in Mea Shearim abgehalten wurden. Obwohl Purim gegen 18.00 Uhr vorüber war, wurde noch bis mindestens 22.00 Uhr gefeiert. Die meisten Parties hatten um 17.00 Uhr (bei den Toldot Aharon) oder gegen 18.00 Uhr (bei den Avraham Yitzchak) begonnen.

Da niemand der üblichen auswärtigen Besucher anwesend war, hatten wir freie Bahn. Unser erstes Ziel waren die Toldot Aharon. Was soll ich sagen ? Es war übervoll.
Alle Frauen hatten längst die Plätze auf den Metallbänken in Beschlag genommen und es gab keinen freien Platz mehr. Das Einzige was wir vor uns sahen, waren Frauenbeine. Und so standen wir hinter einen kleinen weissen Metallabsperrung zwischen den Bänken.
Eine der Toldot Aharon Frauen paßte wachsam auf, dass an dieser Stelle sich nur weibliche Gruppenmitglieder hinter der Mechitzah (Trennwand zu den Männern) aufhalten. Stets schloß sie sorgsam das kleine weisse Tor.

Und plötzlich sprach sie mich an. Sie kenne mich vom Sehen und ich sei ja schon oft hier gewesen. Ob ich nicht passieren wolle, um mich hinter die Mechitzah zu stellen. Ich erwiderte, dass ich noch zwei Freundinnen dabei habe und ich nicht unbedingt näher rücken muß. Allerdings sagte ich ihr, dass wir jemanden dabei haben, die noch nie einen Tisch des Rebben gesehen hat. Am Ende winkte sie uns alle Drei durch. Sie gab uns ein paar Minuten und erklärte, dass alles mehr oder weniger abgesperrt sei, denn die Rebbitzen hätte ihre Familie da. Es vergingen ein paar Minuten und immer mehr Toldot Aharon Frauen strömten hinein. Mir wurde die Situation unangenehm, denn ich wollte anderen nicht den Platz wegnehmen und so beschlossen wir, zu gehen.

Ich weiß nicht, wer genau die Toldot Aharon Frau war, die uns einließ, aber ich möchte mich auf diesem Wege nochmals riesig bei ihr bedanken. Dies tat ich zwar schon persönlich, doch wollte sie davon nichts wissen.

Weiter ging es zu den Toldot Avraham Yitzchak.
Aber auch dort war es voll. Rebbitzen Channah saß genau vor uns und ich muß zugeben, dass sie es genoß, nach der unten spielenden Musik zu swingen. Die Band der Avraham Yitzchak war grandios und die Musik super. Überhaupt waren alle Gruppen gut drauf und die Musik war bei allen super.

Nach einer halben Stunde zogen wir ab, denn wir brauchten frische Luft. Eine Außentemperatur von 33 Grad und die fehlende Klimaanlage innen taten ihr Übriges. Wenigstens bei Toldot Aharon gibt es eine Klimaanlage.

Nach wenigen Minuten erreichten wir die große Synagoge der Neturei Karta. Auch dort wurde Musik gemacht und getanzt und wir beschlossen hineinzuschauen. Leichter gesagt als getan, denn der ausgeschilderte Fraueneingang führt lediglich in einen Speisesaal. Meine Freundinnen nutzten die Gelegenheit zum Toilettengang. Typisch.

Ich wartete und plötzlich tauchte ein Teenager vor mir auf. Den fragte ich sogleich nach dem Fraueneingang der Synagoge.
Aus Anstand sprach er nicht mit mir, zeigte mir jedoch schweigend den Eingang.

Unterdessen strömten meine Freudinnen aus dem "stillen Örtchen" und wir stiegen durch ein Treppenhaus. Allerdings fanden wir dort die richtige Tür nicht, und eine der Freundinnen ging ganz verloren. Dann kamen auch noch Männer durchs Treppenhaus, aber am Ende ging alles recht gut aus. Auch die zweite Freundin fand ihren Weg wieder und so gingen wir hinaus. Demnächst wollen wir nochmals hingehen und auch die richtige Tür finden.

Die "Schomrei Emunim" waren zwecks Party in eine große Halle umgezogen und wir verspürten keine große Suchlust.

Nächste Station: Die mehr oder weniger geheime Gruppe Mea Shearims, die "Mischkenot HaRoim". Es ist außerordentlich schwer, zu ihnen zu gelangen geschweige denn Photos zu machen, doch gestern hatten wir Glück.

Die Mishkenot HaRoim am gestrigen Purim Schuschan







Bei den Mischkenot HaRoim war Partytime und es war toll mit anzusehen, wie sie tanzten. Die Mechitzah besteht aus Glas und so konnten wir alles überblicken. Ausgerechnet sie wurden gestern Abend zu meiner Party Nummer Eins.

Kurz darauf gingen wir zu den Stropkover Chassidim in deren kleine Synagoge. Die Frauenempore bei Stropkov erinnerte mich fast an ein Wohnzimmer und dementsprechend war auch die Atmosphäre. Auf dem Wege dorthin sahen wir einen total betrunkenen Chassid auf dem Gehsteig liegen und die zweite Freundin, eine Ärztin, machte sich Sorgen. Andere Chassidim jedoch versicherten ihr, dass dies schon okay sei. Der Chassid habe halt an Purim nur zuviel gekippt.

Auch bei Stropkov war es übervoll und wir sahen nur wenig. Zwei Photos gelangen durch die Mechitzah, aber es ist kaum etwas zu erkennen.





Nächste Station: Karlin – Stolin.
Dort hatte man draußen extra ein Zelt aufgebaut und es war alles einzusehen.

Eigentlich wollten wir noch zu den Satmarer Chassidim, zu Kretchnif sowie zu Dushinsky. Allerdings beschlossen wir spontan, bei den chassidischen Gruppen Sadigora, Kaliv und Chernobyl vorbeizuschauen. Leider lief bei den letzten drei Gruppen nichts bzw. die Feierlichkeiten waren schon vorüber.

Wir jedenfalls hatten eine tolle Zeit und ich befinde mich nach wie vor im Tischrausch sowohl als auch in der ganzen Atmosphäre und suche noch die Normalität wieder.

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