B"H
"Laschon HaRah" - die sogenannte böse Zunge.
Im Judentum ist es ein ernsthaftes Vergehen, Laschon HaRah zu sprechen; heißt, über seine Mitmenschen zu lästern und schlecht über sie zu reden.
Schon im Talmud ein häufig aufgeführtes Konzept wurde die "Laschon HaRah" erst nach Veröffentlichung des Buches "Schemirat HaLaschon - die Hütung der Zunge / Sprache" durch den Chafetz Chaim (Rabbi Israel Me'ir Kagan, 1838 - 1933, Polen) zu einem nicht mehr wegzudenkenden Thema. Der Chafetz Chaim beschreibt ausführlichst, was genau "üble Nachrede" ist. Nicht nur, dass man nichts sagen darf, sondern man darf es erst gar nicht denken.
Ein Beispiel wird immer von Rabbi Mordechai Machlis hierzu verwendet:
Einmal heiratete ein Paar und kurz nach der Hochzeit wurde der frischgebackene Ehemann rabiat. Er wurde sogar so brutal, dass er seine Frau fast umbrachte. Als man später seine Bekannten fragte, gaben diese zu, gewußt zu haben, dass es sich bei ihm um einen Psychopathen handelt, der schon mehrere Male in der Psychiatrie einsaß. Auf die Frage hin, warum sie denn nichts der Braut gesagt hatten, gaben sie an, dass sie keine Laschon HaRah haben sprechen wollen.
Wo beginnt wirklich die Laschon HaRah und wo hört sie auf ?
Genau zu sagen vermag dies niemand. Auch ich wurde in diesem Blog schon mehrere Male der Laschon HaRah bezichtigt. Vor allem immer dann, wenn meine Meinung anderen nicht passte. So ging es um das Verhalten von Konvertiten zum Judentum genauso als ich berichtete, einen in Deutschland tätigen Rabbiner beim Oberrabinat (Rabbanut) gemeldet zu haben, da dieser im großen Stil Konversionszertifikate verkaufen wollte bzw. verkauft hat.
Zur Beruhigung aller: Ich fragte die Rabbiner des Rabbanut, ob es sich meinerseits um Laschon HaRah handele. Nein, kam die Antwort, denn vieles muß gesagt werden. Insbesondere Gesetzesverstöße bzw. kriminelle Handlungen. In meinem Artikel nannte ich den Namen des besagten "Rabbis" nicht, obwohl ich es legal hätte tun können (so eine Bekannte von mir, die als Anwältin in einem der hiesigen Ministerien arbeitet).
Soviel zu undurchdachten Laschon HaRah - Anschuldigungen. Es überrascht leider immer wieder neu, wie Leute, die etwas unter den Teppich zu kehren haben, mit der Laschon HaRah - Anschuldigung zur Stelle sind. Nur vergessen sie dabei gerne, dass sie damit jemanden schützen, der eigentlich vor ein Gericht gehört.
Auch in anderen relig. Blogs sowie der israelischen Gesellschaft ist das Thema "Laschon HaRah" gerade in diesen Tagen ein vieldiskutiertes Thema. Es geht dabei um die Mutter von 12 Kindern, welche vor einer Woche wegen Kindesmißhandlung in der Stadt Beit Schemesch bei Jerusalem verhaftet worden war. Die Mutter war vor ca. sieben Jahren religiös geworden und zählt sich als Mitglied der fanatischen Gruppe der Rabbanit Beruriah. Inwieweit haben gruppennahe Rabbis in Beit Schemesch von dem Kindesmißbrauch gewußt ?
Die säkulere israelische Presse stürzt sich jedesmal gerne auf die haredische Gesellschaft wenn es um Skandale geht. In der haredischen Gesellschaft selbst werden Kindesmißhandlung, Vergewaltigung, Alkoholismus, Drogenkonsum, etc. fast immer totgeschwiegen. Anstatt die Polizei zu holen, schweige man und schicke die Täter zu einem Rabbi zwecks Heilung. Wenn sich Frauen wegen sexueller Belästigung beschweren, werden sie nicht selten selber zum Sündenbock abgestempelt. Und welche relig. Familie will schon gerne einen öffentlichen Makel davon tragen ? Man zieht es eher vor zu schweigen, um nicht mißliebig angeschaut zu werden. Gesellschaftsverhalten mit denen auch ich keineswegs übereinstimme und nur wenige Leute zeigen den Mut, Anzeige zu erstatten.
Schon im Talmud wurde der Kindesmißbrauch diskutiert:
Im Traktat Moed Katan 17 werden Fälle diskutiert, in denen relig. Schüler sowohl als auch Rabbiner ihrem Verlangen erliegen. So heißt es in der Gemara (rabbinischen Diskussionen), dass sobald eine Person sein negatives Verlangen verspürt, er sich an einen anderen Ort begeben soll, wo man ihn nicht kennt (in eine andere Stadt, zum Beispiel). Außerdem soll er sich in Schwarz kleiden. An dem fremden Ort darf er tun, was er will, ohne jedoch den Namen G - ttes zu beschmutzen.
Leider wird heutzutage leicht alles in die Laschon Harah mit einbezogen und somit werden diverse Vorgänge verborgen. Was aber geschieht, wenn es zu Wiederholfällen kommt ? Wer trägt dann die Schuld ? Diejenigen, die immer auf die Laschon HaRah pochten schweigen verlegen. Trotz der Laschon HaRah - Anschuldigung sollten viele dennoch den Mut aufbringen, gewisse Dinge ans Tageslicht zu bringen, damit eine gerichtliche Bestrafung erfolgen kann. Vielmals können so andere Menschen vor Leid bewahrt werden.
Ein nicht wegzudenkender Punkt sei noch genannt:
Die üble Nachrede betrifft nicht nur andere. Genauso ist es mir verboten, Laschon HaRah über mich selbst zu sagen. Ich soll mich nicht nur in einem negativen Licht darstellen, sondern auf meine positiven Charaktereigenschaften konzentrieren. Ein großer Verfechter dessen war der chassidische Rebbe, Rabbi Nachman von Breslov:
"Nur wenn ich positiv eingestellt bin, kann ich auch die Mitzwot (Gesetze) dementsprechend ausführen. Nichts ist schlimmer als relig. bedingte Depression; unter anderem auch, weil ich mich selbst herabsetze".
Montag, März 31, 2008
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