Samstag, März 15, 2008

Die Qual der Wahl

B"H

Vielleicht sollte ich die Erlebnisse dieses gerade ausgeklungenen Schabbates in mehrere Teile zerstückeln, denn soviel ist geschehen. Spezifische Sachen halte ich vorerst hintenan, nur um zu einem späteren Zeitpunkt näher auf sie einzugehen.

Das Wetter am gestrigen Erev Schabbat (Freitag Abend) war kühl und windig. Das mag vielleicht der Grund gewesen sein, warum abends weniger aussenstehende Tischbesucher unterwegs waren als gewöhnlich. Mit einer Freundin begann ich den Schabbat mit dem Abendgebet (Maariv) bei der chassidischen Gruppe Karlin - Stolin in Mea Shearim. Normalerweise sind dort am Freitag Abend nur ganz wenige Frauen auf der Frauenempore vorzufinden, doch als wir gestern eintraten, waren recht viele Frauen versammelt. Unten bei den Männern herrschte ein Andrang und die Betenden standen sogar im Mittelgang zwischen den Bänken. Mindestens 300 Chassidim, wenn nicht mehr.
Was war los ?
Der Rebbe der Karliner war anwesend und es war zugleich das erste Mal, dass wir ihn live sahen. Sein eigentliches chassidisches Zentrum hat er im nahegelegenen Givat Zeev und daher kommt er nur alle paar Monate einmal nach Jerusalem. An diesem Schabbat war es dann soweit und alles war vollständig versammelt.

Rebbe Baruch Yaakov Meir Schochet von Karlin-Stolin in Jerusalem



Nach dem Gebet wurde auf Jiddisch verkündet, dass der Rebbe einen Tisch gibt und als ich eine Frau nach Einzelheiten befragte, erzählte sie mir, dass der Tisch nur für die Männer sei. Als ich sagte, dass dies ja für die Frauen schade sei, meinte sie, dass im extra aufgebauten Zelt halt zu wenig Platz sei. Traurig darüber war sie jedenfalls nicht. Draußen sahen wir dann das Zelt und viele Chassidim gegenüber in die Satmarer Synagoge (gehört zu einem der zwei New Yorker Satmarer Rebben, zu Rebbe Zalman Leib Teitelbaum) rennen, nur um dort zu essen und dann wieder zum Tisch bei Karlin auf der Matte bzw. im Zelt zu stehen.
Auch wir machten uns zum Essen auf; nämlich bei Rabbi Mordechai Machlis im benachbarten Stadtteil Maalot Dafna.

In der Mea Shearim Street trafen wir auf einen haredischen Bekannten und nicht lange nachgedacht, sandte ich ihn hinein in die Synagoge der geheimen anti - zionistischen Gruppe "Mischkenot HaRoim". Diese chassidische Gruppe gleicht eher einer Organisation, welche von Rabbi Chaim Rabinovicz geleitet wird. Sie sind Mitglied der anti - zionistischen Dachorganisation "Edah HaCharedit" und geben sich geheimnisvoll. Seit längerem versuche ich dort Anschluss zu bekommen, doch immer erfolglos, weil es ein reiner Männerclub zu sein scheint. Scheint, aber nicht ist.

Die "Mischkenot HaRoim". In der Mitte sitzend mit weissem Schal: Rabbi Avraham Yitzchak Ullmann von der Chassidut Dushinsky



Unser Bekannter ging hinein, stellte sich jedoch bei seiner Fragerei etwas ungeschickt an. Das hat man dann davon, wenn man Männer losschickt, die kaum denken können. Ein Chassid der Mischkenot HaRoim schaute uns an und meinte, wir können kommen. Allerdings nur morgens zum Gebet. Super, dann weiss ich gleich, wo ich demnächst hingehen werde

Relativ spät (gegen 22.45 Uhr) kamen wir zurück nach Mea Shearim und ich war mir sicher, dass jetzt, eine Woche vor Purim, fast alle Rebben einen chassidischen Tisch geben werden. Selbst jene, die ansonsten in Bnei Brak bei Tel Aviv leben. Wer sich für Chassidut Gur interessiert, dem sei gesagt, dass der Gerer Rebbe das Purim - Fest in Jerusalem verbringen wird. Mit Tisch und allem, was dazu gehört.
Der Rebbe von Karlin - Stolin hingegen wird Purim in Givat Zeev verbringen. Natürlich wird bei Karlin in Jerusalem der G - ttesdienst stattfinden, doch allerdings ohne den Rebben.

Wir gingen die Hauptstrasse Mea Shearim Street und ich dachte mir, warum nicht bei den "Schomrei Emunim - Hüter des Glaubens" reinschauen. Und tatsächlich, dort fand ein Tisch statt. Der Rebbe war aus Bnei Brak angereist. Die "Schomrei Emunim" sind die erste Abspaltung der Toldot Aharon und werden von Rebbe Avraham Chaim Roth geleitet.
Bei ihnen herrscht immer einer Hauch des "Ursprünglichem". Rebbe Roth hält die Tradition seines Vaters vielseits aufrecht; im Gegensatz zu den Rebben der Toldot Aharon und Avraham Yitzchak, wo viele fremde Einflüsse von Satmar oder Vishnitz an der Tagesordnung sind. Auch die kleine Synagoge der Schomrei Emunim gehört zu meinen persönlichen Mea Shearim - Attraktionen.

Wir kamen verhältnismaessig früh an und Rebbe Roth hatte erst begonnen. Der Rebbe nimmt alles sehr ernst und lässt sich beim Kiddusch (Segnung des Weines) viel Zeit. Die Lieder der Chassidim gehören zu den besten in der chassidischen Welt. Zwar sind nur ca. 70 Leute anwesend, aber es herrscht eine begeisterte Atmosphäre.

Der Rebbe der "Schomrei Emunim": Rabbi Avraham Chaim Roth



Es war erst das zweite Mal, dass wir an diesem Tisch teilnahmen, doch wir waren restlos begeistert. Leider ist auf der Frauenempore nur wenig Platz vorhanden und man kann den Rebben und das Geschehen nur verfolgen, wenn man in einer bestimmten Richtung durch die Mechitzah (Trennwand) schaut. Und eben jene Mechitzah ist nur ca. 4 Meter lang und wenn riesen Andrang herrscht, hat man halt Pech. Wir hatten Glück und sahen alles. Jedenfalls solange, bis mehr Frauen eintrafen und wir so richtig zerquetscht wurden. Das war der Zeitpunkt, an dem wir uns verabschiedeten. Leider, denn ich wäre liebend gerne noch dort geblieben. Ich hoffe wirklich, dass kommenden Freitag dort wieder ein Tisch stattfindet.

Nächstes Ziel: Chassidut Toldot Aharon, wenige Meter entfernt.
Dort war kein ein Durchkommen. Mehrere Hundert Frauen belagerten die Frauenempore und wir hatten Null Chancen, einen Platz zu finden, geschweige denn etwas zu sehen. Einmal durch die beiden Räume auf der Empore gelaufen und schnell den Hinterausgang genommen.

Nächstes Ziel: Die zweite Abspaltung der Toldot Aharon - die Chassidut Avraham Yitzchak.

Und hier beginnt der zweite Teil unserer Erlebnisse, welchen ich morgen in den Blog stellen werde. Die Ereignisse, welche uns dort erwarteten, sind einen eigenen Artikel wert.

Auf meinem chassidischen Blog stelle ich derzeit einen chassidischen Tisch - Guide auf. Bisher berichtete ich von den Belzer Chassidim sowie von der Chassidut Dushinsky. Morgen stelle ich die Chassidim von Slonim ein. In den Berichten erfahrt Ihr alle Details zum jeweiligen chassidischen Tisch.

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